Entscheidungsstichwort (Thema)
Von einem Tennisverein errichtete Tennishalle, die an Mitglieder und Nichtmitglieder vermietet wird
Leitsatz (amtlich)
Errichtet ein Tennisverein eine Tennishalle, die er zu den gleichen Bedingungen stundenweise sowohl an Mitglieder als auch an Nichtmitglieder vermietet, so kann ihm dafür eine Investitionszulage zustehen. In diesem Falle wird die Halle den Vereinsmitgliedern nicht im Rahmen eines steuerbefreiten Zweckbetriebs i.S. des § 65 AO 1977, sondern eines einheitlich zu beurteilenden steuerschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§§ 14, 64 AO 1977) überlassen.
Orientierungssatz
Die Vermietung von Sportstätten durch einen Sportverein an Nichtmitglieder ist weder als sportliche Veranstaltung i.S. des § 68 Nr. 7b AO 1977 (jetzt § 67a AO 1977) noch als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO 1977 zu beurteilen. Sie stellt vielmehr einen steuerschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Die Vermietung solcher Sportstätten an Vereinsmitglieder kann dagegen die Merkmale eines Zweckbetriebs erfüllen. Die Nutzungsüberlassung einer einzelnen Sportstätte kann zur Annahme zweier Betriebe, eines steuerschädlichen und eines steuerbefreiten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, führen.
Normenkette
InvZulG 1982 § 4b; AO 1977 §§ 14, 64-65, 67a, 68 Nr. 7b
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein eingetragener und als gemeinnützig anerkannter Verein, errichtete in den Jahren 1982 und 1983 eine Tennishalle. Nach Fertigstellung vermietete der Kläger die Halle stundenweise sowohl an seine Mitglieder wie an Nichtmitglieder zum gleichen Entgelt.
Mit seinem Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage begehrte der Kläger für die im Streitjahr 1982 aufgewandten Herstellungskosten des Gebäudes von 28 593,95 DM eine Investitionszulage nach § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982 (sog. Beschäftigungszulage).
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Tennishalle werde infolge Vermietung an die Mitglieder zu mehr als 10 v.H. für den steuerbefreiten Bereich genutzt. In seinem ablehnenden Einspruchsbescheid bezog sich das FA auf Tz.39 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 16.Juni 1982 (BStBl I 1982, 569).
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der Begründung statt, die Vermietung der Tennishalle stelle einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§§ 14, 64 der Abgabenordnung --AO 1977--), nicht jedoch einen Zweckbetrieb (§ 65 AO 1977) dar.
Dagegen richtet sich die Revision, mit der das FA die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Das FA trägt vor, während des Klageverfahrens habe sich ergeben, daß im Streitjahr Herstellungskosten von 1 394,76 DM für einen Wirtschaftsraum in der Tennishalle angefallen seien, so daß eine Investitionszulage in Höhe von 140 DM für 1982 zu gewähren sei. Im übrigen sei die Zulage zu versagen, da die Vermietung der Halle an die Mitglieder als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO 1977 zu beurteilen sei.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Investitionszulage auf 140 DM festzusetzen, im übrigen aber die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat die Investitionszulage nach § 4b Abs.1 InvZulG 1982 zu Recht gewährt; denn der Kläger hat im Streitjahr auch insoweit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und keinen Zweckbetrieb unterhalten, als er die Halle an seine Mitglieder vermietet hat.
1. Nach § 4b Abs.1 InvZulG 1982 wird Steuerpflichtigen für begünstigte Investitionen, die sie in einem Betrieb oder einer Betriebstätte im Inland vornehmen, auf Antrag eine Investitionszulage gewährt. Als begünstigte Investition führt § 4b Abs.2 Satz 1 Nr.3 InvZulG 1982 u.a. die Herstellung abnutzbarer unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens auf, soweit sie nicht Wohnzwecken dienen und mindestens drei Jahre nach ihrer Herstellung in einem Betrieb oder einer Betriebstätte im Inland verbleiben. Darüber hinaus bestimmt § 4b Abs.2 Satz 7 InvZulG 1982, daß die genannten Investitionen nur begünstigt sind, wenn das Wirtschaftsgut ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.
