Leitsatz (amtlich)
Währungsschulden und sonstige nach § 7 Absatz 2 Ziffer 2 SHG abzugsfähige Verbindlichkeiten dürfen für die Soforthilfesonderabgabe nur insoweit vom Vorratsvermögen abgezogen werden, als sie mit diesem in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Das gilt auch dann, wenn das übrige der allgemeinen Soforthilfeabgabe unterworfene Vermögen (Betriebsvermögen) für ihren Abzug nicht ausreicht.
Normenkette
SHG § 7 Abs. 2, § 11 Ziff. 3 Abs. 2; 1. StDVO-SHG § 27 Abs. 2
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) besitzt nur Betriebsvermögen, das ohne den Abzug der geltend gemachten Schulden 1 449 087 DM ausmacht. Als abzugsfähige Schulden hat sie solche in ausländischer Währung im umgerechneten Betrag von 1 217 315 DM und Pensionsverpflichtungen im Betrag von 649 273 DM, zusammen 1 866 588 DM geltend gemacht. Da diese Schulden das aktive Betriebsvermögen übersteigen, wurde die Bfin. nicht zur allgemeinen Soforthilfeabgabe herangezogen. Dagegen haben die Vorbehörden unter Hinweis auf § 11 Ziff. 3 Abs. 2 des Soforthilfegesetzes (SHG), § 27 Abs. 2 Ziff. 1 Buchstabe a der Ersten Durchführungsverordnung zum Ersten Teil des Soforthilfegesetzes (1. StDVO-SHG) die Bfin. mit ihrem ungekürzten Vorratsvermögen von 282 820 DM zur Soforthilfesonderabgabe herangezogen und dabei, entgegen der Auffassung der Bfin., einen ausreichenden wirtschaftlichen Zusammenhang der Schulden in ausländischer Währung mit dem Vorratsvermögen verneint.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.), in der die Bfin. erneut den Abzug der Währungsschulden beim Vorratsvermögen verlangt, ist nicht begründet.
Nach den Feststellungen in der Einspruchsentscheidung handelt es sich bei den Auslandsschulden um solche aus der Vorkriegszeit, die für den gesamten Reedereibetrieb der Bfin. aufgenommen worden waren. Die Vorbehörden haben zur Frage der Abzugsfähigkeit dieser Auslandsschulden beim Vorratsvermögen ausgeführt, es sei zwar möglich, daß mit den ausländischen Mitteln seinerzeit auch Vorratsvermögen beschafft worden sei. Eine anteilsmäßige Aufteilung sei aber trotz dieser Möglichkeit nicht gerechtfertigt. Dafür hätte es eines Nachweises des wirtschaftlichen Zusammenhangs bedurft, den die Bfin. nicht erbracht habe. Im übrigen sei die an sich uneingeschränkte Abzugsfähigkeit von Währungsschulden durch die Bestimmung des § 27 Absatz 2 Ziffer 1 Buchstabe a 1. StDVO-SHG, die ausländische Schulden nur dann vom Vorratsvermögen absetzen lasse, wenn sie aus dem Erwerb von Vorratsvermögen entstanden seien, eingeengt. Diese Einschränkung ergebe sich auch aus dem Willen des Gesetzgebers, das Vorratsvermögen unabhängig von der allgemeinen Soforthilfeabgabe zusätzlich einer Sonderabgabe zu unterwerfen (§ 14 Absatz 2 SHG).
Der erkennende Senat hat in der amtlich veröffentlichten Entscheidung vom 7. Mai 1951 III 78/50 S (Bundessteuerblatt -- BStBl. -- 1951 III S. 141) zur Frage des Abzugs von Währungsschulden beim Vorratsvermögen unter anderem ausgeführt, der Abzug sei nur zulässig, wenn entweder die Schulden unmittelbar aus dem Erwerb von Vorratsvermögen (Kaufpreisschuld) herrührten oder ein Auslandskredit unmittelbar und nachweislich in vollem Umfang oder zu einem von vornherein bestimmten Betrag der Anschaffung von Vorratsvermögen gedient habe. Danach ist der Entscheidung des Finanzgerichts insoweit beizutreten, als sie den nach § 11 Ziffer 3 Absatz 2 SHG, § 27 Absatz 2 Ziffer 1 Buchstabe a 1. StDVO-SHG erforderlichen Zusammenhang der Währungsschulden mit dem Vorratsvermögen verneint.
