Leitsatz (amtlich)
Regelmäßiger Steuermaßstab der Börsenumsatzsteuer ist der vereinbarte Preis. Aus diesem ist die Steuer auch dann zu errechnen, wenn neben einem Barpreis noch andere Leistungen vereinbart werden (Abweichung von BFHE 66, 530).
Normenkette
KVStG § 23
Tatbestand
Die Klägerin hat am 15. März 1960 einen Stammanteil von 366 000 DM an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gekauft. Dieser war abgespalten aus dem Stammanteil von 720 000 DM des Verkäufers. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 800 000 DM.
Vereinbart war ein barer Kaufpreis von 2 700 000 DM zuzüglich 7 1/2 v. H. Zinsen ab 1. Januar 1960; er war zum 31. März 1960 fällig. Außerdem verpflichtete sich die Klägerin zu bewirken, daß die Gesellschaft ihren Grundbesitz an den Verkäufer übereigne; dieser sollte die auf dem Grundbesitz lastenden Hypotheken und Grundschulden in Höhe von 1 179 785,73 DM übernehmen.
Dazu ist in dem notariell beurkundeten Vertrag gesagt, daß "der Wert der ... zu übereignenden Grundstücke ... bei der Festsetzung des Kaufpreises, der ... für die Geschäftsanteile ... zu zahlen ist, bereits berücksichtigt" sei. Den Wert dieser Leistung der Klägerin gaben die Vertragschließenden mit 1 000 000 DM an, "gleichviel, welche Werte für diese Grundstücke auch immer festgestellt werden".
Das FA (Beklagter) hat daraus auf einen vereinbarten Preis des Geschäftsanteils von 3 700 000 DM geschlossen und 9 250 DM Börsenumsatzsteuer festgesetzt.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Grundstücksklausel bewirke eine Wertminderung der erworbenen Beteiligung; der vereinbarte Kaufpreis betrage 2 700 000 DM.
Das FG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, bei Annahme einer über den Barpreis hinausgehenden Leistung müsse die Steuer aus dem gemeinen Wert des erworbenen Anteils errechnet werden. Hilfsweise kommt sie auf ihr früheres Vorbringen zurück, die Verpflichtung zur Grundstücksübertragung sei nicht zum Preis zu rechnen; wirtschaftlich und wertmäßig sei nur ein Geschäftsanteil umgesetzt worden, der den Wert der Grundstücke nicht mehr repräsentiere. Die Beteiligten sind sich darüber einig, daß der Wert dieser Grundstücke abzüglich der dinglichen Lasten (und der ihnen korrespondierenden Forderungen) 1 000 000 DM zumindest erreicht.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Der vereinbarte Preis ist der Besteuerung auch dann zugrunde zu legen, wenn er nicht oder nicht durchweg in Geld ausgedrückt ist. Er enthält hier auch die Verpflichtung zur Übertragung des Grundstücks der Gesellschaft.
Der Kauf eines Geschäftsanteils an der Gesellschaft mit beschränkter Haftung unterliegt der Börsenumsatzsteuer gemäß §§ 17, 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KVStG. Über den Steuermaßstab verfügt § 23 KVStG, über den Steuersatz § 24 Abs. 1 Nr. 3 KVStG.
Gemäß § 23 KVStG (dessen Nr. 4 hier ohne Belang ist) wird die Steuer berechnet regelmäßig von dem vereinbarten Preis (Nr. 1), wenn ein Preis nicht vereinbart ist, von dem mittleren Börsen- oder Marktpreis (Nr. 2), wenn es sowohl an einer Preisvereinbarung als auch an einem Börsen- oder Marktpreis fehlt, nach dem Wert des Wertpapiers (Nr. 3). Dessen Bewertung richtet sich nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils des BewG (§ 1 BewG vgl. mit § 18 BewG a. F.), im gegebenen Bereich also nach § 13 Abs. 2 BewG a. F. (jetzt § 11 Abs. 2 BewG), gegebenenfalls in Verbindung mit Abs. 3 dieser Vorschrift.
Zu § 23 KVStG - damals noch anzuwenden als § 21 KVStG 1934 (ebenso KVStG 1955) - hatte der BFH in dem Urteil vom 26. Februar 1958 II 244/57 U (BFHE 66, 530, BStBl III 1958, 204) unter Berufung auf das Urteil des RFH vom 8. April 1930 II A 151/30 (RStBl 1930, 355) den Standpunkt vertreten, "Preis" im Sinne dieser Vorschrift sei nur der Barpreis und dieser sei nur als zweckmäßige Vereinfachung gewählt und vorangestellt; dem Grundgedanken nach müsse der "Wert des der Steuer unterliegenden Anschaffungsgeschäfts" - also der Anteilswert - maßgebend sein, und dieser greife ein, sobald nicht nur ein ziffernmäßig bestimmter Geldbetrag als Gegenleistung vereinbart sei.
