Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei Bewertung von Gegenständen des Vorratsvermögens nach § 20 DMBG sind rechtliche Bindungen und Mängel (Preisbindungen, Beschlagnahme, umstrittenes Eigentum) in gleicher Weise wie auf tatsächlichem Gebiet liegende Mängel zu berücksichtigen.
Bei der Bewertung von Baumwolle, die einer Spinnerei für Exportaufträge zugewiesen worden ist, muß die durch die JEIA vorgeschriebene Bindung hinsichtlich der Kalkulation in der DM-Eröffnungsbilanz berücksichtigt werden.
Die im September 1949 durchgeführte änderung des Umrechnungskurses der DM zum US-Dollar kann für die Berechnung der Wiederbeschaffungskosten zum 31. August 1949 nach § 20 DMBG von Bedeutung sein.
Normenkette
DMBG § 20 Abs. 1; EStG §§ 5, 6/2
Tatbestand
Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) betreibt eine Baumwollspinnerei. Streitig sind Bilanzansätze in der DM-Eröffnungsbilanz (DMEB):
eine Rückstellung für noch zu erfüllende Kontrakte,
der für die Berechnung der Wiederbeschaffungskosten der Baumwollvorräte anzuwendende Dollarumrechnungskurs.
Kontraktrückstellung Auf Grund einer Betriebsprüfung hat das Finanzamt eine Rückstellung in der DMEB in Höhe von 76 300 DM vorgenommen, die auf folgenden Sachverhalt beruht: Im Zeitpunkt der Währungsreform bestanden Verpflichtungen der Bgin. zur Lieferung von Garnen an Webereien. Diese Verträge beruhten auf den Preisen von 1,28 RM je kg Baumwolle. Alle Verträge enthielten den Vorbehalt: "Verkäufer ist berechtigt, den am Tage der Lieferung gültigen genehmigten Inlandspreis in Rechnung zu stellen". Trotz dieser Vorbehalte hat die Bgin. in der DM-Zeit, in der die DM-Baumwollpreise erheblich über den RM-Preisen lagen, die Garne zu DM-Preisen geliefert, die nominal den RM-Preisen entsprachen, soweit die Webereien die Garne zu Geweben benötigten, die auf Grund von vor der Währungsreform auf Dollarbasis abgeschlossenen Exportaufträgen ausgeführt werden mußten. Das Finanzamt war der Auffassung, daß sich der Unterschied, der sich aus der Bewertung der Baumwolle in der DMEB mit den Wiederbeschaffungspreisen vom 31. August 1949 und den darunter liegenden tatsächlichen Verkaufspreisen ergibt, nicht als Verlust auswirken dürfe. Es hat daher in Höhe des Unterschiedsbetrages die obige Rückstellung vorgenommen.
Im Berufungsverfahren trug das Finanzamt in tatsächlicher Beziehung noch vor, daß alle von der Betriebsprüfung geprüften Spinnereien trotz der Vorbehaltsklausel die Garne zu RM-Preisen geliefert hätten, soweit die Webereien die Garne zu Exportzwecken benötigt hätten. Daraus sei zu schließen, daß in diesem Falle die Vorbehaltsklausel keine Bedeutung gehabt habe und die Bgin. zur Lieferung der Garne zu den RM-Preisen verpflichtet gewesen sei.
Das Finanzgericht sah die Berufung in diesem Punkt für begründet an und führte u. a. folgendes aus:
Es sei unbestritten, daß alle von der Bgin. vor der Währungsreform abgeschlossenen Verträge die Vorbehaltsklausel, den am Tage der Lieferung gültigen Inlandspreis in Rechnung stellen zu dürfen, enthalten hätten. Die Bgin. sei deshalb berechtigt gewesen, in der DM-Zeit höhere Verkaufspreise zu nehmen, sie habe aber aus gewichtigen im einzelnen hier nicht interessierenden Gründen auf eine Preiserhöhung verzichtet. Auch der Umstand, daß andere Spinnereien trotz der Preisvorbehaltsklausel nach der Währungsreform zu den niedrigeren RM-Preisen Garne geliefert hätten, berechtigte nicht zu der Annahme, daß am 21. Juni 1948 eine dahingehende Verpflichtung bestanden habe. Es könne daraus vielmehr nur entnommen werden, daß auch die übrigen Spinnereien ähnliche überlegungen wie die Bgin. angestellt hätten, weswegen sie auf eine Preiserhöhung verzichtet hätten.
