Leitsatz
Wenn die ("kalten") Betriebskosten vereinbarungsgemäß nach dem Verhältnis der Flächen der Mietwohnung zur Gesamtwohnfläche umzulegen sind, hat der Vermieter die auf leer stehende Wohnungen entfallenden Betriebskosten grundsätzlich selbst zu tragen; dies gilt auch für verbrauchsabhängige Betriebskosten, die wegen fehlender Erfassung des Verbrauchs der einzelnen Mieter nach der Wohnfläche abgerechnet werden. Ein Anspruch des Vermieters auf eine Abänderung des vertraglich vereinbarten Flächenschlüssels wegen des Leerstands von Wohnungen kann unter den Voraussetzungen einer Störung der Geschäftsgrundlage bestehen.
Fakten:
Nach dem Mietvertrag von 1984 hatte der Mieter Nebenkostenvorauszahlungen zu leisten und der Vermieter über die Betriebskosten jährlich abzurechnen. Ein Umlageschlüssel war im Mietvertrag nicht angegeben. In der Vergangenheit hatte der Vermieter nach Anteil der Fläche der Mietwohnung an der Gesamtwohnfläche abgerechnet. Das Haus hat 35 Wohnungen mit wechselndem Leerstand. Der Vermieter verlangt vom Mieter die Zustimmung dazu, dass leer stehende Wohnungen bei der Umlage der Betriebskosten nicht berücksichtigt werden, die auf Wasser und Entwässerung, Müllabfuhr sowie den Strom für die Hausbeleuchtung und Fahrstuhl entfallen. Der BGH gibt dem Mieter Recht: Durch die jahrelang praktizierte Art der Abrechung haben die Parteien stillschweigend vereinbart, dass die Betriebskosten (mit Ausnahme der Kosten für Heizung und Warmwasser) nach dem Anteil der Fläche der Mietwohnung an der Gesamtwohnfläche umzulegen sind. Eine einseitige Änderung des Umlageschlüssels kommt nicht in Betracht, weil die Parteien keine entsprechende Vereinbarung getroffen haben und es sich bei den Betriebskosten um solche handelt, bei denen der Verbrauch oder die Verursachung durch die Mieter derzeit nicht erfasst werden. Ob und unter welchen konkreten Voraussetzungen der Vermieter bei einem Leerstand von Wohnungen die Zustimmung des Mieters zu einer Änderung des vereinbarten Flächenschlüssels dahingehend verlangen kann, dass die Flächen leer stehender Wohnungen in die Umlegung bestimmter, vor allem verbrauchsabhängiger Betriebskosten nicht einbezogen werden, ist umstritten. Als mögliche Rechtsgrundlage für einen derartigen Anspruch kommen die Bestimmungen über eine Störung der Geschäftsgrundlage und der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben in Betracht, deren Voraussetzungen hier nicht erfüllt sind. Der Vermieter kann allerdings nicht einwenden, ihm sei angesichts des Leerstands das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar. Er hat das Leerstandsrisiko grundsätzlich selbst zu tragen und kann daher die auf leer stehenden Wohnungen entfallende Betriebskosten nicht auf die Mieter abwälzen, wenn die Betriebskosten nach dem Verhältnis dem Wohnflächenanteils umzulegen sind. Dies gilt nicht nur für verbrauchsunabhängige Betriebskosten, sondern auch für verbrauchsabhängige, die wegen fehlender Erfassung des Verbrauchs der einzelnen Mieter nach der Wohnfläche abgerechnet werden. Durch den Einbau von Wasseruhren ließe sich der Wasserverbrauch in den Wohnungen konkret erfassen und eine verbrauchsabhängige Umlegung dieser Betriebskosten ohne Zustimmung des Mieters erreichen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 31.05.2006, VIII ZR 159/05
FAZIT:
Durch die Mietrechtsreform ist der Wohnflächenanteil an der Gesamtwohnfläche als Regelmaßstab für die Verteilung der Betriebskosten gesetzlich verankert worden. Dies gilt nur nicht für Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch des Mieters abhängen. In Ausnahmefällen kann der Mieter auch einen Anspruch auf Umstellung des Umlagemaßstabs haben, soweit es im Einzelfall zu einer krassen Unbilligkeit kommt. Der Vermieter kann sich auf diesen Anspruch jedenfalls dann nicht berufen, wenn es sich um die Abwälzung des grundsätzlich von ihm zu tragenden Leerstandsrisikos handelt. Er kann daher auch nicht verlangen, dass der Mieter einen in Abhängigkeit von der Anzahl und der unterschiedlichen Größe leer stehender Wohnungen wechselnden Abrechnungsmaßstab akzeptiert.