Leitsatz (amtlich)
Durch den Ansatz eines Verlustes in dem das Verlustentstehungsjahr betreffenden Körperschaftsteuerbescheid wird keine Besteuerungsgrundlage mit Bindungswirkung für die Körperschaftsteuer im Verlustabzugsjahr festgestellt. Deshalb ist über die Höhe eines Verlustabzuges in dem Körperschaftsteuerbescheid zu befinden, der das Verlustabzugsjahr betrifft (Abweichung von BFH-Beschluß vom 18.Mai 1983 I R 263/82, BFHE 138, 409, BStBl II 1983, 602).
Orientierungssatz
1. Bezieht sich die Revision auf zwei in einem Verfahren verbundene Steuerbescheide, liegt nur eine Revision vor. In der Revisionsschrift oder Revisionsbegründungsschrift müssen bezogen auf beide Steuerbescheide die verletzten Rechtsnormen und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angegeben werden, aus denen sich die Mängel ergeben (vgl. BFH-Rechtsprechung und BVerwG-Rechtsprechung).
2. Ein Antrag auf schlichte Änderung eines Steuerbescheids kann nicht mit einem Einspruch gegen denselben gleichstellt werden.
3. Hat das FG in der Vorentscheidung die einem Steuerbescheid entnommenen Besteuerungsgrundlagen in tatsächlicher Hinsicht nicht ausdrücklich festgestellt, kann sie der BFH dennoch bei seiner Entscheidung berücksichtigen, wenn das FG sich auf den Steuerbescheid bezogen hat. In diesem Fall gelten die in ihm angesetzten und zwischen den Beteiligten unstreitigen Besteuerungsgrundlagen als festgestellt (vgl. BFH-Beschluß vom 17.7.1967 GrS 3/66).
4. Der Senat versteht die in § 47 Abs. 2 Satz 2 KStG 1977 getroffene Regelung dahin, daß die Vorschrift die in § 171 Abs. 10 AO 1977 aufgezählten Grundlagenbescheide im Wege einer Fiktion erweitert. Auch ist auf den fingierten Grundlagenbescheid grundsätzlich § 181 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 anzuwenden. Die Bindungswirkung des fingierten Grundlagenbescheids i.S. des § 182 Abs. 1 AO 1977 tritt jedoch nur gegenüber dem vEK-Feststellungsbescheid ein. Der fingierte Grundlagenbescheid ist weder für die Körperschaftsteuerbescheide der Vorjahre oder Folgejahre noch z.B. für die Feststellung der in § 11 Abs. 2 BewG bezeichneten Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften bindend (§§ 112, 113a BewG).
Normenkette
AO 1977 §§ 118, 157 Abs. 2; KStG 1977 § 47 Abs. 2 S. 2; FGO § 118 Abs. 2, § 120 Abs. 2 S. 2; AO 1977 § 182 Abs. 1, § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a; BewG 1974 § 11 Abs. 2; AO 1977 § 181 Abs. 1 S. 1; BewG 1974 § 112; EStG § 10d; BewG 1974 § 113a; AO 1977 § 171 Abs. 10
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahre 1978 gegründete GmbH, die laut Körperschaftsteuererklärung 1978 im Gründungsjahr einen Verlust in Höhe von 35 001 DM erzielte. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Klägerin zur Körperschaftsteuer 1978 laut Erklärung.
Für den Veranlagungszeitraum 1979 gab die Klägerin zunächst keine Körperschaftsteuererklärung ab. Deshalb erging am 1.Juni 1981 ein Körperschaftsteuerbescheid 1979 mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen, in dem der Gewinn 1979 mit 17 500 DM und das nach Abzug eines Verlustes aus 1978 zu versteuernde Einkommen 1979 mit 0 DM angesetzt wurden. In dem Bescheid wird die Körperschaftsteuer 1979 auf 0 DM festgesetzt. Der Bescheid wurde von der Klägerin innerhalb der Einspruchsfrist nicht angefochten, vielmehr reichte diese erst am 7.Juli 1981 die Körperschaftsteuererklärung 1979 ein, in der ein Verlust in Höhe von 33 349 DM ausgewiesen ist. Das FA lehnte die Änderung des Bescheides vom 1.Juni 1981 aufgrund der eingereichten Körperschaftsteuererklärung ab.
