Leitsatz (amtlich)
1. Der Lohnsteuer-Jahresausgleich ist nur gegenüber Arbeitnehmern durchzuführen. Auf Ehegatten bezogen bedeutet dies, daß nur der Ehegatte antragsberechtigt ist, der als Arbeitnehmer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat.
2. Einen Antrag gemäß § 173 Abs.1 Nr.2 AO 1977 auf Änderung des Bescheides über den Lohnsteuer-Jahresausgleich kann nur der Ehegatte stellen, demgegenüber der Erstbescheid ergangen ist und der im Ausgleichsjahr als Arbeitnehmer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat.
Normenkette
AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 2; EStG § 26 Abs. 1, §§ 42, 42a
Verfahrensgang
FG Köln (Entscheidung vom 13.11.1985; Aktenzeichen XI 446/82 L) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Ehefrau des R. R war in den Streitjahren 1977 bis 1979 als angestellter Berufskraftfahrer im grenzüberschreitenden Güterfernverkehr tätig. Die Klägerin war Hausfrau. Beide beantragten beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) die Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs 1977, 1978 und 1979. Das FA erließ am 5.Juni 1978, am 18.September 1979 bzw. am 14.August 1980 entsprechende Bescheide. Sie wurden bestandskräftig.
Am 28.Januar 1982 beantragte nur die Klägerin beim FA die Änderung der o.g. Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheide 1977 bis 1979, weil sich R in 1977 an 134 Arbeitstagen, in 1978 an 159 Arbeitstagen und in 1979 an 159 Arbeitstagen beruflich bedingt in Italien aufgehalten habe und der zeitanteilig auf diese Zeit entfallende Jahresarbeitslohn gemäß Art.11 Nr.1 Buchst.d i.V.m. Art.7 Abs.1 Satz 1 des Abkommens zwischen dem Deutschen Reiche und Italien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung anderer Fragen auf dem Gebiete der direkten Steuern vom 31.Oktober 1925 --DBA-Italien-- (RGBl II 1925, 1146) im Inland steuerfrei sei. Das FA lehnte den Antrag auf Änderung der Bescheide durch Verfügung vom 10.März 1982 ab. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) hob in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1986, 103 veröffentlichten Urteil die Ablehnungsverfügung vom 10.März 1982 auf und verpflichtete das FA, die o.g. Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheide zu ändern und dabei konkret benannte Beträge als steuerfreie Einkünfte außer Ansatz zu lassen.
Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 173 Abs.1 Nr.2 der Abgabenordnung (AO 1977).
Es beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG Köln vom 13.November 1985 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die Änderung eines Steuerbescheides gemäß § 173 Abs.1 Nr.2 AO 1977 setzt stets voraus, daß gegenüber demjenigen, der die Änderung begehrt, ein sog. Erstbescheid ergangen ist, dessen Änderung Gegenstand des auf § 173 Abs.1 Nr.2 AO 1977 gestützten Antrages ist. Bezogen auf die Klägerin einerseits und den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1977 andererseits fehlt es im Streitfall bereits an dieser Voraussetzung, weil der Bescheid vom 5.Juni 1978 nur an R und nicht auch an die Klägerin gerichtet ist.
Zwar hat das FG in der Vorentscheidung in tatsächlicher Hinsicht nicht ausdrücklich festgestellt (vgl. § 118 Abs.2 FGO), daß der Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1977 nicht an die Klägerin gerichtet wurde. Dennoch kann der Senat diese Tatsache bei seiner Entscheidung berücksichtigen, weil das FG auf den Bescheid vom 5.Juni 1978 Bezug genommen hat. Damit gilt sein Inhalt --soweit er nicht bestritten ist-- als festgestellt (Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17.Juli 1967 GrS 3/66, BFHE 91, 213, BStBl II 1968, 285).
2. Das Fehlen eines Erstbescheides gegenüber der Klägerin führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage, soweit sich beide auf den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1977 beziehen. Der von der Klägerin gestellte Änderungsantrag kann nicht in einen Antrag auf Erlaß eines Erstbescheides betreffend den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1977 gegenüber der Klägerin umgedeutet werden. Der Klägerin steht ein solcher Anspruch nicht zu.