Das Finanzamt sei der Ansicht, daß, wenn auch am 21. Juni 1948 keine vertragliche Verpflichtung bestanden habe, so doch eine in der DM-Zeit freiwillig übernommene Verpflichtung zur Lieferung zu den billigen RM-Preisen zu bejahen sei. Dieser Einwand gehe fehl, da es sich um Umstände handle, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten seien und am Bilanzstichtag noch nicht voraussehbar gewesen seien. Sie könnten daher in der DMEB keine Berücksichtigung finden.
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts führt aus:
Das Finanzgericht gehe zu Unrecht davon aus, daß es sich bei den hier gegebenen Verhältnissen um Umstände handle, die erst nach dem Bilanzstichtag (21. Juni 1948) eingetreten seien. Da die in der DMEB bilanzierten Werte der Firma nicht die tatsächlichen Anschaffungskosten dieser Vorräte seien, sondern die auf Grund gesetzlicher Bestimmungen für frei verfügbare Waren zulässigen Werte, weise die Firma keine tatsächlichen Verluste sondern Scheinverluste aus. Infolge der Umbewertung trete an Stelle des RM-Anschaffungspreises von 1,28 RM pro kg Baumwolle ein DMEB-Wert von 3,19 DM. Der Garnpreis pro kg sei unverändert 2,57 RM = DM geblieben.
Unzutreffend habe das Finanzgericht auch die Vorbehaltsklausel gewürdigt. Sie habe in der RM-Zeit nur theoretische Bedeutung gehabt, weil der Einkaufspreis (Verrechnungspreis) für Baumwolle von der Militärregierung festgelegt worden sei. Ohne behördliche Zustimmung hätten die Garnpreise, die dem gesetzlichen Preisstopp von 1936 unterlegen hätten, nicht geändert werden dürfen. Sie seien auch in der Zeit von 1945 bis 1948 nicht geändert worden.
Für die Exportlieferung habe die Vorbehaltsklausel keinerlei Bedeutung gehabt, weil die ausländischen Kunden (fast ausschließlich englische Firmen) mit den exportierenden Unternehmen (zumeist Webereien) Kontrakte nach eigenen englischen Mustern abgeschlossen hätten. Diese englischen Kontrakte hätten über einen Festpreis pro yard oder Meter in englischer Währung gelautet. Nach Genehmigung des Ausfuhrkontraktes durch die JEIA habe das Verwaltungsamt für Wirtschaft dem Weber die erforderliche Menge Gespinste unter Kontingentnummer zugeteilt. Die gleiche Kontingentnummer habe der das Garn liefernde Spinnereibetrieb erhalten. Der Spinnerei sei auf Grund der Kontingentnummer bekannt gewesen, daß es sich um einen Exportauftrag gehandelt habe, den der Weber zum Festpreis würde ausführen müssen. Ihr sei ferner bekannt gewesen, daß sie das Garn zum Festpreis würde liefern müssen, trotz der im formularmäßigen Garnkontrakt enthaltenen Vorbehaltsklausel. Die Verpflichtung zur Lieferung zu alten RM-Preisen sei für die hier in Rede stehenden Kontrakte unbestreitbar.
Nach den Feststellungen des Betriebsprüfungsdienstes der Oberfinanzdirektion sei nur in einem Ausnahmefalle auf Grund besonderer Verhältnisse in der DM-Zeit ein höherer Preis bewilligt worden.
Diese Auffassung entspreche auch den Ausführungen in dem Kommentar von Schmölder-Gessler-Merkle in der Anmerkung 21 zu § 20 des D-Markbilanzgesetzes (DMBG). Hiernach seien die Firmen verpflichtet, bei den bereits laufenden Kontrakten in Höhe des zu erwartenden Verlustes eine entsprechende Rückstellung in die DMEB einzustellen. Der niedere Verkaufspreis beruhe nicht auf Freiwilligkeit, sondern auf besonderen gesetzlichen Bestimmungen.
Im § 7 Ziff. 6 der Anordnung über Preisbildung und Preisüberwachung nach der Währungsreform vom 25. Juni 1948 sei bestimmt, daß die Preisvorschriften, die für eingeführte oder auszuführende Waren oder Leistungen gelten, von den Vorschriften dieser Anordnung unberührt und somit weiterhin in Kraft blieben.
Durch die Durchführungsanordnung PR 70 a/48 vom 23. Juli 1948 sei klargestellt, daß für alle Exportlieferungen auf Grund eines vor dem 25. Juli 1948 genehmigten Vertrages der am 6. Juli 1948 gesetzlich zulässige Inlandspreis als Höchstpreis gelte. Somit seien alle vor dem 25. Juli 1948 genehmigten Ausfuhrkontrakte nach der bisherigen Baumwollpreis-Anordnung zu kalkulieren. Die Rohstoffe dürften nur mit den tatsächlichen Einstandspreisen (RM = DM) angesetzt werden.
