Leitsatz
Die Parteien waren miteinander verheiratet und lebten seit Mitte Januar 2006 voneinander getrennt. Aus ihrer Ehe war eine am 5.3.2005 geborene Tochter hervorgegangen, die von der Ehefrau betreut wurde. Der Ehemann war Ende 2003 aus der Türkei nach Deutschland gekommen und seither bis auf kurze Probearbeitsverhältnisse arbeitslos. Seit März 2006 arbeitete er als Reinigungskraft in einem türkischen Imbiss und verdiente 160,00 EUR monatlich anrechnungsfrei auf das zuletzt i.H.v. 527,00 EUR bezogenen Arbeitslosengeld II.
Die Ehefrau nahm den Beklagten auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch.
Der Beklagte beantragte Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Rechtsverteidigung, die ihm nicht gewährt wurde.
Hiergegen legte er Beschwerde eine, die insoweit erfolgreich war, als ihm insoweit Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, als er sich gegen einen höheren Unterhaltsanspruch als 160,00 EUR monatlich zu verteidigen beabsichtigte.
Auch gegen die nur teilweise PKH bewilligende Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts wandte sich der Beklagte mit der sofortigen Beschwerde.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Beschwerde für teilweise begründet.
Aufgrund des von dem Beklagte dargestellten Schul- und Ausbildungsganges sei festzustellen, dass er die türkische Mittelschule nach der achten Klasse verlassen und ca. vier Jahre ohne Berufsabschluss bei einem auf die Reparatur von Silberschmuck spezialisierten Juwelier gearbeitet habe und in diesem Bereich bis zu seiner Einreise nach Deutschland selbständig tätig gewesen sei. Der Beklagte dürfe deshalb nur als nach den Maßstäben in Deutschland ungelernte Kraft dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, allerdings mit mehrjährigen Kenntnissen im Bereich der Schmuckreparatur.
Es sei nicht ersichtlich, dass er sich vor diesem Hintergrund auch nur ansatzweise ausreichend beworben habe. Er habe lediglich dreizehn Bewerbungen bzw. Absagen für die Zeit von Anfang Mai bis Mitte Juni 2006 vorgelegt, die inhaltlich wenig aussagekräftig und teilweise ohne vorhergehende Stellenausschreibung erfolgt seien. Soweit der Beklagte sich auf seine unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache zurückziehe, sei einerseits nicht ersichtlich, welche Bemühungen er entfaltet habe, um seine Sprachkenntnisse deutlich zu verbessern.
Im Übrigen habe er auch nicht dargetan, dass er sich um Stellen bei türkischen Arbeitgebern mit jedenfalls zum Teil türkischer Kundschaft beworben habe, die es gerichtsbekannt in Schleswig-Holstein und Hamburg zahlreiche gebe.
Bei ausreichenden Bewerbungsbemühungen und Anstrengungen, die deutsche Sprache zu erlernen, sei es dem uneingeschränkt arbeitsfähigen Beklagten möglich, als ungelernte Kraft im Raume Schleswig-Holstein und Hamburg jedenfalls 1.000,00 EUR netto monatlich zu verdienen. Über diesen Bereich hinausgehende Bewerbungen dürften dem Beklagten nicht abzuverlangen sein, da ihm der Umgang mit seinem Kind nicht durch weit entfernte Arbeitsstellen erschwert werden dürfe.
Bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.000,00 EUR stünden oberhalb des kleinen Selbstbehalts 110,00 EUR für den Kindesunterhalt zur Verfügung. Es sei davon auszugehen, dass der Beklagte Unterhalt in dieser Höhe bei den von ihm abzuverlangenden gehörigen Bemühungen werde zahlen können.
Abzüge vom Nettoeinkommen seien nicht vorzunehmen, da Belastungen nicht geltend gemacht worden seien.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 14.11.2006, 15 WF 292/06