Diese Auffassung geht zurück auf das Urteil des RFH vom 28. November 1924 II A 824/24 (RFHE 15, 94) zu § 50 KVStG 1922; zuvor waren die Ansichten darüber, ob als "Preis" im Sinne dieser Vorschrift nur der Barpreis oder die gesamte vereinbarte Gegenleistung zu verstehen sei, geteilt (RFHE 15, 94 [97]). Obschon der RFH erkannte, daß das Entgelt nicht aufhöre, ein Kaufpreis zu sein, wenn neben einer das Hauptentgelt bildenden Vergütung ein nicht in Geld bestehender Gegenstand als weitere Gegenleistung vereinbart werde, fühlte er sich doch genötigt, abweichend vom Grunderwerbsteuerrecht (§ 12 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GrEStG 1919) den Preisbegriff des Börsenumsatzsteuerrechts auf den Barpreis einzuschränken, weil sonst - da nur entgeltliche Geschäfte der Börsenumsatzsteuer unterliegen (heute § 18 Abs. 1 KVStG) - die Vorschrift über die Besteuerungsgrundlage für den Fall, daß es an einem Preis fehle (vgl. § 23 Nr. 3 KVStG 1959), unanwendbar wäre. Deshalb kommt er auf die Grundsätze der Stempelsteuergesetze über den "Wert des Gegenstandes" (vgl. § 23 Nr. 4 KVStG 1959) zurück, wobei freilich problematisch sein kann, ob diese in ihren unterschiedlichen Fassungen diesen Wert durchweg als den abstrakten "gemeinen Wert" verstanden haben und ob nicht neben diesem oder gar vorrangig der konkrete Wert stand, zu dem das Wertpapier im Einzelfall gehandelt wurde.
Die Gleichsetzung von "Entgelt" und "Gegenleistung", die diesem Schlusse zugrunde liegt, läßt die Fälle "automatischen Entgelts" (Kipp, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz, 1927, § 3 Anm. 68, 71, 72) außer Betracht, wie sie für das Börsenumsatzsteuerrecht vor allem im Bereich des § 18 Abs. 2 Nr. 1 KVStG 1959 in Betracht kommen. Denn das Einbringen von Wertpapieren in eine Kapitalgesellschaft durch ihren Alleingesellschafter, ohne daß dieser von der Kapitalgesellschaft eine Gegenleistung zu fordern hätte, ist keine Schenkung (§ 516 Abs. 1 BGB) im Sinne des bürgerlichen Rechts (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1959); da es weder an einer Bereicherung der Gesellschaft noch daran fehlt, daß diese Bereicherung aus dem Vermögen des Gesellschafters stammt, läßt sich dieses Ergebnis nur damit begründen, daß der Gesellschafter trotz fehlender Gegenleistung sein "Entgelt" im Sinne des § 516 Abs. 1 BGB in einer Erhöhung des Werts seiner Gesellschaftsrechte findet. Für in diesem Sinne entgeltliche Geschäfte gibt das GrEStG 1940, das in § 3 Nr. 2 die Schenkungen von der Besteuerung ausnimmt, in § 10 Abs. 2 Nr. 1 den Besteuerungsmaßstab; es sieht ausdrücklich den Fall vor, daß "eine Gegenleistung nicht vorhanden" ist.
Dem entspricht für die Börsenumsatzsteuer § 23 Nr. 3 KVStG. Er greift ein, "wenn es sowohl an einer Preisvereinbarung als auch an einem Börsen- oder Marktpreis fehlt". Träfe die Auffassung der vorerwähnten Urteile (und der inzwischen herrschend gewordenen Lehre) zu, daß unter Preis nur der Barpreis zu verstehen sei, gäbe es keinen Besteuerungsmaßstab für die Fälle eines aus einem Barpreis und der Verpflichtung zu sonstigen Leistungen gemischten Preises, es sei denn, man wollte allein den Barpreis für maßgebend halten, selbst wenn er im Verhältnis zum Wert der sonstigen Leistungen geringfügig wäre. Denn wenn unter anderem ein Barpreis - wie niedrig er auch sein mag - vereinbart ist, läßt sich nicht behaupten, daß es an einer (Bar-)Preisvereinbarung fehle.