Diese Anordnungen würden auch für die Garnlieferungen der Spinnereien gelten. Die Kontingentnummer des Verwaltungsamtes für Wirtschaft habe nicht nur zur mengenmäßigen Abrechnung der Rohmaterialzuteilungen gedient, sie habe gleichzeitig den Spinnereibetrieb informiert, daß es sich um Exportaufträge handelte, bei welchen die besonderen Preisvorschriften zu beachten waren. Das zur überwachung der Preisbestimmungen vorgeschriebene Verfahren sei in Anordnungen der JEIA und in "Mitteilungen der Gemeinsamen Außenhandelskasse in Frankfurt an alle Außenhandelsbanken" geregelt. Laut Mitteilung Nr. 19 habe der Exporteur folgende Erklärung auf der Ausfuhrzahlungsbescheinigung gehabt. " Der obengenannten Lieferung liegt ein Vertrag zugrunde, der vor dem 25. 7. 1948 von der JEIA genehmigt worden ist. Die berechneten DM-Preise und die aufgeführten zusätzlichen Kosten entsprechen den am 6. 7. 1948 in Kraft gewesenen deutschen gesetzlichen Preisvorschriften".
Außerdem hätte der vom Exporteur berechnete Preis der Bestätigung durch das Außenhandelskontor des jeweils zuständigen Landwirtschaftsministeriums bedurft. Diese Bestätigung sei ebenfalls auf der Ausfuhrzahlungsbescheinigung abzugeben gewesen.
Des weiteren habe der Fachverband Baumwollspinnerei seine Mitgliedsfirmen durch mehrere Rundschreiben im Juli 1948 auf diese Tatsache hingewiesen.
Die Textilindustrie habe sich zwar in langwierigen Verhandlungen um eine Abänderung dieser Bestimmungen bemüht. Die Bemühungen seien jedoch gescheitert; ihre Anträge seien im Mai 1949 durch die Allied Bank Commission abgelehnt worden.
Das Urteil des Finanzgerichts gehe somit von einem nicht richtig ermittelten Tatbestand aus.
Bei der Bgin. seien am 31. Juni 1948 rund 110 000 kg Rohbaumwolle vorrätig gewesen. Zur Erfüllung der Kontraktverpflichtungen seien nach dem Betriebsprüfungsbericht 55 700 kg Baumwolle erforderlich gewesen.
Die Steuerpflichtige (Stpfl.) gibt zu, daß die Preise der Exporteure nach der Währungsreform nicht allgemein auf Grund der Wiederbeschaffungskosten berechnet worden seien, sondern daß durch die Anordnung PR Nr. 70 a/48 zur Durchführung der Anordnung PR 70/48 über die Preisbildung im Außenhandel vom 23. Juli 1948 gewisse Einschränkungen gemacht worden seien. Es sei jedoch zu beachten, daß die Firma keine Waren in das Ausland geliefert habe, sondern nur Garn an die Hersteller der ausgeführten Ware. Zu entscheiden sei somit, ob die Firma als Unterlieferantin durch die gesetzlichen Vorschriften gebunden gewesen sei, bei ihren Garnlieferungen aus allen Verträgen niedrigere Preise zu berechnen, als sie nach dem Weltmarktpreis für Baumwolle in Frage gekommen seien.
Im Rechtsbeschwerdeverfahren hat die Bgin. noch ausgeführt, daß der deutsche Exporteur seine Waren zum Devisenfestpreis verkauft habe und demgemäß auf Grund der nach der Währungsreform günstigeren Dollar- bzw. Lire-Umrechnung einen höheren DM-Preis erzielt habe. Er sei also sehr gut in der Lage gewesen, auch die Garne bzw. Gewebe, welche er gekauft habe, entsprechend höher zu bezahlen. Hierzu hat der Vorsteher des Finanzamts darauf hingewiesen, daß die Kurse bzw. Preise betragen haben:
---------------------- bis 20. Juni 1948 ab 21. Juni 1948 1 US-Dollar --------------- 2,50 RM --------- 3,337 DM 1 Pfund ------------------- 9,90 RM -------- 13,43 DM Kg-Preis amerikanischer Baumwolle ----------------- 1,27 RM --------- 3,29 DM Verkaufspreis pro kg Garn Nm 34 ------------- 2,75 RM --------- 5,25 DMDie Steigerung der Warenpreise sei somit größer als die Kurssteigerung der Valuten. Die Frage brauche jedoch nicht näher untersucht zu werden, weil die höheren Preise von den Spinnereien tatsächlich nicht berechnet worden seien.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Der Senat hat zu dem Rechtsproblem in der Entscheidung I 56/54 S vom 22. November 1955 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1956 III S. 34) Stellung genommen. Insbesondere ist dort im einzelnen dargestellt, daß die JEIA als Organ der Militärregierung öffentliche Funktionen hatte, daß ihre allgemeinen Anweisungen Rechtsvorschriften im formellen wie im materiellen Sinn waren, und daß ihre besonderen Anweisungen für die in Betracht kommenden Personenkreise rechtlich bindend waren. Auch im vorliegenden Falle bleibt zu beachten, daß die JEICA vor und insbesondere nach der Währungsreform bestimmte Aufgaben der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes übertragen hatte, daß sich aber die Besatzungsbehörden über die JEIA die letzten wichtigsten Entscheidungen in allen Außenhandelsangelegenheiten immer noch vorbehalten hatten.
