Leitsatz

Ist vertraglich eine Umlegung der Betriebskosten nach der Kopfzahl der in einer Mietwohnung ständig lebenden Personen vereinbart, ist das Register nach dem Melderechtsrahmengesetz keine hinreichend exakte Grundlage für die Feststellung der wechselnden Personenzahl in einem Mietshaus mit einer Vielzahl von Wohnungen.

 

Normenkette

BGB § 556

 

Kommentar

Die Entscheidung betrifft ein Mietshaus mit insgesamt 20 Wohnungen. In den Formularmietverträgen ist u. a. vereinbart, dass die Wasserkosten "nach der Kopfzahl der einzelnen Mietparteien" auf die Mieter umgelegt werden. Die Vermieterin hat die an der Umlage beteiligten Personen anhand des amtlichen Einwohnermelderegisters ermittelt. Sie hat die Feststellung beantragt, dass diese Art der Umlage zulässig ist.

Die Klage hatte keinen Erfolg: Nach wohl allgemeiner Ansicht können die Parteien durch Formularvertrag vereinbaren, dass die verbrauchsabhängigen Betriebskosten nach dem Verhältnis der Kopfzahl auf die Mieter umgelegt werden (Langenberg in: Schmidt-Futterer, § 556a BGB Rdn. 23 und 70; Weitemeyer in: Staudinger (2006), § 556a BGB Rdn. 25). Haben die Parteien einen solchen Umlagemaßstab vereinbart, ist zu erwägen, ob der Vermieter die Zahl der Wohnungsnutzer anhand des amtlichen Einwohnermelderegisters ermitteln darf.

Dies wird vom BGH verneint: Eine Betriebskostenumlage nach der Kopfzahl setzt nach Ansicht des BGH voraus, dass der Vermieter "für bestimmte Stichtage die tatsächliche Belegung der einzelnen Wohnungen feststellt". Der Rückgriff auf das Melderegister sei unzureichend, weil in einem Mietshaus mit einer Vielzahl von Wohnungen während der Abrechnungsperiode erfahrungsgemäß eine beachtliche Fluktuation stattfindet, etwa durch Tod, Ein- oder Auszug von Familienangehörigen oder Lebensgefährten, Beginn oder Ende des Studiums auswärts studierender Kinder, längeren Auslandsaufenthalt von Familienmitgliedern oder Ähnliches.

Anmerkung

1. Es ist vereinbart, dass der Wasserverbrauch nach der Kopfzahl der Mieter umzulegen ist. Für diesen Fall hat der BGH entschieden, dass der Vermieter die tatsächlich im Haus lebenden Nutzer feststellen muss.

2. Dies führt zu der Frage, ob die Parteien vereinbaren können, dass der Vermieter die an der Umlage beteiligten Personen anhand eines Melderegisters feststellen darf. Der BGH hat hierzu festgestellt, dass die Parteien eine solche Vereinbarung nicht getroffen haben. Er hat nicht entschieden, dass eine solche Vereinbarung möglich ist, sondern diese Frage offengelassen.

Im Tatsächlichen ist festzustellen, dass einzelne Mieter durch eine solche Regelung einen Nachteil erleiden können, so z. B., wenn ein Familienmitglied für eine längere Zeit ortsabwesend ist. In der Literatur ist streitig, ob eine Vereinbarung über den Umlagemaßstab der Billigkeitskontrolle nach den §§ 315, 316 BGB unterliegt (so KG, GE 2002, 327), ob die Kontrolle lediglich anhand der §§ 242, 305 ff. BGB zu erfolgen hat (so Weitemeyer in: Staudinger [2006], § 556a BGB Rdn. 8), oder ob sich aus § 556a BGB ergibt, dass die Vereinbarung zu einer gerechten Aufteilung der Kosten führen muss (so Langenberg in: Schmidt-Futterer, § 556a BGB Rdn. 7).

Der BGH hat zu dieser Grundsatzfrage noch nicht Stellung genommen.

3. Dem amtlichen Leitsatz der Entscheidung kann nicht entnommen werden, dass eine Vereinbarung, wonach die "Betriebskosten nach der Kopfzahl" umzulegen sind, in allen Fällen wirksam ist. Die Umlage sämtlicher Betriebskosten nach der Kopfzahl ist insbesondere dann problematisch, wenn in dem Wohngebäude mehrere Wohnungen leer stehen (dazu Langenberg in: Schmidt-Futterer, § 556a BGB Rdn. 55, 56). In einem solchen Fall ergibt eine am Wortlaut der Klausel orientierte "kundenfeindliche" Auslegung, dass sämtliche Betriebskosten von den im Haus lebenden Mietern zu tragen sind. Deshalb wird zu Recht die Ansicht vertreten, dass lediglich die verbrauchsabhängigen Kosten nach der Kopfzahl umgelegt werden können (Langenberg in: Schmidt-Futterer, § 556a BGB Rdn. 23 und 70).

4. Aus der vom BGH gewählten Formulierung, wonach der Vermieter die tatsächliche Belegung der Wohnungen "für bestimmte Stichtage" feststellen muss, könnte entnommen werden, dass es nur darauf ankommt, welche Personen zum Zeitpunkt der Erstellung der Betriebskostenabrechnung in dem Haus leben. Dies ist jedoch ersichtlich nicht gemeint. Hat sich die Zahl der Nutzer während der Abrechnungsperiode erhöht oder verringert, muss der Vermieter die jeweilige Nutzungszeit feststellen und berücksichtigen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 23.01.2008, VIII ZR 82/07

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