Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Behandlung des Körperschaftsteuersatzes für Ausschüttungen einer GmbH auf Genußscheine nach § 19 Abs. 3 Satz 2 KStG 1955.
Normenkette
KStG § 19 Abs. 3
Tatbestand
Der Rechtsstreit geht um die Frage, nach welcher Bezugsgröße der tarifbegünstigte Ausschüttungsbetrag auf Genußscheine bei einer GmbH im Veranlagungszeitraum 1955 zu bemessen ist (§ 19 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 KStG 1955).
Das voll geleistete Stammkapital der Revisionsklägerin (Steuerpflichtigen - Stpfl. -) - einer GmbH - beträgt 42.625.000 DM. An die Muttergesellschaft und Alleingesellschafterin der Stpfl. sind 12 nicht stimmberechtigte, jedoch am Gewinn und Liquidationserlös der Stpfl. beteiligte Genußscheine mit einem Nennbetrag von je 2.750.000 DM ausgegeben worden. Das nicht in den Bilanzen ausgewiesene Genußscheinkapital beträgt demnach 33.000.000 DM. Im Streitjahr 1955 hatte die Stpfl. ausgeschüttet:
Auf die Geschäftsanteile: - - - - - - - 4.166.704 DM, (nämlich 8 v. H. aus ... DM Vermögen der Stpfl. = ... DM, jedoch höchstens die tatsächliche Dividende i. H. v. 4.166.704 DM) Auf die Genußscheine: - - - - - - - - - 2.640.000 DM, (nämlich 8 v. H. des Genußscheinkapitals von 33.000.000 DM) zusammen: - - - - - - - - - - - - - - - 6.806.704 DM.Entsprechend einem Erlaß des zuständigen Landesfinanzministeriums berechnete der Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Höchstbetrag der berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen für 1955 mit 8 v. H. aus
der Summe des Stammkapitals - - - - - - 42.625.000 DM und des Nennwerts der Genussscheine - - 33.000.000 DM --------------------------------------- = 75.625.000 DM.Da das bei der Veranlagung zur Vermögensteuer auf den 1. Januar 1956 festgestellte Vermögen ... DM niedriger als das Nennkapital von 75.625.000 DM sei. Nach dem Sinn und Zweck der Tarifbegünstigung könne nur auf das nach den Vorschriften des BewG ermittelte tatsächliche Vermögen abgestellt werden, das der Erwirtschaftung des Gewinns gedient habe. Durch die den Gesellschaftern eingeräumten Genußrechte sei dieses Vermögen nicht verstärkt worden. Deshalb sei es nicht vertretbar, dem maßgeblichen Vermögen noch das fiktive Genußscheinkapital hinzuzurechnen. Die Stpfl. begehrt indessen, der Berechnung des tarifbegünstigten Ausschüttungsbetrags die Summe aus Vermögen und Genußscheinkapital zugrunde zu legen.
Die dagegen eingelegte Sprungberufung (§ 261 AO a. F.) hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1963 S. 32 veröffentlicht ist, bejahte zunächst die zwischen den Beteiligten nicht streitige Frage, daß Gewinnausschüttungen aus Genußscheinen der in § 7 Satz 2 KStG erwähnten Art die Tarifbegünstigung des § 19 Abs. 3 Satz 2 KStG 1955 genössen, und daß der hiermit übereinstimmende Abschn. 47 Abs. 3 KStR 1955 rechtsgültig sei, ohne daß es auf das Vorliegen "eingezahlten" Genußscheinkapitals ankäme. Obwohl Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften sich bürgerlich- rechtlich nur aus Beteiligungen am Grund- oder Stammkapital ergeben könnten, würden sie darüber hinaus für das Körperschaftsteuerrecht auch durch Genußscheine im Sinne des § 7 Satz 2 KStG begründet. Entsprechende Folgerungen habe die Rechtsprechung nicht nur für die Anwendung des Ausschüttungssteuersatzes nach § 19 Abs. 2 und 3 KStG, sondern auch für die Schachtelbegünstigung des § 9 Abs. 1 KStG (Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - I A 21/37 vom 9. März 1937, RStBl 1937, 682) und die Mindestbesteuerung nach dem früheren § 17 KStG (RFH- Urteile I A 19/36 vom 28. April 1936, RStBl 1936, 770, und I 8/41 vom 30. September 1941, RStBl 1942, 411) gezogen. Auch in diesen Zusammenhängen sei das Genußscheinkapital dem "einbezahlten Grund- und Stammkapital" gleichgestellt worden. Diese Gleichstellung könne praktisch nur in der Weise erfolgen, daß die Summe beider Nennbeträge die maßgebliche Bezugsgröße für die Begrenzung der berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen bilde.