Die Körperschaftsteuererklärung 1980 der Klägerin weist einen Gewinn in Höhe von 70 857 DM aus. Bei der Einkommensermittlung 1980 zog die Klägerin von dem Gewinn den Verlust 1978 in Höhe von 35 001 DM und den Verlust 1979 in Höhe von 33 349 DM ab. Dadurch ergab sich ein nach § 23 Abs.6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1977) auf volle 10 DM nach unten abgerundetes erklärtes zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 3 200 DM. Das FA setzte jedoch die Körperschaftsteuer 1980 von einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 54 056 DM fest, weil es den Verlust 1978 in Höhe von 17 500 DM als "verbraucht" ansah und für 1979 eine Bindung an die Gewinnschätzung annahm. Der Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1980 blieb ohne Erfolg.
Die Klägerin erhob Klage wegen Körperschaftsteuer 1980 und vorsorglich auch wegen Berichtigung des Körperschaftsteuerbescheides 1979. Die Klage wies das Finanzgericht (FG), soweit sie die Körperschaftsteuer 1979 betraf, als unzulässig und im übrigen als unbegründet ab.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 8, 27,30, 47 KStG 1977, des § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des § 182 der Abgabenordnung (AO 1977).
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 7.September 1984 6 K 39/83 wird aufgehoben.
2. Der gegen die Klägerin gerichtete Körperschaftsteuerbescheid 1979 vom 1.Juni 1981 wird dahingehend geändert, daß ein Verlust aus dem Jahre 1979 in Höhe von 33 349 DM berücksichtigt wird.
3. Der gegen die Klägerin gerichtete Körperschaftsteuerbescheid 1980 vom 26.Mai 1982 wird dahingehend geändert, daß die Körperschaftsteuer 1980 auf 700 DM festgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision ist unzulässig, soweit die Klägerin mit ihr die Berichtigung des Körperschaftsteuerbescheides 1979 verfolgt. Sie war insoweit zu verwerfen (§ 126 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Nach § 120 Abs.1 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Nach § 120 Abs.2 Satz 2 FGO muß die Revision oder die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Bezieht sich die Revision auf zwei in einem Verfahren verbundene Steuerbescheide, so liegt zwar nur eine Revision vor. Jedoch müssen in der Revisions- oder in der Revisionsbegründungsschrift bezogen auf beide Steuerbescheide die verletzten Rechtsnormen und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angegeben werden, aus denen sich die Mängel ergeben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5.Dezember 1978 VIII R 116/77, BFHE 127, 1, BStBl II 1979, 305; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 3.November 1976 VII C 47/74, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1977, 398). Sind diese Voraussetzungen nur bezüglich eines Steuerbescheides erfüllt, so ist die Revision bezüglich des anderen Steuerbescheides im Sinne des § 124 FGO nicht formgerecht begründet. Die nicht formgerechte Begründung führt insoweit zur teilweisen Unzulässigkeit der Revision.
2. Für den Streitfall enthält die Revisionsschrift vom 28.November 1984 nur die Einlegung der Revision und den Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist. Der Fristverlängerungsantrag wurde mit Schriftsatz vom 8.Januar 1985 wiederholt. Beiden Anträgen wurde entsprochen und die Revisionsbegründungsfrist zuletzt bis zum 29.März 1985 verlängert. Die Klägerin reichte die Revisionsbegründung mit Schriftsatz vom 27.März 1985 ein. Bezüglich des Körperschaftsteuerbescheides 1979 wird zwar einerseits dessen Änderung, zugleich aber auch das Ruhen des Verfahrens beantragt. Näher begründet wird nur der Antrag auf Anordnung des Ruhens des Verfahrens. Zwar nimmt die Klägerin auf Seite 5 ihres Schriftsatzes vom 27.März 1985 zu Fragen ihrer Beschwer Stellung. Jedoch hat das FG die Klage nicht wegen fehlender Beschwer, sondern wegen des von der Klägerin nicht eingelegten Einspruchs abgewiesen. Bezogen auf diese vom FG getroffene Entscheidung wird in der Revisionsbegründung nicht auf die Frage eingegangen, weshalb sie Bundesrecht verletzt (§ 118 Abs.1 Satz 1 FGO). Ein Antrag auf schlichte Änderung des Körperschaftsteuerbescheides kann nicht mit einem Einspruch gegen denselben gleichgestellt werden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nur unter den Voraussetzungen des § 110 AO 1977 gewährt werden. Die unter Nr.3 der Revisionsbegründung (Seiten 6 und 7) wiedergegebenen Ausführungen betreffen nur den Körperschaftsteuerbescheid 1980. Aus ihnen ergibt sich kein Hinweis darauf, weshalb das FG verpflichtet gewesen sein sollte, den Körperschaftsteuerbescheid 1979 vom 1.Juni 1981 zu ändern und für 1979 einen Verlust in Höhe von 33 349 DM zu berücksichtigen.
