Leitsatz (amtlich):

Der Grundsatz, dass die Beweislastregeln des Ausgangsrechtsstreits auch im Regressprozess anzuwenden sind, kann sich auch zu Lasten des Mandanten eines Steuerberaters auswirken, wenn die Frage, ob der Mandant den Steuerschaden noch rechtzeitig durch einen Rechtsbehelf hätte abwenden können, vom Zeitpunkt des Zugangs des Steuerbescheids abhängt.

 

Zum Tatbestand

Der Beklagte betreute als Steuerberater den Kläger. Der Kläger war an einer OHG und an einer GmbH & Co. KG beteiligt. Mit der GmbH & Co. KG hatte er eine GbR gegründet, auf die er seinen OHG-Anteil im Innenverhältnis in Form einer Unterbeteiligung übertrug. Am 16.11.1987 erließ das zuständige Betriebsfinanzamtfür 1981-1983 geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung für die OHG und die GbR. In beiden Bescheiden wurde dem Kläger der Gewinn aus der OHG in vollem Umfang zugerechnet, was zur Folge hatte, dass er in den darauf basierenden ESt-Bescheiden vom 26.1.1988 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb doppelt angesetzt wurde. Die hiergegen eingelegten Einsprüche, die der Beklagte nicht begründete, wies das Finanzamt zurück. Die Klage, die der nunmehr beauftragte Steuerberater J. beim Finanzamt erhob, nahmen der Kläger und seine Ehefrau aufgrund der dort am 6.6.1991 durchgeführten mündlichen Verhandlung zurück.

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen der zu hoch festgesetzten Steuern auf Schadensersatz in Anspruch. Er hat zunächst in erster Linie Zahlung von 198308,37 DM verlangt. Darin war der reine Steuerschaden mit 138 335,43 DM enthalten. Der Senat hat im ersten Revisionsverfahren[1] jenen Klageantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Sache zur Entscheidung über die Anspruchshöhe an das LG zurückverwiesen. Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat der Kläger die Klage erhöht und Zahlung von insgesamt 293 596,74 DM nebst Zinsen verlangt; davon entfallen 152 054 DM auf den Steuerschaden. Die 152 054 DM hat das LG durch Teilurteil dem Kläger zugesprochen. Das Berufungsgericht hat dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das LG zurückverwiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

 

Aus den Entscheidungsgründen

Die Revision führt wegen eines Betrages von 138 335,43 DM zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung. Im Übrigen hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hält das Teilurteil des LG für unzulässig, weil der Beklagte -zu Recht - den Einwand des Mitverschuldens erhoben habe. Dem Kläger sei es zuzurechnen, dass sein jetziger Steuerberater keinen Antrag nach § 174 Abs. 1 AO auf Änderung der Einkommensteuerbescheide gestellt habe. Diesen Einwand der Verletzung der Schadensminderungspflicht könne der Beklagte auch noch im Betragsverfahren erheben. Da der Einwand den gesamten Klageanspruch betreffe, bestehe bei Erlass eines Teilurteils die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen.

  1. Eine solche Gefahr besteht indessen nicht, soweit es um den schon im Verfahren über den Klagegrund erhobenen Anspruch geht. In diesem Umfang steht durch das Urteil vom 20.6.1996 bindend fest, dass der dem Kläger entstandene Schaden dem Grunde nach in vollem Umfang zu ersetzen ist. Die Entscheidung der Frage, inwieweit ein Schadensersatzanspruch durch ein mitwirkendes Verschulden des Geschädigten gemindert ist, kann zwar grundsätzlich - wenn es zweifellos den Anspruch nicht insgesamt entfallen lässt - dem Betrags verfahren vorbehalten werden. Das muss jedoch im Urteilstenor, zumindest aber in den Entscheidungsgründen kenntlich gemacht werden. Dem Urteil vom 20.6.1996 ist eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen. Weder der Urteilstenor noch die Gründe befassen sich mit der Frage eines etwaigen Mitverschuldens des Klägers. Den Entscheidungsgründen lässt sich eine Aussage hierzu auch nicht im Wege der Auslegung entnehmen. Die Parteien hatten sich bis dahin mit der Frage, ob die doppelte Besteuerung des Gewinns aus der OHG später noch durch einen Antrag nach § 174 Abs. 1 AO hätte beseitigt werden können, nur im Zusammenhang mit der Ursächlichkeit der Pflichtverletzung des Beklagten für den eingetretenen Schaden befasst. Das Berufungsgericht hat die Problematik in seinem ersten Urteil im Rahmen der Prüfung der Pflichtverletzung erörtert und dazu ausgeführt, eine Änderung der Bescheide nach § 174 AO sei nicht in Betracht gekommen. In der anschließenden Revisionsinstanz wurde dieses Problem nicht mehr angesprochen. Bei dieser Sachlage kann in dem Schweigen des Senatsurteils zu dieser Frage kein Vorbehalt hinsichtlich eines etwaigen dem Kläger zuzurechnenden Mitverschuldens gesehen werden. Der Klageanspruch ist dem Kläger somit dem Grunde nach ohne Einschränkung zuerkannt worden. Eine solche Entscheidung im Verfahren über den Anspruchsgrund ist gemäß § 318 ZPO für das Betragsverfahren bindend. Die Bindungswirkung ist, soweit es um die Berücksichtigung eines Mitverschuldens geht, nicht auf den Fall des § 254 Abs. 1 BGB beschränkt, sondern erstreckt sich - bei unverändert gebliebenem Sac...

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