Der Auffassung der Stpfl., das Genußscheinkapital stelle neben den im Gesetz genannten Bezugsgrößen eine selbständige dritte Größe dar, was durch ihre Heraushebung in Abschn. 48 Abs. 3 KStR 1955 gegenüber Abs. 1 und 2 dieses Abschnitts der KStR zum Ausdruck gelange, könne nicht gefolgt werden. Eine Berücksichtigung des Genußscheinkapitals neben dem Vermögen sei mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar. Wirtschaftlich ließen die in den Genußscheinen verkörperten Rechte das der Erwirtschaftung des Gewinns dienende Betriebsvermögen unberührt. Es werde dadurch weder vermehrt noch vermindert. Ausschüttungen auf die Genußscheine belasteten die Wirtschaftskraft der Gesellschaft nicht anders, insbesondere nicht mehr als dies durch die Rechte der Aktionäre oder Anteilseigner geschähe, nämlich nur hinsichtlich des Reingewinns und des Reinvermögens, weshalb die Genußscheine in der Bilanz auch nicht ausgewiesen würden (vgl. RFH-Urteil I A 316/32 vom 17. April 1934, RStBl 1934, 773). Stammkapital und Vermögen seien im Gesetz einander als Gegenpole gegenübergestellt. Genußscheine im Sinne des § 7 Satz 2 KStG stünden dem im wesentlichen inhaltsgleichen Stammkapital gleich. Folglich könnten sie nicht auch dem Vermögen gleichzustellen sein.
Die Begründung seiner Entscheidung faßte das FG dahin zusammen, daß die Berücksichtigung der Genußscheinausschüttungen aus Rechtsgründen bejaht werden müsse. Das ihnen entsprechende (fiktive) Genußscheinkapital könne aber bei Anwendung der Tarifbegünstigung des § 19 Abs. 3 Satz 2 KStG 1955 nur dem eingezahlten Stammkapital gleichgestellt, nicht dagegen auch dem "bei der letzten Veranlagung zur Vermögensteuer festgestellten Vermögen" zugerechnet werden.
Mit der als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde (§ 184 Abs. 2 Ziff. 1 FGO) bestreitet die Stpfl. die gesetzliche Grundlage für die Entscheidung des FG. Da § 5 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) unter Stammkapital nur die Summe der Stammeinlagen, nicht auch das Genußscheinkapital erfasse und nach ständiger Rechtsprechung Begriffen des bürgerlichen Rechts mit eindeutigem Inhalt auch steuerrechtlich kein abweichender Inhalt gegeben werden dürfe (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - I 106/60 U vom 5. Dezember 1961, BFH 74, 138, BStBl III 1962, 52), könne nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber mit "Stammkapital" auch das Genußscheinkapital habe ansprechen wollen. Dazu komme, daß § 19 Abs. 3 Satz 2 KStG 1955 ausdrücklich von eingezahltem Stammkapital spreche. Es gebe aber normalerweise weder ein eingezahltes noch überhaupt ein echtes Genußscheinkapital, da dieses nur eine fiktive Größe zur Bemessung der Gewinnbeteiligung darstelle. Im Körperschaftsteuerrecht gelte nur die Besonderheit, daß Ausschüttungen auf Genußscheine Gewinnausschüttungen seien, und daß Genußrechte steuerlich als Gesellschaftsrechte gelten. Sie würden nur mit Rücksicht auf die Behandlung der Ausschüttungen dem Stammkapital gleichgestellt. Durch den Rechtsbegriff "Stammkapital" werde also der Begriff "Genußscheinkapital" nicht konsumiert, sondern inhaltlich danebengestellt. Da der Begriff "eingezahltes Stammkapital" nicht das fiktive Genußscheinkapital mitumfasse, Ausschüttungen auf Genußscheine Gewinnausschüttungen seien (§ 7 Satz 2 KStG) und eine Sonderregelung für Genußscheine an Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Rahmen des § 19 Abs. 3 Satz 2 KStG 1955 fehle, müsse diese Vorschrift in der Weise entsprechend angewendet werden, daß 8 v. H. des Genußscheinkapitals als Bezugsgröße für die Ermittlung der tarifbegünstigten Ausschüttungen anzusetzen seien, unabhängig davon, ob im Einzelfall als erste Bezugsgröße das Stammkapital oder das Vermögen der Gesellschaft gewählt worden sei.