B. Die sich auf den Körperschaftsteuerbescheid 1980 beziehende Revision ist begründet. Insoweit war die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zwecks anderweitiger Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO). Das FG hat zu Unrecht eine Bindung für den Verlustabzug im Körperschaftsteuerbescheid 1980 an eine Verlustfeststellung im Körperschaftsteuerbescheid 1978 sowie an eine Einkommensfeststellung im Körperschaftsteuerbescheid 1979 angenommen. Eine solche Bindung ist den Gesetzen nicht zu entnehmen.
1. Nach § 118 AO 1977 besteht jeder Verwaltungsakt und damit auch jeder Steuerbescheid aus einer Verfügung, Entscheidung oder einer anderen hoheitlichen Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung des Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Deshalb ist zwischen dem verfügenden Teil eines Steuerbescheids und seiner Begründung zu unterscheiden. Bei einem Körperschaftsteuerbescheid besteht der verfügende Teil (*=Verwaltungsakt) in der Festsetzung einer der Höhe und dem Veranlagungszeitraum nach betragsmäßig konkretisierten Körperschaftsteuer gegenüber einer bestimmten Person. Nur dieser verfügende Teil des Körperschaftsteuerbescheids ist der Bestandskraft fähig. In diesem Sinne kommt ihm Bindungswirkung sowohl für den betroffenen Steuerpflichtigen als auch für die erlassende Behörde zu. Nicht der Bestandskraft fähig ist demgegenüber die Begründung des Steuerbescheides. Gemäß § 157 Abs.2 AO 1977 ist sie in der Regel nur ein nicht selbständig anfechtbarer Teil des Steuerbescheids. Daraus folgt, daß die Finanzbehörde in der Regel die einzelnen Besteuerungsgrundlagen eines Steuerbescheids für jede Steuerfestsetzung selbständig und ohne Bindung an ihren Ansatz in anderen Steuerbescheiden ermitteln und berücksichtigen muß. Entsprechend muß die Finanzbehörde auch einen der Besteuerung zugrunde zu legenden Verlustabzug für das Abzugsjahr neu ermitteln und rechtlich beurteilen. Sie ist an die Sach- und Rechtsbehandlung in dem das Entstehungsjahr des Verlustes betreffenden Steuerbescheid nicht gebunden. Von diesem Grundsatz gilt nur dann eine Ausnahme, wenn der Verlust durch einen eigenständigen Verwaltungsakt gesondert festgestellt wurde (vgl. BFH-Urteile vom 17.März 1961 VI 67/60 U, BFHE 73, 441, BStBl III 1961, 427; vom 22.Juli 1975 VIII R 64/70, BFHE 116, 455, BStBl II 1975, 866; vom 11.März 1970 I 91/65, BFHE 99, 169, BStBl II 1970, 588).
