Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Wird das Einzelunternehmen unter Fortführung der Buchwerte in eine von dem bisherigen Inhaber, seinem Ehegatten und seinen Kindern gegründete Kapitalgesellschaft eingebracht, so geht die Bewertungsfreiheit des § 7a EStG 1949 in der Regel auf die Kapitalgesellschaft über, wenn der Ehegatte und die Kinder aus familienrechtlichen Erwägungen unentgeltlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt werden. EStG 1949 § 7a.
Normenkette
EStG § 7a
Tatbestand
In die durch notariellen Vertrag mit Wirkung vom 1. Oktober 1949 gegründete GmbH (die Beschwerdeführerin - Bfin. -) brachte der Kaufmann X das bisher von ihm allein betriebene Unternehmen ein. An der Bfin., die die Buchwerte des bisherigen Einzelunternehmens fortführte, waren X mit 55 v. H., seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau und seine mit ihm nicht zusammen veranlagten vier Kinder mit je 9 v. H. beteiligt. Nach § 3 des Gesellschaftsvertrages wurden die Stammeinlagen aller Gesellschafter durch die Einbringung des bisher als Einzelfirma betriebenen Unternehmens gedeckt.
Bei der Veranlagung der Bfin. für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1949 und für das Kalenderjahr 1950 ist streitig, ob die Bfin. für bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter, die sie in den vom 1. Oktober 1949 bis 30. Juni 1950 und vom 1. Juli 1950 bis 30. Juni 1951 laufenden Wirtschaftsjahren angeschafft hat, die Bewertungsfreiheit nach § 7a des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1949 und 1950 in demselben Umfang in Anspruch nehmen darf, in dem sie dem Kaufmann X bei Fortführung des Unternehmens als Einzelfirma zugestanden hätte. Die Vorinstanzen haben die Bewertungsfreiheit mit der Begründung abgelehnt, daß durch die Einbringung des Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft, an der nicht nur die mit dem Einzelunternehmen zusammen veranlagte Ehefrau, sondern auch seine mit ihm nicht mehr zusammen veranlagten Kinder beteiligt seien, die für die Anwendung des § 7a EStG notwendige Unternehmensidentität beseitigt worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist begründet.
§ 7a EStG 1949 und 1950 bezieht sich nach Sinn und Wortlaut auf das Unternehmen in der Hand des Steuerpflichtigen und kann nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur dann in Anspruch genommen werden, wenn zwischen dem ersatzbeschaffenden Unternehmen und dem Unternehmen, das das ersetzte Wirtschaftsgut ausgeschieden oder verloren hat, Unternehmer- und Unternehmensidentität besteht (Urteile des Bundesfinanzhofs I 75/51 U vom 12. Dezember 1951, Slg. Bd. 56 S. 56, Bundessteuerblatt - BStBl - 1952 III S. 23; I 17/52 U vom 6. Mai 1952, Slg. Bd. 56 S. 473, BStBl 1952 III S. 183; I 38/52 U vom 26. August 1952, Slg. Bd. 56 S. 681, BStBl 1952 III S. 261; I 101/52 U vom 10. Februar 1953, Slg. Bd. 57 S. 234, BStBl 1953 III S. 93 und I 184/ 53 U vom 12. Januar 1954, Slg. Bd. 58 S. 437, BStBl 1954 S. 79). Bei der Prüfung der Identität kommt es weniger auf die formalrechtliche Gestaltung als auf die wirtschaftliche Bedeutung des Wechsels der das Unternehmen tragenden Personen an. Die Ersatzbeschaffung ist ein wirtschaftlicher Vorgang, dessen Voraussetzungen nur nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilt werden können. Der Senat hat deshalb unter Aufrechterhaltung des Grundsatzes, daß die übertragung eines Betriebs auf eine Kapitalgesellschaft zu einer Verneinung der Personengleichheit führt (Urteil des Bundesfinanzhofs I 75/51 U) trotzdem die Identität der Unternehmen in den Fällen bejaht, in denen der Ehemann seinen Betrieb in eine Kapitalgesellschaft einbringt, an der er und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau beteiligt sind (Urteil des Bundesfinanzhofs I 101/52 U) oder der Betrieb einer Personengesellschaft auf eine aus denselben Gesellschaftern bestehende Kapitalgesellschaft bei Fortbestehen der Personengesellschaft (Betriebsspaltung) übertragen wird (Urteil des Bundesfinanzhofs I 38/52 U). ähnliche aus der wirtschaftlichen Betrachtungsweise sich ergebende überlegungen haben ihn veranlaßt, unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 233/51 U vom 24. Oktober 1951, Slg. Bd. 56 S. 10, BStBl 1952 III S. 5, in der unentgeltlichen nach § 5 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1949 zu beurteilenden und auf familien- und erbrechtlichen Erwägungen beruhenden Betriebsübertragung einen die Identität der Unternehmen und der Unternehmer nicht beeinträchtigenden Vorgang zu sehen (Urteile des Bundesfinanzhofs I 17/52 U und I 184/53 U).
