Leitsatz

1. Rechnet der Vermieter über Betriebskosten ab, die von der Umlagevereinbarung nicht erfasst sind, so ist die Annahme einer stillschweigenden Erweiterung der Umlagevereinbarung nur möglich, wenn der Vermieter nach den Gesamtumständen davon ausgehen kann, dass der Mieter einer Umlage weiterer Betriebskosten zustimmt. (Leitsatz der Redaktion)

2. Zu den Einwendungen gegen eine Abrechnung des Vermieters über Vorauszahlungen für Betriebskosten, die der Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung geltend machen muss, gehört auch der Einwand, dass es für einzelne, nach § 556 Abs. 1 BGB grundsätzlich umlagefähige Betriebskosten an einer vertraglichen Vereinbarung über die Umlage fehlt.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 556

 

Kommentar

In dem zur Entscheidung stehenden Fall ging es um die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2000 bis 2003. Diese Abrechnungen wurden dem Mieter wie folgt übermittelt:

  • die Abrechnungen für die Kalenderjahre 2000 und 2001 im November 2002;
  • die Abrechnung für das Kalenderjahr 2002 im Oktober 2003;
  • die Abrechnung für das Kalenderjahr 2003 im Juni 2004.

Die Abrechnungen schlossen jeweils mit einer Nachforderung zugunsten des Vermieters. Diese Nachforderungen in Höhe von ca. 1.050 EUR waren Gegenstand der Klage. Der Mieter hat gegen den Zahlungsanspruch mit Schriftsatz vom 14.2.2005 eingewendet, dass einige der in der Abrechnung enthaltenen Kostenpositionen, nämlich die Betriebskosten für den Kabelanschluss, für Haus- und Gartenpflege, für Versicherungen sowie für den Gemeinschaftsstrom, nicht als umlagefähig vereinbart worden sind. Der Vermieter hat seinerseits geltend gemacht, er habe diese Kosten seit Mietbeginn im Jahr 1997 abgerechnet. Der Mieter hat Widerklage erhoben, mit denen er einen Teil der Vorauszahlungen auf die Betriebskosten für die Jahre 2000 bis 2003, insgesamt ca. 2.400 EUR, zurückverlangt.

Der BGH kommt zum Ergebnis, dass hinsichtlich der vom Mieter beanstandeten Kostenpositionen keine wirksame Umlagevereinbarung vorliegt. Bei dieser Ausgangslage hatte sich der BGH mit zwei Problemen zu befassen.

1. Konkludente Änderung der Umlagevereinbarung durch Akzeptanz von fehlerhaften Abrechnungen über mehrere Jahre? (Leitsatz 1)

In dem Urteil vom 7.4.2004 (VIII ZR 146/03) hat der Senat im Anschluss an einen Beschluss des XII. Senats vom 29.5.2000 (XII ZR 35/00) entschieden, dass eine Umlagevereinbarung auch stillschweigend geändert werden kann. Eine solche Vertragsänderung könne durch eine jahrelange Zahlung von an sich nicht geschuldeten Betriebskosten zustande kommen. In einem solchen Fall könne der Vermieter davon ausgehen, dass der Mieter mit der Auferlegung der abgerechneten Kosten einverstanden sei.

In der aktuellen Entscheidung vom 10.10.2007 (VIII ZR 279/06) wird dieser Grundsatz präzisiert und eingeschränkt: Rechnet der Vermieter über Betriebskosten ab, die von der Umlagevereinbarung nicht erfasst sind, so ist die Annahme einer stillschweigenden Erweiterung der Umlagevereinbarung nur möglich, wenn "der Vermieter nach den Gesamtumständen davon ausgehen kann, dass der Mieter einer Umlage weiterer Betriebskosten zustimmt". Es genügt keinesfalls, wenn der Mieter die zu Unrecht abgerechneten Kosten nicht beanstandet. Selbst eine ungekürzte Zahlung der Betriebskostenabrechnung reicht nicht aus, weil hierin zunächst allein die Vorstellung des Mieters zum Ausdruck kommt, hierzu verpflichtet zu sein. Anders ist es nur, "wenn aufgrund besonderer Umstände der Änderungswille des Vermieters für den Mieter erkennbar ist". Vorliegend hat der Mieter die fehlerhaften Abrechnungen drei Jahre lang akzeptiert. Gleichwohl hat der BGH das Vorliegen besonderer Umstände verneint.

2. Reichweite des Einwendungsausschlusses nach § 556 Abs. 3 S. 5 BGB (Leitsatz 2)

Nach § 556 Abs. 3 S. 5 BGB muss der Mieter Einwendungen gegen die Abrechnung spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitteilen. Diese Frist war im Entscheidungsfall hinsichtlich der Abrechnungen für 2001 und 2002 versäumt. Die Abrechnungen sind dem Mieter im November 2002 und im Oktober 2003 zugegangen; die Einwendungen wurden erst im Februar 2005 erhoben. Für diesen Fall ist in § 556 Abs. 3 S. 6 BGB geregelt, dass der Mieter nach Fristablauf mit den Einwendungen grundsätzlich ausgeschlossen ist.

Allerdings ist streitig, ob die Regelung in § 556 Abs. 3 S. 5 und 6 BGB auch dann gilt, wenn der Vermieter über nicht geschuldete Betriebskosten abrechnet. Die Frage wird zum Teil verneint (Langenberg in: Schmidt-Futterer, § 556 BGB Rdn. 504; Blank/Börstinghaus, § 556 BGB, Rdn. 131; Lützenkirchen, NZM 2002, 512, 513; Kinne in: Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, § 556 BGB Rdn. 100), zum Teil bejaht (Sternel, ZMR 2001, 937, 939; Schmid, ZMR 2002, 727, 730 und in: MünchKomm, § 556 Rdn. 96; Streyl, WuM 2005, 505, 506; Weitemeyer in: Staudinger [2006], § 556 Rdn. 129; Rips in: Eisenschmid/Rips/Wall, Betriebskosten-Kommentar, § 556 Rdn...

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