Das Einkommensteuergesetz (EStG) unterscheidet in den §§ 42 und 42a zwischen dem Lohnsteuer-Jahresausgleich und dem gemeinsamen Lohnsteuer-Jahresausgleich für Ehegatten. Sowohl der Lohnsteuer-Jahresausgleich i.S. des § 42 EStG als auch der gemeinsame Lohnsteuer-Jahresausgleich i.S. des § 42a EStG setzen unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer voraus, die nicht zur Einkommensteuer veranlagt werden. Jedoch wird der Lohnsteuer-Jahresausgleich i.S. des § 42 EStG nur entweder gegenüber alleinstehenden Arbeitnehmern oder gegenüber verheirateten Arbeitnehmern durchgeführt, wenn sie mit einem Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs.1 EStG erfüllen und der Ehegatte im Ausgleichsjahr selbst keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt. Hat der Ehegatte solche Einkünfte erzielt, so ist ein gemeinsamer Lohnsteuer-Jahresausgleich i.S. des § 42a EStG für beide Ehegatten durchzuführen. In allen Fällen ist der Lohnsteuer-Jahresausgleich nur gegenüber den "Arbeitnehmern" durchzuführen. Auf Ehegatten bezogen bedeutet dies, daß nur der Ehegatte antragsberechtigt ist, der selbst Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 42 Abs.1 Satz 1 EStG. Danach wird der Lohnsteuer-Jahresausgleich nur einem Arbeitnehmer erstattet. Folglich kann nur er einerseits den Antrag gemäß § 42 Abs.2 Satz 1 EStG stellen und andererseits die Änderung eines ihm gegenüber erlassenen Bescheides gemäß § 173 Abs.1 Nr.2 AO 1977 beantragen. Der Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich ist nur an den Arbeitnehmer zu richten. § 42 Abs.2 Satz 4 EStG steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Die dort geforderte Unterschrift des Ehegatten des Arbeitnehmers ist keine materielle Antragsvoraussetzung (vgl. Altehoefer in Lademann/Söffing/Brockhoff, Einkommensteuergesetz, § 42 Anm.14 a). Sie dient dem Zweck, dem FA Gewißheit über die Voraussetzungen des § 26 Abs.1 EStG zu verschaffen. Außerdem erklärt der Ehegatte mit seiner Unterschrift, daß er im Ausgleichsjahr keine eigenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat und deshalb kein gemeinsamer Lohnsteuer-Jahresausgleich gegenüber den Ehegatten (§ 42a EStG) in Betracht kommt.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gemäß § 118 Abs.2 FGO gebunden ist, bezog im Ausgleichsjahr 1977 nur R Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Deshalb war nur er antragsberechtigt. Das FA erließ den Bescheid vom 5.Juni 1978 zutreffenderweise nur ihm gegenüber. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Bescheiderteilung auch ihr gegenüber noch kann sie mangels Beschwer die Änderung des an R gerichteten Bescheides begehren.
3. Bezogen auf die Lohnsteuer-Jahresausgleiche 1978 und 1979 ist die Sachlage des Streitfalls nur insoweit eine andere, als das FA die Bescheide vom 18.September 1979 und vom 14.August 1980 unzutreffenderweise auch an die Klägerin richtete. Daraus erwächst der Klägerin jedoch kein eigenes Recht auf Beantragung oder Änderung der Lohnsteuer-Jahresausgleiche 1978 und 1979. Die Klägerin könnte selbst bei unterstellter Beschwer nur die Aufhebung der an sie gerichteten Bescheide beantragen. Für einen solchen Antrag fehlt es jedoch an den Änderungsvoraussetzungen des § 173 Abs.1 Nr.2 AO 1977. Die beruflich bedingten Italienaufenthalte des R sind für die (ersatzlose) Aufhebung der Bescheide vom 18.September 1979 und vom 14.August 1980 rechtsunerheblich. Entsprechend hätte das FG auch die Klage wegen der Lohnsteuer-Jahresausgleiche 1978 und 1979 abweisen müssen.
4. Das FG hat eine andere Rechtsauffassung vertreten. Deshalb kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage war abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 62331 |
BFH/NV 1988, 2 |
BStBl II 1988, 928 |
BFHE 154, 56 |
BFHE 1989, 56 |
BB 1988, 2303-2304 (LT1-2) |
DB 1988, 2236-2237 (LT) |