Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen, die einem Soldaten auf Zeit durch die Teilnahme an einem Lehrgang an einer Bundeswehrfachschule entstehen, die dem Soldaten gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Soldatenversorgungsgesetzes (BGBl I 1967, 202) allgemeinberuflichen Unterricht vermittelt, sind keine Werbungskosten. Als Kosten der Berufsausbildung kann eine Berücksichtigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG bei den Sonderausgaben in Betracht kommen.
Normenkette
EStG 1971 § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 9
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1970 Soldat auf Zeit (Sanitäts-Feldwebel). Auf seinen Antrag wurde er vom 6. Januar 1970 bis zum 30. Juli 1971 zur Bundeswehrfachschulkompanie nach K abkommandiert. Ziel des Lehrgangs war gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Soldatenversorgungsgesetzes vom 20. Februar 1967 (BGBl I 1967, 202) die Berufsförderung des Klägers während des Wehrdienstes durch allgemeinberuflichen Unterricht. Während der Ferien an der Bundeswehrfachschule war der Kläger bei seiner Familie in A. Seinem Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich für 1970, u. a. bei seinen Dienstbezügen Werbungskosten für Familienheimfahrten in Höhe von 3 366 DM abzüglich von Reisebeihilfen mit rd. 103 DM zu berücksichtigen, entsprach der Beklagte und Revisionskläger (FA) nicht.
Die Klage hatte insoweit Erfolg, als das FG von den geltend gemachten 110 Familienheimfahrten 41 Fahrten berücksichtigte. Das FG ging davon aus, daß im Streitfall die Voraussetzungen der doppelten Haushaltsführung gegeben seien und damit die Kosten für höchstens eine Familienheimfahrt pro Woche Werbungskosten darstellten. Der Kläger habe im Streitjahr in A seinen eigenen Hausstand gehabt und ab 6. Januar 1970 seinen Dienst bei einer Bundeswehreinheit in K versehen und sei dort auch untergebracht gewesen. Für die Ausübung dieses Dienstes habe er im Streitjahr seine Dienstbezüge bezogen. Er sei damit verpflichtet gewesen, die ihm in K in der Kaserne zugewiesene Unterkunft zu beziehen. Deshalb komme es nicht darauf an, ob er auf eigenen Antrag nach K abgeordnet worden sei, noch ob der von ihm zu besuchende Unterricht allgemeinbildenden Charakter gehabt hätte. Auf die Unterscheidung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten könne es hier nicht ankommen. Nach der Rechtsprechung des RFH und BFH seien Fortbildungskosten solche, die wegen ihres Zusammenhangs mit der bereits ausgeübten Tätigkeit anfielen. Damit müßten im Streitfall die Kosten der Familienheimfahrten Werbungskosten sein, weil der Kläger von seinem Dienstherrn dafür bezahlt wurde, daß er an der Ausbildung teilgenommen habe. Es sei nicht auf den inneren Zusammenhang zwischen dem Beruf als Zeitsoldat und der Ausbildung an der Bundeswehrfachschule abzustellen, sondern nur auf den unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Einnahmen aus dem Dienstverhältnis als Soldat und den dadurch hervorgerufenen Aufwendungen.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Das FA hat beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Jahreslohnsteuer wie im Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1970 festzusetzen. Der Kläger sei im Streitjahr als Soldat auf Zeit verpflichtet gewesen, militärischen Dienst zu leisten; hierfür habe er die Dienstbezüge bezogen. Zur Teilnahme am Lehrgang an der Bundeswehrfachschule sei er von seinen Dienstpflichten befreit gewesen und habe am Unterricht wie ein Schüler an allgemeinbildenden Schulen teilgenommen; er habe auch Ferien wie ein Schüler an einer solchen Schule erhalten. Seine Dienstbezüge habe er erhalten, ohne eine Dienstleistung erbringen zu müssen. Die Lehrgangsteilnahme sei auf seinen Antrag erfolgt; er habe einen Rechtsanspruch auf Lehrgangsteilnahme gehabt, aber keine rechtliche Verpflichtung dazu. Ein innerer Zusammenhang der Aufwendungen für Familienheimfahrten zu Werbungskosten habe nicht bestanden. Die Verkehrsauffassung sehe keinen Unterschied darin, ob der Arbeitnehmer seine Allgemeinbildung an einer dem Arbeitgeber gehörenden Schule beziehe oder an einer sonstigen öffentlichen oder privaten Schule, die für jeden zugänglich sei.
