Leitsatz
Der Mieter muss dem Vermieter innerhalb von 12 Monaten seit Erhalt einer Betriebskostenabrechnung mitteilen, dass einzelne Betriebskosten mit Rücksicht auf eine hierfür vereinbarte Pauschale nicht abzurechnen sind.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 556 Abs. 3 Sätze 5 und 6
Kommentar
Nach dem zwischen den Parteien bestehenden Wohnungsmietvertrag hat der Mieter für die Kosten der Heizung und des Warmwassers eine monatliche Vorauszahlung zu leisten. Hinsichtlich der weiteren Betriebskosten ist dagegen ein Pauschalbetrag vereinbart. Gleichwohl hat der Vermieter seit Mietbeginn im Jahr 1971 über sämtliche Betriebskosten eine jährliche Abrechnung erteilt; die sich hieraus ergebenden Nachforderungen hat der Mieter bis zum Jahr 2003 jeweils bezahlt.
In dem Rechtsstreit geht es um die Abrechnungen für die Kalenderjahre 2004 und 2005. Diese wurden dem Mieter jeweils Mitte Dezember 2005 und Mitte Dezember 2006 übermittelt. Der Mieter hat die sich hieraus ergebenden Nachzahlungsbeträge nicht bezahlt. Er hat jedoch gegen die Abrechnungen zunächst keine Einwendungen erhoben. Erst im August 2008 hat der Mieter geltend gemacht, dass die Betriebskosten durch die Pauschale abgegolten sind. Der BGH hatte zu entscheiden, ob die Ausschlussfrist für Einwendungen auch im Fall einer Betriebskostenpauschale gilt.
Dies wird vom BGH bejaht: Der Mieter muss Einwendungen gegen die Abrechnung spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Zugang der Abrechnung mitteilen (§ 556 Abs. 3 Satz 5 BGB). Diese Frist war hier hinsichtlich der Abrechnungen für 2004 und 2005 versäumt. Die Abrechnungen sind dem Mieter im Dezember 2005 und im Dezember 2006 zugegangen; die Einwendungen wurden erst im August 2008 erhoben. Für diesen Fall ist in § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB geregelt, dass der Mieter nach Fristablauf mit den Einwendungen grundsätzlich ausgeschlossen ist.
In früherer Zeit war streitig, ob die Regelung in § 556 Abs. 3 Sätze 5 und 6 BGB auch dann gilt, wenn der Vermieter über vertraglich nicht geschuldete Betriebskosten abrechnet. Die Frage wurde zum Teil verneint (Langenberg, in Schmidt-Futterer, § 556 BGB Rdn. 504; Blank/Börstinghaus, § 556 BGB Rdn. 131; Lützenkirchen, NZM 2002, S. 512 f.; Kinne, in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, § 556 BGB Rdn. 100), zum Teil bejaht (Sternel, ZMR 2001, S. 937, 939; Schmid, ZMR 2002, S. 727, 730 und in MünchKomm, § 556 Rdn. 96; Streyl, WuM 2005, S. 505 f.; Weitemeyer, in Staudinger (2006), § 556 Rdn. 129; Rips, in Eisenschmid/Rips/Wall, Betriebskosten-Kommentar, § 556 Rdn. 2064; Wetekamp, Mietsachen, Kap. 6 Rdn. 145; Frommeyer, in Anwaltskommentar, § 556 Rdn. 24). Der BGH hat sich mit Urteil v. 10.10.2007 (VIII ZR 279/06, NJW 2008 S. 283) der letztgenannten Ansicht angeschlossen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass der Wortlaut des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB auch den Einwand der fehlenden Umlagefähigkeit erfasst. Ebenso spreche der Sinn und Zweck der Regelung für eine umfassende Einwendungspflicht, weil auf diese Weise rasch Klarheit über die wechselseitigen Ansprüche geschaffen wird.
In dem Urteil vom 5.3.2008 (VIII ZR 80/07, NJW 2008 S. 1521 ) hat der BGH diese Rechtsprechung weiterentwickelt. Die Entscheidung betrifft einen Fall, in dem für einen Teil der Betriebskosten eine Pauschale und für einen anderen Teil eine Abrechnungsbefugnis vereinbart war. Gleichwohl hat der Vermieter alle Betriebskosten abgerechnet. Nach der Auffassung des BGH muss der Mieter auch in einem solchen Fall einwenden, dass die Abrechnung pauschalierte Betriebskosten enthält. Der nunmehr entschiedene Fall behandelt dieselbe Konstellation.
Rechtsfolge unklar
Der BGH hat bislang nicht entschieden, welche Rechtsfolge gilt, wenn die Abrechnung Kostenpositionen enthält, die – wie etwa die Verwaltungs- und Instandsetzungskosten – nicht zu den Betriebskosten i.S.d. § 556 Abs. 1 BGB gehören. Teilweise wird vertreten, dass in einem solchen Fall keine Obliegenheit zur Geltendmachung von Einwendungen besteht, weil es an der gesetzlichen Grundlage für die Umlage fehlt (Langenberg, in Schmidt-Futterer, § 556 BGB Rdn. 503; Rips, in Eisenschmid/Rips/Wall, Betriebskosten-Kommentar, Rdn. 2064; Kinne, in Miet- und Mietprozessrecht, 5. Aufl. 2008, § 556 Rdn. 100; Lützenkirchen, in AHB-Mietrecht, 3. Aufl., Rdn. 353; Ehlert, in Bamberger/Roth, § 556 BGB Rdn. 71; Horst, Praxis des Mietrechts, 2. Aufl. 2009, Rdn. 767; Gies in: Hannemann/Wiegner, MAH Wohnraummietrecht, § 36 Rdn. 68; Flatow, WuM 2010, S. 606, 612; a.A.: Weitemeyer, in Staudinger (2006), § 556 BGB Rdn. 129; Dickersbach, ZMR 2008, S. 355 f.; Sternel, ZMR 2001, S. 937, 939; Streyl, WuM 2005, S. 505 f.; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 10. Aufl. 2007, Rdn. 3262c; ders. in MüKomm, § 556 BGB Rdn. 96; Wetekamp, Mietsachen, 4. Aufl. 2007, Kap. 6 Rdn. 145; Frommeyer, in Dauner-Lieb/Langen, Anwaltkommentar, § 556 BGB Rdn. 24). Nach dem Sinn und Zweck der Einwendungsobliegenheit kann es jedoch keinen Unterschied bedeuten, ob sich der Abrechnung...