Außer den im obigen Urteil bereits genannten Preisbestimmungen ist für den vorliegenden Fall noch die vom Finanzamt und von der Bgin. erwähnte Anordnung PR Nr. 70a/48 zur Durchführung der Anordnung PR Nr. 70/48 über die Preisbildung im Außenhandel (Gesetzlicher Preis für Ausfuhrwaren) vom 23. Juli 1948 (Mitteilungsblatt der Verwaltung für Wirtschaft Teil II S.120) von Bedeutung. Nach § 1 dieser Anordnung gilt bei der Abrechnung mit der Bank deutscher Länder (gemeinsame Außenhandelskasse) für alle Waren, die in der Zeit vom 7. Juli bis 25. Juli 1948 in das Ausland geliefert sind, der am 6. Juli 1948 zulässige Preis als der im Zeitpunkt der Lieferung zulässige Inlandspreis i. S. der Anordnung PR Nr. 45/47 vom 3. Juni 1947 (Mitteilungsblatt des Verwaltungsamtes für Wirtschaft S. 172). Das gleiche gilt für alle vor dem 1. November 1948 in das Ausland gelieferten Waren, wenn die Lieferung auf Grund eines vor dem 25. Juli 1948 genehmigten Vertrages erfolgt.
Hiernach kommt dem Preis nach dem Stande vom 6. Juli 1948, d. h. einem Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten der Anordnung PR Nr. 71/48 für Preisbildung und Preisüberwachung nach der Währungsreform vom 25. Juni 1948 (Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes - WiGBl - 1948 S.61), wesentliche Bedeutung zu. Das ergibt sich auch aus Rundschreiben des Fachverbandes Baumwollspinnerei. Im Rundschreiben Nr. 18/48 vom 17. Juli 1948 heißt es u. a.:
"Nach Mitteilung aus Frankfurt sind nach neuerlicher Anweisung der JEIA die Exportkontrakte, die vor dem 20. 6. 1948 abgeschlossen sind, und die vor dem 1. 11. 1948 ausgeliefert werden, entsprechend JEIA-Anweisung 1 abzurechnen, d. h. entsprechend den bisherigen Vorschriften der Preisanordnungen für die Spinnerei und Weberei. Das bedeutet weiter, daß die Preisberechnung in der Spinnerei unter Zugrundelegung der für den betr. Kontrakt tatsächlich bezahlen Rohbaumwollpreise zu erfolgen hat, der Weltmarktpreis also nur dann zugrunde gelegt werden darf, wenn er tatsächlich gezahlt ist".
Im Rundschreiben Nr. 19/48 vom 29. Juli 1948 betreffend Preisvorschriften wird u. a. ausgeführt:
"Unverändert in Kraft bleiben ...... die Preisvorschriften, die für eingeführte - oder auszuführende Waren und Leistungen gelten ...".
Des weiteren wird in den Rundschreiben Nr. 26/48 und Nr. 27/48 vom 9. und 11. August 1948 über Abrechnung für Exportverträge, die bis zum 25. Juli 1948 genehmigt wurden, ausgeführt:
"Damit ist klargestellt, daß diese Exporte zum gesetzlich gültigen Preis vom 6. 7. 1948 abzurechnen sind. Da die VO über die Nichtanwendbarkeit des Preisstopps am 7. 7. 1948 verkündet und damit erst an diesem Tage in Kraft getreten ist, bedeutet vorstehende Regelung, daß alle bis zum 25. 7. 1948 genehmigten Exportverträge nach der BP A zu kalkulieren sind"...