Sind neben dem in Geld festgesetzten Kaufpreis andere Leistungen bedungen, widerspricht demnach die Anwendung des § 23 Nr. 3 KVStG dem Wortlaut dieser Vorschrift; sie widerspricht - nach überprüfter Auffassung des Senats - auch dem Sinn des § 23 KVStG im ganzen. Die Denkmöglichkeit, in solchen Fällen gemischten Preises nur den Barpreis als Besteuerungsmaßstab anzusetzen, muß als offenbar sinn- und gleichheitswidrig ausscheiden. Im Zusammenhang des § 23 KVStG kann folglich unter "dem vereinbarten Preis" (§ 23 Nr. 1 KVStG), der als "regelmäßiger" Besteuerungsmaßstab "dem mittleren Börsen- oder Marktpreis" (§ 23 Nr. 2 KVStG) und dem - nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften zu bestimmenden (§ 1 BewG) - "Wert des Wertpapiers" (§ 23 Nr. 3 KVStG) vorgeht, nur die Gesamtheit der Leistungen verstanden werden, welche der Käufer (oder sonstige Erwerber) des Wertpapiers vereinbarungsgemäß dem Verkäufer (oder sonstigen Veräußerer) oder in dessen Interesse als Gegenleistung für den "Erwerb des Eigentums" (§ 8 Abs. 1 KVStG) am Wertpapier zu erbringen hat.
Die Ansicht der Klägerin, die Gleichsetzung von "Preis" und "Gegenleistung" sei mit der Diktion der Verkehrsteuergesetze und des bürgerlichen Rechts unvereinbar, trifft nicht zu.
Zur Gesellschaftsteuer spricht das Kapitalverkehrsteuergesetz zwar in § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c und d (früher § 2 Nr. 3 Buchst. b) und in § 8 Nr. 1 nicht vom Preis, sondern von der Gegenleistung. Im erstgenannten Falle erklärt sich das aber schon daraus, daß die (erwartete) Gegenleistung, selbst wenn sie in Geld besteht, keine solche zu sein braucht, welche üblicherweise als "Preis" angesprochen wird; das gilt z. B. bei darlehensweiser (§ 607 BGB) Überlassung von Geld für die bedungenen (§ 608 BGB) oder gesetzlichen (§ 353 HGB) Zinsen. § 8 Nr. 1 KVStG dagegen bezieht sich in keinem Fall auf Käufe; die Gegenleistung für den ersten Erwerb von Gesellschaftsrechten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG) könnte nur in einem sehr weiten Sinne als deren "Preis" verstanden werden. Unter dem Gesichtspunkt, daß § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Nr. 1 KVStG nur die beim Gründungsvorgang erbrachten Leistungen erfassen (Urteil vom 24. Juli 1972 II R 69/71, BFHE 107, 58 [59], BStBl II 1972, 907) und die weiteren Pflichteinlagen erst der Besteuerung aus § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 8 Nr. 2 KVStG unterliegen (Urteil vom 2. Februar 1972 II R 10/67, BFHE 105, 290 [293], BStBl II 1972, 578), wäre es geradezu falsch, allein die erstgenannten Leistungen als "Preis" für den (ersten) Erwerb der Gesellschaftsrechte zu bezeichnen.
Ähnlich liegt es hier. Aus dem "vereinbarten Preis" (§ 23 Nr. 1 KVStG) läßt sich der Barpreis nicht als allein maßgebender "Preis" herausschälen, ohne das Gleichgewicht der Preisvereinbarung (§§ 445, 433 Abs. 2 BGB; vgl. § 473 BGB) zu erschüttern. Der Unterschied der zur Besteuerung heranzuziehenden "Gegenleistung" erklärt sich daraus, daß sich die Gesellschaftsteuer mit der erbrachten Gegenleistung - oder Leistung - (BFHE 107, 58, [59], BStBl II 1972, 907), die Börsenumsatzsteuer dagegen mit der vereinbarten Leistung (§ 18 Nr. 1 KVStG; vgl. § 18 Abs. 2 Nr. 3 KVStG) und Gegenleistung (§ 23 Nr. 1 KVStG) befaßt. Für § 8 Nr. 3 KVStG kann der "bei der Veräußerung erzielte Preis" nicht nur der Barpreis sein.
