Leitsatz (amtlich)
Nimmt der Vater ein nicht mitarbeitendes Kind in eine Personengesellschaft zur Fortführung seines bisherigen Einzelunternehmens auf, so ist das Kind in aller Regel im Jahr der Aufnahme kein Mitunternehmer, wenn es sich nur verpflichtet, einen Teil seines künftigen Gewinnanteils zur Bildung eines Kapitalanteils stehen zu lassen.
Normenkette
EStG § 15 Nr. 2
Gründe
Die Revision ist nicht begründet. Das FG ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß die Beigeladenen B und C im Streitjahr nicht Mitunternehmer des väterlichen Bauunternehmens waren und ihnen deshalb auch kein Anteil am Gewinn aus dem Betrieb dieses Unternehmens zugerechnet werden kann.
Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob, wie die Revision meint, die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des KG-Vertrags auch den Vertrag über die Errichtung der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts als Vorgesellschaft der KG erfaßte und die zivilrechtliche Rückwirkung dieser Genehmigung auch steuerlich anzuerkennen ist, oder ob eventuell eine faktische Gesellschaft unter Einbeziehung der Beigeladenen zu 2. bestand und ob diese steuerlich als Mitunternehmerschaft zu beurteilen ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob wenigstens zwischen dem Kläger zu 2. und dem Beigeladenen zu 1. ein bürgerlich-rechtlich wirksamer Vertrag über eine Restgesellschaft zustande gekommen ist oder eine faktische Restgesellschaft bestand und eine solche steuerlich als Mitunternehmerschaft anerkannt werden könnte. Denn die Beigeladenen waren schon deshalb nicht Mitunternehmer des von ihrem Vater betriebenen Bauunternehmens, weil sie im Streitjahr - die Rechtswirksamkeit der Gesellschaft unterstellt - nicht am Vermögen dieser Gesellschaft beteiligt waren und weil sie auch keine tatsächliche und rechtliche Position im Unternehmen inne hatten, die rechtfertigen könnte, sie ausnahmsweise unabhängig von einer Beteiligung am Vermögen als Mitunternehmer zu werten.
Zu Recht hat das FG für entscheidend angesehen, daß die Beigeladenen im Streitjahr in die Gesellschaft weder Geld- oder Sachwerte noch ihre Arbeitskraft einbrachten.
a) Nimmt der Vater seine Kinder in eine Gesellschaft zur Fortführung des bisher als Einzelunternehmen betriebenen väterlichen Unternehmens auf, so erwerben die Kinder die Stellung von Mitunternehmern i. S. des § 15 Nr. 2 EStG regelmäßig nur dann, wenn sie in vollem Umfange, d. h. mit allen sich aus einem Gesellschaftsverhältnis ergebenden Rechten und Pflichten Gesellschafter werden, insbesondere durch Leistung einer Einlage am Vermögen der Gesellschaft einschließlich der darin enthaltenen stillen Reserven teilhaben (Urteil des BFH vom 4. August 1971 I R 209/69, BFHE 103, 156, BStBl II 1973, 10). Dabei ist es gleichgültig, ob die neuen Gesellschafter ihre Beteiligung, die sich zivilrechtlich als Gesellschaftsanteil und steuerrechtlich als Mitunternehmeranteil darstellt, mit selbst aufgebrachten oder ihnen geschenkten Mitteln entgeltlich erwerben oder ob sie ihnen ganz oder teilweise schenkungshalber vom Vater überlassen werden oder ob sie sie mit dem Einsatz ihrer Arbeitskraft für die Gesellschaft "bezahlen". Erforderlich ist nur, daß sie durch eine selbst oder von dritter Seite für ihre Rechnung geleistete Einlage die Stellung von Mitunternehmern erlangen.
