Leitsatz
Bemessungsgrundlage der Minderung nach § 536 BGB ist die Bruttomiete (Miete einschließlich aller Nebenkosten). Ob und in welcher Höhe ein Minderungsbetrag (auch) auf die Vorauszahlungen angerechnet wird, spielt hierbei keine Rolle.
(Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 536, 556 Abs. 3
Kommentar
Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über eine Wohnung. Nach dem Mietvertrag hat der Mieter die Betriebskosten zu tragen. Die Miete setzt sich wie folgt zusammen:
Grundmiete: |
250,53 EUR |
Betriebskostenvorauszahlung: |
53,47 EUR |
Gesamtmiete: |
304,00 EUR |
Der Mieter hat die Miete im Jahr 2006 gemindert:
Januar und Februar: |
je 64,00 EUR |
März bis Juni: |
je 104,00 EUR |
Der Vermieter hat die Mietminderung anteilig auf die Grundmiete und die Betriebskostenvorauszahlungen angerechnet. Diese Verrechnungsweise hatte zur Folge, dass von den vertraglich vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen nur ein Teil getilgt wurde. Bei der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2006 hat der Vermieter die vollen Betriebskosten in Ansatz gebracht, aber nur den getilgten Teil der Vorauszahlungen berücksichtigt. Die Abrechnung über die Betriebskosten für das Jahr 2006 schloss mit einem Nachzahlungsbetrag von 183,81 EUR. Dieser Betrag ist u.a. Gegenstand der Klage. Die Instanzgerichte haben die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass in Fällen der vorliegenden Art die vollen Betriebskostenvorauszahlungen bei Abrechnung zu berücksichtigen sind. In diesem Fall stehe dem Vermieter keine Nachforderung zu.
Der BGH stellt klar, dass die Art und Weise der Verrechnung von Minderungsbeträgen in Fällen der vorliegenden Art keine Rolle spielt.
1 Bruttomiete als Bemessungsgrundlage
Der für die Gewerbemiete zuständige XII. Zivilsenat hat in dem Urteil vom 6.4.2005 (XII ZR 225/03, NJW 2005 S. 1713) ausgeführt, dass Bemessungsgrundlage der Minderung nach § 536 BGB die Bruttomiete sei. Der XII. Senat definiert den Begriff der "Bruttomiete" unter Rz. 15 ff. der Urteilsgründe als die für die Überlassung der Mietsache "geschuldete gesamte Gegenleistung" des Mieters. Die Gegenleistung des Mieters besteht in der Grundmiete und den Betriebskosten. Die Betriebskosten setzen sich zusammen aus den Vorauszahlungen zuzüglich eventueller Nachforderungen oder abzüglich eventueller Gutschriften. Aus dieser Bruttomiete ist die Minderungsquote zu berechnen.
Der für die Wohnraummiete zuständige VIII. Zivilsenat hat in dem Urteil vom 20.7.2005 (VIII ZR 347/04, NJW 2005 S. 2773) ebenfalls die Ansicht vertreten, dass für die Berechnung der Minderung die Bruttomiete maßgeblich sei. Er hat diese Miete allerdings definiert als "Nettomiete und Nebenkostenpauschale oder Vorauszahlungen auf die Nebenkosten" (unter Rz. 10). Folgt man dieser Definition, so ist die Minderungsquote aus der Grundmiete und den Betriebskostenvorauszahlungen zu berechnen; die vom Mieter tatsächlich zu zahlenden Betriebskosten spielen dann keine Rolle. Wegen dieser Unklarheiten wurden die Urteile der beiden Senate in der Literatur unterschiedlich interpretiert (Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. 2008, § 536 BGB Rn. 82 mit Nachweisen über den Streitstand). In der nunmehr vorliegenden Entscheidung stellt der VIII. Zivilsenat klar, dass unter der Bruttomiete die "Miete einschließlich aller Nebenkosten" zu verstehen sei und dass dies Bemessungsgrundlage für die Minderung ist. Ein Unterschied zwischen der Rechtsprechung der beiden Senate besteht demnach nicht.
2 Minderung der Gesamtmiete
Im Fall eines Mangels ist die Gesamtmiete gemindert. Da sich die Gesamtmiete aus der Grundmiete einschließlich aller Nebenkosten zusammensetzt, kann im Fall einer berechtigten Minderung die Höhe des vom Mieter geschuldeten Entgelts erst aufgrund der Jahresabrechnung über die Betriebskosten ermittelt werden. Ob und in welcher Höhe ein Minderungsbetrag (auch) auf die Vorauszahlungen angerechnet wird, spielt hierbei keine Rolle. Der Vermieter kann eine solche Anrechnung vornehmen, er kann aber auch die Minderungsbeträge ausschließlich auf die Grundmiete anrechnen. Eine eventuelle Nachforderung des Vermieters oder ein Guthaben des Mieters ist in beiden Fällen "am einfachsten dadurch zu berechnen, dass die (vom Mieter) im Abrechnungsjahr insgesamt geleisteten Zahlungen der ... geschuldeten Gesamtmiete (Jahresbetrag der Nettomiete zuzüglich der abgerechneten Betriebskosten abzüglich des in dem betreffenden Jahr insgesamt gerechtfertigten Minderungsbetrags) gegenübergestellt werden".
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 13.4.2011, VIII ZR 223/10, NJW 2011 S. 1806