Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Honorar-Anteile, die den Krankenanstalten der Körperschaften des öffentlichen Rechts von ihren selbstliquidierenden (angestellten oder freien) ärzten zufließen, sind bei der Krankenanstalt umsatzsteuerfrei.
Normenkette
UStG § 4/15/a; UStDB § 42; UStG § 4/16/a
Tatbestand
Die Hospitalverwaltung X hat für das Kalenderjahr 1952 vom Gesamtbetrage der vereinnahmten Entgelte von 4.794.195 DM
als steuerfrei abgesetzt gemäß § 4 Ziff. 11 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ........ 4.675.950 DM,
so daß ein steuerpflichtiger Umsatz von 118.245 DM verblieb. Veranlagt wurde entsprechend der Erklärung.
Anläßlich einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß in den als steuerfrei erklärten Umsätzen von 4.675.950 DM 120.224 DM enthalten waren, die als ärztehonorar-Anteil bezeichnet wurden. Hiermit hat es folgende Bewandtnis:
Die Chefärzte der städtischen Krankenanstalten in X erhalten für ihre ärztliche Tätigkeit die in der Tarif-, bzw. Besoldungsordnung festgesetzten Bezüge; daneben steht ihnen bei den Patienten der 1. und 2. Klasse und teilweise auch der 3. Klasse (den sogenannten stationären Selbstzahlern) und für die ambulante Behandlung der Selbstzahler und Kassenpatienten das Recht auf Eigenliquidation zu. Von diesen Honorareinnahmen erhält vertragsgemäß die Krankenhausverwaltung 15 bis 20 %.
Diese Honoraranteile hat das Finanzamt bei der Hospitalverwaltung zur Umsatzsteuer herangezogen. Die Sprungberufung war erfolglos. Das Finanzgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Die Hospitalverwaltung sei zwar die Einrichtung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft. Die streitigen Einnahmen würden aber nicht gemäß § 4 Ziff. 15 a UStG "aus der Tätigkeit der Krankenanstalten" erzielt; sie seien nicht unmittelbar der Krankenpflege dienende Umsätze im Sinne des § 42 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB); denn sie würden nicht von den Kranken oder für diese von Krankenkassen, Fürsorgeverbänden usw. an die Hospitalverwaltung bezahlt, sondern von den ärzten auf Grund vertraglicher Verpflichtung an die Hospitalverwaltung abgeführt. Grundlage für die Abführung seien die Einnahmen, welche die Krankenhausärzte aus Eigenliquidationen haben; die ärzte, nicht die Hospitalverwaltung, hätten die Honoraransprüche gegen die Patienten. Die streitigen Umsätze seien ein Entgelt dafür, daß die Hospitalverwaltung ihren leitenden - insoweit selbständig tätigen - ärzten erlaube, die Einrichtungen des Krankenhauses zu benutzen. Diesen Entgelten sei die Steuerfreiheit gemäß § 4 Ziff. 15 UStG zu versagen, weil sie nicht "aus der Tätigkeit der Krankenanstalt" herrührten.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Gemäß § 4 Ziff. 15 a UStG 1951 sind mit Wirkung ab 1. Januar 1952 umsatzsteuerfrei: "Die Umsätze aus der Tätigkeit von Krankenanstalten, die a) von öffentlich-rechtlichen Körperschaften betrieben werden ..." Die Auffassung der Vorinstanzen, die hier in Betracht kommenden Umsätze dienten nicht "unmittelbar" der Krankenpflege, wie § 42 Abs. 1 UStDB voraussetze, vermag der Senat nicht zu billigen.