Die vereinbarte Gegenleistung für den Erwerb eines Grundstücks war in § 12 Abs. 1 GrEStG 1919/1927 als "Veräußerungspreis" bezeichnet; er schloß auch Leistungen ein, die nicht in Geld bestehen. Seine Definition in § 12 Abs. 2 Satz 1 GrEStG 1919/1927 entsprach weitgehend der des § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1940; dieser spricht von dem "Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen". Die weitere Einbeziehung "der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen" ist allerdings eine grunderwerbsteuerrechtliche Besonderheit (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG).
Im bürgerlichen Recht versteht zwar § 433 Abs. 2 BGB "den vereinbarten Kaufpreis" für sich allein nur als den Barpreis. Das folgt aber nur aus der systematischen Ordnung des BGB, das in § 433 Abs. 2 den einfachsten Fall voranstellt, daß der Käufer den in Geld vereinbarten Kaufpreis "zu zahlen" hat.
Diese gesetzestechnische Beschränkung ist ohne praktische Bedeutung. Denn gemäß § 445 BGB finden die Vorschriften der §§ 433 bis 444 BGB, und gemäß § 493 BGB die Vorschriften der §§ 459 bis 492 BGB auf kaufähnliche Verträge entsprechende Anwendung; auch die gesetzliche Regelung des Tauschs erschöpft sich in einer solchen Bezugnahme (§ 515 BGB).
Die Annahme der Klägerin, ein jedes entgeltliche Geschäft über die Verschaffung des Eigentums an einer Sache oder eines Rechtes (§ 433 Abs. 1 BGB), dessen Gegenleistung nicht ausschließlich in Geld bestehe, sei ein Tausch (§ 515 BGB), geht fehl. Die Ausübung des Vorkaufsrechts setzt voraus, daß der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat (§ 504 BGB); § 507 BGB regelt ausdrücklich den Fall, daß sich der Dritte in dem Vertrag zu einer nicht in Geld bestehenden "Nebenleistung" verpflichtet hat. Solche Nebenleistungen sind beim Wiederkauf (§ 497 Abs. 1 BGB) in den "Preis, zu welchem verkauft worden ist," (§ 497 Abs. 2 BGB) eingeschlossen.
Für den Kauf - und nicht erst für kaufähnliche Verträge (§ 493 BGB) - regelt § 473 BGB die Minderung (§ 472 Abs. 1 BGB), wenn "neben dem in Geld festgesetzten Kaufpreise Leistungen bedungen" sind, "die nicht vertretbare Sachen zum Gegenstande haben" (§ 473 Satz 1 BGB). Aus dieser Diktion folgt, daß auch "nicht in Geld festgesetzte" Leistungen Teile des "Kaufpreises" sein können. Auch in diesem Falle gilt die Anordnung des § 472 Abs. 1 BGB, daß "der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen" ist, "in welchem zur Zeit des Verkaufs der Wert der Sache in mangelfreiem Zustande zu dem wirklichen Werte gestanden haben würde". Um eine solche Minderung "des Kaufpreises" zu ermöglichen, sind die nicht in Geld festgesetzten Leistungen "nach dem Werte zur Zeit des Verkaufs in Geld zu veranschlagen" (§ 473 Satz 1 BGB). "Die Herabsetzung der Gegenleistung des Käufers erfolgt" zwangsläufig "an dem in Geld festgesetzten Preise." Die gleiche Vorschrift des Kaufrechts (§ 473 Satz 2 BGB) sieht den Fall vor, daß "dieser geringer als der abzusetzende Betrag" ist, rechnet also innerhalb der Gewährleistungsvorschriften für den Kauf (§§ 459 ff. BGB) auch mit einem Preise, der weitgehend "nicht in Geld festgesetzt" ist. Ist dieser Teil des Preises auf die Leistung vertretbarer Sachen (vgl. § 473 BGB) gerichtet, kann unter Umständen § 472 Abs. 1 BGB unmittelbar eingreifen, wonach "der Kaufpreis ... herabzusetzen" ist, und diese Herabsetzung gleichermaßen "an dem in Geld festgesetzten Preise" und an dem Umfang der sonstigen Leistungspflicht (§§ 91, 472 Abs. 1 BGB; vgl. § 473 BGB) stattfinden.
Auch dem allgemeinen Sprachgebrauch liegt es näher, unter "Preis" die Gesamtheit der Gegenleistung des Käufers zu verstehen. Die Frage nach dem Preis eines gekauften Gegenstandes wäre unvollständig beantwortet, wenn dabei der nicht in Geld bestehende Teil der Gegenleistung verschwiegen würde. Der Preis eines eingetauschten Gegenstands ist die für diesen zu erbringende Leistung (§ 515 BGB).
