Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Für die Bewertung der bei den Spinnereien und Webereien am 21. Juni 1948 liegenden Stockpile-Wollen in der DM-Eröffnungsbilanz gelten die in der Entscheidung I 56/54 S vom 22. November 1955, Slg. Bd. 62 S. 85, BStBl 1956 III S. 34, für Importeure ausgesprochenen Grundsätze entsprechend.
Normenkette
DMBG § 20 Abs. 1; EStG §§ 5, 6/2
Tatbestand
Streitig ist die Bewertung von Stockpile-Wolle in der DM-Eröffnungsbilanz. Die Beschwerdegegnerin (Bgin.), die eine Tuchfabrik betreibt, hat diese Wollbestände unter Berufung auf § 20 Abs. 1 des D-Markbilanzgesetzes (DMBG), der die Bewertung der Vorräte zu den Wiederbeschaffungskosten am 31. August 1948 bzw. 31. August 1949 vorschreibt, mit 220 000 DM) bewertet. Grundlage der Bewertung waren die Wiederbeschaffungskosten für Import-Wolle im allgemeinen (Weltmarktpreise) am 31. August 1949, da diese niedriger waren als die nicht gebundenen Wiederbeschaffungskosten am 31. August 1948. Das Finanzamt hat nach den Ausführungen der Einspruchsentscheidung vom 22. Januar 1953 die Wolle wie folgt bewertet:
In der RM-Schlußbilanz der Firma seien die Wollen mit einem Durchschnittspreis von 4,05 RM je kg bewertet worden. In der DM-Eröffnungsbilanz habe die Firma eine Bewertung von 9,88 DM je kg vorgenommen. Das Finanzamt sei der Ansicht, daß bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der RM-Schlußbilanzwert im Verhältnis 1 : 1 übernommen werden müsse. Es kam auf diese Weise zu einem Gesamtbetrag für die DM-Eröffnungsbilanz von 90 000 DM und erhöhte den Gewinn für II/1948 und 1949 um den Unterschiedsbetrag von 130 000 DM.
Das Finanzgericht gab der Berufung statt und begründete dies im wesentlichen wie folgt:
Das Finanzamt gehe von der Ansicht aus, daß die Firma verpflichtet gewesen sei, nach der Währungsumstellung die Stockpile-Wollen mit den 1 : 1 umgestellten RM-Anschaffungskosten zu kalkulieren. Es sei deshalb zu prüfen, ob diese Verpflichtung, die im Rahmen des "Jedermann-Programms" gegeben gewesen sei, auf den 21. Juni 1948 zurückgewirkt habe. Die Verpflichtung sei die Firma am 1. Dezember 1948 eingegangen. Nach Ansicht des Finanzgerichts wirke diese Verpflichtungserklärung nicht zurück. Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten komme für die DM-Eröffnungsbilanz selbst dann nicht in Betracht, wenn die Bgin. nach den am 21. Juni 1948 objektiv gegebenen Umständen mit der Verpflichtungserklärung für das Jedermann-Programm schon habe rechnen müssen. Die von der Bgin. am 1. Dezember 1948 gegenüber öffentlichen Stellen und gegenüber den beteiligten Wirtschaftskreisen abgegebene Zusage, bei der Kalkulation ihrer Verkaufspreise für Jedermann-Tuche gewisse Grenzen einzuhalten, stelle keine echte Verbindlichkeit dar.
Für die Bewertung des Finanzamts könnte allerdings auch die Tatsache sprechen, daß nach der Währungsumstellung bei den Stockpile-Wollen noch ein gespaltener Markt neben dem freien Markt bestanden habe. Im Rahmen der Bevorratungsgenehmigung seien die Firmen in der Lage gewesen, Stockpile-Wolle zu einem niedrigeren Preis als dem Weltmarktpreis zum 21. Juni 1948 zu beziehen. Das Finanzgericht sei jedoch der Ansicht, daß im Rahmen der Bewertung nach § 20 Abs. 1 DMBG die Werte des freien Marktes allgemein anzusetzen seien, also auch in Fällen der vorliegenden Art.
Das Finanzgericht erkannte auf Grund dieser Würdigung die von der Firma vorgenommene Bewertung an.
Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts.
Er ist zunächst der Auffassung, daß das Finanzgericht die Vorgänge nicht ausreichend gewürdigt habe. Es liege folgender Tatbestand vor.