"Für die Abrechnung der vor dem 25. 7. 1948 genehmigten Exportkontrakte gelten also die Anordnungen PR Nr. 45/47, PR Nr. 70/48 und PR Nr. 70a/48. Außerdem hat der Exporteur in der Ausfuhrzahlungsbescheinigung folgende Erklärung abzugeben: ...." (Der Wortlaut dieser Erklärung entspricht der Erklärung der Mitteilung Nr. 19 der gemeinsamen Außenhandelskasse vom 31. Juli 1948, die oben wiedergegeben ist).
Hieraus ergibt sich, daß die Spinnereien seinerzeit nicht die Absicht hatten, freiwillig auf der Grundlage ihrer Anschaffungskosten (1 RM = 1 DM) zu kalkulieren, sondern daß sie der Auffassung waren, auf Grund der gegebenen Verhältnisse hierzu gezwungen zu sein. Es mag zutreffen, daß bei vielen Wirtschaftszweigen die erst anfangs Juli verkündeten Verordnungen über die Preisregelung mit Wirkung vom 21. Juli 1948 tatsächlich angewendet worden sind. Für die Ausfuhren hat aber der Verordnungsgeber und insbesondere auch die JEIA der Tatsache wesentliche Bedeutung beigemessen, daß bis zum 6. Juli 1948 formal betrachtet der alte Rechtszustand der RM-Zeit noch weiter gegolten hat. Dies kommt in der Verordnung Nr. 70a klar zum Ausdruck. Des weiteren hat die JEIA die Kalkulation der bis zum 25. Juli 1948 genehmigten Exportverträge auf der Grundlage des alten Rechtes ausdrücklich gefordert. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Rechtslage nach dem formalen Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen nicht eindeutig gewesen ist, so ergibt sich, daß nach Anweisungen der JEIA, gegebenenfalls über deutsche Dienststellen, die Spinnereien zu der von ihnen tatsächlich befolgten Kalkulation sich verpflichtet geglaubt haben. Dieser Tatbestand muß der rechtlichen Würdigung zugrunde gelegt werden. Jedenfalls ist die seinerzeit allgemein angenommene Verpflichtung, die die frei Kalkulation nach den Weltmarktpreisen verwehrte, bilanzmäßig zu berücksichtigen. Es handelt sich hier nicht um Vorgänge nach der Währungsumstellung, sondern um den am 21. Juni 1948 bereits gegebenen Tatbestand, der, wie dies die Verhältnisse der Währungsumstellung notwendig machten, erst in den Wochen nach der Umstellung seine Klärung durch die neu erlassenen gesetzlichen Vorschriften und die Anweisungen der JEIA bzw. der ihr untergeordneten deutschen Dienststellen gefunden hat. Die Rechtslage deckt sich im wesentlichen mit dem Rechtsproblem der Entscheidung I 56/54 S vom 22. November 1955.
Die von der Bgin. angeschnittene Frage, ob die Unterlieferanten ebenfalls unter die Preisbindung gefallen sind, wurde jedenfalls in II/1948 und 1949 in der allgemeinen Auffassung, insbesondere von der JEIA bejaht. Daß vor der Währungsumstellung auf Grund der allgemeinen Bestimmungen hinsichtlich des Preisstopps die Bindung vorlag, bedarf keiner größeren Ausführungen. Nach der Währungsumstellung ist die Bindung für die Inlandsmärkte allmählich gelockert und später ganz aufgehoben worden. Für die vor dem 25. Juli 1948 von der JEIA genehmigten Ausfuhren war dies nicht der Fall. Nur den formalen Ausführer selbst der Preisbindung zu unterwerfen, wäre wenig sinnvoll gewesen, da auf diese Weise das Ziel, dem Exporteur die Einhaltung des mit dem Ausländer vereinbarten Preises zu ermöglichen, vielfach nicht erreichbar gewesen wäre. Dem tatsächlichen Zustand war auf Grund der Anweisungen der JEIA wesentlich, daß die Spinnereien allgemein ihre Preisbindung für Unterlieferungen angenommen haben. Dem steht nicht entgegen, daß in Ausnahmefällen auf Grund einer besonderen Genehmigung die Bindung gelockert oder beseitigt worden ist. Der Bilanz zum 21. Juni 1948 müssen die am Bilanzstichtag tatsächlich gegebenen Verhältnisse zugrunde gelegt werden. Der Vorbehalt in den Verträgen kam als Folge der gesetzlichen Bestimmungen und der Anweisungen der JEIA nicht zur Wirkung.
