Leitsatz (amtlich)
Der VII. Senat des BFH hält daran fest, daß ein Rechtsschutzinteresse für die Beschwerde gegen die vom FG nach § 287 AO 1977 i. V. m. Art. 13 Abs. 2 GG angeordnete Wohnungsdurchsuchung auch dann noch besteht, wenn die Durchsuchung bereits vollzogen ist (Anschluß an BFHE 120, 455, BStBl II 1977, 183).
Normenkette
FGO § 128 Abs. 1; AO 1977 § 287; GG Art. 13
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Beschluss vom 02.10.1979; Aktenzeichen IV 307/79 An 6 D) |
Nachgehend
Tatbestand
Das FA stellte am 1. Oktober 1979 beim Finanzgericht (FG) den Antrag, ohne weitere Anhörung des Antragsgegners die Zulässigkeit der in § 287 AO 1977 vorgesehenen Vollstreckungsmaßnahmen sowie der eventuell erforderlich werdenden Abholung der Pfandstücke zum Zwecke der Versteigerung zu beschließen.
Das FG erließ am 2. Oktober 1979 den Beschluß, daß die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners zum Zwecke der Vollstreckung und zur eventuellen Abholung von Pfandstücken gestattet werde.
Gegen diesen Beschluß hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig. Das Rechtsschutzinteresse des Antragsgegners an der Überprüfung des angefochtenen Beschlusses ist nicht dadurch weggefallen, daß auf Grund des Beschlusses inzwischen die Wohnung und die Büroräume durchsucht und in ihnen befindliche Sachen gepfändet worden sind. Das hat der erkennende Senat im Beschluß in BFHE 120, 455, BStBl II 1977, 183 entschieden. Er hält daran fest. Hinsichtlich einer bereits vollzogenen Durchsuchungsanordnung nach § 758 der Zivilprozeßordnung (ZPO) hat das BVerfG inzwischen in dem Beschluß in BVerfGE 51, 97, BStBl II 1979, 601, den Fortbestand des Rechtsschutzinteresses des Betroffenen für eine Verfassungsbeschwerde bejaht mit dem Hinweis auf die Bedeutung des Grundrechtsschutzes nach Art. 13 GG und auf das Fortbestehen der Auswirkungen des die Durchsuchung anordnenden Beschlusses. Dasselbe muß gelten für die nach dieser Entscheidung des BVerfG gleichliegende Durchsuchung nach § 287 AO 1977. Wenn schon ein Rechtsschutzinteresse für die Anrufung des BVerfG anerkannt ist, muß ein solches Interesse ebenso bejaht werden für das gegen den Durchsuchungsbeschluß gegebene normale Rechtsmittel der Beschwerde. Hier ist die Bedeutung des Grundrechtsschutzes nach Art. 13 GG nicht geringer und auch hier bestehen die Auswirkungen des Beschlusses fort. Es kommt hinzu, daß auch dem durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleisteten Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör vor Gericht Genüge getan werden muß (vgl. Beschluß des Oberlandesgerichts - OLG - Stuttgart vom 15. Dezember 1969 8 W 326/69, Neue Juristische Wochenschrift 1970 S. 1329 - NJW 1970, 1329 -; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, Zivilprozeßordnung, 38. Aufl., § 761 Anm. 2; Stein-Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., § 761 Anm. II; Zöller, Zivilprozeßordnung 12. Aufl. § 761 Anm. II 1; Thomas-Putzo, Zivilprozeßordnung 10. Aufl., § 761 Anm. 2 d; Noack, Monatsschrift für Deutsches Recht 1973 S. 549 - MDR 1973, 549 -). Dem steht die Entscheidung des BVerfG vom 11. Oktober 1978 2 BvR 1055/76 (BVerfGE 49, 329) nicht entgegen. Diese Entscheidung befaßt sich mit der nach § 105 Abs. 1 der Strafprozeßordnung (StPO) richterlich angeordneten Durchsuchung und beruht nur auf Erwägungen, die das hier nicht einschlägige Gebiet des Strafprozesses betreffen. Im übrigen ist ihr gegenüber der Beschluß des BVerfG in BVerfGE 51, 97, BStBl II 1979, 601 die jüngere und daher in bezug auf ihre rechtliche Allgemeinverbindlichkeit maßgebende Entscheidung.
Fundstellen
Haufe-Index 73323 |
BStBl II 1980, 658 |
BFHE 1981, 17 |