2. Im Streitfall sind diese Voraussetzungen erfüllt.
a) Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, daß die Tennishalle zum Anlagevermögen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs "Hallenvermietung" i.S. des § 14 AO 1977 gehört.
b) Entgegen der Auffassung des FA fehlte es auch nicht an der ausschließlichen oder fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung der Halle i.S. des § 4b Abs.2 Satz 7 InvZulG 1982. Der Begriff "betriebliche Nutzung" im Sinne dieser Vorschrift verweist ebenso wie der Begriff des Betriebs in § 4b Abs.2 Satz 1 Nr.3 InvZulG 1982 auf die Regelung in § 4b Abs.1 Satz 1 InvZulG 1982, so daß nur insoweit von einer betrieblichen Nutzung auszugehen ist, als die Nutzung im Betrieb eines Steuerpflichtigen erfolgt. Diese Voraussetzung wäre nur dann nicht erfüllt, wenn die Halle im Rahmen eines Zweckbetriebs i.S. des § 65 AO 1977 genutzt worden wäre; denn bei diesem Betrieb handelt es sich nicht um den Betrieb eines Steuerpflichtigen (§ 33 AO 1977) i.S. des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).
3. Das FG hat zutreffend angenommen, daß bezüglich der Vermietung der Tennishalle an die Mitglieder für das Streitjahr die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs i.S. des § 65 AO 1977 nicht vorlagen.
a) Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist Zweckbetrieb, wenn er in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die satzungsmäßigen Zwecke einer Körperschaft zu verwirklichen, wenn dessen Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 AO 1977; vgl. zuletzt Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23.November 1988 I R 11/88, BFHE 155, 461, BStBl II 1989, 391 m.w.N.).
b) Zu diesen Voraussetzungen hat das FG festgestellt, daß der Kläger die Tennishalle im Streitjahr unterschiedslos zum gleichen Entgelt sowohl an seine Mitglieder als auch an Nichtmitglieder stundenweise vermietet hatte. Es hat daraus ohne Rechtsirrtum gefolgert, daß die drei Voraussetzungen für die Annahme eines steuerunschädlichen Zweckbetriebs i.S. des § 65 AO 1977, die kumulativ erfüllt sein müssen (vgl. BFH-Urteil vom 9.April 1987 V R 150/78, BFHE 149, 319, BStBl II 1987, 659), im Streitfall nicht vorliegen.
c) Es mag dahinstehen, ob das FG den satzungsmäßigen Zweck des Klägers unter Beschränkung auf die Jugendförderung im Tennissport verkannt hat. Wenn es in § 2 der Satzung des Klägers vom 27.Mai 1979 dazu heißt, der vom Idealismus getragene gemeinnützige Club habe sich als Hauptziel die Pflege des Tennissports und auf diesem Gebiet die Jugendförderung gesteckt, so ändert dies nichts an der Schlußfolgerung, daß die Hallenvermietung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb in ihrer Gesamtrichtung nicht dazu gedient hat, auch den umfassenderen steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweck des Klägers zu verwirklichen.