Der in der Literatur teilweise vertretenen Ansicht (siehe Spitaler, Finanz-Rundschau 1955 S. 100), die sich auch die Bgin. zu eigen macht, die rechtlichen Bedingungen, an die die Ware bei der Veräußerung gebunden ist, sei im Rahmen des § 20 DMBG ohne Bedeutung, kann nicht gefolgt werden. Dies hat auch der IV. Senat des Bundesfinanzhofs in der zur DMEB ergangenen Entscheidung IV 119/52 S vom 16. April 1953 (Slg. Bd. 57 S.496, BStBl III S.192) ausgesprochen. "Es trifft wohl zu, daß bewirtschaftete Waren den auf dem freien Markt käuflichen Waren nicht ohne weiteres gleichgestellt werden können, wie in dem Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs IV (VI) D 1/48 S vom 23. März 1948, Steuerrechtsprechung in Karteiform (StRK) Einkommensteuergesetz § 4 Rechtsspruch 2, im einzelnen dargestellt ist". Wirtschaftsgüter, die beschlagnahmt sind, können nicht mit dem Betrag der freien Güter in der Bilanz angesetzt werden, auch wenn die Möglichkeit der Freigabe besteht. Gerade mit Rücksicht hierauf wurde die Sonderbestimmung des § 47 DMBG geschaffen. Waren, deren rechtliches Eigentum umstritten ist, da sie möglicherweise unter rechtlich nicht einwandfreien Verhältnissen erworben worden sind, können bei ihrer Bewertung nicht der ordnungsgemäß erworbenen Ware gleichgesetzt werden. Umstände, die den Wert der Ware mindern, müssen ohne Rücksicht darauf, ob sie auf tatsächlichem oder rechtlichem Gebiet liegen, bei der Bewertung berücksichtigt werden. Die freie Ware am 31. August 1949 ist mit der preisgebundenen Ware ebensowenig gleichartig, wie die mit minderwertigen Bestandteilen in der Zeit vor der Währungsumstellung hergestellten Waren mit am 31. August 1949 gehandelten einwandfreien Waren. Es fehlt an der wirtschaftlichen Identität. Gleichartige Erwägungen haben in der Entscheidung I 36/54 U vom 7. September / 7. Dezember 1954 (Slg. Bd. 60 S.92, BStBl 1955 III S.37) dazu geführt, bei Tabakwaren die erhöhte Tabaksteuer nicht im Bilanzwert der DMEB zu berücksichtigen. Umgekehrt hat dies dazu gezwungen, bei der Bewertung von Gütern des Anlagevermögens die Gefahr der Demontage zu berücksichtigen (Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 95/52 U vom 9. September 1952 - Slg. Bd. 56 S.708, BStBl III S. 271 -). Diese Grundsätze, die zu den wesentlichen Grundgedanken des Handelsrechts und der ordnungsgemäßen Buchführung gehören, beherrschen, wie bereits in den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs I 62/53 U vom 30. Juli 1954 (Slg. Bd. 59 S.252, BStBl III S. 310) und I 56/54 S vom 22. November 1955 ausgesprochen worden ist, auch das DMBG. Es handelt sich bei dieser Rechtsprechung nicht um eine Rechtsprechung gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes, wie in dem oben mitgeteilten Aufsatz angenommen wird, sondern um Anwendung der allgemeinen Bilanzierungsbestimmungen des Handels- und Steuerrechts, einschließlich der Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung. Es war nie zweifelhaft, daß bei Bewertung von Betriebsvermögensgegenständen der Zustand dieser Gegenstände, soweit er auf tatsächlichem oder rechtlichem Gebiet liegt, berücksichtigt werden muß. Der Begriff "Vorräte" i. S. des § 20 DMBG erfaßt das Wirtschaftsgut in seinem tatsächlichen Zustand und unter Berücksichtigung der rechtlichen Bedingungen, unter denen es gehandelt werden kann.
Im übrigen wäre es auch mit dem Gläubigerschutz, dem im Handelsrecht, zu dem auch das DMBG gehört, die Vorschriften über die Buchführung und die Bilanzierung bevorzugt dienen, unvergleichbar, in der DMEB nicht vorhandene Werte auszuweisen, und durch ein wesentlich überhöhtes Kapital bzw. überhöhtes Vermögen Dritte irre zu führen.
