Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zu den Herstellungskosten im Sinne von § 7 b Abs. 1 EStG gehören nicht die aus Bauarbeiten stammenden Verbindlichkeiten des Vorbesitzers eines Grundstücks, die der Bauherr beim Erwerb des Grundstücks unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernimmt.
Normenkette
EStG § 7b/1
Tatbestand
Die Steuerpflichtigen (Stpfl.) haben am 21. Juni 1955 ein Einfamilienhaus und am 8. August 1958 ein Ruinengrundstück erworben. Beim Kauf des Hauses übernahmen sie eine Schuld des Vorbesitzers von 44.350 DM, die Wiederaufbaukosten des bombengeschädigten Gebäudes betraf, das die Stpfl. dann weiter ausbauten. Eine beim Kauf des Ruinengrundstücks ebenfalls übernommene Schuld von 25.970 DM war entstanden durch den Abbruch und die Schutträumung der Ruine sowie durch den Aushub der Baugrube für den Neubau, für Zu- und Ableitungen und das Gehsteigpflaster. Die Stpfl. beanspruchten in beiden Fällen die erhöhte Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 b EStG und legten dabei außer ihren eigenen Baukosten der Bemessung dieser AfA auch die übernommenen Verbindlichkeiten zugrunde.
Das Finanzamt (FA) sah die übernommenen Verbindlichkeiten als Anschaffungskosten an und lehnte insoweit die Anwendung des § 7 b EStG ab.
Der Einspruch der Stpfl. hatte insoweit keinen Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) gehörten die übernommenen Verbindlichkeiten nicht zu den Herstellungskosten, sondern zu den Anschaffungskosten, die nach der klaren Unterscheidung in § 7 b EStG nicht in die Bemessungsgrundlage für die erhöhte AfA einbezogen werden können.
Die Stpfl. rügen unrichtige Anwendung des § 7 b EStG. Zur Begründung tragen sie vor, sie hätten dem Vorbesitzer des Ruinengrundstücks, der keine Baugenehmigung gehabt habe, die Kosten für seine Aufräumungsarbeiten sowie die des Aushubs der Baugrube für den Neubau, die Auslagen für das Gehsteigpflaster und die Versorgungsanschlüsse ersetzt. Da erst sie die Baugenehmigung erhalten hätten, seien sie Bauherren im Sinn von § 18 Abs. 1 EStDV. Der Hinweis des FG auf die Urteile des BFH IV 2/53 U vom 25. Juni 1953 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 57 S. 629 - BFH 57, 629 -, BStBl III 1953, 241) und VI 52/62 U vom 27. November 1962 (BFH 76, 321, BStBl III 1963, 117), in denen die Kosten für den Erwerb eines Rohbaus nicht zu den Herstellungskosten im Sinn von § 7 b EStG gerechnet worden seien, gehe fehl.
Bei dem Erwerb des Hauses hätten sie in Verpflichtungen aus nicht abgewickelten Verträgen eintreten müssen, da der Vorbesitzer in Konkurs geraten sei. Auch in diesem Fall hätten erst sie die Baugenehmigung eingeholt. Sie hätten ein größeres Risiko übernommen, als ein anderer Bauherr; denn wenn die Baugenehmigung versagt oder nicht entsprechend den bereits durchgeführten Baumaßnahmen erteilt worden wäre, hätten sie diese auf ihre Kosten wieder beseitigen müssen. Bei dieser Sachlage sei die Einbeziehung der streitigen Aufwendungen in die Bemessung der AfA nach § 7 b EStG gerechtfertigt. Die Stpfl. beantragen,
das Urteil des FG dahin zu ändern, daß die erhöhte AfA nach § 7 b EStG auf die übernommenen Verbindlichkeiten ausgedehnt wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision gegen das in "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 1964 S. 427 veröffentlichte Urteil des FG ist nicht begründet.
Es ist nicht zu beanstanden, daß das FG die Einbeziehung der von den Stpfl. beim Erwerb der Grundstücke übernommenen Verbindlichkeiten in die Bemessungsgrundlage für die erhöhte AfA nach § 7 b Abs. 1 EStG abgelehnt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kommen hierfür nur Aufwendungen in Betracht, die ein Steuerpflichtiger auf Grund der von ihm mit Bauhandwerkern geschlossenen Verträge zur Erstellung von neuem Wohnraum gemacht hat. Wie bereits mehrfach entschieden wurde, können die für den Erwerb eines Rohbaus gezahlten Beträge vom Erwerber nicht erhöht nach § 7 b Abs. 1 EStG abgeschrieben werden (z. B. Urteile des Senats VI 52/62 U, a. a. O.; VI 30/64 vom 15. Januar 1965, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1965 S. 358). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Im Streitfall haben die Stpfl. zwar keinen Rohbau erworben. Sie haben aber Verpflichtungen gegenüber Bauhandwerkern übernommen, die auf Verträgen der Vorbesitzer der Grundstücke beruhten. Die zur Abdeckung derartiger Verpflichtungen gezahlten Beträge sind steuerlich keine Herstellungskosten, sondern gehören zu den Anschaffungskosten des Grundstücks. Daß erst die Stpfl. die Baugenehmigungen für den Ausbau bzw. Wiederaufbau der beiden Häuser eingeholt haben, ändert hieran nichts, da die Erteilung der Baugenehmigung ein Vorgang auf dem Gebiete des Baurechts ist, der für die Besteuerung keine unmittelbare Bedeutung hat. Selbst wenn die Stpfl., wie sie behaupten, bei dem Erwerb der Grundstücke hinsichtlich der bereits ausgeführten vorbereitenden Bauarbeiten in die bestehenden Verbindlichkeiten der Vorbesitzer eingetreten sind und sie damit ein besonderes Risiko übernommen haben, so wurden sie dadurch nicht Bauherren im Sinn des § 7 b Abs. 1 EStG hinsichtlich dieser Baumaßnahmen.
Fundstellen
Haufe-Index 412148 |
BStBl III 1966, 535 |
BFHE 1966, 467 |
BFHE 86, 467 |