Wortlaut und Sinn des § 23 KVStG geben keinen Anhalt dafür, daß unter "Preis" nur der Barpreis verstanden werden dürfe. Im Gegenteil ist die Gesamtaussage des § 23 KVStG nur dann in sich sinnvoll, wenn unter "dem vereinbarten Preis" die Gesamtheit der vereinbarten Gegenleistung verstanden wird. Denn wenn dieser "regelmäßig" maßgebend sein soll (§ 23 Nr. 1 KVStG), und nur dann, "wenn ein Preis nicht vereinbart ist", ein anderer Wert eintritt (§ 23 Nrn. 2 und 3 KVStG), folgt, daß das Gesetz den "Wert des Geschäfts" in dem Wert sieht, den ihm die Beteiligten selbst zugemessen haben. Das liegt um so näher, als der "Wert des Wertpapiers" (§ 23 Nr. 3 KVStG) zufolge §§ 1, 11 Abs. 2 Satz 1, § 9 Abs. 2 BewG wiederum möglichst aus Verkäufen (vgl. § 23 Nr. 2 KVStG) - und zwar nicht nur aus Barverkäufen - abzuleiten wäre (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Es wäre sinnwidrig, sich über den Preis, zu dem das Wertpapier im konkreten Einzelfall gehandelt wurde, nur deshalb hinwegzusetzen, weil dieser Preis nicht oder nicht durchweg in Geld ausgedrückt ist, um alsdann den "Wert des Geschäfts" aus anderen Verkäufen abzuleiten oder in Ermangelung solcher auf eine Schätzung zurückzugreifen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Maßstab einer solchen Schätzung wäre ein hypothetischer Verkaufspreis (§ 11 Abs. 2, § 9 Abs. 2 BewG), und das in einem Falle, in dem ein konkreter Verkaufspreis vorliegt.
Dieser abstrakte "Wert des Wertpapiers" ist keine unabhängig von dem getätigten Geschäft sicher vorgegebene Größe. Im Sinnzusammenhang des § 23 KVStG bleibt deshalb die Ansicht des Urteils vom 26. Februar 1958 II 244/57 U (BFHE 66, 530, BStBl III 1958, 204), daß "der Grundgedanke der gesetzlichen Vorschrift über die Berechnung der Börsenumsatzsteuer der" sei, "für die Steuerberechnung den Wert des der Steuer unterliegenden Anschaffungsgeschäfts maßgebend sein zu lassen, und daß der vereinbarte Preis nur aus Zweckmäßigkeitsgründen dem Werte vorangestellt sei", ohne Beleg. Zum einen ist nicht zu ersehen, inwiefern und wofür dies im Zusammenhang des KVStG vom 16. Oktober 1934 (RGBl I 1934, 1058) "zweckmäßig" gewesen sein soll, wenn damit keine sachliche Aussage verbunden ist. Zum andern ist der Steuermaßstab des vereinbarten Preises in § 21 KVStG 1934/1955 = § 23 KVStG 1959/1972 nicht nur "vorangestellt", sondern ausdrücklich als der Maßstab bezeichnet, aus dem die Steuer "regelmäßig" berechnet wird.
Ist der Steuermaßstab des § 23 Nr. 1 KVStG 1959 der "regelmäßige", so muß dessen Norm auch bei der Auslegung des § 23 KVStG im ganzen als Regel angesehen werden, unabhängig davon, ob diese Regel "aus Zweckmäßigkeitsgründen" oder aus anderen Gründen aufgestellt ist. Das würde zwar nicht ausschließen, daß der Sinnzusammenhang von Regel und Ausnahmen eine weitere Einschränkung der Regel fordert, als der erste Blick vermuten läßt. Doch bedürfte diese Einschränkung des Beweises, und dieser Beweis kann nicht durch das Postulat einer umgekehrten Regel ersetzt werden.
Im Zusammenhang des Gesetzes ist es sinnvoll, eine Börsenumsatzsteuer nach der Gegenleistung zu bemessen. Diese gibt bei voll entgeltlichen Geschäften genau den Wert wieder, den die Vertragsparteien dem verkauften Wertpapier beigemessen haben. Ihr Ansatz trägt zugleich dem Umstand Rechnung, daß gemäß § 18 Abs. 1 (in Verbindung mit § 17) KVStG nur "entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtet sind", der Börsenumsatzsteuer unterliegen. Bei gemischten Schenkungen enthält demnach § 23 Nr. 1 KVStG den im Verhältnis zum Besteuerungsgrund (§§ 17, 18 KVStG) korrekten Besteuerungsmaßstab.