Die Vorentscheidung, die dies verkannt hat, muß aufgehoben werden. Da für die Höhe der Rückstellung die unter Ziff. 2 behandelte Frage wesentlich ist, die hier nicht endgültig entschieden werden kann, wird die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Die Stpfl. hat im Rechtsbeschwerdeverfahren geltend gemacht, im sogenannten Anhängeverfahren seien innerhalb bestimmter Grenzen in weiterem Umfange die oben dargestellten Vorschriften über die Kalkulation gelockert worden. Sofern diese Lockerung auch bei der Bgin. in beachtlichem Umfange vorgenommen worden ist oder allgemein bei den Spinnereien für die hier Frage kommenden Exportaufträge (Genehmigungen vor dem 25. Juli 1948) in erheblichem Umfange zugelassen wurde, wäre sie bei der Rückstellung zu berücksichtigen. Nach dem Vorbringen des Finanzamts im Rechtsbeschwerdeverfahren soll es sich aber nur um Ausnahmen handeln, wie bereits oben ausgeführt worden ist. Es scheint insbesondere die Stpfl. nicht davon berührt worden zu sein.
II. Bewertung DER Baumwollvorräte in DER DMEB - Dollarumrechnungskurs.
Dem Streit liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die bei der Bgin. am 21. Juni 1948 liegende Baumwolle wurde aus den USA bezogen. Die Verträge wurden auf Dollarbasis abgeschlossen. Die deutschen Importeure mußten nach erfolgtem Kaufabschluß den Gegenwert in DM bei der Bank deutscher Länder einzahlen. Eine Befreiung von der Schuld trat aber erst mit der Gutschrift für den Lieferanten bei der Bank in Washington ein. Maßgebend war der Umrechnungskurs des Dollar am Tage der Gutschrift. Bis zum 18. September 1949 galt ein Umrechnungskurs von 3,337 DM für einen Dollar. An diesem Tage wurde der Dollarkurs infolge der Abwertung des englischen Pfunds auf 4,205 DM festgesetzt. Von der Bank in Washington wurde jedoch noch bis zum 30. September 1949 der bisherige Umrechnungskurs von 3,337 DM gewährt. Nach der Darstellung der Bgin. soll für alle nach dem 20. August 1949 abgeschlossenen Baumwollkontrakte der Preis nach einem Umrechnungskurs von 4,205 DM berechnet worden sein. Sie vertrat daher die Auffassung, daß dieser Umrechnungskurs bei der Bewertung von Baumwollvorräten am DMEB-Stichtag gemäß § 20 DMBG, nach dem die am 31. August 1949 bzw. 31. August 1948 geltenden gewöhnlichen Wiederbeschaffungskosten zu Grunde zu legen sind, maßgebend sei. Da bei einem Dollarkurs von 4,205 DM am 31. August 1949 die Wiederbeschaffungskosten an diesem Stichtag höher sind als am 31. August 1948, hat sie ihre Baumwollvorräte nach den am 31. August 1948 geltenden gewöhnlichen Wiederbeschaffungskosten bewertet. Das Finanzamt war dagegen der Auffassung, daß der am 31. August 1949 geltende Umrechnungskurs von 3,337 DM maßgebend sei, zumal am 31. August 1949 und darüber hinaus noch bis Anfang Oktober 1949 - wenn auch auf Grund von Kontrakten, die vor dem 20. August 1949 abgeschlossen waren - Baumwolle an die Bgin. unter Zugrundelegung des niedrigeren Umrechnungskurses geliefert worden sei. Das Finanzamt hat daher die unter Berücksichtigung eines Umrechnungskurses von 3,337 DM geltenden gewöhnlichen Wiederbeschaffungskosten vom 31. August 1949 der Bewertung in der DMEB zugrunde gelegt.
Das Finanzgericht teilte die Auffassung der Bgin. Unter Wiederbeschaffungskosten seien diejenigen Kosten zu verstehen, die bei der Neuanschaffung eines Gegenstandes an einem bestimmten Bewertungsstichtag aufzuwenden seien. Da ab 20. August 1949 nur noch Kaufabschlüsse mit einem Umrechnungskurs von 4,205 DM hätten getätigt werden können, habe die Erhöhung des Dollarkurses ab 18. September 1949 rückwirkende Kraft. Sämtliche Baumwolle hätte ab 20. August 1949 zu den nach dem Umrechnungskurs von 4,205 DM berechneten Preisen bezogen werden müssen. Die Firma habe daher mit Recht ihre Baumwollvorräte nach den am 31. August 1948 geltenden gewöhnlichen Wiederbeschaffungskosten bewertet.
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt aus: Bis Ende Februar 1949 sei die Baumwolle im Auftrage des Verwaltungsamtes für Wirtschaft und der JEIA durch die Arbeitsgemeinschaft der Baumwollhändler den Spinnereien zugeteilt worden. Es sei ein alter Bilanzierungsgrundsatz, daß gleiche Ausgangswerte (Valuten) in ein und derselben Bilanz mit dem gleichen Werte umzurechnen seien, unabhängig davon, ob es sich um Aktiv- oder Passivposten, um Valuten für die Anschaffung von Maschinen oder Rohstoffen oder aus Warenlieferungen handle.
