Leitsatz

Sind im Rahmen des Pflichtteilsergänzungsanspruchs bei Schenkungen in der Vergangenheit erbrachte Dienstleistungen zu bewerten, so kommt die Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes des Geldes nicht in Betracht.

 

Sachverhalt

Die testamentarisch nicht bedachten Töchter machen gegenüber dem Sohn, der als Alleinerbe eingesetzt worden ist, ihre Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend. Dieser erbte insbesondere mehrere Erbbaurechtsgrundstücke, die den Großteil des Nachlasswerts ausmachen. Der Sohn war jahrelang unentgeltlich für die Eltern in deren Bäckerei und anschließend noch in der dazugehörigen Gastwirtschaft tätig. Er erhielt für seine Dienste über zehn Jahre nur ein Taschengeld sowie freie Kost und Logis. Die Parteien streiten über die Höhe der geltend gemachten Ansprüche.

 

Entscheidung

Neben dem um die Nachlassverbindlichkeiten bereinigten Pflichtteil stehen den Schwestern des Erben auch Ergänzungsansprüche nach § 2325 BGB zu, da vom Vorliegen einer gemischten Schenkung auszugehen ist. Es ist zwar die Sache der Vertragsparteien den Wert von Leistung und Gegenleistung festzulegen, wobei sie auch nicht gehindert sind, bereits in der Vergangenheit erbrachte Leistungen als Gegenleistungen anzuerkennen.

Der Übergabevertrag zugunsten des Sohnes enthält keine Hinweise auf Gegenleistungen, was jedoch nicht der Annahme einer entgeltlichen Zuwendung entgegensteht. Da die Dienstleistungen des Sohnes jedoch als Gegenleistung für die Grundstücksübertragung anzusehen sind, liegt eine gemischte Schenkung vor, weil Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen.

Der Erbe hätte von der Erblasserin eine angemessene Vergütung für seine Dienste verlangen können, wenn die Übertragung des Grundstücks unterblieben wäre. Die Höhe der Vergütung bemäße sich in diesem Fall nach dem Wert der Leistung zum Zeitpunkt ihrer Erbringung.

Für eine Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes ("Indexierung") besteht keine Veranlassung, denn der Wert der Leistung des Erben hat sich nicht dadurch erhöht, dass er eine Vergütung bzw. einen Ausgleich dafür erst viele Jahre später erhalten hat. Hätte ein Arbeitsvertrag zwischen den Eltern und dem Sohn existiert, hätte er auch nur die vereinbarte oder die übliche Entlohnung nach dem Wert der Arbeitsleistung zum Zeitpunkt ihrer Erbringung verlangen können.

Fälle, in denen eine Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes angezeigt ist, etwa im Rahmen des Zugewinnausgleichsanspruchs, sind mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.

 

Link zur Entscheidung

OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 30.08.2006, 5 U 154/05

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