Die Argumentation des FG gehe an dem bisherigen Vorbringen der Stpfl. völlig vorbei, die nicht behauptet habe, Vermögen und Genußscheinkapital seien wegen ihrer Gleichartigkeit für die Bemessungsgrundlage der 8 v. H.-Grenze nebeneinander zu berücksichtigen. Vielmehr sei der gesonderte Ansatz des Genußscheinkapitals begehrt worden, unabhängig davon, ob im Einzelfall Stammkapital oder Vermögen als Bezugsgröße dienten.
Die Feststellungen des FG gingen insoweit aber nicht nur ins Leere, sondern seien auch im Grundsätzlichen unrichtig. Das Stammkapital sei als tatsächlicher Vermögensgrundstock der GmbH nicht eine bloße Rechnungsgröße und deshalb mit dem von Anfang an nur fiktiven Genußscheinkapital nicht wesensverwandt. Normalerweise gebe das Stammkapital den Anhaltspunkt für das tatsächlich arbeitende Vermögen der Gesellschaft wieder. Deshalb sei es auch zunächst in § 19 Abs. 2 KStG 1953 allein zum Maßstab für die Höhe der tarifbegünstigten Gewinnausschüttungen genommen worden. Wegen der ständigen Veränderungen des Vermögens und der dadurch eintretenden steuerlichen Benachteiligung unterkapitalisierter Gesellschaften mit beschränkter Haftung habe der Gesetzgeber im KStG 1955 auch das höhere Vermögen statt des Stammkapitals als Bezugsgröße zugelassen. Aus dieser Funktionsgleichheit der wahlweise zugelassenen Bezugsgrößen ergebe sich zwangsläufig die Sonderstellung der Bezugsgröße "Genußscheinkapital". Diese sei einzusetzen, gleichgültig, ob das Vermögen der GmbH größer sei als ihr Stammkapital oder nicht. Andernfalls würden die Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Genußscheinen im Ergebnis das gesetzliche Wahlrecht einbüßen und schlechter stehen als Gesellschaften mit beschränkter Haftung ohne Genußscheine. Dieser Schluß sei auch aus dem Wortlaut des Abschn. 48 Abs. 3 KStR 1955 und seinem Verhältnis zu Abs. 1 dieser Verwaltungsanweisung gerechtfertigt.
Die Stpfl. beantragt, die Vorentscheidungen aufzuheben und ihrem Begehren stattzugeben.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Handelsrechtlich sind unter Genußrechten sowohl beurkundete (Genußscheine) als auch nicht beurkundete Genußrechte zu verstehen. Die Genußscheine bestehen im Streitfalle in einer Beteiligung am jährlichen Gewinn und am Liquidationserlös der GmbH. Die Genußrechte dieser Art, die keine Aktienrechte oder sonstige Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften darstellen, sind Gläubigerrechte besonderer Art, die in den Handelsbilanzen unter den Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaften nicht aufgeführt zu werden brauchen (vgl. für die AG Schilling in Großkommentar zum Aktiengesetz, Anm. 13 zu § 174).
Steuerrechtlich teilen die Genußscheine als beurkundete Genußrechte weitgehend das Schicksal von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Körperschaftsteuerrechtlich dürfen demnach Ausschüttungen jeder Art auf Genußscheine, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, das Einkommen ebensowenig mindern wie Dividenden und sonstige Bezüge der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (§ 7 Satz 2 KStG, der nur klarstellt, was der RFH bereits im Urteil I A 316/32 vom 17. April 1934, a. a. O., besprochen von Enno Becker in Steuer und Wirtschaft 1934 I S. 738 (754), entschieden hat; näheres zu den allgemeinen Grundlagen vgl. Friedlaender "Genußrechte in steuerlicher Sicht - eine Grundsatzbetrachtung", Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe A, 1966 S. 242).