Der Kläger hat in seiner Stellungnahme geltend gemacht, er sei zur Teilnahme am Unterricht der Bundeswehrfachschule befohlen worden. Als Soldat sei ihm nichts anderes übriggeblieben, als diesem Befehl Folge zu leisten. Ebenso habe für ihn auch als Bundeswehrfachschüler die dienstliche Verpflichtung bestanden, außerhalb der Dienststunden militärischen Dienst in der Bundeswehrfachschulkompanie zu leisten; nur am Waffendienst und Sport habe er nicht teilzunehmen brauchen. Die Geltendmachung der zwei wöchentlich durchgeführten Familienheimfahrten sei hinreichend begründet, wenn im Einkommensteuergesetz von mindestens einer wöchentlichen Familienheimfahrt die Rede sei. Der Kläger hat beantragt, das Urteil des FG nicht aufzuheben.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Nach der Rechtsprechung des Senats können Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen durch den Besuch allgemeinbildender Schulen entstehen, grundsätzlich nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgesetzt werden (so die Urteile vom 26. Mai 1971 VI R 63/69, BFHE 103, 50, BStBl II 1971, 762, und vom 10. Dezember 1971 VI R 255/70, BFHE 104, 220, BStBl II 1972, 242). Unstreitig hat der Kläger als Soldat auf Zeit an der Bundeswehrfachschule während des Streitjahres 1970 an einem Lehrgang mit allgemeinberuflichem Unterricht teilgenommen. Diese Lehrgänge an den Bundeswehrfachschulen haben für Soldaten auf Zeit ihre Rechtsgrundlage in § 3 SVG und sollen den Übergang dieser Soldaten in das Zivilleben erleichtern. Die Berufsförderung umfaßt nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SVG während der Dienstzeit den allgemeinberuflichen Unterricht an einer Bundeswehrfachschule und gemäß Nr. 2 der Vorschrift nach der Wehrdienstzeit eine Fachausbildung außerhalb der Bundeswehrfachschulen in öffentlichen und privaten Einrichtungen, die auch sonst eine Ausbildung für das Berufsleben durchführen. Nach der persönlichen Neigung richtet sich die Art der Ausbildung, ihr Umfang nach der Länge der vorausgegangenen Wehrdienstzeit.
Bei dieser Sachlage erscheint es dem Senat unerheblich, wenn ein Soldat auf Zeit seine Berufsausbildung auf Kosten der Bundeswehr erhält und er lediglich gewisse Nebenkosten selbst trägt, wie solche im Streitfall für Familienheimfahrten. Der Zugehörigkeit des Klägers zur Bundeswehrfachschulkompanie und gewissen geringen Dienstleistungen bei dieser kann keine entscheidende Bedeutung zukommen; sie liegen im Rahmen dieses Schulbetriebes. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH gehören die Berufsausbildungskosten in den Bereich der privaten Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 EStG und können lediglich in begrenztem Umfang nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG 1969 als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Die Vorentscheidung, mit der das FG 41 Familienheimfahrten des Klägers als Werbungskosten berücksichtigt hat, steht im Widerspruch zu dieser rechtlichen Beurteilung; sie war deshalb aufzuheben. Der Kläger hatte die Kosten für 110 solcher Fahrten geltend gemacht. Da der Kläger seinen Familienwohnsitz beibehalten hat, war er im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG 1969 zur Ausbildung auswärts, nämlich in K, untergebracht, so daß Aufwendungen für auswärtige Berufsausbildung bis zum Höchstsatz von 1 200 DM berücksichtigt werden könnten. Der Kläger hatte bisher beim Lohnsteuer-Jahresausgleich keine Sonderausgaben geltend gemacht, möglicherweise weil solche den Pauschbetrag von 936 DM gemäß § 10c Nr. 1 EStG nicht überstiegen haben. Da die erforderlichen Sachfeststellungen hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Sonderausgaben bisher noch nicht getroffen worden sind, ist die Streitsache nicht entscheidungsreif. Sie war deshalb gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung an das FG zurückzuverweisen, das die insoweit erforderlichen Feststellungen nunmehr noch treffen muß.
Fundstellen
Haufe-Index 71293 |
BStBl II 1975, 334 |
BFHE 1975, 485 |