Leitsatz
- Ist im Mietvertrag eine nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB zulässige Betriebskostenabrechnung auf der Grundlage eines erfassten Verbrauchs vereinbart, kommt es für die inhaltliche Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung allein darauf an, ob der tatsächliche Verbrauch zutreffend erfasst worden ist.
- Beruhen die in die Betriebskostenabrechnung eingestellten Verbrauchswerte auf der Ablesung eines geeichten Messgeräts, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Werte den tatsächlichen Verbrauch richtig wiedergeben.
- Den von einem nicht (mehr) geeichten Messgerät abgelesenen Verbrauchswerten kommt die Vermutung der Richtigkeit nicht zu. In diesem Fall muss der Vermieter im Prozess die Richtigkeit der abgelesenen Werte zur Überzeugung des Tatrichters nachweisen.
(amtliche Leitsätze des BGH)
Normenkette
BGB §§ 556, 556a Abs. 1 Satz 2; EichG § 25
Kommentar
In dem Mietvertrag ist hinsichtlich der Umlage der Betriebskosten Folgendes vereinbart: "Soweit Betriebskosten verbrauchs- oder verursachungsbezogen abgerechnet werden können, erfolgt die Betriebskostenabrechnung auf der Grundlage des erfassten Verbrauchs bzw. der erfassten Verursachung."
Entsprechend dieser Regelung hat der Vermieter die Wasserkosten nach der Anzeige der Zwischenwasserzähler abgerechnet. Allerdings waren diese Zähler nicht mehr geeicht, weil die Eichfrist abgelaufen war. Der Mieter hat deshalb die Ansicht vertreten, dass die Wasserkosten nach dem Verhältnis der Wohnfläche umzulegen sind. Der Vermieter hat daraufhin die Zähler durch eine anerkannte Prüfstelle für Messgeräte untersuchen lassen. Nach dem Prüfbericht werden die Verkehrsfehlergrenzen nicht überschritten. Der BGH hatte zu entscheiden, ob in diesem Fall eine verbrauchsabhängige Umlage der Wasserkosten möglich ist.
Dies wird vom BGH bejaht: Nach § 25 Abs. 1 Nr. 1a EichG ist es u.a. verboten, "Messgeräte zur Bestimmung ... der Durchflussstärke von Flüssigkeiten ... ungeeicht im geschäftlichen Verkehr zu verwenden". Dieses Verbot gilt auch für die in einem Mietshaus zur Messung des Wasserverbrauchs verwendeten Haupt- und Zwischenwasserzähler. Hieraus wird teilweise abgeleitet, dass ein ungeeichter oder nicht mehr geeichter Wasserzähler zur Feststellung des tatsächlichen Wasserverbrauchs ungeeignet ist (BayObLG, Beschluss v. 23.3.2005, 2Z BR 236/04, WuM 2005 S. 479; Langenberg in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 556 Rdn. 116).
Der BGH differenziert: Bei einem geeichten Zähler spricht eine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit des Messwerts. Dem Mieter steht es offen, das Messergebnis dadurch zu entkräften, dass er den Gegenbeweis führt. Bei einem ungeeichten oder nicht mehr geeichten Zähler gilt diese Vermutung nicht. Hier muss der Vermieter beweisen, dass der Zähler trotz fehlender Eichung ein zutreffendes Messergebnis anzeigt. Diesen Beweis kann der Vermieter dadurch führen, dass er den Zähler durch eine anerkannte Stelle überprüfen lässt. In dem zur Entscheidung stehenden Fall ist dem Vermieter dieser Beweis gelungen.
Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Vermieter auch bei Verwendung eines nicht oder nicht mehr geeichten Wasserzählers verbrauchsabhängig abrechnen, wenn er den Zähler durch eine anerkannte Stelle überprüfen lässt und die Überprüfung ergibt, dass der Zähler den Wasserverbrauch hinreichend genau anzeigt. Der BGH hat nicht entschieden, ob der Vermieter diesen Weg wählen muss oder ob er die Wasserkosten stattdessen nach dem Verhältnis der Wohnflächen umlegen darf. Nach der hier vertretenen Ansicht setzt die Pflicht zur verbrauchsabhängigen Abrechnung lediglich voraus, dass taugliche Zähler vorhanden sind. Hierzu zählen zum einen die geeichten Zähler und zum anderen solche Zähler, die trotz Ablauf der Eichfrist ein zuverlässiges Messergebnis liefern. Bei ungeeigneten Zählern sind die Wasserkosten allerdings nach dem Verhältnis der Wohnflächen umzulegen, wobei der Vermieter einen Abzug von 15 % der Kosten hinnehmen muss (Langenberg in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 556 Rdn. 351).
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 17.11.2010, VIII ZR 112/10, NJW 2011 S. 598