Man wird dem Finanzgericht darin zustimmen müssen, daß die Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft zu einer die Anwendung des § 7a EStG 1949 und 1950 ausschließenden Unterbrechung des Unternehmensidentität immer dann führt, wenn an der Kapitalgesellschaft andere Personen als an dem übertragenen Unternehmen beteiligt werden oder wenn sich die Beteiligungsverhältnisse ändern. Zutreffend ist auch die Auffassung des Finanzgerichts, daß die unentgeltlichen Zuwendungen, die der Einzelunternehmer X im Zuge der Gründung der Bfin. seiner Ehefrau und seinen mit ihm nicht zusammen veranlagten Kindern gemacht hat, keine unentgeltliche übertragung des Betriebs oder eines Teilbetriebs im Sinne des § 5 EStDV 1949 darstellt und deshalb die in den Urteilen des Senats I 17/52 U und I 184/53 U ausgesprochenen Grundsätze nicht unmittelbar angewendet werden können. Nach § 3 des Gesellschaftsvertrags vom . . . sollen die der Ehefrau und den Kindern obliegenden Verpflichtungen zur Einzahlung der Stammeinlagen durch die Einbringung des dem Ehemann gehörenden Betriebs getilgt werden. Die unentgeltliche Tilgung einer fremden Verbindlichkeit kann einer unentgeltlichen übertragung eines Betriebs oder eines Teilbetriebs im Sinne des § 5 EStDV nicht gleichgesetzt werden.
Trotzdem erscheint es noch vertretbar, auch im vorliegenden Fall für die Anwendung des § 7a EStG 1949 und 1950 Unternehmeridentität anzunehmen. Es ist unter Berücksichtigung der Grundgedanken der bisherigen Rechtsprechung gerechtfertigt, bei der Einbringung des von einem Einzelunternehmer betriebenen Unternehmens in eine von ihm, seiner Ehefrau und seinen Kinder gebildete Kapitalgesellschaft die Unternehmer- und Unternehmenseinheit dann zu bejahen, wenn die Kinder aus familienrechtlichen Erwägungen unentgeltlich beteiligt werden, die Beteiligung als vorweggenommene Erbfolge angesehen werden kann und die Kapitalgesellschaft in steuerlich zulässiger Weise die bisherigen Buchwerte des Einzelunternehmens fortführt. Dabei ist es unerheblich, ob die Ehefrau und die Kinder mit dem Ehemann und Vater zusammen veranlagt werden. Schon nach der bisherigen Rechtsprechung wäre die Unternehmer- und Unternehmensidentität gewahrt gewesen, wenn der Vater zunächst im Wege unentgeltlicher Teilübertragung mit seiner Ehefrau und seinen Kindern eine Personengesellschaft gegründet hätte, die ihrerseits das Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft bei gleichbleibenden Beteiligungsverhältnissen einbringen würde.
Fundstellen
Haufe-Index 408812 |
BStBl III 1957, 345 |
BFHE 1958, 292 |
BFHE 65, 292 |
BB 1957, 955 |
DB 1957, 910 |