Eine Komplikation entsteht nur dadurch, daß es - wie bereits dargelegt - Geschäfte ohne Gegenleistung gibt, die weder im Sinne des § 516 BGB noch im Sinne des § 18 Abs. 1 KVStG unentgeltlich sind. Hierher gehört z. B. die gegenleistungsfreie freiwillige Einlage eines Gesellschafters in eine Kapitalgesellschaft, deren einziger Gesellschafter er ist (vgl. § 2 Nr. 4 Buchst. a KVStG 1959). In diesem Fall muß mangels eines vereinbarten Preises der "mittlere Börsen- oder Marktpreis" (§ 23 Nr. 2 KVStG) oder der nach § 11 BewG (§ 13 a. F.) zu bestimmende "Wert des Wertpapiers" (§ 23 Nr. 3 KVStG) zum Steuermaßstab genommen werden. Selbst wenn diese Vorschriften dadurch umgehbar sein könnten, daß der Gesellschafter in einem solchen Fall mit der Gesellschaft einen niedrigeren Preis vereinbart, würde das nicht rechtfertigen, allgemein von dem Prinzip abzugehen, daß der "vereinbarte Preis" die "regelmäßige" Besteuerungsgrundlage ist (§ 23 Nr. 1 KVStG).
Das Urteil vom 26. Februar 1958 dürfte von der Auffassung ausgegangen sein, daß man bei Wertpapieren von absolut gültigen Werten ausgehen könne; unter dieser Prämisse wäre jedenfalls am einfachsten erklärt, weshalb der "Wert des Anschaffungsgeschäfts" durch den "Wert" des Papiers und nicht durch dessen Preis bestimmt sein solle. Diese Prämisse trifft indessen nicht zu (vgl. - vorwiegend für Grundstücke - Beschluß vom 18. Dezember 1972 II R 87-89/70, BFHE 108, 393 [411 ff.], BStBl II 1973, 329). Bereits § 11 BewG (§ 13 a. F.) liegt eine Mehrzahl in sich unterschiedlicher Wertbegriffe zugrunde; eine Wertbestimmung gemäß dem - nicht einschlägigen! - § 109 Abs. 4 Satz 1 BewG (§ 66 Abs. 4 Satz 1 a. F.) würde wiederum zu anderen Werten führen.
Im Übergang von der abstrakten Wertdefinition zum konkreten Wert führt gerade der Fall des § 23 Nr. 3 KVStG in Verbindung mit § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG (§ 13 Abs. 2 Satz 2 a. F.) zu den größten Schwierigkeiten, den dort in Verbindung mit § 9 BewG (§ 10 a. F.) definierten Wert auch nur annähernd exakt zu ermitteln. Einen gewissen Beleg dafür gibt gerade der vorliegende Fall, in dem sich die Klägerin auf einen im sog. Stuttgarter Verfahren ermittelten Wert beruft, der weit unter dem aufgewandten Preis liegt, obwohl keine "ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnisse" ersichtlich sind, welche für den höheren Preis maßgebend gewesen sein könnten.
Entgegen der Ansicht der Klägerin geht es dabei nicht darum, das sog. "Stuttgarter Verfahren" zu billigen oder abzulehnen. Vielmehr ist die "Errechnung" des Anteilswertes "unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft" (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG) - nach welcher Methode sie auch erfolgen mag - notwendig eine Schätzung (Urteil vom 16. Juni 1970 II 95-96/64, BFHE 99, 413 [421], BStBl II 1970, 690), deren Unschärfe zwangsläufig um so größer wird, je mehr geschätzte und darum unsichere Elemente in die Rechnung einzustellen sind. Diese von den Steuerpflichtigen nicht verschuldete Unsicherheit soll nicht zu ihren Lasten gehen. Daraus folgt aber nicht, daß ein vorsichtig geschätzter Wert allgemeingültig wäre. Über den konkreten Handelswert des einzelnen Umsatzes sagt selbst ein in optimaler Schärfe geschätzter gemeiner - und damit abstrakter - Wert nichts aus.
