Leitsatz (amtlich)
1. Für den Abzug von Schulden in ausländischer Währung beim Vorratsvermögen ist nicht erforderlich, daß die Gegenstände des Vorratsvermögens, die mit Hilfe der aufgenommenen Auslandsschulden erworben wurden, am Währungsstichtag noch vorhanden waren.
2. Währungsschulden beziehen sich nur dann auf das Vorratsvermögen, wenn entweder die Schulden unmittelbar aus dem Erwerb von Vorratsvermögen (Kaufpreisschulden) herrühren, oder wenn ein Auslandskredit unmittelbar und nachweislich in vollem Umfang, oder soweit er zu einem von vornherein bestimmten Betrag der Anschaffung von Vorratsvermögen diente.
Normenkette
SHG § 7 Abs. 2 Ziff. 1, § 11 Ziff. 3 Abs. 2; StDVO-SHG § 27 Abs. 2 Ziff. 1a
Tatbestand
Die beschwerdeführende GmbH, eine Feilen- und Werkzeugfabrik, wurde mit einem Betriebsvermögen von 2 265 900 DM zur allgemeinen Soforthilfeabgabe und mit einem Vorratsvermögen von 1 443 061 DM zur Soforthilfesonderabgabe herangezogen. Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hatte am Stichtag Schulden in ausländischer Währung (Schweizer Franken und Englische Pfund) im in DM umgerechneten Betrag von 274 853 DM. Diesen Betrag will die Bfin. nach § 11 Ziffer 3 Absatz 2 Satz 4 des Soforthilfegesetzes (SHG) in Verbindung mit § 27 Absatz 2 Ziffer 1a der Durchführungsverordnung zum ersten Teil des Soforthilfegesetzes (StDVO-SHG) vom Vorratsvermögen abgesetzt wissen. Die Vorbehörden haben dem Begehren der Bfin. nicht stattgegeben.
Entscheidungsgründe
Auch die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Die Schulden der Bfin. in ausländischer Währung sind in den Jahren 1927 bis 1930 durch Aufnahme von Krediten entstanden. Die Bfin. bezeichnet diese Kredite als sogenannte Produktionskredite. Sie seien ausschließlich zu Produktionszwecken (Einkauf von Rohmaterialien, Bezahlung von Löhnen und Gehältern und sonstigen Kosten) verwendet worden. Letzten Endes werde mit solchen Krediten nichts anderes bezweckt, als die aufgenommenen Gelder in Waren, d. h. Vorratsvermögen umzuwandeln. Daher sei auch der erforderliche wirtschaftiche Zusammenhang zwischen den Auslandsschulden und dem Vorratsvermögen gegeben.
Es liegt auf der Hand, daß diejenigen Waren, in die seinerzeit der Auslandskredit "umgewandelt" wurde, zu Beginn des Stichtags (21. Juni 1948) nicht mehr vorhanden waren. Dieser Umstand würde jedoch der Anerkennung eines ausreichenden Zusammenhangs zwischen den Auslandsschulden und dem Vorratsvermögen nicht entgegenstehen. Es ist nicht erforderlich, daß die Schulden in ausländischer Währung, deren Abzug in Betracht kommt, gerade zum Erwerb des am Stichtag vorhandenen Vorratsvermögens verwendet wurden (ebenso Kühne, Erläuterungsbuch zur Soforthilfeabgabe Tz. 146, Beisp. 168, und Erlaß der Finanzbehörde Hamburg, Steuer- und Zollblatt vom 12. Oktober 1949 LA 8635. -- 1/St 3, auszugsweise abgedruckt im Eildienst der Deutschen Steuerzeitung Ausgabe B Nr. 42 vom 10. November 1949 unter Ziffer 3). Dagegen muß verlangt werden, daß die ursprüngliche Verwendung der im Ausland aufgenommenen Gelder unmittelbar in der Anschaffung von Vorratsvermögen bestand. In erster Linie wird das zutreffen, wenn die Schulden in ausländischer Währung in wörtlicher Anwendung des § 27 Absatz 2 Ziffer 1a StDVO-SHG "aus dem Erwerb von Vorratsvermögen entstanden sind", d. h. wenn ein Kauf ausländischer Gegenstände des Vorratsvermögens unter Kreditierung des Kaufpreises in ausländischer Währung erfolgt ist. Man wird den erforderlichen Zusammenhang zwischen Auslandsschulden und Vorratsvermögen aber auch dann noch anzunehmen haben, wenn ein aufgenommener Auslandskredit unmittelbar und nachgewiesenermaßen in vollem Umfang, oder soweit er zu einem von vornherein bestimmten Betrag der Beschaffung von Vorratsvermögen diente. Nicht ausreichend ist jedoch der Zusammenhang gewahrt, wenn, wie im vorliegenden Fall, ein ausländischer Kredit ganz allgemein zu Produktionszwecken aufgenommen oder verwendet wurde. Wollte man so weit gehen, so würde es kaum mehr eine Auslandsschuld eines inländischen Unternehmers geben, die nicht beim Vorratsvermögen zum Abzug zugelassen werden müßte. Die Bfin. hat selbst ausgeführt, daß im allgemeinen die Aufnahme von Krediten durch Fabrikationsbetriebe nichts anderes bezwecke, als das aufgenommene Geld in Waren umzuwandeln. Sie hat damit für den Regelfall zutreffend das Wesen einer jeden Kreditaufnahme durch Fabrikationsbetriebe dargelegt. Würde man einen Zusammenhang zwischen Auslandskredit und Vorratsvermögen in diesem weiten Sinn für ausreichend ansehen, so müßte man die Verwendung aufgenommener Gelder nicht nur für Löhne und Gehälter, wie die Bfin. meint, sondern darüber hinaus z. B. auch für die Anschaffung von Betriebsgrundstücken und Maschinen als ausreichend ansehen, um auch insoweit den Abzug vom Vorratsvermögen zuzulassen. Denn ein grundsätzlicher Unterschied besteht dann, wenn man die weite Auslegung der Bfin. gelten lassen will, zwischen diesen verschiedenen Verwendungsarten nicht mehr. Eine so weite Auslegung kann aber der Vorschrift des § 11 Ziffer 3 Absatz 2 SHG, wonach diejenigen an sich abzugsfähigen Schulden beim Vorratsvermögen abzuziehen sind, die sich auf dieses Vermögen beziehen, nicht gegeben werden.
Die Rb. mußte hiernach mit der Kostenfolge des § 307 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückgewiesen werden.
Die Bfin. hat mündliche Verhandlung beantragt. Es erschien angezeigt, vorerst nach § 294 Absatz 2 der Reichsabgabenordnung ohne eine solche zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 407238 |
BStBl III 1951, 141 |
BFHE 1952, 359 |