b) Im Streitjahr haben die Beigeladenen weder selbst eine Einlage geleistet noch wurde diese von dritter Seite für ihre Rechnung erbracht; demgemäß hatten sie auch keinerlei Anteil am Vermögen der Gesellschaft, abgesehen von den ihnen erst mit Ablauf des Jahres gutgeschriebenen Gewinnanteilen. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 15. Mai 1963 hatten die Beigeladenen keinerlei Einlagen zu leisten. Sie verpflichteten sich lediglich, die Hälfte ihrer künftigen Gewinnanteile jährlich zur Auffüllung ihres Kapitalanteils zu verwenden, der für sie ebenso wie für die anderen Gesellschafter auf 50 000 DM begrenzt war (§ 3). Es war auch nicht etwa so, daß der Kläger zu 2. sein Einzelunternehmen teilweise für eigene Rechnung und teilweise für Rechnung seiner Kinder in die Gesellschaft einbrachte und demgemäß auf die Kinder entsprechende Teile des Kapitalkontos des Vaters umgebucht wurden. Demgemäß wies die Gesellschaft den Kapitalanteil der Beigeladenen in der Eröffnungsbilanz mit O DM aus. Diese Bilanzierung entspricht der gesellschaftsrechtlich herrschenden Lehre, nach der eine noch nicht geleistete Einlage nicht zum Kapitalanteil gehört, und zwar auch dann nicht, wenn ein Anspruch auf Leistung einer Einlage besteht, diese aktiviert und unter den Passiven ein Ausgleichsposten ausgewiesen ist (vgl. Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4. Aufl., S. 239 Fußnote 60; Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 175 Fußnote 6). Danach kann eine noch nicht geleistete Einlage keinesfalls zum Kapitalanteil gerechnet werden, wenn ein Anspruch auf eine solche überhaupt nur in der Form besteht, daß bestimmt ist, etwaige Gewinne dürften teilweise nicht entnommen werden.
Hatten die Beigeladenen aber im Streitjahr keinen Kapitalanteil, so hatten sie damit jedenfalls keinerlei Anteil am Buchvermögen der Gesellschaft. Sie hatten aber auch keinen Anteil am Vermögen der Gesellschaft, das über das Buchvermögen hinaus geht, insbesondere also an den stillen Reserven und an einem Geschäftswert. Denn der Gesellschaftsvertrag sah ausdrücklich vor, daß "die Gesellschafter" an den stillen Reserven in den ersten drei Jahren nicht beteiligt sind. Diese Bestimmung kann, da ein Ausschluß sämtlicher Gesellschafter von den stillen Reserven nicht möglich ist, vernünftigerweise nur dahin verstanden werden, daß die als Gesellschafter aufgenommenen Beigeladenen nicht an den stillen Reserven teilhaben sollen. Hierauf weist auch die Bestimmung hin, daß beim Ausscheiden eines der Beigeladenen dieser nur seinen buchmäßigen Kapitalanteil ausbezahlt erhält (§ 5). Wenn aber die Beigeladenen nicht an den stillen Reserven des Gesellschaftsvermögens teil hatten, so kann daraus nur geschlossen werden, daß sie erst recht nicht an einem Geschäftswert beteiligt waren. Wäre also die Gesellschaft unmittelbar nach ihrer Gründung aufgelöst und liquidiert worden, so hätten die Beigeladenen nichts erhalten. Darin zeigt sich deutlich, daß die Beigeladenen im Streitjahr nicht am Vermögen der Gesellschaft teilhatten und deshalb nicht Mitunternehmer waren.
Unter diesen Umständen ist der Gesellschaftsvertrag steuerlich als Versprechen des Klägers zu 2. an die Beigeladenen zu werten, diesen nach Ablauf des Jahres 1963 und ebenso nach Ablauf weiterer Jahre entsprechende Geldbeträge zu schenken, sofern das Unternehmen Gewinne abwirft, und sie dann mit diesen Geldbeträgen als Einlagen in die Gesellschaft aufzunehmen. Es kann deshalb offen bleiben, ob die Beigeladenen bürgerlich-rechtlich bereits mit der Zusage, künftige Gewinnanteile im beschränkten Umfange stehen zu lassen, einen eigenen Beitrag i. S. des § 705 BGB leisteten, des weiteren, ob die Übernahme einer Schuldenhaftung vorliegt und diese bürgerlich-rechtlich als Beitragsleistung zu werten ist und schließlich, ob ggf. bürgerlich-rechtlich eine beitragsfreie Gesellschaft möglich ist (vgl. dazu die Nachweise bei Hueck, a. a. O., S. 5 Fußnote 14).
