Leitsatz
Die im Jahre 1990 geborene Antragstellerin nahm ihre Mutter auf Leistung von Barunterhalt in Anspruch. Nach der Trennung ihrer Eltern hatte sie mit zwei weiteren in den Jahren 1991 und 1998 geborenen Geschwistern in dem Haushalt ihrer Mutter gelebt, die alle drei Kinder betreute. Durch Vergleich vom 11.2.2003 hatte sich der Ehemann zur Zahlung von Trennungs- und Barunterhalt in unterschiedlicher Höhe für die drei Kinder verpflichtet.
Im Januar 2006 wechselte die Antragstellerin in den Haushalt ihres Vaters. Sie nahm ihre Mutter auf Leistung von Barunterhalt i.H.v. 291,00 EUR ab Februar 2006 in Anspruch. Ihr Antrag auf Prozesskostenhilfe für die von ihr beabsichtigte Unterhaltsklage wurde mit der Begründung zurückgewiesen, die Kindesmutter sei nicht leistungsfähig, da sie aufgrund der Betreuung des jüngeren und noch nicht einmal 10 Jahre alten Bruders der Antragstellerin nicht mehr arbeiten müsse, als sie dies ohnehin tue.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt, die teilweise Erfolg hatte.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG gab der Beschwerde gegen den ablehnenden PKH-Beschluss des erstinstanzlichen Gerichts teilweise statt. Dies mit der Begründung, bei einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem minderjährigen Kind setze die Erwerbsobliegenheit wesentlich früher ein als im Fall des Ehegattenunterhalts. Eltern könnten jedoch miteinander vereinbaren, dass sich einer von ihnen vorrangig der Kinderbetreuung widmen solle. Im Hinblick darauf, dass zunächst nach der Trennung alle Kinder einverständlich in dem Haushalt der Mutter gelebt hatten, könne sich hieraus eine Vereinbarung der Eltern herleiten lassen, wonach sie sich vorrangig der Kindesbetreuung widmen sollte. Eine solche im Interesse der kleineren Kinder getroffene Abrede könne nicht ohne Weiteres aufgekündigt werden, wenn eines der Kinder in den Haushalt des anderen Elternteil wechsele und das wechselnde Kind älter und schon weitgehend selbständig sei.
Werde der Vater durch die Betreuungsleistungen nur unwesentlich belastet, könne es geboten sein, dass er auch für die Antragstellerin aufzukommen habe. Werde allerdings der Antragsgegnerin eine volle Erwerbstätigkeit zugemutet, so seien die für die Betreuung des jüngsten Kindes anfallenden Kosten hiervon abzuziehen.
Hinweis
Im Hinblick auf die gesetzliche Regelung des § 1614 Abs. 1 BGB, wonach auf Unterhalt für die Zukunft grundsätzlich nicht verzichtet werden kann, wird die vom OLG in Betracht gezogene Vereinbarung zwischen den Eltern nur unter engen Voraussetzungen angenommen werden können. Verfügt der barunterhaltspflichtige Elternteil über erheblich geringere Einkünfte als der betreuende, so kann dessen alleinige Haftung auch für den Barunterhalt in Betracht kommen. Dies mit der Folge der Abweichung von der grundsätzlichen Regel, wonach Bar- und Betreuungsunterhalt als gleichwertig gem. § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB anzusehen sind.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 30.06.2006, 11 WF 170/06