Leitsatz (amtlich)
Ausbau i. S. von § 7b Abs. 2 und Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG 1965/1974 ist eine Baumaßnahme i. S. von § 17 des II. WoBauG, die in einem von der Errichtung des Gebäudes getrennten und hinsichtlich ihres Beginns wie ihrer Fertigstellung abgrenzbaren Bauabschnitt vorgenommen wird.
Normenkette
EStG § 7b Abs. 2
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die in den Jahren 1970, 1971 und im Streitjahr 1972 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Sie hatten 1966 im Obergeschoß und 1970 im Keller eines von ihnen 1962 erworbenen Einfamilienhauses Baumaßnahmen vorgenommen. Antragsgemäß waren dafür bei den Einkommensteuerveranlagungen für 1970 und 1971 erhöhte Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) von 322 DM und 293 DM berücksichtigt worden. Ein Antrag der Kläger, die Gewährung der Steuervergünstigung für diese Baumaßnahmen, die der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) als Ausbauten i. S. von § 7b Abs. 2 EStG angesehen hatte, rückgängig zu machen, ist bestandskräftig abgelehnt worden.
1972 erwarben die Kläger eine Eigentumswohnung und machten dafür in ihrer Einkommensteuererklärung für 1972 erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG geltend. Das FA lehnte die Steuervergünstigung mit der Begründung ab, die Kläger hätten bereits erhöhte Absetzungen für zwei Objekte, nämlich die vorerwähnten Baumaßnahmen, in Anspruch genommen, und erließ einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid.
Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit der in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1976 S. 117 veröffentlichten Entscheidung statt und führte dazu im wesentlichen aus:
Die Kläger dürften die erhöhten Absetzungen für ihre Eigentumswohnung vornehmen, weil sie als Eheleute zur Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach § 7b EStG bei zwei Objekten berechtigt seien und die Inanspruchnahme von erhöhten Absetzungen für die Baumaßnahmen an dem Einfamilienhaus dem nicht entgegenstehe. Die beiden Baumaßnahmen an dem Einfamilienhaus stellten, falls es sich um Ausbauten gehandelt habe, insgesamt nur einen Ausbau eines Einfamilienhauses i. S. von § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG dar. Für die Frage, ob dadurch der vom FA angenommene Objektverbrauch eingetreten sei, seien beide Baumaßnahmen nicht als zwei, sondern zusammen als ein Objekt anzusehen. Die Vorschrift spreche nicht von einem, sondern von dem Ausbau eines Einfamilienhauses. Die Begrenzung auf ein Objekt beziehe sich demnach nicht auf den Ausbau, sondern auf das Haus, welches ausgebaut werde. Der Zweck der Objektbeschränkung im § 7b EStG 1965, eine unangemessene Inanspruchnahme der Begünstigung durch sog. Baulöwen auszuschließen und der Begünstigung zugleich den Charakter einer Maßnahme zur Eigentumsbildung in privater Hand zu geben, erfordere es nicht, mehrere Ausbauten ein und desselben Hauses, auch wenn sie zeitlich auseinanderliegen, steuerrechtlich als mehrere selbständige Objekte zu behandeln.
Mit der Revision des FA wird unrichtige Anwendung des § 7b Abs. 6 EStG 1971 gerügt und dazu vorgebracht:
Entgegen der Meinung des FG seien die beiden Baumaßnahmen der Kläger als ein Objekt i. S. der vorerwähnten Vorschrift anzusehen. Die Beantwortung der Frage, ob bei mehreren Ausbaumaßnahmen an einem Haus ein oder mehrere Objekte gegeben seien, hänge davon ab, ob mehrere getrennte Bauabschnitte vorliegen. Das sei hier der Fall. Zwischen den Baumaßnahmen der Kläger habe ein Zeitraum von vier Jahren gelegen; beide Baumaßnahmen seien jeweils mit einem Bauaufwand durchgeführt worden, der als wesentlich i. S. von § 17 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) anzusehen sei. Einer solchen Beurteilung stehe der Wortlaut des § 7b EStG nicht entgegen.
Das FA beantragt - sinngemäß -, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Die Kläger machen geltend, daß es sich - entgegen der Annahme des FA - bei den beiden Baumaßnahmen in den Jahren 1966 und 1970 nicht um einen wesentlichen Bauaufwand i. S. von § 17 des II. WoBauG gehandelt habe. Das gelte selbst bei Zusammenfassung der beiden Baumaßnahmen, für die eine Baugenehmigung weder erforderlich gewesen noch beantragt worden sei. Hiervon abgesehen sei die Auslegung der Vorschrift durch das FG zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Die Meinung des FG, für die Frage der Objektbeschränkung i. S. von § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG 1965/1974 seien mehrere Ausbauten an ein und demselben Einfamilienhaus, auch wenn sie zeitlich auseinanderliegen, als ein Objekt anzusehen, ist in dieser Allgemeinheit nicht haltbar. Wortlaut und Sinnzusammenhang der Vorschrift rechtfertigen nicht eine so weite Auslegung.
