Leitsatz
Der Vermieter kann sich bei der Betriebskostenabrechnung die Nachberechnung einzelner Positionen vorbehalten, soweit er ohne Verschulden an einer rechtzeitigen Abrechnung gehindert ist. Die Verjährung der sich aus der Nachberechnung ergebenden Forderung beginnt nicht vor Kenntnis des Vermieters von den anspruchsbegründenden Umständen (hier: rückwirkende Neufestsetzung der Grundsteuer durch das Finanzamt) zu laufen.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB §§ 195, 199, 556 Abs. 3
Kommentar
Die Vermieterin hatte in den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2002 bis 2006 jeweils vermerkt, dass hinsichtlich der Grundsteuer eine Nachberechnung des Finanzamts zu erwarten sei und dass sie sich in diesem Fall eine Nachforderung vorbehalte. Tatsächlich setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 3.12.2007 eine erhöhte Grundsteuer rückwirkend für die Jahre ab 2002 fest. Dementsprechend nahm die Vermieterin mit Schreiben vom 30.1.2008 eine Nachberechnung vor. Auf den Mieter entfiel dabei ein Betrag von ca. 1.100 EUR. Der Mieter hat die Verjährungseinrede erhoben.
1. Frist und Beginn der Verjährung
Für die Verjährung von Betriebskosten gilt die allgemeine Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB). In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wird die Ansicht vertreten, dass für den Beginn der Verjährungsfrist nicht auf den Zeitpunkt der Korrektur der Betriebskostenabrechnung, sondern auf den Zugang der ursprünglichen Betriebskostenabrechnung beim Mieter abzustellen sei (LG Rostock, Urteil v. 27.2.2009, 1 S 200/08, WuM 2009 S. 232; LG Düsseldorf, Urteil v. 22.9.2010, 23 S 430/09, NJW 2011 S. 688).
Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Er stützt sich hierbei auf den Wortlaut des § 199 Abs. 1 BGB. Danach beginnt die Verjährung mit dem "Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen ... Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste". Der BGH leitet hieraus ab, dass der Vermieter erst dann "Kenntnis" von der Höhe der Grundsteuer erlangt, wenn ihm der endgültige Festsetzungsbescheid des Finanzamts zugeht.
Hier begann die Verjährung also mit dem Schluss des Jahres 2007.
2. Verspätung vertreten müssen
Der Vermieter kann einen Anspruch auf Zahlung restlicher Betriebskosten auch nach Ablauf der Abrechnungsfrist geltend machen, wenn er die Fristüberschreitung nicht zu vertreten hat (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB). Diese Voraussetzung ist in den Fällen der rückwirkenden Grundsteuerfestsetzung gegeben.
Nach der Rechtsprechung des BGH hat der Vermieter die verspätete Geltendmachung einer Nachforderung dennoch zu vertreten, wenn er sich damit auch dann noch unnötig viel Zeit lässt, nachdem ihm die notwendigen Unterlagen für die Abrechnung vorliegen. Im Regelfall ist er gehalten, die Nachforderung innerhalb von 3 Monaten nach Wegfall des Abrechnungshindernisses zu erheben (BGH, Urteil v. 5.7.2006, VIII ZR 220/05, NJW 2006 S. 3350).
Diese Frist war gewahrt. Der Anspruch der Vermieterin bestand damit zu Recht.
Vorbehalt nicht erforderlich, aber Verwirkung beachten
Der BGH hat nicht entschieden, ob der Vermieter auch dann Anspruch auf die erhöhte Grundsteuer hat, wenn die Betriebskostenabrechnung keinen Vorbehalt für den Fall der Neuberechnung durch das Finanzamt enthält. Die Frage ist grundsätzlich zu bejahen. Jedoch kann es Ausnahmefälle geben, in denen der Anspruch verwirkt ist. Die Verwirkung setzt neben einem Zeitmoment voraus, dass der Mieter mit einer Nachforderung nicht zu rechnen brauchte und auch nicht damit gerechnet hat.
Unter Vorbehalt abrechnen
Um dieses sog. Umstandsmoment auszuschließen, ist ein Vorbehalt nützlich und empfehlenswert.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 12.12.2012, VIII ZR 264/12, NJW 2013 S. 456