Leitsatz (amtlich)

Die Zustimmung der Landesregierung zur Erhebung der Lohnsummensteuer nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GewStG bedarf als Wirksamkeitsvoraussetzung für die Rechtsetzung der Gemeinde ihrer Veröffentlichung oder eines Hinweises auf ihr Vorliegen in der Haushaltssatzung eines jeden Rechnungsjahres nicht.

 

Normenkette

GewStG § 6 Abs. 2 S. 2

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Reihe seitens des Revisionsklägers (FA) gegen den am 26. November 1966 verstorbenen Steuerpflichtigen erlassenen Lohnsummensteuer-Meßbescheide. Nachdem das FA die Einsprüche des Steuerpflichtigen gegen diese Bescheide mit Einspruchsentscheidung vom 30. September 1965 als unbegründet zurückgewiesen hatte, hob auf die Klage des Steuerpflichtigen das FG die Bescheide mit seinem in den Entscheidungen der FG 1968, 269 veröffentlichten Urteil vom 24. Januar 1968 ersatzlos auf.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des FA, zu deren Begründung es ausführt:

Mit dem vom FG zitierten Urteil des BFH IV 166/63 S vom 13. Dezember 1963 (BFH 78, 116, BStBl III 1964, 47) sei davon auszugehen, daß die Zustimmung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GewStG Wirksamkeitsvoraussetzung für die Erhebung der Lohnsummensteuer sei. Dieser Zustimmung bedürfe indes nur die Einführung (erstmalige Erhebung) der Lohnsummensteuer durch eine Gemeinde, nicht auch die spätere Erhebung der Steuer in den jeweiligen Rechnungsjahren (so daß die vom FG in Bezug genommene Entscheidung des Verwaltungsgerichts - VG - Hannover - III A 202/63 vom 13. Oktober 1964, besprochen von Rath in "DB" 1965, 48 - aufhebende Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg III OVG A 169/64 vom 26. August 1966 und das dieses Urteil bestätigende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - VII C 11/67 vom 22. September 1967, BVerwGE 27, 350 -).

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen; die Revisionsbeklagten beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

Der erkennende Senat schließt sich, was die rechtliche Beurteilung der Zustimmung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GewStG - als einen (lediglich) eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Rechtsetzung durch die Gemeinde darstellenden Verwaltungsakt - und was die Beurteilung des Erfordernisses der Zustimmung lediglich bei Einführung (erstmaliger Erhebung) der Lohnsummensteuer betrifft, den Urteilen des BFH IV 166/63 S (a. a. O.) und des BVerwG VII C 11/67 (a. a. O.) an. Diese haben sowohl hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung der Zustimmung wie ihres Erfordernisses lediglich bei der Einführung der Steuer auch die Billigung des Schrifttums gefunden (vgl. Kommentare zum Gewerbesteuergesetz, Blümich-Boyens-Steinbring-Klein-Hübl, 8. Aufl. Anm. 4 zu § 6; Lenski-Steinberg, Anm. 4 zu § 6; Müthling, 2. Aufl. Anm. 4 zu § 6). Von einer Wiederholung der diese Beurteilung tragenden Erwägungen sieht der Senat ab.

Die Entscheidung des FG hat nicht festgestellt und läßt auch nicht erkennen, ob die Zustimmung des Regierungspräsidenten nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GewStG der Gemeinde unbefristet oder befristet (und das jeweils für nur ein Rechnungsjahr) erteilt worden ist. Angesichts der Tatsache, daß die Gemeinde die Lohnsummensteuer seit dem Jahre 1937 unbestritten ununterbrochen erhebt, darf das Vorliegen der unbefristeten Zustimmung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GewStG als gegeben angenommen werden.

Im übrigen nimmt der Senat auf sein Urteil I R 60/69 vom 14. Oktober 1970, BStBl II 1971, 60 Bezug, nach dem es für die Weitererhebung der Lohnsummensteuer nach ihrer einmal gegebenen Einführung einer von Rechnungsjahr zu Rechnungsjahr neu zu erteilenden Zustimmung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GewStG nicht bedarf. Dafür, daß im vorliegenden Streitfall eine von der allgemein üblichen Praxis abweichende Handhabung erfolgt sei, liegen keine Anhaltspunkte vor, zumal die Revisionsbeklagten den Hinweis des FA (im Schriftsatz vom 11. April 1968) auf die Einführung und ununterbrochene Erhebung der Steuer seit dem Jahre 1937 nicht bestritten haben.

Der Senat kann im Streitfall die Frage dahinstehen lassen, ob die nach Darstellung der Gemeinde am 8. Februar 1962 erteilte Genehmigung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GewStG die Rechtsunwirksamkeit der vor ihrem Vorliegen am 5. Februar 1962 veröffentlichten Haushaltssatzung für das Jahr 1962 hätte beheben können, wenn es für die Frage ihrer Rechtswirksamkeit auf die Erklärung vom 8. Februar 1962 angekommen wäre. Im Streitfall kam dieser Erklärung nicht die Bedeutung einer Zustimmung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GewStG zu, da die Gemeinde die Lohnsummensteuer unstreitig bereits seit dem Jahre 1937 erhob und sie somit nicht erstmals mit dem Erhebungszeitraum 1962 einführte. Es müßte auch unverständlich erscheinen, wenn - eine befristete Zustimmung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GewStG einmal unterstellt - der Regierungspräsident eine für die Rechtswirksamkeit der Haushaltssatzung für das Jahr 1962 erforderliche Zustimmung erst nach der Genehmigung der in der (ohne sie rechtsunwirksamen) Haushaltssatzung enthaltenen Hebesätze (Verfügung vom 29. Januar 1962) erteilt haben sollte. Die "Genehmigung" vom 8. Februar 1962 ist deshalb als das Ergebnis der Nachprüfung der Notwendigkeit der Weitererhebung der Lohnsummensteuer nach Maßgabe des Runderlasses des Innenministers und des Finanzministers vom 1. März 1954 (Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1954 S. 443 ff.) anzusehen, der auf der Verordnung vom 9. Dezember 1952 (Gesetzund Verordnungsblatt - GVBl - Nordrhein-Westfalen 1953 S. 103) beruht.

Was die Frage der Veröffentlichung der Zustimmung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GewStG betrifft, so ist sie weder im GewStG vorgeschrieben noch aus § 88 Abs. 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1952 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1952 S. 283) zu entnehmen. Nach dieser Vorschrift ist die Haushaltssatzung nach ihrer Genehmigung öffentlich bekanntzugeben. Die hier angesprochene Genehmigung betrifft (§ 88 Abs. 1 der Gemeindeordnung) die Höhe der Steuersätze durch die Aufsichtsbehörde. Diese Genehmigung ist nach den Veröffentlichungen vom 5. Februar 1962 bzw. 17. Januar 1963 für die Haushaltssatzung für das Jahr 1962 am 29. Januar 1962 und für die Haushaltssatzung für das Jahr 1963 am 4. Januar 1963 erteilt worden.

Danach waren die genannten Haushaltssatzungen der Gemeinde rechtswirksam und als Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide anzuerkennen.

Auf die de lege ferenda interessanten Ausführungen der Revisionbeklagten zur Frage der Zweckmäßigkeit der Veröffentlichung der Zustimmung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GewStG braucht der Senat angesichts des Fehlens einer entsprechenden Vorschrift im Gesetz nicht mehr einzugehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69348

BStBl II 1971, 183

BFHE 1971, 105

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