Nach § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung kann der Steuerpflichtige erhöhte Absetzungen nur für ein Einfamilienhaus oder für ein Zweifamilienhaus oder für eine Eigentumswohnung oder für den Ausbau oder die Erweiterung eines Einfamilienhauses, eines Zweifamilienhauses oder einer Eigentumswohnung in Anspruch nehmen; nach § 7b Abs. 6 Satz 2 EStG können Eheleute die Steuervergünstigung für zwei der bezeichneten Objekte geltend machen. Wegen der Beschränkung auf ein einziges Objekt - bei Ehegatten auf zwei Objekte - wird auf die Senatsurteile vom 4. Dezember 1979 VIII R 23/78 und VIII R 233/77 (BStBl II 1980, 199, 202) verwiesen.
Ihrem Wortlaut nach stimmen die Bezeichnungen für die Objekte in § 7b Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG und § 7b Abs. 1 und 2 EStG überein. Das gilt auch hinsichtlich des für den Streitfall bedeutsamen Begriffs Ausbau, wie er in § 7b Abs. 2 und Abs. 6 Satz 1 EStG verwendet wird. Diese gleichlautenden Begriffe sind inhaltsgleich. Sind keine unterschiedlichen Normzwecke und keine unterschiedlichen Interessenlagen erkennbar, dann besteht kein Anlaß, gleichlautende Begriffe desselben Gesetzes verschieden auszulegen; es ist dann davon auszugehen, daß die gleichlautenden Begriffe dasselbe bedeuten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3. Mai 1972 VII R 85/69, BFHE 105, 560). So ist es bei § 7b EStG. Die darin enthaltenen Vorschriften haben keine unterschiedlichen Zielsetzungen, sie dienen allein dem Zweck, für bestimmte Objekte unter den aufgeführten Voraussetzungen die Steuervergünstigung erhöhter Absetzungen zu gewähren. Eine der Voraussetzungen ist die Beschränkung auf ein einziges Objekt, bei Eheleuten auf zwei Objekte, nach § 7b Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG. Mithin regelt die dafür maßgebende Vorschrift lediglich einen Teilbereich der Steuervergünstigung.
Unter dem in § 7b EStG an den erwähnten Stellen verwendeten Begriff Ausbau sind Baumaßnahmen i. S. des § 17 des II. WoBauG zu verstehen, wobei allerdings Einschränkungen zu berücksichtigen sind, unter denen dieser Begriff in § 7b EStG verwendet wird (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1975 VIII R 119/72, BFHE 117, 561, BStBl II 1976, 285). Eine solche Einschränkung des Begriffs Ausbau besteht in § 7b EStG hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Baumaßnahmen. Um als Ausbau i. S. der Vorschrift angesehen werden zu können, müssen die Baumaßnahmen sich zum einen hinsichtlich ihres Beginns in der Weise bestimmen lassen, daß sie in einem von der Errichtung des bereits vor dem 1. Januar 1964 fertiggestellten Einfamilienhauses - oder gleichgestellten Gebäudes - deutlich getrennten Bauabschnitt vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 7. August 1964 VI 176/63, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 7b, Rechtsspruch 92). Zum anderen ist es erforderlich, einen Zeitpunkt der Fertigstellung der Baumaßnahmen festzustellen. Sonst wäre § 7b EStG nicht anwendbar, denn zu den Voraussetzungen für die Steuervergünstigung nach dieser Vorschrift gehört, daß die in Abs. 1 aufgeführten Gebäude und die in Abs. 2 gleichgestellten Maßnahmen - Ausbauten und Erweiterungen an bestimmten Gebäuden - fertiggestellt sind, damit der in Abs. 1 Satz 1 beschriebene Begünstigungszeitraum in Lauf gesetzt wird.
Daß die Auslegung des FG nicht richtig ist, erweist sich auch daran, daß nach ihr eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen Herstellung eines Gebäudes und Ausbau an einem Gebäude eintreten könnte. Würde man es für die Frage der Objektbeschränkung nach § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG genügen lassen, daß Ausbauten an einem der dort aufgeführten Gebäude durchgeführt werden, könnte der Objektverbrauch erst mit dem Erreichen der Höchstgrenzen von 150 000 DM oder 200 000 DM für die Bemessungsgrundlage der erhöhten Absetzungen eintreten, und zwar unabhängig davon, wie oft der Steuerpflichtige sich zu einem Ausbau entschließt und ihn durchführt. Demgegenüber würde bei der Herstellung von zwei Gebäuden mit Gesamtherstellungskosten von 150 000 DM oder 200 000 DM der Objektverbrauch i. S. von § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG bereits mit der Fertigstellung des ersten Gebäudes eintreten, ohne daß der Steuerpflichtige die Höchstgrenzen ausschöpfen könnte.
2. Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsüberlegungen ausging und darauf beruht, war aufzuheben. Die Sache geht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück, das prüfen und entscheiden muß, ob die Kläger mit den Baumaßnahmen an ihrem Einfamilienhaus einen oder mehrere Ausbauten vorgenommen haben. Dabei wird die Wirkung von bestandskräftig gewordenen Steuerbescheiden zu berücksichtigen sein.
Fundstellen
Haufe-Index 73424 |
BStBl II 1980, 203 |
BFHE 1980, 365 |