d) Der Senat teilt nicht die Auffassung des FA, in der entgeltlichen Überlassung der Tennishalle an Vereinsmitglieder sei stets ein Zweckbetrieb zu sehen, im übrigen aber liege ein steuerschädlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S. der §§ 14, 64 AO 1977 vor. Ob sich diese Auffassung zu Recht auf das BMF-Schreiben vom 8.März 1978 IV B 4 - S 0187 - 9/8 stützen kann, dem auch das Schrifttum, allerdings ohne weitere Begründung, gefolgt ist (z.B. Troll, Besteuerung von Verein, Stiftung und Körperschaft des öffentlichen Rechts, Kommentar, 3.Aufl., S.519; ferner Kießling/Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 3.Aufl. 1988, Tz.306, und Peter, Recht und Steuern der Vereine, 2.Aufl. 1986, S.125 f.), erscheint zweifelhaft. Auch der erkennende Senat geht davon aus, daß die Vermietung von Sportstätten an Nichtmitglieder weder als sportliche Veranstaltung i.S. des § 68 Nr.7 b AO 1977 a.F. (jetzt § 67a AO 1977) noch als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO 1977 zu beurteilen ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des BFH, der darin einen steuerschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gesehen hat (vgl. BFH in BFHE 149, 319, BStBl II 1987, 659). Der Senat ist weiter der Auffassung, daß die Vermietung solcher Sportstätten an Mitglieder eines Vereins die Merkmale eines Zweckbetriebs erfüllen kann. Eine Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 AO 1977 wird dadurch jedoch nicht entbehrlich. Dem FA ist schließlich auch darin zu folgen, daß die Nutzungsüberlassung einer einzelnen Sportstätte zur Annahme zweier Betriebe, eines steuerschädlichen und eines steuerbefreiten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, führen kann. Für den Senat folgt dies aus den Formulierungen "insoweit" und "soweit nicht ein Zweckbetrieb ... gegeben ist" in § 64 AO 1977. Eine solche getrennte Würdigung vergleichbarer wirtschaftlicher Aktivitäten eines Vereins setzt indessen voraus, daß sich die einzelnen Tätigkeiten auch tatsächlich voneinander unterscheiden. Denn einem Verein steht es grundsätzlich frei --worauf auch der Kläger zutreffend hingewiesen hat-- in welcher Form er seine Leistungen anbietet.
Im Streitfall unterscheidet sich die Vermietung an die Nichtmitglieder in keiner Weise von der Nutzungsüberlassung an die Mitglieder des Klägers. Das FG ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß der Kläger mit der Hallenvermietung einen einzigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten hat. Wie die Vermietung an die Nichtmitglieder diente auch die Vermietung an die Mitglieder in ihrer Gesamtrichtung nicht dazu, den Zweck des Klägers zu verwirklichen. Das FG hat hierzu festgestellt, daß nur etwa 20 bis 30 von etwa 300 Vereinsmitgliedern einen sicheren Zugriff auf einen Hallenplatz gehabt hätten. Daraus folgt jedenfalls nicht, daß der satzungsmäßige Zweck, den sich der Kläger mit der Pflege des Tennissports gesetzt hat, nur durch die Nutzungsüberlassung gegen gleiches Entgelt für Mitglieder wie Nichtmitglieder erreicht werden konnte. Nach Auffassung des Senats hätte es dazu zumindest einer breiteren Beteiligung der Mitglieder an der Nutzung der Halle bedurft. In der Form, in der der Kläger die Nutzung der Halle überlassen hat, erweist sich die Vermietung jedenfalls nicht als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks (vgl. dazu zuletzt BFH in BFHE 149, 319, BStBl II 1987, 659 m.w.N.).
Das FG hat schließlich zu Recht ausgeführt, daß der Kläger mit seiner Hallenvermietung zu anderen gewerblichen Vermietern in größerem Umfang in Wettbewerb getreten ist, als es bei Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbar war. Daß eine Wettbewerbssituation vorliegt, hat auch das FA eingeräumt; diese war indessen vermeidbar. Die Halle wurde damit im Streitjahr ausschließlich betrieblich genutzt (§ 4b Abs.2 Satz 7 InvZulG 1982), so daß der Kläger die begehrte Investitionszulage beanspruchen konnte.
Fundstellen
Haufe-Index 63303 |
BFH/NV 1990, 86 |
BStBl II 1990, 1012 |
BFHE 161, 277 |
BFHE 1991, 277 |
BB 1990, 2254-2255 (L) |
HFR 1991, 39 (LT) |
StE 1990, 411 (K) |