Leitsatz
Innerhalb der Abrechnungsfrist ist eine Korrektur der Abrechnung möglich, auch wenn dies zum Nachteil des Mieters erfolgt.
(Leitsatz der Redaktion)
- Jedenfalls seit der gesetzlichen Einführung der ausschlussbewehrten Abrechnungs- und Einwendungsfristen gemäß § 556 Abs. 3 Sätze 2, 3 und Sätze 5, 6 BGB durch das Mietrechtsreformgesetz vom 19.6.2001 erlauben weder die vorbehaltlose Zahlung einer Betriebskostennachforderung durch den Mieter noch die vorbehaltlose Erstattung eines sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Guthabens durch den Vermieter für sich genommen die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses, das einer späteren Nach- oder Rückforderung während des Laufs der genannten Fristen entgegensteht (Fortführung von BGH, Urteile v. 18.1.2006, VIII ZR 94/05, NJW 2006 S. 903, v. 11.11.2008, VIII ZR 265/07, NJW 2009 S. 580).
(amtliche Leitsätze des BGH)
Normenkette
BGB § 556 Abs. 3
Kommentar
In dem zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnis wird die Miete aufgrund einer vom Mieter erteilten Einzugsermächtigung im Lastschriftverfahren bezahlt. Am 6.7.2007 hat der Vermieter über die Betriebskosten des Kalenderjahres 2006 abgerechnet. Die Abrechnung schloss mit einem Guthaben zugunsten des Mieters in Höhe von ca. 150 EUR. Der Vermieter hat diesen Betrag mit der Monatsmiete für August 2007 verrechnet und die verringerte Monatsmiete eingezogen.
In der Folgezeit stellte der Vermieter fest, dass bei der Abrechnung der Heizkosten 8.200 Liter Heizöl im Wert von 4.613,32 EUR aufgrund eines Versehens nicht berücksichtigt wurden. Dies teilte der Vermieter dem Mieter mit Schreiben vom 11.12.2007 mit. Zugleich übermittelte er eine berichtigte Abrechnung, aus der sich lediglich ein Guthaben zugunsten des Mieters von ca. 14 EUR ergab. Die Differenz von 146 EUR buchte der Vermieter aufgrund der ihm erteilten Einzugsermächtigung vom Konto des Mieters ab. Der Mieter hält dies für unzulässig; er hat den Betrag von 146 EUR mit der Klage geltend gemacht.
Die Klage hatte allerdings keinen Erfolg:
1 Korrektur der Abrechnungsfrist
Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen (§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB). Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter habe die Verspätung nicht zu vertreten (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB;BGH, Urteil v. 17.11.2004, VIII ZR 115/04, NJW 2005 S. 219). Innerhalb der Abrechnungsfrist ist eine Korrektur der Abrechnung dagegen möglich, auch wenn dies zum Nachteil des Mieters erfolgt.
So lagen die Dinge hier: Die Abrechnungsfrist bezüglich der Betriebskosten für das Kalenderjahr 2006 endete am 31.12.2007; die berichtigte Abrechnung ist dem Mieter vor diesem Zeitpunkt, nämlich am 11.12.2007 zugegangen.
2 Kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis
In der Literatur ist streitig, ob durch die Auszahlung eines Guthabens an den Mieter ein deklaratorisches Anerkenntnis zustande kommt, das eine weitere Korrektur der Abrechnung ausschließt (so Wetekamp, Mietsachen, 4. Aufl. 2007, Kap. 6 Rdn. 142; Frommeyer, in Dauner-Lieb/Langen, Anwaltkommentar, § 556 BGB Rdn. 26; Ehlert, in Bamberger/Roth, § 556 BGB Rdn. 72, 74; Palandt/Weidenkaff, § 556 BGB Rdn. 13; Erman/Jendrek, § 556 BGB Rdn. 14; Streyl, WuM 2005, S. 505), oder ob die Möglichkeit einer Korrektur der Abrechnung abschließend durch die Abrechnungsfrist in § 556 Abs. 3 BGB geregelt wird (so Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 10. Aufl. 2007, Rdn. 3273a; ders. in MüKomm, § 556 BGB Rdn. 102; ders. in ZMR 2002, S. 727; Lammel, Wohnraummietrecht, § 556 BGB Rdn. 147; Sternel, ZMR 2001, S. 937, 940).
Der BGH erachtet die letztgenannte Auffassung für zutreffend: Durch die gesetzlichen Regelungen in § 556 Abs. 3 BGB ist "umfassend gewährleistet, dass die Mietvertragsparteien nach überschaubarer Zeit Klarheit über ihre Verpflichtungen aus einem abgeschlossenen Abrechnungszeitraum erlangen". Ein Bedürfnis für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses besteht deshalb nicht mehr.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 12.1.2011, VIII ZR 296/09, NJW 2011 S. 843