Die unmittelbar der Krankenpflege dienenden Umsätze des § 42 Abs. 1 UStDB werden beispielsweise ("insbesondere") erläutert im Abs. 2 a. a. O. Danach erstreckt sich die Steuerfreiheit der Krankenanstalt "insbesondere auf die ärztlichen und ähnlichen Hilfeleistungen, die Lieferungen von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln an Kranke, die Beherbergung und die Beköstigung von Kranken sowie die üblichen Naturalleistungen an Kranke". Demgegenüber nennt Abs. 3 a. a. O. als Umsätze der Krankenanstalt, die "nicht unmittelbar" der Krankenpflege dienen, z. B. "Lieferungen und sonstige Leistungen an das Arzt-, Pflege- und Verwaltungspersonal, soweit sie nicht nach § 4 Ziff. 12 des Gesetzes umsatzsteuerfrei sind, die Umsätze aus gewerblichen Nebenbetrieben, Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse und dergleichen". Es handelt sich hier also um Umsätze, die tatsächlich mit den Leistungen eines Krankenhauses als solche unmittelbar nichts zu tun haben. Die Voraussetzung "unmittelbar der Krankenpflege dienen" bedeutet im Gegensatz zu der Auffassung der Vorinstanzen nicht, daß Voraussetzung für die Steuerfreiheit einer Leistung der Krankenanstalt gemäß § 4 Ziff. 15 UStG das Bestehen einer unmittelbaren Rechtsbeziehung der Krankenanstalt zu dem Kranken, bzw. zu der Krankenkasse oder dem Fürsorgeverband, in Ansehung dieser Leistung wäre. Während die Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 11 UStG, § 39 Ziff. 3 UStDB eine solche unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem Arzt, Apotheker, Krankenhaus usw. zu dem Kranken oder der Krankenkasse, dem Fürsorgeverband usw. voraussetzt, fehlt eine entsprechende Voraussetzung im § 4 Ziff. 15 UStG, § 42 UStDB. Dies hat der erkennende Senat bereits ausgesprochen für den Fall, daß eine religiöse Körperschaft eine Krankenanstalt führt, in der sie die ihr von einer Gebietskörperschaft zugewiesenen Kranken pflegt, die nur in Rechtsbeziehungen zu der Gebietskörperschaft stehen, während die Krankenanstalt der religiösen Körperschaft ihre Entgelte von der Gebietskörperschaft erhält. Der Senat hat diese Entgelte als unmittelbar der Krankenpflege dienende Umsätze gemäß § 4 Ziff. 15 a UStG, § 42 UStDB als umsatzsteuerfrei anerkannt, obwohl die religiöse Krankenanstalt weder zu den Kranken noch zu den Krankenkassen usw. in Rechtsbeziehung stand, sondern nur zu der Stadt, die ihr die Kranken zur Krankenpflege zuwies. Bei § 4 Ziff. 15 a UStG komme es "lediglich darauf an, daß bei einer Körperschaft öffentlichen Rechts objektiv solche Voraussetzungen vorliegen, daß man sagen kann, daß sie "eine Krankenanstalt betreibt". Daß diese Voraussetzungen bei den Krankenanstalten der Stadt X vorliegen, ist nicht streitig. Alle Maßnahmen und Leistungen der Krankenanstalten der Stadt X, für die sie von ihren Chefärzten die umstrittenen Honoraranteile erhalten hat, gehören zu den "unmittelbar der Krankenpflege dienenden Umsätzen" der Krankenanstalten im Sinne des § 42 Abs. 1, 2 UStDB, ohne Rücksicht darauf, ob die Entgelte dafür von Kranken, Krankenkassen, Fürsorgeverbänden usw. oder von den Chefärzten der Krankenanstalten kommen.
Die Vorentscheidung und die Umsatzsteuerveranlagung 1952 waren daher aufzuheben. Die Umsatzsteuer 1952 wird anderweitig festgesetzt nach einem steuerpflichtigen
Umsatz von 118.245 DM mit 4 % auf ------------ 4.729,80 DM abzüglich wegen Berlinhilfe -------------------- 419,56 DM Umsatzsteuer 1952 = -------------------------- 4.310,20 DM Die Kosten des ganzen Verfahrens trägt der Bund.
Fundstellen
Haufe-Index 408836 |
BStBl III 1957, 309 |
BFHE 1958, 198 |
BFHE 65, 198 |