Aus den Wollimporten vor der Währungsreform sei eine bestimmte Menge für das besondere Bevorratungsprogramm (Stockpile-Programm) abgezweigt worden. Für diesen Teil habe die Wollwirtschaft von der Wolleinfuhr-Kontor-GmbH Bevorratungsgenehmigungen erhalten, die zum Einkauf beim Wollhandel berechtigten. Mit der Bevorratungsgenehmigung sei die Auflage verbunden gewesen, diese Wollen nicht eher in das Verarbeitungsprogramm aufzunehmen, als bis sie durch die Verwaltung für Wirtschaft freigegeben worden seien. Hinsichtlich der geldwirtschaftlichen Auseinandersetzung mit der JEIA und der Außenhandelskasse habe es sich für die Wollwirtschaft darum gehandelt, bei der JEIA die Anerkennung der RM-Zahlungen als gültige Zahlungen zu erreichen. Nach dem Rundschreiben Nr. 162 der Wolleinfuhr-Kontor-GmbH vom 25. September 1948 habe sich die JEIA, welche sich als Eigentümerin der oben genannten Wollen bis zur Freigabe betrachtet habe, nach langwierigen Verhandlungen bereiterklärt, die vor der Währungsumstellung geleisteten RM-Zahlungen als vollgültige Zahlungen unter der ausdrücklichen Bedingung anzuerkennen, daß die Wirtschaft sich verpflichte, dieses Material und die daraus hergestellten Fabrikate auf Grund der tatsächlichen Einstandspreise bis zum Konsumenten abfliessen zu lassen. Die Bedingungen der JEIA seien später dadurch erfüllt worden, daß die Bgin. am 1. Dezember 1948 gegenüber der Verwaltung für Wirtschaft die Verpflichtungserklärung abgegeben habe, daß sie die Stockpile-Wollen nur im Rahmen des Jedermann-Programms verwenden werde, wobei das Fertigprodukt auf der Grundlage der tatsächlichen Einstandspreise der Rohstoffe habe kalkuliert werden müssen. Wenn auch die Stockpile-Wollen keine besonderen Wollgattungen darstellten, so habe sich doch für diese Wollen ein besonderer Markt gebildet. Damit seien auch andere gewöhnliche Wiederbeschaffungskosten im Sinne des § 20 DMBG maßgebend, wie für die gleichen Wollarten, die ohne Bewirtschaftung und ohne Bedingungen hätten eingekauft werden können.
Das Finanzgericht habe dem Umstand, daß sich die JEIA als alleinige Einfuhrberechtigte vor der Währungsumstellung auch als Eigentümerin der Wolle bis zu ihrer Freigabe betrachtet habe, keine ausreichende Bedeutung beigelegt. Die JEIA sei seinerzeit die einzige Einrichtung gewesen, die Ein- und Ausfuhrgeschäfte habe durchführen können. Sie habe daher unbeschränkte Verfügungsmacht gehabt. Der deutsche Importeur sei lediglich übernehmer der Ware gewesen. Die Ausführungen des Finanzgerichts hinsichtlich des Urteils des Bundesfinanzhofs IV 119/52 S vom 16. April 1953 (Slg. Bd. 57 S. 496, Bundessteuerblatt - BStBl - 1953 III S. 192) könnten nicht für die Fälle gelten, in denen nach dem 21. Juni 1948 nebeneinander ein gebundener und ein freier Markt bestanden hätten und der gebundene Markt am 31. August 1949 nicht mehr vorhanden gewesen sei. Im Falle des Rohgummis sei der gebundene Markt durch den freien Markt abgelöst worden. Dagegen sei der Markt für Wolle am 21. Juni 1948 bereits grundsätzlich frei gewesen. Lediglich für die Wollen aus dem besonderen Stockpile-Programm habe eine Auflage bestanden, die nicht nur in einer Bewirtschaftung, sondern auch im Verwendungszweck bestanden habe. Für diese Wollen kämen nur die RM-Preise im Verhältnis 1 : 1 umgerechnet als Wiederbeschaffungskosten in Frage.
