Leitsatz

  1. Die (vertragswidrige) Abrechnung von Betriebskosten, für die es an einer Umlagevereinbarung fehlt oder für die eine Pauschale vereinbart ist, führt nicht zur Unwirksamkeit der Betriebskostenabrechnung aus formellen Gründen.
  2. Das Gleiche gilt für in der Abrechnung zu hoch oder zu niedrig angesetzte Vorauszahlungen oder den Ansatz von Soll- statt Ist-Vorauszahlungen.

(amtliche Leitsätze des BGH)

 

Normenkette

BGB § 556

 

Kommentar

In einem Wohnungsmietvertrag ist vereinbart, dass der Mieter für die Heiz- und Warmwasserkosten eine monatliche Vorauszahlung von 50 EUR zu zahlen hatte. Für die übrigen Betriebskosten schuldete er eine monatliche Pauschale von 20 EUR. Die Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 2005 enthält folgende Fehler:

  1. In der Heizkostenabrechnung sind als "Hausnebenkosten" die Kosten für Frischwasser und Abwasser aufgeführt, obwohl der Mieter diese Kosten nach der Umlagevereinbarung nicht schuldet.
  2. Außerdem hat der Vermieter nicht die tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen, sondern die sog. "Soll-Vorauszahlungen" in die Abrechnung eingestellt.
  3. Die übrigen Betriebskosten hat der Vermieter ebenfalls abgerechnet, obwohl hierfür eine Pauschale vereinbart ist.

Die Instanzgerichte haben die Abrechnungen wegen dieser Fehler als formell unwirksam angesehen.

Der BGH hat das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben:

1 Nicht umlagefähige Kosten

Nach den Urteilen des BGH vom 14.2.2007 (VIII ZR 1/06, NJW 2007 S. 1059) und vom 22.9.2010 (VIII ZR 285/09, NJW 2011 S. 143) ist zu unterscheiden: Enthält die Abrechnung Positionen, die nicht umlagefähig sind, ist die Abrechnung insgesamt formell unwirksam, wenn die Höhe dieser Positionen aus der Abrechnung nicht ersichtlich ist. Können die nicht umlagefähigen Positionen dagegen unschwer herausgerechnet werden, so bleibt die übrige Abrechnung wirksam.

Der zur Entscheidung stehende Sachverhalt ist dieser Gruppe zuzurechnen.

2 Tatsächlich geleistete Vorauszahlungen

Der BGH hat bereits mit Urteil vom 27.11.2002 (VIII ZR 108/02, NJW-RR 2003 S. 442) entschieden, dass in einer Betriebskostenabrechnung grundsätzlich die tatsächlich gezahlten Betriebskosten ausgewiesen werden müssen. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz begründet jedoch keinen formellen Mangel, sondern betrifft die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung.

Es gilt nichts anderes als bei einer Falschberechnung der geleisteten Vorauszahlungen (BGH, Beschluss v. 23.9.2009, VIII ZA 2/08, NJW 2009 S. 3575).

3 Kostenpauschale

Durch Urteil vom 10.10.2007 (VIII ZR 279/06, NJW 2008 S. 283) hat der BGH entschieden, dass die Abrechnung einzelner Betriebskosten im Sinne der BetrKV, die von der Umlagevereinbarung nicht erfasst werden, nicht als formeller, sondern als materieller Fehler zu bewerten ist. Der BGH führt aus, dass das Gleiche gilt, wenn der Vermieter über pauschalierte Betriebskosten abrechnet.

Die Zuordnung eines Abrechnungsfehlers zu den formellen oder den materiellen (inhaltlichen) Mängeln ist von großer praktischer Bedeutung, weil die Obliegenheit des Mieters zur Erhebung von Einwendungen nur bei einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung besteht (BGH, Urteil v. 8.12.2010, VIII ZR 27/10, NJW 2011 S. 1867; Beschluss v. 15.3.2011, VIII ZR 243/10, WuM 2011 S. 281).

Anmerkung

Fall zur Aufklärung zurückgewiesen

Hier wurde das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil ungeklärt war, ob der Mieter Einwendungen gegen die Abrechnung erhoben hat.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 18.5.2011, VIII ZR 240/10, WuM 2011 S. 420

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