Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Der Tatbestand der Umwandlung nach dem Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften vom 5. Juli 1934, RGBl. I S. 569, ist grundsätzlich nicht als der Beginn einer Entziehungsmaßnahme im Sinne des REG anzusehen.
Normenkette
KVStG § 2/1; KVStG § 2/1/1
Tatbestand
Der überwiegende Teil des Unternehmens der Beschwerdeführerin (Bfin.) - einer GmbH - wurde bis 1936 in der Form einer AG betrieben. Die Aktien befanden sich im jüdischen Besitz. Im Jahre 1936 wurde die AG, wie die Bfin. behauptet, unter nationalsozialistischem Druck nach dem Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften (Umwandlungsgesetz) vom 5. Juli 1934, Reichsgesetzblatt (RGBl.) I S. 569, in eine OHG umgewandelt. Gesellschafter der OHG waren die zwei früheren Inhaber der Aktien. Im Zuge der Arisierung verkauften sie 1938 den Betrieb an die Gebrüder A. Diese führten ihn zunächst als OHG weiter und wandelten ihn später in eine KG um. Die Rückerstattungsberechtigten machten auf Grund des Rückerstattungsgesetzes Ansprüche geltend. Im Wege einer gütlichen Einigung vor dem Amt für Vermögenskontrolle und Wiedergutmachung übertrugen die Rückerstattungspflichtigen die KG mit allen Aktiven und Passiven an die zwei Rückerstattungsberechtigten, die sie vorerst (ab 1. Januar 1949) als OHG führten. Die Rückerstattung der Grundstücke erfolgte durch Auflassung an sie je zur ideellen Hälfte. Am 31. Mai 1949 wurde dann die Bfin. als GmbH mit einem Stammkapital von 500.000 DM errichtet, das die Rückerstattungsberechtigten mit je 240.000 DM und ein Dritter, bisher am Unternehmen nicht Beteiligter, mit 20.000 DM übernahmen. Die Rückerstattungsberechtigten leisteten die Stammeinlagen derart, daß sie das Geschäftsvermögen der bisher von ihnen betriebenen OHG einbrachten, jedoch mit Ausnahme insbesondere der Fabrikgrundstücke.
Streitig ist die Gesellschaftsteuer für den Erwerb der Gesellschaftsrechte (vgl. § 2 Ziff. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes - KapVStG -).
Die Vorinstanz bejahte die Steuerpflicht. Die Bfin. wendet sich in der Rechtsbeschwerde (Rb.) hiergegen. Sie hat keinen Erfolg. Die Bfin. beruft sich auf Art. 91 des amerikanischen Rückerstattungsgesetzes (REG) und führt u. a. aus, die Errichtung der GmbH stelle den früheren Zustand wieder her. Das Unternehmen sei früher auch als Kapitalgesellschaft betrieben worden. Die Umwandlung dieser Kapitalgesellschaft in eine OHG sei durch den auf das Umwandlungsgesetz zurückzuführenden Zwang geboten gewesen. Gerade bei jüdischen Unternehmen sei die Verpflichtung zur Umwandlung einem Zwange gleichzusetzen gewesen. Man müsse daher die Umwandlung in eine Personengesellschaft im Jahre 1936 mit der Entziehung im Jahre 1938 im Zusammenhang sehen. Es sei schließlich nicht auf den Wortlaut des Vergleichs, sondern auf den wirtschaftlichen Endzweck der Rückerstattung abzustellen. Dieser sei von Anfang an auf die Gründung einer Kapitalgesellschaft gegangen. Weitere Ermittlungen (Vernehmung der Beteiligten) hätten dies ergeben.
Entscheidungsgründe
Vorerst ist die Frage zu prüfen, welche Bedeutung die Behauptung der Bfin. hat, die Umwandlung der AG in eine OHG sei unter Druck erfolgt. Die Bfin. gibt selbst zu, der (wie sie sagt, jüdische) Kommentator Hachenburg habe in seinem Kommentar zum Umwandlungsgesetz 1935 S. 4 in Düringer-Hachenburg: Das Handelsgesetzbuch Bd. III 3. Teil "festgestellt", das Umwandlungsgesetz enthalte keinen unmittelbaren Zwang, vielmehr gebe es nur den Anstoß zur Ersetzung der anonymen Gesellschaft durch die Personen der Inhaber des Geschäfts. "Schon durch seine Existenz berührt es (das Umwandlungsgesetz) als eine Mahnung hierzu." Diese Mahnung richtete sich jedoch nicht nur an die von jüdischen Inhabern beherrschten, sondern an sämtliche Unternehmen. Es handelt sich demnach, wenn dieser Mahnung gefolgt wurde und die Umwandlung etwa Nachteile für die davon Betroffenen mit sich brachte, insoweit um Maßnahmen im Zuge der allgemeinen Wirtschaftspolitik und -gesetzgebung der Naziregierung, die sich nicht nur für die Verfolgten ergaben. Solche Maßnahmen lösen nach Art. 1 ff. REG an sich keinen Rückerstattungsanspruch aus. Diese Nachteile können grundsätzlich auch nicht als der Anfang einer Entziehungsmaßnahme im Zuge der Arisierung, die ihren Abschluß vorliegend erst in der Entziehung der Anteile an der OHG fand, angesehen werden. Das Rückerstattungsverfahren stützt sich im Streitfall nur auf die Entziehung der Anteile der OHG. Eine Berücksichtigung des früher (1936) liegenden Vorgangs der Umwandlung ist daher nicht möglich.
Auszugehen ist demnach bei der weiteren Erörterung der Anwendungsmöglichkeit des Art. 91 REG von den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entziehungsmaßnahme (Art. 1, 15 REG) und davon, daß es sich bei der Rückerstattung um eine Maßnahme der Beteiligten handeln muß, die das Rückerstattungsgesetz selbst als eine der vielfachen Möglichkeiten der Rückerstattung vorsieht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs II 135/50 S vom 30. Januar 1951, Slg. Bd. 55 S. 104, Bundessteuerblatt - BStBl. - 1951 III S. 41 und Urteil II 154/52 U vom 24. Juni 1953, das zur Veröffentlichung im BStBl. III freigegeben ist). Im Zeitpunkt der Entziehungsmaßnahme bestand keine Kapitalgesellschaft, sondern eine Personengesellschaft. Die Errichtung einer Kapitalgesellschaft aber ist bei der strittigen Rückerstattung keine Regelung, die das Rückerstattungsgesetz selbst als Möglichkeit der Rückerstattung vorsieht. Hiernach entfällt die Möglichkeit der Anwendung des Art. 91 a. a. O.
Fundstellen
Haufe-Index 407716 |
BStBl III 1953, 249 |
BFHE 1954, 652 |
BFHE 57, 652 |