Demgegenüber macht die Bgin. folgendes geltend: Für die Zweckbestimmung des Stockpile-Programms seien lediglich fabrikatorische Gründe - nicht marktmäßige oder währungstechnische Gründe - maßgebend gewesen. Die wollverarbeitende Industrie habe mit Hilfe der Bevorratungsgenehmigung in die Lage versetzt werden sollen, ein Rohwollsortiment zu erhalten. Die Verarbeitungsgenehmigungen hätten den fabrikatorischen Zweck gehabt, das jeweilige Sortiment zu erhalten, sie seien nicht an Preisbindungen geknüpft gewesen. Solche Forderungen seien erst durch die Jedermann-Erklärung gestellt worden. Die JEIA sei nicht berechtigt gewesen, der wollverarbeitenden Industrie Auflagen zu erteilen. Die von der JEIA benutzten Druckmittel, ihre Wünsche gegenüber dem Wollhandel und der wollverarbeitenden Industrie durchzusetzen, seien unberechtigt gewesen. Die Bgin. habe deshalb auch die sogenannte "Königsteiner-Vereinbarung" nicht eingehalten, sondern erst nach Unterzeichnung der Jedermann-Erklärung den Unterschiedsbetrag zwischen dem kalkulierten Wollpreis und dem 1 : 1 umgestellten Wollpreis den betreffenden Abnehmern wieder gutgeschrieben. Die Jedermann-Erklärung könne nicht auf den 21. Juni 1948 zurückbezogen werden. Auch die Tatsache, daß das Eigentum an den Stockpile-Wollen am Bilanzstichtag umstritten gewesen sei, stehe dem Ansatz der Firma nicht entgegen. Wirtschaftlich habe sie sich als Eigentümerin betrachtet. In der Bilanz seien die Vermögensgegenstände ohne Rücksicht darauf zu bewerten, ob sich der Lieferant für diese Gegenstände das förmliche Eigentum zurückbehalten habe. Man könne auch nicht davon sprechen, daß ein besonderer Markt für Stockpile-Wollen nach der Währungsumstellung gegeben gewesen sei. Die Genehmigungen für Stockpile-Wollen hätten im Rahmen der gesamten von der Industrie beschafften Wollen nur einen verhältnismäßig geringen Bruchteil eingenommen. Bei der Firma seien auch nicht die Voraussetzungen gegeben gewesen, wie sie die Urteile des Bundesfinanzhofs I 56/54 S vom 22. November 1955 (Slg. Bd. 62 S. 85, BStBl 1956 III S. 34) und I 77/54 S vom 17. Januar 1956 (Slg. Bd. 62 S. 389, BStBl 1956 III S. 146) für die Bilanzierung zu den Anschaffungskosten aufstellten. Die wollverarbeitenden Betriebe seien in ihrer Kalkulation freier gestellt gewesen als die Wollimporteure.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Zu der Frage der Bewertung von Wolle in der DM-Eröffnungsbilanz hat der Senat eingehend bereits in den Entscheidungen I 62/53 U vom 30. Juli 1954 (Slg. Bd. 59 S. 252, BStBl 1954 III S. 310), I 56/54 S vom 22. November 1955 und I 77/54 S vom 17. Januar 1956 Stellung genommen. Es besteht keine Veranlassung, von den Grundsätzen dieser Entscheidungen abzugehen. Es muß deshalb zunächst geprüft werden, ob auch für Stockpile-Wolle bei den Tuchfabriken eine gleichartige Lage wie bei den Wollimporteuren bestanden hat, die Firmen also zu den Anschaffungskosten kalkulieren mußten, wie es in den oben mitgeteilten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zum Ausdruck kommt. Für diese Frage ergibt sich folgendes:
Wie auch von der Bgin. nicht bestritten wird, bestand für Wollimporteure eine Bindung durch die Anweisungen der JEIA. Die Maßnahme hatte den Zweck, ein rasches Ansteigen des Preisniveaus zu verhindern. Die Bindung hatte somit nur dann einen wirtschaftlichen Sinn, wenn die in der Kalkulation zu den Anschaffungskosten liegende Vergünstigung dem Verbraucher zugute kam. Keinesfalls sollte durch die Bindung der Importeure den Spinnereien und Webereien die Möglichkeit gegeben werden, höhere Gewinne zu machen. Bereits diese überlegung spricht dafür, daß die Bindung an die Anschaffungskosten auch für die Webereien gegeben war.
In dem Protokoll über die Sitzung des Verwaltungsrates der Wolleinfuhr-Kontor-GmbH Bremen am 26. und 27. Juli 1948 in Königstein wird unter anderem folgendes ausgeführt:
"Nach nochmaliger eingehender Diskussion des Für und Wider übernimmt es schließlich der Handel, seinen Firmen zu empfehlen, die noch in ihren Besitz befindlichen Mindener Skala-Wollen zum Einstandspreis in DM abzugeben. Die Industrie ihrerseits gibt die Erklärung ab, ihrerseits in den Kalkulationen keine höheren Preise als die Einstandspreise zugrunde zu legen".
