Leitsatz
Eine formell unwirksame Abrechnung setzt die Einwendungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB nicht in Lauf. Wirkt sich der Mangel auf alle Betriebskostenpositionen aus, so muss der Mieter insgesamt keine Einwendungen erheben. Sind dagegen nur einzelne abtrennbare Kostenpositionen formell mangelhaft abgerechnet, entfällt die Obliegenheit zur Erhebung von Einwendungen nur hinsichtlich dieser Positionen.
(Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB § 556 Abs. 3 Sätze 5 und 6
Kommentar
In dem zur Entscheidung stehenden Fall ging es um eine Betriebskostenabrechnung, in der zwar ein Verteilerschlüssel angegeben war; allerdings war nicht erkennbar, ob die Umlage nach dem Verhältnis der Wohnflächen, der Nutzflächen, der Grundstücksfläche oder anderer Flächenverhältnisse erfolgt. Bei dieser Sachlage leidet die Abrechnung nach ständiger Rechtsprechung des BGH an einem formellen Mangel. Dem Mieter ist die Abrechnung innerhalb der Abrechnungsfrist zugegangen; Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter aber zunächst nicht erhoben. Dies führt zu der Frage, ob durch eine formell unwirksame Abrechnung die Einwendungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB ausgelöst wird.
Grundsätzlich muss der Mieter Einwendungen gegen die Abrechnung dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitteilen (§ 556 Abs. 3 Satz 5 BGB). Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen (§ 556 Abs. 3 Satz 6 BGB). In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob die Obliegenheit zur Erhebung von Einwendungen auch dann besteht, wenn die Abrechnung formell fehlerhaft ist. Dies wird zum Teil verneint (LG Berlin, Urteil v. 21.7.2009, 63 S 553/08, GE 2009 S. 1127; v. 15.2.2008, 63 S 263/07, MM 2008 S. 298; Langenberg, in Schmidt-Futterer, § 556 BGB Rdn. 499; Lützenkirchen, NZM 2002, S. 512; Gies, NZM 2002, S. 514 f.; Ehlert, in Bamberger/Roth, § 556 BGB Rdn. 71; Kinne, in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, § 556 BGB Rdn. 100; Dercks, NZM 2008, S. 239; Dickersbach, ZMR 2008, S. 355; Blank, DWW 2009, S. 91 f.; Hinz, NZM 2009, S. 97 f.; Milger, NZM 2009, S. 497, 401; Flatow, WuM 2010, S. 606, 612), zum Teil bejaht (LG Krefeld, Urteil v. 17.3.2010, 2 S 56/09, WuM 2010 S. 357 f.; Weitemeyer, in Staudinger (2006), § 556 BGB Rdn. 128; Sternel, ZMR 2001, S. 939; Schmid, in MüKomm, § 556 BGB Rdn. 91, 96 und ZMR 2002, S. 729; Wetekamp, Mietsachen, Kap 6 Rdn. 144; Streyl, WuM 2005, S. 505, NZM 2007, S. 324, NZM 2009, S. 809; Ritzmann, WuM 2010, S. 341).
Der BGH folgt der erstgenannten Ansicht. Ist der Umlageschlüssel nicht hinreichend erläutert, so wirkt sich dieser Mangel auf alle Betriebskostenpositionen aus; der Mieter muss insgesamt keine Einwendungen erheben. Sind dagegen nur einzelne abtrennbare Kostenpositionen formell mangelhaft abgerechnet, entfällt die Obliegenheit zur Erhebung von Einwendungen nur hinsichtlich dieser Positionen.
Link zur Entscheidung
BGH, Versäumnisurteil v. 8.12.2010, VIII ZR 27/10, WuM 2011 S. 101