Leitsatz
In dieser Entscheidung hat sich das OLG Brandenburg mit dem auf den Leistungsträger übergegangenen Anspruch einer nichtehelichen Mutter aus § 1615l BGB auseinandergesetzt. Hierbei ging es primär um die Bemessung des Unterhaltsbedarfs sowie darauf anzurechnende Leistungen.
Sachverhalt
Der Kläger nahm den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Unterhalt für die Zeit von Januar 2008 bis April 2009 in Anspruch.
Der Vater war Kläger einer im Januar 2008 geborenen Tochter. Mit der Mutter des Kindes war der Beklagte nicht verheiratet.
Der Kläger erbrachte für die Kindesmutter und die Tochter als Bedarfsgemeinschaft im Januar 2008 sowie in der Zeit von März 2008 bis April 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 26.3.2008 zeigte der Kläger dem Beklagten die Gewährung der Leistungen an und verwies auf den Anspruchsübergang nach § 33 SGB II. Mit Schreiben vom 8.12.2008 forderte der Kläger den Beklagten wegen übergegangener Unterhaltsansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2008 zur Zahlung von insgesamt 4.926,06 EUR auf.
Der Beklagte war seit Mitte 2006 als Dachdecker selbständig tätig und berief sich mit Anwaltsschreiben vom 23.1.2009 auf fehlende Leistungsfähigkeit.
Mit seiner Klage vom 6.3.2009 hat der Kläger zunächst beantragt, den Beklagten zur Zahlung von Kindesunterhalt sowie übergegangenem Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB zu verurteilen.
Das AG hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger für die unterhaltsberechtigte Tochter Kindesunterhalt für die Zeit von Januar 2008 bis April 2009 in unterschiedlicher Höhe nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Klage auf Unterhaltszahlungen für die Kindesmutter hat es abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wandte sich der Kläger mit der Berufung.
Das Rechtsmittel war teilweise erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG sprach der Mutter Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB für die Zeit von März bis Dezember 2008 i.H.v. 92,00 EUR monatlich nebst Zinsen zu und wies die Klage im Übrigen ab. Hinsichtlich des Kindesunterhalts verblieb es bei der angefochtenen Entscheidung.
Der Mutter des Kindes stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB in ausgeurteilter Höhe zu. Der Unterhaltsbedarf bestehe jedenfalls in Höhe des Mindestunterhalts von 770,00 EUR (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2009 - XII ZR 50/08 -, NJW 2010, 937).
Entgegen der Auffassung des AG komme es auf die Frage, welches Einkommen die Mutter vor der Geburt des Kindes erzielt habe, nicht an. Dies sei nur dann von Bedeutung, wenn ein über den Mindestbedarf hinausgehender Unterhaltsbedarf geltend gemacht würde (vgl. auch BGH, Urt. v. 16.7.2008 - XII ZR 109/05 -, FamRZ 2008, 1739).
Entgegen der von dem Beklagten vertretenen Auffassung komme es auch dann, wenn der Unterhaltsanspruch nicht von dem ursprünglich Berechtigten, sondern infolge Anspruchsübergangs vom Leistungsträger geltend gemacht werde, auf den Bedarf nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen an. Nur bei der Frage, in welcher Höhe ein tatsächlich bestehender Unterhaltsanspruch auf den Leistungsträger übergegangen sei, komme es auf den Umfang der vom Leistungsträger dem ursprünglich Berechtigten erbrachten Leistungen an.
Unterhaltsbedarf der Mutter bestehe insoweit, als ihr Unterhaltsbedarf nicht durch tatsächliche Einkünfte gedeckt sei. Auf ein fiktives Einkommen aus Erwerbstätigkeit müsse sie sich nicht verweisen lassen.
Im Hinblick auf die Geburt des Kindes im Januar 2008 bestehe keine Erwerbsobliegenheit der Mutter bis zum 15.1.2011, dem Tag vor Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes. Während dieser Zeit habe die Mutter einen Anspruch auf sog. Basisunterhalt, ohne dass es auf die Prüfung ihrer Erwerbsobliegenheit ankomme (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.2009 - XII ZR 114/08 -, FamRZ 2009, 1124, Tz. 25).
Anzurechnen seien die Einkünfte, die die Mutter des Kindes tatsächlich erziele. Dazu zähle das Mutterschaftsgeld, das sie bis zum 12.3.2008 bezogen habe, da es Lohnersatzfunktion habe und deshalb als Einkommen zu berücksichtigen sei. Gleiches gelte für den Zuschuss zum Muttergeld vom Arbeitgeber. Hingegen sei das Elterngeld, das sie ab 16.2.2008 erhalten habe, nur anzurechnen, soweit ein Betrag von 300,00 EUR überschritten werde. Bei dem staatlichen Kindergeld, das die Mutter für die Tochter erhalte, handele es sich nicht um Einkommen der Mutter.
Das OLG errechnete sodann unterschiedlich hohen Unterhaltsbedarf der Mutter für die Zeit von März 2008 bis April 2009, hinsichtlich dessen der Beklagte eingeschränkt leistungsfähig sei.
Anders als vom erstinstanzlichen Gericht angenommen treffe den Beklagten allerdings die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer behaupteten Leistungsunfähigkeit. Unter Berücksichtigung seiner Darlegungen im Berufungsverfahren sei davon auszugehen, dass er für die Zeit von März bis Dezember 2008 nur i.H.v. 92,00 EUR und ab 1.1.2009 überhaupt nicht mehr leistungsfähig sei.
Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit sei sein Einkommen aus der am 2.5.2006 aufgenommenen selbständigen ...