Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 FGO sind anzunehmen, wenn Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts nicht bereits in einem summarischen Verfahren ausgeschlossen werden können.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2-3
Tatbestand
In der Hauptsache ist streitig, ob durch Treuhandvereinbarung zwischen Ehegatten eine Grunderwerbsteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG hinsichtlich der Weiterübertragung einer Grundstückshälfte auf die Ehefrau begründet, ggf. ob ein solches Treuhandverhältnis noch mit Wirkung einer Nichterhebung der Grunderwerbsteuer gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG rückgängig gemacht worden ist.
Im Revisionsverfahren hat die Steuerpflichtige (Stpfl.) am 18. Februar 1966 beantragt, die Vollziehung des angegriffenen Steuerbescheides bis zur Entscheidung über die Revision auszusetzen, weil die Vollziehung eine unbillige Härte zur Folge haben würde und überwiegende öffentliche Interessen der Aussetzung der Vollziehung nicht entgegenstünden.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist begründet. Nach § 69 Abs. 3 in Verbindung mit § 121 FGO kann der Senat als Gericht der Hauptsache oder sein Vorsitzender die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes unter den in § 69 Abs. 2 FGO genannten Voraussetzungen aussetzen.
Tatsachen, aus denen sich herleiten ließe, daß die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hat, hat die Stpfl. zwar nicht vorgetragen. Die Aussetzung ist im vorliegenden Falle jedoch berechtigt, weil nach den Darlegungen der Revision ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheides vom 17. Februar 1962 nicht ausgeschlossen werden können.
Im Rahmen des Beschlußverfahrens gemäß § 69 Abs. 3 FGO kann der Senat die Aussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsmittels nur summarisch prüfen. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 FGO sind deshalb anzunehmen, wenn, insbesondere unter Berücksichtigung gewichtiger Darlegungen der Stpfl., Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts nicht bereits in einem solchen seiner Natur nach summarischen Verfahren ausgeschlossen werden können.
Nach der Auffassung des Finanzgerichts (FG) hängt die Entscheidung in der Hauptsache davon ab, ob die Ehegatten im Zuge der Aufhebung der notariellen Urkunde vom 19. September 1961 durch die notarielle Urkunde vom 21. Juli 1964 nicht nur die Auflösung eines Treuhandverhältnisses, sondern darüber hinaus auch die vorangegangene Treuhandvereinbarung selbst aufheben wollten. Das FG hat das letztere im Wege der objektiven Vertragsauslegung verneint. Die Entscheidung dieser Frage durch die Vorinstanz ist aber nicht derart offensichtlich, daß ernstliche Zweifel im obigen Sinne unter Berücksichtigung des Urteils der Vorinstanz jedenfalls für das vorliegende summarische Verfahren ausgeschlossen werden könnten. Es ist überdies offen, ob das FG zu seiner Entscheidung allein durch eigene Auslegung des Vertragswerks kommen konnte oder ob es nicht durch Beweiserhebung - erforderlichenfalls von Amts wegen - den wirklichen Willen der vertragschließenden Eheleute hätte ermitteln müssen. Da bei dieser Sach- und Rechtslage eine Aufhebung des Urteils der Vorinstanz in der Hauptsache nicht ausgeschlossen erscheint, war dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu entsprechen (vgl. dazu das zu § 251 AO alter Fassung ergangene Grundsatzurteil des BFH III 187/52 S vom 10. September 1954, Sammlung der Entscheidungen des BFH Bd. 59 S. 307, BStBl III 1954, 328).
Fundstellen
Haufe-Index 412157 |
BStBl III 1966, 467 |
BFHE 1966, 316 |
BFHE 86, 316 |