Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Erlaß von Steuern aus Billigkeitsgründen bei einer Stiftung.
Normenkette
AO § 131
Gründe
1)
Die Revision ist nicht begründet. Die OFD hat durch die angefochtene Entscheidung die Grenzen ihres Ermessens, die bei der Anwendung des § 131 AO nach der ständigen, inzwischen erneut bestätigten Rechtsprechung des BFH bestehen (BFH-Urteile VII 22/62 S vom 19. Januar 1965, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 81 S. 572 - BFH 81, 572 -, BStBl III 1965, 206; I 390/61 vom 11. Mai 1965, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1965 S. 483), nicht überschritten. Sie hat insbesondere den Begriff der Unbilligkeit nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AO richtig ausgelegt.
Weder in den persönlichen Verhältnissen der Stpfl. (einer Stiftung) noch in der Tatsache der Besteuerung als solcher liegen Gründe vor, die es rechtfertigen würden, die Einziehung der Steuern, deren Erlaß die Stpfl. begehrt, als unbillig zu bezeichnen. Eine persönliche Unbilligkeit wird allgemein anzunehmen sein, wenn die Fortführung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen durch die Einziehung der Steuern ernsthaft in Frage gestellt würde (Existenzgefährdung). Auf die Stiftung übertragen bedeutet dies, daß die Einziehung von Steuern allenfalls dann für einen begrenzten Zeitraum unbillig sein kann, wenn durch sie die Gefahr hervorgerufen wird, daß der Stiftungszweck, in dem der ursprüngliche Wille des Stifters in rechtlich gesicherter Weise fortlebt, nicht mehr erfüllt werden kann, und diese Lage der Stiftung nicht auf Umstände wie ungenügende Ausstattung mit Vermögen durch den Stifter oder schlechte Wirtschaftsführung zurückzuführen ist. Nach den Feststellungen der Vorinstanz ist diese Voraussetzung im Streitfall nicht erfüllt. Die Stpfl. hat Vermögen, dessen ordentliche Erträge durch die Bezahlung der Steuern nicht berührt werden. Denn die Stpfl. hatte eine fällige Forderung auf Enteignungsentschädigung in Höhe von 6.000 DM, die sie dem FA zur Sicherheit abgetreten hatte und deren Betrag inzwischen hinterlegt wurde. Gewiß würde es dem Stiftungszweck entsprechen, auch diese Summe für Unterstützungen zu verwenden. Aber es ist nicht richtig, daß der Stiftungszweck dem Anspruch des Staates auf die gesetzlichen Steuern in der Weise vorgehe, daß auch die Ausweitung oder auch nur die Erhaltung des bisherigen Umfangs des Kreises der Unterstützungsempfänger den Erlaß von Steuern nach § 131 AO rechtfertigen könnte. Die gegenteilige Auffassung der Stpfl. bedeutet letztlich einen Angriff auf die Besteuerung der Stiftung überhaupt, dem angesichts der bestehenden gesetzlichen Vorschriften (§ 1 Abs. 1 Ziff. 5 KStG, § 1 Abs. 1 Ziff. 2 Buchstabe e VStG) der Erfolg versagt bleiben muß.
Auch eine sachliche Unbilligkeit ist in der Einziehung der Steuern, deren Erlaß die Stpfl. fordert, nicht zu erblicken. Die Steuern wurden, wie rechtskräftig entschieden ist, zu Recht festgesetzt, da die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit in den betreffenden Jahren noch nicht erfüllt waren. § 131 AO gibt dem FA grundsätzlich nicht die Möglichkeit, das Gesetz zu korrigieren und die Steuerfreiheit auch beim Fehlen ihrer Voraussetzungen im Wege des Erlasses der Steuern vorwegzunehmen (vgl. BFH-Urteil III 112/60 U vom 30. August 1963, BFH 77, 522, BStBl III 1963, 511).
Fundstellen
Haufe-Index 412345 |
BStBl III 1967, 156 |
BFHE 1967, 333 |
BFHE 87, 333 |