Unbestritten waren die Webereien im Rahmen des Jedermann-Programms verpflichtet, zu den Einstandspreisen zu kalkulieren, wobei die RM-Anschaffungskosten 1 : 1 in DM umgerechnet worden sind. Die Verpflichtung hierzu hat die Firma unter dem 1. Dezember 1948 unterzeichnet. Die Industriefirmen mußten für die Belieferung mit Stockpile-Wolle nachfolgende Erklärung an die Wolleinfuhr-Kontor-GmbH in Bremen abgeben:
"Hierdurch verpflichte (n) ich (wir) mich (uns), alle Wollen, die unter der Bezeichnung "St. Wolle" geliefert werden, auf Basis des tatsächlichen Einstandspreises zu kalkulieren, um die daraus hergestellten Gespinste unter der Bezeichnung "St. Garn" nur an Abnehmer zu verkaufen und zu liefern, die mir (uns) gegenüber folgende Verpflichtungserklärung abgeben:
"Ich (wir) verpflichte (n) mich (uns) hiermit, die unter der Bezeichnung "St. Garn" zu liefernden Gespinste zum tatsächlichen Einstandspreis in die Kalkulation für die daraus herzustellenden Erzeugnisse einzusetzen und auch sonst eine den tatsächlichen Kosten angepaßte Kalkulation zugrunde zu legen. Ich (wir) werde (n) nur Waren herstellen, die nach den Vorschriften der Verwaltung für Wirtschaft hergestellt werden dürfen und diese Waren nur mit folgender Auflage verkaufen und liefern.
"Die aus dem "St. Garn" hergestellten Erzeugnisse müssen mit der Kennzeichnung "Jedermann-Ware" bzw. "Jedermannware St.", in den Verkauf gebracht werden. Die Verkaufspreise an den Endverbraucher müssen im Rahmen des jeweils geltenden Preisspiegels liegen. Diese Auflage ist bis zum Einzelhandel weiterzugeben".
Bezüglich der Innehaltung dieser Verpflichtung unterwerfe (n) ich (wir) mich (uns) freiwillig einer entsprechenden Nachprüfung und bin (sind) mir (uns) bewußt, daß ich (wir) bei Verstoß gegen diese freiwillig übernommene Verpflichtung mit weiteren Zuteilungen nicht zu rechnen und einen etwaigen Mehrerlös auf Grund verpflichtungswidriger Kalkulation an die Bank Deutscher Länder in D-Mark abzuführen habe (n)."
Wie bereits in der Darstellung des Finanzgerichts zum Ausdruck kommt, waren die Eigentumsverhältnisse der bei der Wirtschaft lagernden Stockpile-Wolle am 21. Juni 1948 umstritten. Die JEIA war der Ansicht, daß sie noch Eigentümerin der Wolle sei und es sich bei den in der RM-Zeit geleisteten Zahlungen lediglich um Anzahlungen gehandelt habe. Auf Grund von Verhandlungen mit der JEIA erklärte sich die JEIA bereit, die RM-Anzahlungen 1 : 1 umgerechnet in DM anzuerkennen. Sie forderte aber gleichzeitig die Kalkulation zu den Anschaffungskosten. In einem Rundschreiben der Wolleinfuhr-Kontor-GmbH vom 23. November 1948 Nr. 177 wird folgendes ausgeführt:
"Wir nehmen Bezug auf unsere Rundschreiben Nr. 161 und teilen mit, daß die JEIA, welche sich bekanntlich als Eigentümerin der Stockpile-Wollen bis zu deren Freigabe betrachtet, sich nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen nun endlich bereit erklärt hat, die damals geleisteten RM-Zahlungen als vollgültige Zahlungen anzuerkennen und die Freigabe der Stockpile-Wollen veranlaßt hat.
Allerdings knüpft die JEIA hieran die ausdrückliche Bedingung, daß die Stockpile-Wollen und die daraus hergestellten Halb- und Fertigfabrikate auf Grund der tatsächlichen Einstandspreise (Mindener Basis) bis an den Konsumenten abfliessen. Zur Gewähr hierfür verlangt die JEIA, daß sowohl Wollhandel als auch Wollindustrie für die bezogenen Stockpile-Wollen Verpflichtungserklärungen abgeben, deren Fassung für die Firmen des Wollhandels laut beigefügtem Muster von der JEIA in Zusammenarbeit mit der Verwaltung für Wirtschaft festgelegt worden ist.
Die Firmen des Wollhandels sollen die Verpflichtungserklärungen für die bezogenen und zu beziehenden Stockpile-Wollen an das Wolleinfuhr-Kontor einsenden. Aus der weiter beigefügten Liste sind die WEK-Referenznummern aller Stockpile-Partien zu ersehen".
