Betriebliche Arbeitsschutzmaßnahmen unterliegen unter fast allen Umständen immer auch der Mitwirkung und -bestimmung durch den Betriebsrat, so es im Unternehmen einen gibt. Das bedeutet, dass der Betriebsrat unter den Voraussetzungen der nachfolgend genannten Normen an allen diesen Maßnahmen zu beteiligen ist.
Arbeitsschutz ist Unternehmerinteresse
Neben dieser – durch Gesetze klar geregelten – Sichtweise ist es vor allem auch im unternehmerischen Interesse des Arbeitgebers und seiner für den Arbeits- und Gesundheitsschutz zuständigen Beauftragten, den Betriebsrat aktiv einzubeziehen.
Der Betriebsrat ist "nahe am Geschehen", was das Wissen um mögliche Gefahrenquellen erhöht, und nahe an den Mitarbeitern, was die Durchsetzung von entsprechenden Maßnahmen erleichtert. Die Mitarbeiter vertrauen möglicherweise eher dem Betriebsrat und wenden sich mit ihren Sorgen an ihn. Betriebsräte können als Arbeitnehmer selbst Gefährdungen erleben und einschätzen. Arbeitsschutz ist darüber hinaus eine Möglichkeit des Betriebsrats, sich im Unternehmen zu profilieren, was letztlich – richtet man diese Aktivitäten in die gewünschte Richtung – dem gemeinsamen Ziel sicherer und gesünderer Arbeitsplätze dienen kann.
Nicht außer Acht lassen sollte man, dass der Betriebsrat dank seiner gewerkschaftlichen Unterstützung ein nicht zu unterschätzendes Know-how im Arbeitsschutz haben kann, da dieses Thema bei den meisten Gewerkschaften ein wichtiges Thema ist.
Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in zwei wichtigen Entscheidungen aus dem Jahr 2004 (BAG v. 8.6.2004, 1 ABR 4/03, 1 ABR 13/03) den Betriebsräten deutlich gemacht, welche Pflichten sie haben: In beiden Fällen war die Kernaussage des Gerichts, dass der Betriebsrat bei Maßnahmen im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes, wie etwa der Gefährdungsbeurteilung oder von Unterweisungen, ein Mitbestimmungsrecht hat. Dieses Mitbestimmungsrecht räumt dem Betriebsrat konkrete Rechte ein, die sich nicht nur darin erschöpfen, den Arbeitgeber zu beraten. Das Gericht verlangt ausdrücklich, dass sich der Betriebsrat konkret einbringt.
Kein freiwilliger Verzicht auf Mitbestimmung
Im Fall 1 ABR 4/03 hatte der Betriebsrat eines großen deutschen Luftfahrtunternehmens mit dem Arbeitgeber im Rahmen einer Betriebsvereinbarung (s. Abschn. 3.4) geregelt, die zentralen Maßnahmen des Arbeitsschutzes, wie Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen im Detail und in der Ausgestaltung, dem Arbeitgeber zu überlassen und sich selbst nur mehr ein Beratungsrecht vorbehalten. Das BAG hat dazu festgestellt, dass eine entsprechende Vereinbarung unzulässig sei, weil der Betriebsrat auf zentrale Mitbestimmungsrechte gar nicht verzichten könne, was mit dieser Vereinbarung jedoch der Fall gewesen sei.
In seinem Beschluss v. 18.8.2009 (1 ABR 43/08) hat das BAG seine Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex konkretisiert und eine lange umstrittene Rechtsfrage zugunsten des Arbeitgebers entschieden: Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht dann, wenn es um das "ob" arbeitsschützender Maßnahmen geht, nicht jedoch beim "wie". Vergibt der Arbeitgeber die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen oder Unterweisungen an Externe, so ist dieser Schritt mitbestimmungsfrei.
Aktive Kooperation beim Arbeitsschutz
Arbeitsschutz ist ein zentrales Thema der aktiven Kooperation zwischen dem Arbeitgeber, seinen Beauftragten und dem Betriebsrat. Das Instrumentarium der rechtlichen Rahmenbedingungen sollte bekannt sein und aktiv verwendet werden.