Nach § 19 Abs. 3 Satz 2 KStG 1955 ermäßigt sich die Körperschaftsteuer unbeschränkt steuerpflichtiger Kapitalgesellschaften für berücksichtigungsfähige Ausschüttungen, d. h. für die auf Grund eines den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschlusses vorgenommenen Gewinnausschüttungen. Der erstmals in § 19 Abs. 2 KStG 1953, dem Vorgänger des § 19 Abs. 3 KStG 1955, geprägte Begriff der "berücksichtigungsfähigen Ausschüttung" kann sich zu seiner Auslegung nicht unmittelbar auf den Begriff der "Gewinnausschüttungen" in § 6 Abs. 1 KStG und auch nicht auf den (ab 1955 außer Kraft getretenen) § 17 KStG betreffend die Mindestbesteuerung stützen. Das Handelsrecht verwendet den Ausdruck "Gewinnausschüttungen" überhaupt nicht. Im Gegensatz zum aktienrechtlichen Gewinnverteilungsbeschluß, der Ausschüttungen sowohl an Aktionäre als auch an Nichtaktionäre umfaßt (vgl. § 126 des Aktiengesetzes - AktG - 1937), betrifft der Beschluß für die Verteilung des Reingewinns der GmbH nach § 46 GmbHG regelmäßig nur Gesellschafter und gesellschafterähnliche Personen. Für den Streitfall haben diese Unterscheidungen keine Bedeutung, da die Empfängerin der Ausschüttungen auf ihre Genußscheine mit Gewinnbeteiligung auf jeden Fall sowohl handelsrechtlich wie steuerrechtlich zum Empfang eines Gewinnanteils berechtigt war. Hiernach dürften gegen die in Abschn. 47 Abs. 3 KStR enthaltene Auslegung, wonach Ausschüttungen auf Genußscheine aus dem in der Handelsbilanz ausgewiesenen Gewinn dann berücksichtigungsfähig sind, wenn die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 KStG erfüllt sind und die Ausschüttungen durch den Gewinnverteilungsbeschluß ausgelöst werden, für einen Fall wie den vorliegenden keine Bedenken bestehen.
Das im Streitfall zu beurteilende steuerliche Sonderproblem betrifft die Frage, ob bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung das "Genußscheinkapital" bei der Berechnung der Höchstgrenze für berücksichtigungsfähige Ausschüttungen von 8 v. H. in das Stammkapital einzubeziehen ist oder nicht (§ 19 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz, erste Alternative, KStG 1955). Bei rein handelsrechtlicher Betrachtung dürfte die Frage zu verneinen sein. Das Genußscheinkapital gehört nicht zum Stammkapital, das nach § 3 GmbHG den Betrag der von den Gesellschaftern zu leistenden Einlagen (Stammeinlagen) umfaßt. Dem entspricht auch der in § 19 Abs. 3 Satz 2 KStG 1955 enthaltene Klammerzusatz "(Nennkapital)". Das Genußscheinkapital ist von der GmbH nicht zu passivieren. Es ist also im Gegensatz zum echten Stammkapital kein zu "nennendes" Kapital.
Eine derartige Auslegung würde allerdings zur Behandlung der Genußscheine als berücksichtigungsfähig nach dem KStG 1953 (§ 19 Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz) und damit als tarifbegünstigt (vgl. Abschn. 47 Abs. 3 KStR 1953) und auch zu Abschn. 47 Abs. 5, a. a. O., in Widerspruch stehen. Die Rechtsprechung hat im übrigen auch in anderen Zusammenhängen bei der Auslegung der Begriffe "Gewinnausschüttung" und "Stammkapital" den in § 7 KStG niedergelegten steuerlichen Gesichtspunkt der Gleichstellung der Genußscheine mit Gewinnanteilberechtigung mit Anteilen an Kapitalgesellschaften berücksichtigt; so in dem zur Mindestbesteuerung ergangenen Urteil des RFH I A 19/36 vom 28. April 1936, a. a. O., das einerseits Ausschüttungen auch auf Genußscheine der Mindestbesteuerung unterwarf, andererseits aber das Genußscheinkapital für die Berechnung der Mindeststeuer in die damalige 4 v. H.-Grenze einbezogen, also dem echten Stammkapital gleichgesetzt hat. Auch bei der Auslegung des § 9 Abs. 1 KStG, der ebenfalls den Begriff des Stammkapitals verwendet, werden Genußscheine, die das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös gewähren, als Beteiligung im Sinne des § 9 Abs. 1 KStG angesehen (RFH-Urteil I A 21/37 vom 9. März 1937, a. a. O.). Im Hinblick auf diese Rechtsprechung ist das FG davon ausgegangen, daß entgegen dem Wortlaut des Gesetzes bei sinngemäßer Auslegung zugunsten der Stpfl. Ausschüttungen auf Genußscheine ebenso zu behandeln seien wie normale Ausschüttungen auf Gewinnanteile an Kapitalgesellschaften. Der erkennende Senat sieht um so weniger Anlaß, von dieser Auslegung abzuweichen, als Zweifel gegen die Rechtsprechung und die mit ihr zusammenhängenden Fragen von keiner der Parteien vorgebracht sind und der Revision ohnehin schon aus anderen Gründen der Erfolg versagt bleiben mußte.
