Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Verbindet eine Sparkasse Sparen und Spielen in der Weise, daß der Sparer gegen Inaussichtstellung einer auszulosenden Prämie monatlich für bestimmte Zeit einen zunächst unverzinslichen Sparbetrag und daneben einen Auslosungsbeitrag zu leisten hat, so besteht der Einsatz nicht nur aus dem Auslosungsbeitrag.
Normenkette
RennwLottG § 17
Tatbestand
Streitig ist die Berechnungsgrundlage für die Lotteriesteuer beim Prämiensparen.
Der Bg. ist ein Zusammenschluß von öffentlichen Sparkassen eines Bundeslandes in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Neben den herkömmlichen Geschäftszweigen betreibt der Bg. seit dem Jahre 1952 mit Genehmigung des zuständigen Ministeriums das sogenannte Prämiensparen. Es handelt sich dabei um eine Verbindung von Lotterie und Sparen. Sinn der Einrichtung ist, einen Teil der für das Spielen aufgewandten Gelder für das Sparen nutzbar zu machen. Das Prämiensparen wickelte sich, nachdem im Jahre 1952 zunächst Erfahrungen gesammelt worden waren, ab 1. Januar 1953 im wesentlichen in der Weise ab, daß der Prämiensparer monatlich einen Sparbetrag von 8 DM und einen Auslosungsbeitrag von 1 DM bei einer öffentlichen Sparkasse einzuzahlen hatte. Für den Sparbetrag erhielt er eine Prämiensparmarke über 8 DM, die er in eine "Prämien-Sparkarte", die mit 12 Feldern versehen war, einzukleben hatte. Für den in den Prämienfonds fließenden Auslosungsbeitrag von 1 DM erhielt er ein Los für eine Monatsauslosung und bei Einreichung einer vollgeklebten Prämiensparkarte ein Los für die Jahresauslosung ausgehändigt. Nach dem Auslosungsplan konnte der Prämiensparer im günstigsten Fall bei der Monatsauslosung 1.000 DM und bei der Jahresauslosung 5.000 DM gewinnen. Der Bg. war am Prämiensparen als Träger des Auslosungsverfahrens und Schuldner der Prämienforderungen beteiligt, während die Sparkasse, bei der die Sparbeträge entrichtet wurden, Schuldnerin dieser Beträge war. Im Jahre 1952 wurde das Prämiensparen in anderer Weise abgewickelt. Von Bedeutung für den Streitfall ist nur die andere Zusammensetzung des Prämienfonds ab 1. Januar 1953, der im ersten Jahre des Prämiensparens (1952) aus den Auslosungsbeiträgen und den Zinsen der Sparbeträge gespeist worden war. Die Verzinsung und damit die Auffüllung des Prämienfonds mit anderen Mitteln als den Auslosungsbeiträgen entfiel für die Folgejahre "aus optischen Gründen und ... zur Anpassung an die beim Kleinsparen übliche Regelung". Während der Bg. im Jahre 1952 demnach Auslosungsbeiträge, Zinsen und Unkostenbeiträge als Gesamteinsatz behandelte, führte er in den Lotteriesteuernachweisungen ab 1. Januar 1953 nur noch die Auslosungsbeiträge als Spieleinsatz an. Das Finanzamt beanstandete diese Handhabung bei einer Lotteriesteuerprüfung. Es stellte sich auf den Standpunkt, daß die Hingabe von Sparbeträgen eine zusätzliche Leistung des Prämiensparers darstelle, die als Spieleinsatz der Lotteriesteuer unterliege. Mit dem Einspruch griff der Bg. diese Auffassung des Finanzamts an. Er vertrat die Ansicht, daß für die Ausspielungen ab 1. Januar 1953 keine Schlußfolgerungen aus dem Verfahren, wie es im Jahre 1952 gehandhabt wurde, gezogen werden dürften, daß streng zwischen Spar- und Spielvorgang unterschieden werden müsse und daß zumindest die Annahme eines Zinssatzes von 3,5 v. H. ungerechtfertigt sei. Beim Sparvorgang müßten die Regelungen des Kleinsparens Anwendung finden. Danach würden beim Sparen mittels Sparmarken die Sparbeträge erst vom Zeitpunkt der Umbuchung der Sparbeträge vom Sammelkonto aller Sparer auf das Einzelkonto des Sparers ab verzinst. Solange die Sparbeträge auf dem Sammelkonto verbucht seien, habe der Sparer damit auch beim Prämiensparen keinen Zinsanspruch. Ein Zinsverzicht sei daher für den Sparer nicht möglich. Die Sparkasse benötige die Zinsgewinne aus dem Sammelkonto, um die Kosten des Sparvorganges zu bestreiten. Für die Berechnung der Lotteriesteuer sei daher nur von den Auslosungsbeiträgen auszugehen. Das Finanzamt wies den Einspruch im wesentlichen als unbegründet zurück.