"Für die Firmen der Wollindustrie sind seitens der JEIA Verpflichtungserklärungen in ähnlicher Form festgelegt worden, die wir von den Industriefirmen direkt verlangen".
Im wesentlichen gleichartige Grundsätze enthält ein an die Firmen der Wollindustrie gerichtetes Rundschreiben der Wolleinfuhr-Kontor-GmbH Nr. 162 vom 25. September 1948, das von der Bgin. in der mündlichen Verhandlung beim Bundesfinanzhof überreicht worden ist.
Ein Rundschreiben der Arbeitsgemeinschaft des Wollhandels Nr. 28 vom 26. Januar 1949 weist ebenfalls darauf hin, daß auf Initiative des Wolleinfuhr-Kontors in Zusammenarbeit mit der JEIA und der Verwaltung für Wirtschaft eine Verpflichtungserklärung formuliert worden ist, mit welcher Wollimporteure und Wollindustrielle sich ausdrücklich verpflichten, Rohwollen und Halbfabrikate aus dieser durch die JEIA blockierten Rohstoffmenge zum Einstandspreis in ihre Kalkulationsrechnung aufzunehmen. In einem Schreiben der Verwaltung für Wirtschaft vom 26. April 1949 an die JEIA wird ausgeführt, daß die Verwaltung beabsichtige, das erstrebte Ziel einer möglichst billigen Abgabe der Erzeugnisse aus Stockpile-Wolle an die Bevölkerung mit Hilfe des Gesetzes gegen die Preistreiberei vom 28. Januar 1949 durchzusetzen.
Aus diesen Unterlagen ergibt sich, daß die von den Webereien abgegebene Verpflichtung, auf der Grundlage der Anschaffungskosten zu kalkulieren, sich zwangsläufig aus den Maßnahmen der JEIA ergeben hat. Die wirtschaftliche Lage war nicht anders wie bei den Wollimporteuren. Es mag zutreffen, daß die überwachung bei den Spinnereien und Webereien geringer war als bei den Importeuren. Das kann aber nicht dazu führen, für die Bewertung der Wolle in der DM-Eröffnungsbilanz von anderen Grundsätzen wie bei den Importeuren auszugehen. Ausdrücklich sei bemerkt, daß Gegenstand des Streitverfahrens lediglich die Bewertung von Stockpile-Wolle ist. Ob bei den übrigen Wollen die Lage anders geartet ist, braucht im gegenwärtigen Verfahren nicht entschieden zu werden.
Auch aus dem Wesen der Stockpile-Wolle ergeben sich die oben dargestellten Grundsätze. Stockpile-Wolle war Wolle, die nur auf Grund besonderer Genehmigungen an die Wirtschaft abgegeben worden ist. Es muß davon ausgegangen werden, daß bei dieser Wolle nicht nur die Art der Verwendung, sondern auch die Preisgestaltung durch die JEIA bestimmt werden sollte.
Es ergibt sich somit, daß auch die Stockpile-Wolle in der DM-Eröffnungsbilanz im Ergebnis zu den Anschaffungskosten der RM-Zeit, umgerechnet 1 Reichsmark gleich 1 D-Mark, zu bewerten ist. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob in der Bilanz auf der Aktivseite die freien Weltmarktpreise am 31. August 1949 eingesetzt werden und ihnen ein Passivposten in einer Höhe gegenüber gestellt wird, der im Ergebnis zu den Anschaffungskosten für die Stockpile-Wolle führt, oder ob der Ausgleich bereits auf der Aktivseite der Bilanz vorgenommen wird.
Unter diesen Verhältnissen braucht auf die vom Finanzgericht behandelte Frage, ob als Wiederbeschaffungskosten im Sinne des § 20 DMBG die Preise für freie Wolle oder für Stockpile-Wolle anzusetzen sind, nicht eingegangen zu werden. Dem Finanzamt ist aber darin beizupflichten, daß es mit den Bestimmungen des DMBG schwer vereinbar ist, daß die nach der Währungsumstellung gekaufte Stockpile-Wolle niedriger eingesetzt wird in der Bilanz als die am 21. Juni 1948 bereits vorhandene Stockpile-Wolle.
Da das Finanzgericht von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, muß die Vorentscheidung aufgehoben werden. Es erscheint zweckmäßig, die Sache zur Durchführung der einheitlichen Gewinnfeststellung nach den oben dargestellten Grundsätzen im Einspruchsverfahren an das Finanzamt zurückzugeben.
Fundstellen
Haufe-Index 408631 |
BStBl III 1957, 46 |
BFHE 1957, 116 |
BFHE 64, 116 |
BB 1957, 174 |
DB 1957, 154 |