c) Auch im steuerrechtlichen Schrifttum herrschte offensichtlich schon bisher die Ansicht vor, daß dann, wenn der Vater zusammen mit einem Kind eine Gesellschaft zur Fortführung des bisher als Einzelfirma betriebenen väterlichen Unternehmens gründet, das Kind nicht Mitunternehmer 1. S. des § 15 Nr. 2 EStG wird, wenn für das Kind nur nominell eine Beteiligung festgesetzt und gleichzeitig bestimmt wird, die dieser Beteiligung entsprechenden Einlagen seien nur aus künftig anfallenden Gewinnen zu leisten (Böttcher, Steuerberater-Jahrbuch 1956/57 S. 147, 160; Rechts- und Wirtschaftspraxis 14 D, Steuerrecht Familienunternehmen III 3; Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer § 15 EStG Anm. 27 e).
d) Die Beigeladenen hatten auch keine tatsächliche und rechtliche Position inne, die es rechtfertigen könnte, sie ausnahmsweise unabhängig von einer Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft als Mitunternehmer zu werten (vgl. dazu z. B. BFH-Urteil vom 28. Januar 1971 IV 127/64, BFHE 102, 362, BStBl II 1971, 662).
Die Beigeladenen waren im Streitjahr nicht nennenswert im Unternehmen tätig; von der Entfaltung irgendwelcher Unternehmerinitiativen kann also keine Rede sein. Es ist deshalb auch unerheblich, daß der Gesellschaftsvertrag keine Bestimmung über die Geschäftsführung enthält. Auch eine Haftung der Beigeladenen für die Schulden der Gesellschaft war mindestens im Außenverhältnis nicht gegeben, da die Gesellschaft nach außen nicht in Erscheinung treten sollte, wie sich aus der Bestimmung ergibt, daß die Gesellschaft ohne Zusatz wie bisher als Einzelfirma zeichnet. Es verbleibt damit als einziges Indiz für eine Mitunternehmerschaft die vereinbarte Verlustbeteiligung, der jedoch angesichts der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft und der Tatsache, daß die Beigeladenen noch nicht am Vermögen der Gesellschaft beteiligt waren, keine maßgebliche Bedeutung beigemessen werden kann.
e) Die Einwände der Revision greifen nicht durch.
aa) Wie bereits ausgeführt, trifft es nicht zu, daß es in bürgerlich-rechtlicher Hinsicht belanglos ist, ob die Beigeladenen bei Gründung der Gesellschaft Einlagen leisteten oder nicht, denn ein Kapitalanteil entsteht nur, soweit tatsächlich Einlagen geleistet sind.
bb) Es ist auch nicht richtig, daß die Aufnahme in eine Gesellschaft durch schenkungsweise Übertragung eines Kapitalanteils einerseits und durch die Gewährung der Möglichkeit, aus künftigen Gewinnanteilen einen Kapitalanteil zu bilden, andererseits gleichwertig und damit auch steuerlich gleich zu behandeln seien. Beide Wege weisen gewichtige zivilrechtliche Unterschiede auf, wie sich daraus ergibt, daß nur bei einer schenkungsweisen Übertragung eines Kapitalanteils der Bedachte von vornherein am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist. Diesen zivilrechtlichen Unterschieden entspricht es, daß jedenfalls die unentgeltliche Übertragung eines Kapitalanteils im Grundsatz der Schenkungsteuer unterliegt und der zweite Weg, also die Gewährung der Möglichkeit, aus künftigen Gewinnanteilen einen Kapitalanteil zu bilden, offenbar vorwiegend in der Meinung beschritten wird, es könne auf diese Weise von vornherein der Anfall von Schenkungsteuer für die Übertragung eines Kapitalanteils vermieden werden (vgl. auch Böttcher a. a. O.).
cc) Schließlich läßt sich auch nicht einwenden, es müsse bereits 1963 berücksichtigt werden, daß die Beigeladenen ja in den folgenden Jahren tatsächlich aufgrund der ihnen vom Vater schenkungsweise überlassenen Gewinnanteile Einlagen leisteten. Würde man auf die künftige Leistung von Einlagen aus schenkungsweise überlassenen Gewinnanteilen abstellen, so käme dies im Ergebnis einer steuerlichen Anerkennung der Rückbeziehung einer erst später begründeten Mitunternehmerschaft gleich.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann schließlich auch offenbleiben, ob der Rückbeziehung der Errichtung einer GdbR durch Vertrag vom 15. Mai 1963 auf den 1. Januar 1963 steuerlich zu folgen gewesen wäre.
Fundstellen
Haufe-Index 70312 |
BStBl II 1973, 221 |
BFHE 1973, 114 |