Auf die Berufung des Bg. hob das Finanzgericht die Entscheidung des Finanzamts auf. Es führte aus, daß dem Prämiensparer weder auf Grund des Sparvertrages noch aus einem sonstigen Rechtsgrund vor der Umbuchung ein Zinsanspruch zustehe; er könne daher auch nicht auf einen solchen Anspruch verzichten. Zwar könne der Prämiensparer nicht ohne zinslose Sparbeträge an der Auslosung teilnehmen, er würde aber auch bei jeder anderen Form des Kleinsparens keine günstigen Zinsbedingungen erhalten. Da schließlich auch die bei den Sparkassen tatsächlich anfallenden Zinsen nicht dem Prämienfonds zuflössen, könnten die Zinserträge nicht für die Berechnung der Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer herangezogen werden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
Zu Recht geht das Finanzgericht davon aus, daß das Prämiensparen alle Voraussetzungen einer gemäß § 17 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) im Inland veranstalteten öffentlichen Lotterie erfüllt. Streitig ist allein die Höhe des Einsatzes.
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist für die Frage, ob und inwieweit in einer Leistung ein Einsatz erblickt werden muß, die subjektive Auffassung der Teilnehmer an der Veranstaltung entscheidend (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs II 111/50 S vom 27. April 1951, BStBl 1951 III S. 112, Slg. Bd. 55 S. 289). Um an der Ausspielung teilnehmen zu können, mußten die Prämiensparer Sparmarken im Werte von mindestens 8 DM und ein Los im Werte von 1 DM erwerben. Während kein Streit darüber besteht, daß in der Leistung des Auslosungsbeitrages ein Einsatz zu sehen ist, ist der Bg. im Gegensatz zu dem Finanzamt der Meinung, daß in der überlassung der Sparbeträge kein weiterer (verdeckter) Einsatz der Sparer liege.
Unter Einsatz ist jeder Vermögensvorteil zu verstehen, den sich der Veranstalter einer Lotterie als Entgelt für die Einräumung der Gewinnhoffnung gewähren läßt (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs II A 540/27 vom 31. Januar 1928, Mrozek-Kartei, RennwLottG § 17 Rechtsspruch 28). Es kann sich dabei um einen offenen oder auch einen versteckten Einsatz handeln. Ein derartiger versteckter Einsatz kann z. B. in dem Erwerbspreis eines Gegenstandes, also auch einer Sparmarke liegen, wobei es nicht erforderlich ist, daß der gewöhnliche Preis dieses Gegenstandes im Hinblick auf die Gewährung der Gewinnaussicht erhöht wird (vgl. Urteil des erkennenden Senats II 32/51 U vom 20. Juli 1951 unter III, BStBl 1951 III S. 166, Slg. Bd. 55 S. 418, 422). Wie weiter der Reichsfinanzhof in der Entscheidung II A 739/24 vom 14. November 1924 (Slg. Bd. 15 S. 37; Mrozek-Kartei, RennwLottG § 17 Rechtsspruch 5) zu Recht ausgeführt hat, kann in der Hingabe einer Spareinlage in bestimmter Mindesthöhe ein Einsatz liegen, denn der Sparer hat sich insoweit der anderweitigen Nutzung des gesparten Kapitalbetrages zugunsten der Sparkasse begeben.
Im Streitfall kann an der Auslosung nur der Prämiensparer teilnehmen, der sowohl den Auslosungsbeitrag als auch den erforderlichen Sparbetrag an die Sparkasse abführt. Es handelt sich dabei um eine vom Bg. bewußt und gewollt herbeigeführte Verbindung von Sparen und Spielen. Er muß es daher auch hinnehmen, daß bei der Feststellung der Besteuerungsgrundlage von diesem Tatbestand ausgegangen wird. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob man den Kauf der Sparmarke oder die Zurverfügungstellung einer Spareinlage als Einsatz ansieht, denn beides stellt eine Darlehnsgewährung an die dem Bg. angeschlossenen Sparkassen dar. Allein der Umstand, daß die Sparer durch die Aussicht auf einen Prämiengewinn veranlaßt werden, Gelder der Sparkasse zu überlassen, die sie ihr sonst nicht hätten zufließen lassen, genügt, vom objektiven Standpunkt aus einen Einsatz zu bejahen. Soweit das Finanzgericht der Meinung ist, daß es darauf ankomme, ob die Prämiensparer auf Zinsen verzichtet haben, kann ihm nicht gefolgt werden.
