Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer. Definition betriebliche Veräußerungsrente, betriebliche Versorgungsrente, außerbetriebliche, private Versorgungsrente
Leitsatz (amtlich)
1. Eine außerbetriebliche, private Versorgungsrente liegt vor, wenn für die Gewährung der Rente außerbetriebliche –vor allem familiäre– Gründe maßgebend waren.
2. Eine betriebliche Veräußerungsrente ist in der Regel gegeben, wenn die Rente nach dem Willen der Vertragschließenden die Gegenleistung für die Übertragung des Geschäftsanteils an einer Personengesellschaft sein soll. Das ist der Fall, wenn die Rente nach dem wirtschaftlichen Wert des überlassenen Anteils bemessen wird.
3. Eine betriebliche Versorgungsrente ist eine Vergütung für dem Betrieb früher erbrachte Dienste oder beruht auf ähnlichen betrieblichen Erwägungen.
4. Im Streitfall hatten der Rentenberechtigte und sein Bruder (der Rentenverpflichtete) Verträge zur Übertragung seiner Anteile an einer gemeinsamen OHG und von Privatvermögen und einen Erbvertrag geschlossen. Die Vermutung für einen familiären, außerbetrieblichen Charakter auch der OHG-Anteilsübertragung war nicht widerlegt. Ein Veräußerungsgewinn fiel nicht an.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 12 Nr. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war bis zum 30. Juni 1968 zusammen mit seinem Bruder Y mit gleichen Anteilen Gesellschafter der X-OHG in Z. Das Unternehmen wurde nach dem Ausscheiden des Y von dem Kläger allein weitergeführt.
Y schied wegen einer schweren Erkrankung aus der Kriegsdienstzeit mit 43 Jahren aus der OHG aus. Er übertrug auf den Kläger seinen Kapitalanteil an der OHG, den halben Bruchteilsanteil am Betriebsgrundstück in Z und seine Anteile an gemeinschaftlichen Konten und Wertpapieren. Der Kläger verpflichtete sich zur Zahlung einer Leibrente an Y von monatlich 2.500 DM und übernahm die auf dem genannten Grundstück lastenden Grundschulden. Ferner wurde eine weitere Beteiligung des Y bei veränderten Mieteinnahmen aus dem Grundstück und an einem über Buchwert liegenden Veräußerungspreis hierfür vereinbart. Die Bedingungen der Auseinandersetzung sind in einem Vorvertrag vom 21. August 1967, einem notariellen Übergabevertrag vom 27. Dezember 1967 und in einem Erbvertrag vom 2. Januar 1968 über weiteres Vermögen festgelegt worden.
Der Wert der von Y auf den Kläger übertragenen Vermögensgegenstände wurde bei einer Betriebsprüfung mit zusammen 363.640 DM ermittelt. Hiervon entfiel auf das übertragene Betriebsvermögen nach Ansicht des Betriebsprüfers ein Anteil von 291.362 DM. Der Rentenbarwert wurde nach versicherungsmathematischen Grundsätzen aufgrund der allgemeinen Sterbetafel auf 420.120 DM berechnet.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) nahm nach den Wertberechnungen und Vereinbarungen an, daß die Rente auf einer Gegenleistung des Y beruhe und daß Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen seien. Es liege eine betriebliche Veräußerungsrente in Höhe von 70 v.H. der Rentenleistung vor, da insoweit die Rente die Gegenleistung für übertragenes Betriebsvermögen darstelle. Der anteilige Rentenbarwert von (70 v.H. von 420.120 DM =) 294.084 DM stehe dem Buchwert des Kapitalanteils des Y am 30. Juni 1968 gegenüber. Daraus ergebe sich für Y ein Veräußerungsgewinn von 182.266 DM. Diesen Veräußerungsgewinn übernahm das FA in den endgültigen Feststellungsbescheid über die Einkünfte der X-OHG für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 1968 und rechnete ihn dem ausgeschiedenen Gesellschafter Y zu.
Einspruch und Klage des Y, der sich gegen die Zurechnung eines Veräußerungsgewinns wandte und von einer außerbetrieblichen, privaten Versorgungsrente ausging, blieben ohne Erfolg. Y verstarb während des Klageverfahrens am 9. März 1976; der Kläger ist als Gesamtrechtsnachfolger an seine Stelle getreten.
Das Finanzgericht (FG) kam in seiner Entscheidung ebenfalls zu dem Ergebnis, daß die gegenseitigen Leistungen im Übergabevertrag nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen seien. Inhaltlich hätte der Vertrag auch unter Fremden abgeschlossen werden können. Die Erbeinsetzung des Klägers durch Y sei nicht als weitere Gegenleistung für die Rentenverpflichtung gedacht gewesen. Infolge des betrieblichen Anteils der Veräußerungsrente sei der zugerechnete Veräußerungsgewinn verwirklicht und zutreffend ermittelt.
Die Revision rügt unzureichende Sachaufklärung und Verletzung materiellen Rechts.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen, hilfsweise, das angefochtene Urteil abzuändern und den Veräußerungsgewinn auf 0 DM festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und der Klage antragsgemäß stattzugeben.