Die hiernach anzuerkennende Gleichstellung des (fiktiven) Genußscheinkapitals mit dem Grund- oder Stammkapital führt zugunsten der Stpfl. dazu, daß die Summe dieser beiden Werte die Hauptgrundlage für die gesetzlich vorgeschriebene Berechnung der durch Tarifermäßigung zu berücksichtigenden Gewinnausschüttungen bestimmter Gesellschafter bilden mußte.
Die zweite Alternative des § 19 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz KStG 1955 hat das FA deshalb nicht angewendet, weil das zum 1. Januar 1956 festgestellte Vermögen der Stpfl. niedriger war als die Summe aus Stammkapital und Genußscheinkapital. Der Senat konnte es dahingestellt sein lassen, ob im Streitfall als bei der letzten Veranlagung zur Vermögensteuer festgestelltes Vermögen (§ 19 Abs. 3 Satz 2 KStG 1955) nicht das Vermögen zum 1. Januar 1955 zugrunde gelegt werden muß. Denn das Vermögen der Stpfl. auf diesen Stichtag ist ebenso wie das auf den 1. Januar 1956 festgestellte Vermögen niedriger als die Summe aus Stammkapital und Genußscheinkapital. Der Senat hält die Rechtsauffassung des FA für zutreffend. Die Forderung der Stpfl., auch bei der zweiten Alternative, d. h. bei Ansatz des festgestellten Vermögens, dieses noch um das Genußscheinkapital von 33.000.000 DM zu vermehren - obgleich das festgestellte Vermögen weder mit dem Genußscheinkapital als solchem in Verbindung steht noch ihm anläßlich der Bildung der Genußscheine Vermögenswerte zugeführt worden sind -, ist nach Auffassung des Senats weder mit dem Wortlaut noch auch mit dem Sinn und Zweck des § 19 Abs. 3 Satz 2 KStG 1955 zu vereinbaren. Der Gesetzgeber wollte durch den gegenüber dem KStG 1953 geänderten Inhalt des § 19 Abs. 3 Satz 2 KStG 1955 den Gesellschaften mit beschränkter Haftung dadurch entgegenkommen, daß die Beschränkung der Gewinnausschüttungen von Amts wegen auf 8 v. H. des bei der letzten Veranlagung zur Vermögensteuer festgestellten Vermögens festgelegt wurde, wenn dies für die GmbH günstiger war als die Berechnung dieser Beschränkung nach dem Stammkapital. Damit sollten aber Ausschüttungen auf das Genußscheinkapital nicht durch Hinzurechnung zum Vermögen zu einer noch höheren Begünstigung führen, als sie in sehr großzügiger Auslegung durch die Hinzurechnung zum Stammkapital vom FG gewährt worden ist (siehe hierzu die Ausführungen a. a. O. oben). Soweit die Stpfl. aus Abschn. 48 Abs. 3 KStR 1955 eine Art isolierte Behandlung des Genußscheinkapitals, unabhängig vom echten Stammkapital, entnehmen zu können glaubt und dies etwa der Auffassung der Finanzverwaltung entsprechen sollte, würde der erkennende Senat darin keinesfalls eine dem Gesetz entsprechende Auslegung erblicken können. Die Behandlung des Genußscheinkapitals verschafft der Stpfl. ohnehin bei ihrer Besteuerung einen wesentlichen Vorteil.
Soweit sich das einschlägige Schrifttum mit der Frage überhaupt befaßt hat, liegt es in der vom erkennenden Senat vertretenen Richtung. Die Ausführungen von Görbing "Die Körperschaftsteuer- Richtlinien 1955" in "Neues Steuerrecht von A-Z" (unter Körperschaftsteuer, Allgemeines, Richtlinien 1955, Darstellung 1 unter X), auf die sich die Stpfl. für die Richtigkeit ihrer Auffassung beruft, besagen nichts Gegenteiliges, wenn sie für die 8 v. H. des Genußscheinkapitals übersteigenden Ausschüttungen in übereinstimmung mit Abschn. 48 Abs. 3 KStR 1955 die Vornahme einer Sonderberechnung verlangen.
Fundstellen
Haufe-Index 412336 |
BStBl III 1967, 260 |
BFHE 1967, 26 |
BFHE 88, 26 |
BB 1967, 445 |
DB 1967, 711 |