Die Sparer haben auch gewußt, daß sie an der Ausspielung nur teilnehmen können, wenn sie der Sparkasse Sparbeträge zur Verfügung stellen und den Auslosungsbeitrag zahlen. Dieses Wissen der Sparer genügt, um auch das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen einer Lotterie zu bejahen. Es ist unerheblich, wenn die Mehrzahl der Sparer die Hingabe eines Darlehens rechtlich nicht richtig als Teil des Einsatzes der Ausspielung subsumiert; es genügt vielmehr, daß die Sparer sich bewußt waren, auch einen bestimmten Betrag sparen, in also darlehnsweise der Sparkasse zur Verfügung stellen zu müssen, um an der Ausspielung teilnehmen zu können. Es liegt in der Natur der Sache, daß der Sparer durch die Werbung vor allem auf die Gewinnchancen hingewiesen werden sollte. Auf Seite 24 der Schrift "Das neue PS-Verfahren" wird dies bei den Werbevorschlägen besonders deutlich. Hiernach soll jeder Kunde gefragt werden: "Haben Sie schon ein Los für die am ... stattfindende Auslosung?" Es heißt dann im nächsten Satz: "Die 9,00 DM bezahlen heute viele, überspitzt ausgedrückt, aus der Westentasche." Wenn schon der Bg. selbst in der Werbung - ungenau - den Lospreis mit 9,00 DM angibt, so muß davon ausgegangen werden, daß auch der Sparer in seiner Vorstellung die Hingabe des Sparbetrages und den Auslosungsbeitrag als Voraussetzung für die Teilnahme an der Ausspielung, also als seinen Einsatz ansah.
Zu entscheiden ist hiernach nur noch, in welcher Höhe dieser Einsatz zu bemessen ist. Schon im Urteil II A 540/27 vom 31. Januar 1928, a. a. O., hat der Reichsfinanzhof ausgeführt, daß nicht der Sparbetrag selbst der Bemessung zugrunde gelegt werden kann, sondern daß der Wert des Einsatzes zu schätzen ist. Die Schätzung des Finanzamts, die darauf beruht, als Wert des Einsatzes die auf Spareinlagen üblichen Zinsen anzunehmen, ist nicht zu beanstanden. Die Behauptung des Bg., daß beim Kleinsparen eine Verzinsung nicht üblich sei, ist zumindest in dieser Allgemeinheit nicht richtig. Nach § 18 der Bekanntmachung über die Verwaltung und den Betrieb von Sparkassen - Sparkassenordnung (SpkO) - vom 10. Mai 1942 (Bayerisches GVBl S. 150 und GVBl 1943 S. 4) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. November 1952 (GVBl S. 308 und 318), 13. April 1954 (GVBl S. 95), 20. Februar 1956 (GVBl S. 53) und 16. Mai 1956 (GVBl S. 100) nimmt die Sparkasse von jedermann Spareinlagen in Höhe von mindestens 1 DM an. Gemäß § 19 Abs. 4 SpkO werden nur volle DM-Beträge verzinst. Eine weitere Einschränkung der Verzinsung findet sich nicht.
Das Finanzamt konnte daher zu Recht als Grundlage seiner Schätzung nach § 217 AO für den Wert des Einsatzes von dem Zinssatz für gewöhnliche Spareinlagen ausgehen, dies um so mehr, als der Bg. die Zahlen des Finanzamts über die Höhe der Guthaben auf den Sparkonten und über die üblichkeit des Sparmarkensparens für den streitigen Zeitraum zwar bestritten hat, aber seinerseits keine Unterlagen dafür erbracht hat, daß es nach der Anschauung weiter Bevölkerungskreise üblich sei der Sparkasse kleinere Beträge unentgeltlich zu überlassen.
Fundstellen
Haufe-Index 410376 |
BStBl III 1962, 166 |
BFHE 1962, 444 |
BFHE 74, 444 |
StRK, RennwLottG:17 R 13 |