Der erkennende Senat gelangt aufgrund der Feststellungen des FG zu dem Ergebnis, daß die Vermögensübertragungen von Y auf den Kläger insgesamt außerhalb der betrieblichen Sphäre der OHG lagen. Sie führten zu einer privaten Verpflichtung des Klägers, an Y zur Versorgung eine Leibrente zu zahlen.
Eine außerbetriebliche, private Versorgungsrente liegt vor, wenn für die Gewährung der Rente außerbetriebliche –vor allem familiäre– Gründe maßgebend waren (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH– vom 3. Juli 1964 VI 346/62 U, BFHE 80, 202, BStBl III 1964, 548, ständige Rechtsprechung). Eine betriebliche Veräußerungsrente ist in der Regel gegeben, wenn die Rente nach dem Willen der Vertragschließenden die Gegenleistung für die Übertragung des Gesellschaftsanteils sein soll. Das ist der Fall, wenn die Rente nach dem wirtschaftlichen Wert des überlassenen Anteils bemessen wird (BFHE 80, 202, BStBl III 1964, 548). Die weitere Form einer betrieblichen Versorgungsrente hat das FG mit Recht nach seinen Feststellungen hier außer Betracht gelassen. Sie ist eine Vergütung für dem Betrieb früher erbrachte Dienste oder beruht auf ähnlichen betrieblichen Erwägungen. Im Streitfall hat der Rentenverpflichtete erhebliche Vermögenswerte erhalten (vgl. BFHE 80, 202, BStBl III 1964, 548). Die Vorinstanz ist zwar in der sachlich-rechtlichen Beurteilung von diesen Voraussetzungen ausgegangen. Der Senat kann dem FG jedoch nicht in der Auslegung der vertraglichen Willenserklärungen folgen (vgl. Urteil vom 11. Februar 1981 I R 13/77, BFHE 133, 3, BStBl II 1981, 475). Denn der Erwerb des Rentenrechts von Y stand in einem Zusammenhang sowohl mit der Anteilsübertragung an der OHG als auch mit der Übereignung von Privatvermögen und der Erbeinsetzung des Klägers.
Der Kläger und Y hatten in dem Vorvertrag vereinbart, daß wesentliche Teile des Vermögens von Y alsbald und das Restvermögen mit dem Erbfall auf den Kläger übergehen sollten und dieser sich zur Versorgung von Y verpflichten werde, eine Leibrente zu zahlen.
Dieser Plan ist in den späteren Einzelverträgen zwischen ihnen ausgeführt worden. Die Ansicht des FG, die Erbeinsetzung sei keine Gegenleistung für die Rentenverpflichtung, ist im Zusammenhang der Willenserklärungen in Vorvertrag und Einzelverträgen nicht haltbar. Wenn das FG die Erbeinsetzung unbeachtet ließ, weil bereits die anderen Vermögenswerte dem Wert der Rentenverpflichtung angemessen gewesen wären, so verkennt es damit die wirtschaftliche Einheit der einzelnen Vereinbarungen. Die Gleichwertigkeit darf nicht nachträglich aus der Sicht Dritter bestimmt werden. Entscheidend ist, ob die Vertragschließenden in ihrem Willen von der Gleichwertigkeit ihrer Leistungen geleitet waren.
Das FG hat nicht feststellen können, daß die Vertragschließenden bei der Bemessung der Rentenhöhe übereinstimmend von dem Gedanken einer angemessenen Gegenleistung für die erworbenen Wirtschaftsgüter ausgingen. Sein Schluß, daß der Rentenbarwert mit einem Teil der übertragenen Vermögenswerte ausgeglichen sei, ergibt die Feststellung nicht. Einmal bleibt dabei, wie ausgeführt, ein Teil der Gegenleistung außer Ansatz. Zum anderen ist ein Rentenbarwert nach normaler Lebenserwartung eingesetzt, obwohl Y damals offensichtlich schwer krank war. Die in diesem Zusammenhang getroffenen Vereinbarungen enthalten keinen Anhaltspunkt, daß sie in einem Teil nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen worden seien. Die Vermutung für einen familiären, außerbetrieblichen Charakter auch der OHG-Anteilsübertragung ist nicht widerlegt (vgl. auch die BFH-Urteile vom 18. Januar 1979 IV R 76/76, BFHE 127, 171, BStBl II 1979, 403, und vom 6. März 1975 IV R 191/71, BFHE 115, 443, BStBl II 1975, 600, mit weiteren Nachweisen, deren Erwägungen an die Leistungen von Kindern an Eltern anknüpfen, die diesen Streitfällen zugrunde lagen). Auf die geltend gemachten Verfahrensmängel kommt es danach nicht an. Von einer Begründung sieht der Senat ab (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da sie auf einer abweichenden Rechtsauffassung beruht. Die Sache ist spruchreif. Unter Aufhebung auch der Einspruchsentscheidung ist der angefochtene Feststellungsbescheid nach Antrag zu ändern.
Fundstellen