Dem angeblichen Vorrang eines solchen Wertes steht nicht nur entgegen, daß § 23 Nr. 1 KVStG den vereinbarten Preis als den "regelmäßigen" Steuermaßstab bezeichnet, sondern auch, daß sein erster Hilfsmaßstab nicht der "Wert des Wertpapiers" (§ 23 Nr. 3 KVStG) ist, sondern der "mittlere Börsen- oder Marktpreis, der für das Wertpapier am Tag des Geschäftsabschlusses gilt" (§ 23 Nr. 2 KVStG). Dieser Wert ist - anders als der gemeine Wert, aber in diesem Punkt dem des § 11 Abs. 1 BewG (§ 13 Abs. 1 a. F.) entsprechend - sehr konjunkturabhängig; er kann durchaus von "ungewöhnlichen Umständen" bestimmt sein. Bei Börsengeschäften werden - und dieser Gesichtspunkt kann für die Auslegung börsenumsatzsteuerrechtlicher Vorschriften nicht außer acht gelassen werden - sich der "vereinbarte Preis" und der mittlere Börsenpreis vom Tage des Geschäftsabschlusses - wenn man von extremen Situationen absieht - nicht allzusehr unterscheiden; beide können aber schon unter normalen Verhältnissen (z. B. jeweils um die Jahreswende oder bei Nachfrage eines Gesellschafters, der sich die Mehrheit oder eine Sperrminorität verschaffen will) weit von dem gemeinen Wert abweichen. Erwägt man überdies, daß § 23 Nr. 2 KVStG abweichend von § 11 Abs. 1 BewG (§ 13 Abs. 1 a. F.) nicht nur Börsenpreise erfaßt, sondern auch Marktpreise einbezieht, kann kein Zweifel mehr bestehen, daß § 23 KVStG den "Wert des Anschaffungsgeschäfts" nicht in erster Linie im gemeinen Wert des Wertpapiers, sondern in dessen aktuellem Handelswerte sieht. Diese prinzipielle Abweichung von dem Bewertungsgesetz leuchtet um so eher ein, als die Börsenumsatzsteuer den Handel oder jedenfalls den Umsatz mit Wertpapieren erfaßt, während das Bewertungsgesetz zwar nicht durchweg, aber doch in erster Linie auf den statischen Dauerwert abstellt und das im Hinblick auf die Besitzsteuern (Vermögensteuer) auch tun muß.
Bei einem aus Barpreis und sonstigen Leistungen gemischten Preis stößt die Auslegung des § 23 KVStG auf ähnliche Probleme, wie sie zu § 8 Nr. 1 KVStG 1959 in dem Urteil vom 10. Mai 1972 II R 17/68 (BFHE 105, 519, BStBl II 1972, 629) erörtert sind. Hier wie dort darf die Höhe der Steuer nicht von Umständen abhängen, die vom Zweck der Steuer - dort der Gesellschaftsteuer, hier der Börsenumsatzsteuer - her gesehen als reine und - ohne Vorwurf einer Steuerumgehung (§ 6 StAnpG), im umgekehrten Falle aber auch ohne die Hilfe des § 131 der AO - manipulierbare Zufälle angesehen werden müßten. Das wäre hier aber der Fall, wenn bei unbaren Nebenleistungen die "regelmäßige" Vorschrift des § 23 KVStG unanwendbar würde. Die Gleichmäßigkeit der Besteuerung wäre empfindlich gestört, wenn der Maßstab des vereinbarten Preises (§ 23 Nr. 1 KVStG) dadurch ausgeschaltet werden könnte, daß zu dem baren Preis noch eine nicht in Geld bestehende Nebenleistung vereinbart würde (womöglich mit der Folge, daß der Steuermaßstab niedriger würde als der bare Teil des Kaufpreises).
Steuermaßstab ist demnach hier der vereinbarte Preis (§ 23 Nr. 1 KVStG). Die Verpflichtung, dem Verkäufer die Grundstücke der Gesellschaft zu verschaffen, ist Teil des vereinbarten Preises.
Die Klägerin ist demgegenüber der Ansicht, die Verpflichtung zur Grundstücksübertragung gehöre nicht zum vereinbarten Preis. Sie habe "die Anteile an dem Unternehmen ohne den Grundbesitz erwerben sollen"; zwar nicht der zivilrechtlichen Konstruktion nach, wohl aber "wirtschaftlich stehe der vorliegende Sachverhalt einer Entnahme" (des Verkäufers) "gleich".