Nun erhebt sich aber im vorliegenden Fall noch eine andere Frage. Von dem grundsätzlichen Verbot des Abzugs von Schulden und sonstigen Verbindlichkeiten nach § 7 Absatz 1 SHG sind nach § 7 Absatz 2 Ziffer 1 SHG Schulden in ausländischer Währung allgemein ausgenommen. Ein Zusammenhang dieser Währungsschulden mit dem Betriebsvermögen oder mit bestimmten Teilen des Betriebsvermögens wird nicht verlangt. Die Vorbehörden haben daher für die allgemeine Soforthilfeabgabe die Währungsschulden schlechthin zum Abzug zugelassen und nur für die Soforthilfesonderabgabe den Abzug deshalb versagt, weil bei der Sonderabgabe auch für Währungsschulden der Abzug nur zuzulassen sei, wenn sie mit dem allein der Soforthilfesonderabgabe unterliegenden Vorratsvermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stünden. Auf Ersuchen des Senats ist zu diesem Punkt der Bundesminister der Finanzen gemäß § 287 Ziffer 2 der Reichsabgabenordnung (AO) dem Verfahren beigetreten. Er vertritt die gleiche Auffassung wie die Vorbehörden und hat dazu folgendes ausgeführt:
"Das Soforthilfegesetz enthält in seinem Ersten Teil die Bestimmungen für die allgemeine Soforthilfeabgabe und für die Soforthilfesonderabgabe. Einige dieser Bestimmungen gelten für beide Abgaben gemeinsam, andere dagegen können nach ihrem Wortlaut oder nach ihrem Sinn nur Bedeutung für die eine oder für die andere Abgabe haben. Beide Abgaben sind zwar Teile der "Soforthilfeabgabe". Sie weichen aber in ihren Grundlagen derart voneinander ab, daß ein innerer Zusammenhang zwischen ihnen nicht besteht. Die Soforthilfesonderabgabe steht also selbständig neben der allgemeinen Soforthilfeabgabe. § 14 SHG hat danach nicht nur die Bedeutung etwa einer Veranlagungsvorschrift, sondern stellt ausdrücklich die Selbständigkeit beider Abgaben und ihre Unabhängigkeit voneinander fest.
In § 11 Nr. 3 Absatz 2 SHG in Verbindung mit § 27 Absatz 2 1. StDVO-SHG ist vorgeschrieben, daß vom Vorratsvermögen nur Schulden abgezogen werden dürfen, die mit diesem in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Der Aufbau des Gesetzes und der Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen könnten zunächst zu der Annahme führen, daß diese Vorschriften sowohl für die allgemeine Soforthilfeabgabe als auch für die Soforthilfesonderabgabe gelten. Bei der Untersuchung der Auswirkungen dieser Vorschriften ergibt sich jedoch, daß sie für die Berechnung der allgemeinen Soforthilfeabgabe bedeutungslos sind, da es hier bei der Heranziehung des Betriebsvermögens als Ganzes nicht darauf ankommt, inwieweit die abzugsfähigen Verbindlichkeiten mit dem Vorratsvermögen oder mit dem übrigen abgabepflichtigen Betriebsvermögen in Beziehung stehen (vgl. auch § 23 Absatz 1 Nr. 3 und 4 1. StDVO-SHG). Die genannten Vorschriften können also vom Gesetzgeber nur im Hinblick auf die Berechnung der Soforthilfesonderabgabe in das Gesetz aufgenommen worden sein.
Kann es hiernach als feststehend betrachtet werden, daß die Vorschriften über den Schuldenabzug beim Vorratsvermögen nur für die Soforthilfesonderabgabe Bedeutung haben, so muß bei der Auslegung dieser Vorschriften die eindeutige Absicht des Gesetzgebers beachtet werden, das Vorratsvermögen vollständig unabhängig von der Belastung durch die allgemeine Soforthilfeabgabe zu einer Sonderabgabe heranzuziehen. Der allgemeinen Soforthilfeabgabe unterliegt das Betriebsvermögen als Ganzes, während zur Soforthilfesonderabgabe nur das Vorratsvermögen herangezogen wird.
