Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
- Ausgeschiedener Verwalter bleibt materiell Beteiligter im Beschlussanfechtungsverfahren, wenn er den Anfechtungsgrund zu vertreten hat
- Abrechnungsperiode ist grundsätzlich nach Gesetz (mangels abweichender Vereinbarung) das Kalenderjahr
- Die Kostenverteilung für die Müllbeseitigung kann bei vereinbarter gesonderter Feststellung auch nach Personen erfolgen
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 28 Abs. 3 WEG, § 43 WEG
Kommentar
1. Im Beschlussanfechtungsverfahren ist der nach Beschlussfassung ausgeschiedene Verwalter weiterhin materiell (Verfahrens-) Beteiligter, wenn er den Anfechtungsgrund zu vertreten hat (BGH, NJW 1998, 755, 756 = ZMR 1998, 171; Bärmann/Pick/ Merle, § 43 Rn 115 a). Dies ist vorliegend der Fall, da die Anfechtung auf dem vom ausgeschiedenen Verwalter gewählten Abrechnungsmodus beruht. Da im vorliegenden Fall auch ein Wohngeld-Rückzahlungsanspruch geltend gemacht wurde, der seine Grundlage in der früheren Verwaltertätigkeit hat und mit der Abwicklung der Verwaltung zusammenhängt, blieb die Verfahrensstellung des bisherigen Verwalters auch erhalten.
2. Nach § 28 Abs. 3 WEG hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich für das Kalenderjahr als Abrechnungsperiode entschieden (vgl. zur Entstehung dieser gesetzlichen Bestimmung auch Staudinger/Bub, § 28 Rn 79). Entsteht Wohnungseigentum während eines Kalenderjahres oder eines abweichend hiervon vereinbarten Wirtschaftsjahres, so hat der Verwalter eine auf das Rumpfjahr beschränkte Abrechnung vorzulegen. Ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr war im vorliegenden Fall nicht durch Vereinbarung bestimmt.
3. Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass Kosten und Lasten, "für die gesonderten Messvorrichtungen vorhanden sind oder die sonst in einwandfreier Weise gesondert festgestellt werden können" von dem jeweiligen Eigentümer zu tragen sind, so kann dies auch für Müllgebühren einen gesonderten Verteilungsschlüssel (etwa nach Personen) rechtfertigen. Dies ergibt sich aus objektiver Auslegung einer solchen Vereinbarung. Die Müllgebühren wurden hier jeweils durch Bescheid der Kreisverwaltung abgerechnet und sind damit entsprechend der Vereinbarung "in einwandfreier Weise gesondert" feststellbar. Die Erfassung der jeweils maßgeblichen Personen oblag hier auch der Kreisverwaltung und nicht der Verwaltung. Insoweit beschränkt sich der Aufwand der jeweiligen Verwaltung darauf, die von der Kreisverwaltung jeweils festgesetzten Gebühren in die Abrechnungen einzustellen.
Link zur Entscheidung
( OLG Zweibrücken, Beschluss vom 01.03.2000, 3 W 270/99= ZMR 12/2000, 868)
Zu Gruppe 4
Anmerkung:
Ob ungeachtet der erwähnten Müllgebührenbescheide der Kreisver-waltung im vorliegenden Fall von "einwandfreier gesonderter Feststellung" im Innenverhältnis der Gemeinschaft und damit der Rechtfertigung gesonderter Kostenverteilung nach Vereinbarung gesprochen werden konnte, ist sicher noch diskussionswürdig (jeweils Einzelverträge mit der Kreisverwaltung?). Auch Greiner hat sich zuletzt in ZMR 11/2000, 717 mit "Rechtsfragen der Abfallgebühren in Wohnungseigentümergemeinschaften" in einem beachtenswerten Aufsatz mit weiteren Nachweisen beschäftigt und sich auch bei dieser Kostenposition schon aus ökologisch relevanten Gründen für eine "Individualisierung" ausgesprochen, auch wenn mir in der Praxis gerade in größeren Gemeinschaft seine Vorschläge "direkter Veranlagung" gerade bei den Müllgebühren mit "eigenen Mülltonnen" kaum realisierbar erscheinen.
Ob Müllgebühren überhaupt Kosten im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG sind, hat i.Ü. jüngst Bub in Frage gestellt (Vortrag Fischen 2000)