2. Im Streitfall sind die Verluste, die die Klägerin in 1978 und 1979 nach eigenen Angaben erzielt hat, weder positiv noch negativ gesondert festgestellt worden. Der Körperschaftsteuerbescheid 1978 vom 1.August 1980 weist in seinen Zeilen 1 bis 87 (Vordruck KSt 2 A - Ko 06 79) keine Eintragung aus. In Zeile 88 ist eine Zwischensumme mit ./. 35 001 DM und in Zeile 90 das zu versteuernde Einkommen mit 0 DM angesetzt. Im Körperschaftsteuerbescheid 1979 vom 1.Juni 1981 ist das FA ähnlich verfahren. Hier enthalten die Zeilen 1 bis 90 (Vordruck KSt 2 A - Ko 04 80) keine Eintragung. In Zeile 91 ist eine Zwischensumme mit 17 500 DM und in Zeile 101 das zu versteuernde Einkommen mit 0 DM angesetzt. Diesen Ansätzen läßt sich nicht entnehmen, daß das FA für 1978 einen Verlust in Höhe von 35 001 DM und für 1979 einen Gewinn in Höhe von 17 500 DM durch Verwaltungsakt gesondert festgestellt hätte. Es fehlt schon an den entsprechenden Verfügungssätzen.
Zwar hat das FG in der Vorentscheidung die den Körperschaftsteuerbescheiden 1978 und 1979 entnommenen Besteuerungsgrundlagen in tatsächlicher Hinsicht nicht ausdrücklich festgestellt. Der Senat kann sie dennoch bei seiner Entscheidung berücksichtigen, weil das FG sich auf die Körperschaftsteuerbescheide 1978 und 1979 bezogen hat. Damit gelten die in ihnen angesetzten und zwischen den Beteiligten unstreitigen Besteuerungsgrundlagen als festgestellt (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 17.Juli 1967 GrS 3/66, BFHE 91, 213, BStBl II 1968, 285).
3. Aus § 47 Abs.2 Satz 2 KStG 1977 folgt keine andere Beurteilung der Bindungswirkung. Zwar heißt es dort: "Der Körperschaftsteuerbescheid gilt insoweit als Grundlagenbescheid." Auch läßt sich dem Wort "gilt" entnehmen, daß den Ansätzen des Einkommens und der Tarifbelastung im Körperschaftsteuerbescheid die Funktion eines Grundlagenbescheids zuerkannt werden soll, obwohl diese Ansätze eigentlich nur unselbständiger Teil des Körperschaftsteuerbescheids sind (§ 157 Abs.2 AO 1977). Jedoch erfordert auch die Behandlung des feststellenden Teils des Körperschaftsteuerbescheids als fingierter Grundlagenbescheid, daß in ihm bestimmte Beträge als Einkommen bzw. als Tarifbelastung angesetzt werden und daß der Bescheid die regelnde Erklärung enthält, welche Beträge der Höhe und der Qualität nach als Einkommen bzw. als Tarifbelastung angesetzt werden. Solange es an einer solchen Erklärung im Körperschaftsteuerbescheid fehlt, fehlt es auch an einem Hoheitsakt, der als fingierter Grundlagenbescheid i.S. des § 47 Abs.2 Satz 2 KStG 1977 beurteilt werden könnte.
4. Im Streitfall bestand für das FG keine Veranlassung, das Klageverfahren wegen Körperschaftsteuer 1980 gemäß § 74 FGO auszusetzen, um dem FA Gelegenheit zu geben, die bisher fehlenden Feststellungen der Einkommen 1978 und 1979 nachzuholen (vgl. BFH-Urteile vom 3.Februar 1976 VIII R 29/71, BFHE 118, 135, BStBl II 1976, 396; vom 26.Juli 1983 VIII R 28/79, BFHE 139, 335, BStBl II 1984, 290; vom 9.Mai 1984 I R 25/81, BFHE 141, 252, BStBl II 1984, 726). Selbst wenn die Körperschaftsteuerbescheide 1978 und 1979 um die bisher fehlenden fingierten Feststellungen des Einkommens ergänzt würden, ergäbe sich daraus keine Bindungswirkung für den Verlustabzug bei der Einkommensermittlung 1980 gemäß § 8 Abs.4 KStG 1977 i.V.m. § 10d EStG. Der erkennende Senat versteht zwar die in § 47 Abs.2 Satz 2 KStG 1977 getroffene Regelung dahin, daß die Vorschrift die in § 171 Abs.10 AO 1977 aufgezählten Grundlagenbescheide im Wege einer Fiktion erweitert. Auch ist auf den fingierten