Aus diesen grundsätzlichen Erwägungen heraus muß die Auslegung der Vorschriften des § 11 Nr. 3 Absatz 2 SHG und § 27 Absatz 2 1. StDVO-SHG gewonnen werden. Man kommt dann wohl ohne weiteres zu dem Ergebnis, daß Schulden, die nicht mit dem Vorratsvermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und deren Abzug beim übrigen Betriebsvermögen nicht voll zur Auswirkung kommen kann, zwar bei der Berechnung der allgemeinen Soforthilfeabgabe, nicht aber für die Zwecke der Berechnung der Soforthilfesonderabgabe vom Vorratsvermögen abgesetzt werden können. Das Vorratsvermögen kann also durchaus mit einem anderen Betrag zur Soforthilfesonderabgabe herangezogen werden als es sich bei der Berechnung der allgemeinen Soforthilfeabgabe im Rahmen des gesamten Betriebsvermögens für das Vorratsvermögen ergibt. Im Falle der Überschuldung führt dieser Gedankengang dazu, eine Soforthilfesonderabgabe zu erheben, obwohl eine allgemeine Abgabe nicht zur Entstehung gelangt.
Nur diese Auslegung wird dem Sinn und Zweck der Sonderabgabe gerecht, die im wesentlichen der besonderen Leistungsfähigkeit derjenigen Rechnung tragen soll, die nicht nur als Sachwertbesitzer Verlusten durch die Währungsreform entgangen sind, sondern darüber hinaus als Besitzer leicht veräußerlicher, d. h. in neues kaufkräftiges Geld umwandelbarer Wirtschaftsgüter zum Teil sehr erheblichen Nutzen aus der veränderten Wirtschaftslage ziehen konnten. Dabei ist es unerheblich, wie die allgemeine Leistungsfähigkeit des einzelnen Abgabepflichtigen gestaltet ist, die sich insbesondere in der Höhe des gesamten Betriebsvermögens (also unter Berücksichtigung aller abgabepflichtiger Aktivwerte und aller abzugsfähiger Verbindlichkeiten) widerspiegelt. Ebensowenig wie es zulässig ist, aus einem hohen gesamten Betriebsvermögen Schlüsse auf eine größere Belastbarkeit mit der Sonderabgabe zu ziehen, kann umgekehrt die Sonderabgabe im Hinblick auf ein geringes oder gar negatives Gesamt-Betriebsvermögen gesenkt werden."
Der Senat kommt zu dem gleichen Ergebnis wie der Bundesminister der Finanzen. Er ist dabei bezüglich des § 11 Ziffer 3 Absatz 2 SHG letzter Satz in Verbindung mit § 27 Absatz 2 1. StDVO-SHG mit dem Bundesminister der Finanzen der Ansicht, daß diese Bestimmungen nur im Hinblick auf die Berechnung der Soforthilfesonderabgabe von Bedeutung sind. Sie verhindern, daß ein Abgabepflichtiger wegen der zusätzlichen Belastung des Vorratsvermögens mit der Soforthilfesonderabgabe die abzugsfähigen Schulden in erster Linie vom Vorratsvermögen absetzt. Dagegen kann zweifelhaft sein, ob diese Bestimmungen auch den Fall im Sinne der Nichtabzugsfähigkeit vom Vorratsvermögen regeln wollten, in dem an sich abzugsfähige Verbindlichkeiten, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Vorratsvermögen stehen, das sonstige abgabepflichtige Vermögen bzw. Betriebsvermögen übersteigen. Der Senat ist jedoch mit dem Bundesminister der Finanzen der Auffassung, daß die Soforthilfesonderabgabe selbständig neben der allgemeinen Soforthilfeabgabe steht mit dem Zweck, die besondere Leistungsfähigkeit, die sich in dem Besitz von Vorratsvermögen am Währungsstichtag ausdrückt, zusätzlich und ohne Rücksicht auf das daneben vorhandene, der allgemeinen Soforthilfeabgabe unterliegende Vermögen zu belasten. Mit diesem Zweck der Soforthilfesonderabgabe läßt sich aber die Abzugsfähigkeit solcher Verbindlichkeiten vom Vorratsvermögen, die mit ihm nicht wirtschaftlich zusammenhängen, nicht vereinbaren.
Hiernach mußte die Rb. mit der Kostenfolge des § 307 AO als unbegründet zurückgewiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 407332 |
BStBl III 1952, 39 |
BFHE 1953, 96 |