Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Erbschaft, Schenkung und Steuern

 

Leitsatz (amtlich)

Außer Kurs gesetzte Goldmünzen sind nicht Edelmetall, sondern fallen unter bewegliche körperliche Gegenstände im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 4 b ErbStG 1951.

 

Normenkette

ErbStG § 18/1/4/b; ErbStG § 18/1/1/b

 

Tatbestand

Die Bfin. ist laut Testament alleinige Erbin ihres am 4. Mai 1957 verstorbenen Vaters (Erblassers). Zum Nachlaß gehörten unter anderem alte deutsche Goldmünzen, und zwar 180 goldene 20-DM-Stücke zum Ankaufswert von 44 DM je Stück, also von zusammen 7.920 DM. Die Bfin. hat im Veranlagungsverfahren geltend gemacht, daß entgegen der Auffassung des Finanzamts auch Goldmünzen keine Edelmetalle seien, sondern zu den in § 18 Abs. 1 Nr. 4 b ErbStG 1951 genannten beweglichen körperlichen Gegenständen gehörten. Das Finanzamt hat sich der Auffassung der Bfin. nicht angeschlossen, sondern im endgültigen Steuerbescheid die Goldmünzen mit dem vollen Betrag der Erbschaftsteuer unterworfen. Im hiergegen eingelegten Einspruch hat die Bfin. beantragt, für die Goldstücke gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 4 b ErbStG nur den 5.000 DM übersteigenden Betrag von 7.920 DM ./. 5.000 DM = 2.920 DM anzusetzen. Der Einspruch hat keinen Erfolg gehabt. Die Bfin. hat gegen die Einspruchsentscheidung Berufung eingelegt und gleichzeitig beantragt, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache die Rb. zuzulassen. Das Finanzgericht hat die Rb. als unbegründet zurückgewiesen; es hat die Rb. wegen der besonderen Bedeutung der Streitsache zugelassen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Das Finanzgericht hat die von Krekeler, Kommentar zum Bewertungsgesetz, 6. Auflage, 1958, Anm. zu § 67 Ziff. 9 auf S. 549, vertretene Auffassung, daß Goldmünzen, die weder gesetzliche Zahlungsmittel noch zu Schmuckgegenständen verarbeitet sind oder zu einer Münzsammlung gehören, als Edelmetall unter § 67 Ziff. 9 BewG fallen, auf das Erbschaftsteuerrecht übertragen und der Bfin. demgemäß die Steuerbefreiung nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 b ErbStG versagt. Diese Ansicht des Finanzgerichts übersieht zunächst, daß die Vorschriften des BewG auf dem Gebiet des Erbschaftsteuerrechts nur für die Bewertung des Erwerbs (ß 22 ErbStG), nicht aber für die hier zu beantwortende Frage nach der Anwendbarkeit einer erbschaftsteuerrechtlichen Befreiungsvorschrift maßgebend sind. übrigens ist auch für die Bewertung nach dem ErbStG die Anwendung der in § 67 BewG enthaltenen Vorschriften - und damit auch der Ziff. 9 des § 67 BewG - nicht vorgesehen. Es kommt aber weiter hinzu, daß sich die Gliederung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 b ErbStG mit derjenigen des BewG in § 67 Ziff. 2 sowie 9, 10 und 11 nicht vergleichen läßt. Das BewG legt in § 67 den denkbar allgemein gehaltenen und damit umfassenden Oberbegriff "Wirtschaftsgut" zugrunde, während § 18 Abs. 1 Nr. 4 b ErbStG als Oberbegriff den enger umgrenzten der "(anderen d. h. nicht zum Hausrat gehörigen) beweglichen körperlichen Gegenstände" aufstellt und innerhalb dieses enger umgrenzten Oberbegriffs auch alle die in der genannten Bestimmung besonders aufgeführten beweglichen körperlichen Gegenstände zusammenfaßt. Die in § 18 Abs. 1 Nr. 4 b ErbStG besonders aufgeführten Gegenstände (z. B. Zahlungsmittel) sind und bleiben "bewegliche körperliche Gegenstände" unbeschadet des Umstandes, ob sie von der allgemeinen Befreiung nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 b Satz 1 ErbStG ausgenommen sind. Andernfalls wäre die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 4 b Satz 2 ErbStG überflüssig. Daraus ergibt sich folgendes: Werden Goldmünzen außer Kurs gesetzt, so verlieren sie die Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel und fallen damit nicht mehr unter die Sondervorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 4 b Satz 2 ErbStG, sondern unterstehen kraft der gesetzlichen Begriffsbestimmungen "bewegliche körperliche Gegenstände" allein der Bestimmung des Satzes 1 a. a. O. An dieser sich aus dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung ergebenden Rechtslage kann nicht vorbeigegangen werden, auch wenn, wie die angefochtene Entscheidung ausführt, die Goldmünzen (als sogenannte Handelsmünzen) vorliegendenfalls wieder die Funktion des Edelmetalls Gold übernommen haben. Die fraglichen Goldmünzen sind auch entgegen der Auffassung des Finanzgerichts nicht als "Edelmetall" anzusehen. Schon aus dem Sprachgebrauch ergibt sich, daß unter Edelmetall nur unverarbeitetes Material zu verstehen ist (übereinstimmend die Erläuterungsbücher zum Erbschaftsteuergesetz von Brecht, Anm. III 3 zu § 18; Model, 2. Auflage, 1955, Anm. 6 zu § 18; Stölzle, 2. Auflage, 1932, Anm. 264 zu § 22). Eine solche Verarbeitung findet aber durch die mit der Münzherstellung verknüpften Vorgänge statt (Herstellung der Legierung, Formenguß, Auswalzung zu Platten, Ausstanzen der Münzplättchen und schließlich eigentliche Münzprägung). Hiernach sind die außer Kurs gesetzten Goldmünzen nicht Edelmetall, sie fallen vielmehr allein unter "bewegliche körperliche Gegenstände".

Die Vorentscheidungen, die diese Rechtslage verkannt haben, sind aufzuheben. Der 5.000 DM nicht übersteigende Wert der Goldmünzen ist von der Erbschaftsteuer frei zu lassen und die Erbschaftsteuer demnach um (2 % von 5.000 DM =) 100 DM niedriger auf 50 DM festzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410460

BStBl III 1962, 312

BFHE 1963, 120

BFHE 75, 120

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