Dieser Grundsatz habe auch im Steuerrecht seine Gültigkeit. Das DMBG enthalte nur eine Bestimmung für die Umrechnung des Dollar; im § 10 Abs. I sei für Valuta-Schuldverhältnisse der Umrechnungskurs von 0,30 US-Dollar für 1 DM zwingend vorgeschrieben. Mangels sonstiger besonderer Vorschriften müsse dieser Grundsatz auch bei der Bewertung von Forderungen, Maschinen und Vorräten angesetzt werden.
Der Kommentar Schmölder-Gessler-Merkle zum DMBG, der nach der Dollar-Umwertung vom 18. September 1949 erschienen sei, führe auf S. 55 aus, die DM-Außenkursänderung habe mit den Tatbeständen am 21. Juni 1948 nichts zu tun.
Die Prüfung der Streitfrage ergibt folgendes: Der Auffassung des Finanzamts, daß die Wiederbeschaffungskosten durch die am 31. August 1949 in DM umgerechneten Dollar-Kaufpreisschulden dargestellt würden, kann nicht gefolgt werden. Die Wiederbeschaffungskosten werden durch die DM-Beträge bestimmt, die ein Käufer am 31. August 1949 für die an diesem Tage gekaufte Ware hätte zahlen müssen. Es handelt sich nicht um die Bewertung einer am 31. August 1949 bestehenden Dollar-Schuld, sondern um die Feststellung der Kosten in DM für am 31. August 1949 gekaufte Baumwolle. Wesentlich ist hierbei, daß der Käufer auf Grund der allgemeinen devisenrechtlichen Bestimmungen nicht in der Lage war, den Kaufpreis sofort zu entrichten.
Das bedeutet, daß eine Währungsumstellung in der Zeit bis zur Bezahlung mit der ausländischen Valuta den Kaufpreis beeinflußt. Anders ist die Rechtslage dann, wenn der Kaufpreis gestundet ist und die Währung in der Zeit der Stundung umgestellt wird.
Es muß somit tatbestandsmäßig festgestellt werden, welcher Betrag an DM für Baumwolle, die am 31. August 1949 gekauft worden ist, im allgemeinen aufgewendet worden ist. Das Finanzamt hat im Rechtsbeschwerdeverfahren, insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung, Bedenken gegen die Würdigung des Finanzgerichts geltend gemacht, daß allgemein für Kaufabschlüsse nach dem 20. August 1949 der höhere Dollar-Preis hätte gezahlt werden müssen. Es stützt sich hierbei auf ein Rundschreiben des Fachverbandes Baumwollspinnnereien vom 24. Juli 1952. Nach diesem Rundschreiben hat die Bank deutscher Länder stichprobenweise festgestellt, daß die Abrechnungen in der Mehrzahl der Fälle noch zu DM 3,30 erfolgt seien. Auch die Bgin. erkannte an, daß es geschickten Firmen gelungen sei, für Käufe am 31. August 1949 noch den günstigeren Dollarkurs zu erlangen. Sie vertrat jedoch die Ansicht, daß die größere Zahl der Importeure den höheren Dollarkurs hätte entrichten müssen. Der Vertreter des Finanzamts bezweifelte in der mündlichen Verhandlung die Richtigkeit dieser Ausführung.
Auf Grund der Zurückverweisung ist das Finanzgericht in der Lage, die auf tatsächlichem Gebiet liegende Frage an Hand von weiteren Unterlagen zu entscheiden. Die Bgin. hat in der mündlichen Verhandlung beim Bundesfinanzhof zugesagt, genauere nachprüfbare statistische Unterlagen hierzu noch einzureichen.
Sollte das Finanzgericht auf Grund seiner Ermittlungen zu dem Ergebnis kommen, daß ganz überwiegend zu 4,2 oder zu 3,3 der Dollar in DM umgerechnet worden ist, so ist die ganz überwiegende Umrechnung den geschätzten Wiederbeschaffungskosten zugrunde zu legen. Andernfalls ist das gewogene Mittel der Umrechnungen (4,2 oder 3,3) zu nehmen, daß gegebenenfalls geschätzt werden muß. Bei Berechnung der Wiederbeschaffungskosten ist auch zu prüfen, ob Spinnereien Baumwolle auf dem inländischen Markt erwerben konnten und gegebenenfalls zu welchen Bedingungen dies möglich war.
Fundstellen
Haufe-Index 408389 |
BStBl III 1956, 146 |
BFHE 1956, 389 |
BFHE 62, 389 |
BB 1956, 521 |
DB 1956, 439 |