Eine solche Gegenüberstellung einer zivilrechtlichen und einer "wirtschaftlichen" Betrachtungsweise ist in sich unschlüssig. Denn auch "wirtschaftlich" wird das, was der Klägerin zugeflossen ist, durch die bürgerlichen Rechtsvorgänge bestimmt, die ihr in Erfüllung des Anschaffungsgeschäftes den Geschäftsanteil an der Gesellschaft verschafften. Erst vermittels ihrer Gesellschafterstellung konnte sie darauf hinwirken, daß die Gesellschaft dem Verkäufer die Grundstücke überließ. Sie hat also bewußt Geschäftsanteile der Gesellschaft zu einem Zeitpunkt gekauft, zu dem dieser die Grundstücke noch gehörten; sie hat sich auch dazu verpflichtet, den diesem Umstand entsprechenden Preis zu leisten. Es war nunmehr ihre Sache, wie sie die Verpflichtung erfüllte, diese Grundstücke dem Verkäufer zu verschaffen.
Der Vergleich mit einer "Entnahme" liegt nicht nur auf der Seite des Verkäufers neben der Sache. Der Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung - selbst ein Alleingesellschafter, was der Verkäufer nicht war - kann zu deren Vermögen gehörende Grundstücke nicht ohne weiteres "entnehmen" (vgl. § 81a GmbHG). Er kann sie kaufen, muß dann aber den Preis zahlen. Er kann gegen die Kaufpreisforderung (§ 433 Abs. 2 BGB) seinen Gewinnanspruch (§ 29 GmbHG) aufrechnen (§ 387 BGB); das setzt aber die Fälligkeit dieses Anspruchs und damit einen Gewinnverteilungsbeschluß (§ 46 Nr. 1 GmbHG) voraus. Die verdeckte Gewinnausschüttung (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG) ist kein Institut des Zivilrechts.
Wie die Klägerin verfahren sollte und verfahren ist, um dem Verkäufer das Grundstück zu verschaffen, ist nicht festgestellt, aber auch unerheblich. Der Umstand, daß sie möglicherweise unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften die Grundstücke ohne Gegenwert aus der Gesellschaft "entnommen" hat, erlaubt keine "wirtschaftliche Betrachtung", welche die Selbständigkeit dieser juristischen Person negieren würde. Der vereinbarte Preis ist zwar nicht unbedingt der benannte, sondern der zu leistende (vgl. zu § 10 Abs. 1 GrEStG Urteil vom 26. April 1972 II R 188/71, BFHE 106, 236). Es kommt aber nicht darauf an, was der Käufer aufwenden (oder nicht aufwenden) muß, um sich die Mittel für die ihm obliegende Leistung zu verschaffen.
Entsprechendes gilt für den Verkäufer. Der vereinbarte Preis könnte nicht mit der Begründung gekürzt werden, daß die Übertragung der Grundstücke, die er vertragsgemäß auf Kosten der Klägerin zu erhalten hatte, zugleich den Wert des ihm (zunächst) verbliebenen Geschäftsanteils gemindert habe. Denn der Verkäufer als Gesellschafter der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und diese Gesellschaft selbst sind verschiedene Rechtspersonen. Wertminderungen des Gesellschaftsvermö gens, welche die Gesellschaft etwa selbst herbeiführte, mindern zwar den Wert der Geschäftsanteile, haben aber - da auf einem anderen Rechtsverhältnis beruhend - nichts mit dem Preis zu tun, der für einen solchen Geschäftsanteil zwischen Dritten trotzdem oder gerade deshalb vereinbart wird.
Da es allein Sache der Klägerin war, dem Verkäufer die Grundstücke zu verschaffen, setzt sich der vereinbarte Preis (§ 23 Nr. 1 KVStG) zusammen aus dem Barpreis von 2 700 000 DM und dem gemeinen Wert der dem Verkäufer zu verschaffenden Grundstücke (§ 10 Abs. 1 BewG a. F. = § 9 Abs. 1 BewG 1965) abzüglich der von dem Verkäufer zu übernehmenden Grundstückslasten (unter Einschluß der persönlichen Schuldübernahmen). Diese Differenz betrug mindestens 1 000 000 DM. Der vereinbarte Preis, aus dem die Börsenumsatzsteuer zu errechnen war (§ 23 Nr. 1 KVStG), betrug demnach mindestens 3 700 000 DM. Bei einem Steuersatz von 2,5 vom Tausend (§ 24 Abs. 1 Nr. 3, § 19 Abs. 2 KVStG) ist die Steuer mit 9 250 DM nicht zu hoch festgesetzt.
Die Revision der Klägerin war demnach als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Zugleich waren ihr die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels aufzuerlegen (§ 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 70904 |
BStBl II 1974, 470 |
BFHE 1974, 299 |