Grundlagenbescheid grundsätzlich § 181 Abs.1 Satz 1 AO 1977 anzuwenden. Jedoch findet § 182 Abs.1 AO 1977 auf ihn nur eingeschränkte Anwendung. Dies folgt aus dem in § 47 Abs.2 Satz 2 KStG 1977 verwendeten Wort "insoweit". Mit diesem Wort nimmt der Satz 2 auf den Satz 1 des § 47 Abs.2 KStG 1977 Bezug. Für den Bereich der Tatbestandsvoraussetzungen bezieht sich das Wort "insoweit" auf die in § 47 Abs.2 Satz 1 KStG 1977 genannte Änderung des Körperschaftsteuerbescheids, wenn sie auf einer Änderung der Höhe des Einkommens oder der Tarifbelastung beruht. Für den Rechtsfolgenbereich bezieht es sich auf die in § 47 Abs.2 Satz 1 KStG 1977 allein vorgesehene Folgeänderung des Feststellungsbescheids i.S. des § 47 Abs.1 KStG 1977. Damit tritt die Bindungswirkung des fingierten Grundlagenbescheids i.S. des § 182 Abs.1 AO 1977 nur gegenüber dem vEK-Feststellungsbescheid ein. Der fingierte Grundlagenbescheid ist weder für die Körperschaftsteuerbescheide der Vor- oder Folgejahre noch z.B. für die Feststellung der in § 11 Abs.2 des Bewertungsgesetzes (BewG) bezeichneten Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften bindend (§§ 112, 113a BewG).
Für die vom erkennenden Senat vertretene Rechtsauffassung spricht nicht zuletzt die Stellung des § 47 Abs.2 im Vierten Teil des KStG 1977. Die Vorschriften des Vierten Teil des KStG 1977 befassen sich ausschließlich mit Regelungen für Zwecke des Anrechnungsverfahrens, wobei das erste Kapitel des Vierten Teils materielle Vorschriften und das zweite Kapitel formelle Vorschriften für Zwecke der Durchführung des Anrechnungsverfahrens enthalten. Wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß Verluste, die eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S. des § 1 Abs.1 KStG 1977 erleidet und die nach § 8 Abs.4 KStG 1977 i.V.m. § 10d EStG abziehbar sind, abweichend von § 157 Abs.2 AO 1977 gesondert festgestellt werden sollen, so hätte es nahegelegen, eine allgemeine diesbezügliche Regelung entweder in § 8 oder in den §§ 48 ff. KStG 1977 aufzunehmen. Es wäre nicht verständlich, wenn für den Verlustabzug i.S. des § 8 Abs.4 KStG 1977 i.V.m. § 10d EStG unterschiedliche Grundsätze gelten sollten je nachdem, ob die den Verlustabzug begehrende Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse dem Anrechnungsverfahren unterworfen ist oder nicht. Soweit der Senat in seinem Beschluß vom 18.Mai 1983 I R 263/82 (BFHE 138, 409, BStBl II 1983, 602) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er an dieser nicht länger fest.
5. Da für den Verlustabzug gemäß § 8 Abs.4 KStG 1977 i.V.m. § 10d EStG bei der Veranlagung für das Verlustabzugsjahr keine Bindungswirkung an die Feststellung des Einkommens im Körperschaftsteuerbescheid des Verlustentstehungsjahres besteht, muß die Entscheidung über die Höhe des Verlustabzugs bei der Veranlagung des Jahres getroffen werden, in dem der Verlustabzug sich auswirkt (vgl. BFH-Urteil vom 12.Januar 1966 I 184/63, BFHE 85, 161, BStBl III 1966, 270). Die Vorentscheidung entspricht diesen Grundsätzen nicht, soweit sie sich auf die Körperschaftsteuer 1980 bezieht. Deshalb war sie aufzuheben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Bisher wurden die von der Klägerin für 1978 und 1979 geltend gemachten Verluste nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüft. Das FG wird diese Prüfung nachholen und die dafür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen treffen müssen. Zu diesem Zweck war die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 61531 |
BStBl II 1988, 463 |
BFHE 151, 554 |
BFHE 1988, 554 |