Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Leistet bei einem bestehenden Organverhältnis mit Ergebnisabführungsvertrag das Organ die Vierteljahresbeträge der Vermögensabgabe zu Lasten einer vororganschaftlichen freien Rücklage, so führt dies beim Organ nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Bfin. ist Organ einer GmbH, mit der eine gültige Ergebnisausschlußvereinbarung besteht. Im Streitjahr hat die Bfin. ihren Handelsbilanzgewinn von 30 000 DM an den Organträger abgeführt und das von ihr selbst zu versteuernde Einkommen, das sich nur aus nichtabzugsfähigen Steuern zusammensetzt, mit 4 000 DM erklärt. Streitig ist die steuerliche Behandlung des nichtabzugsfähigen (Tilgungs-) Anteils der Vermögensabgabe von 12.000 DM, den die Bfin. aus einer vororganschaftlichen, nicht gemäß § 218 Abs. 2 LAG zweckgebundenen Rücklage geleistet hat. Das Finanzamt hat diesen Betrag als eigenes Einkommen der Bfin. bzw. als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt.
Die dagegen eingelegte Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung wie folgt: Die Bfin. habe weder die Vermögensabgabeverpflichtung passiviert noch eine nach § 218 Abs. 2 LAG gebundene Rücklage vorgenommen. Es hänge somit in jedem Jahr von ihrer Entschließung ab, ob die Vierteljahresbeträge der Vermögensabgabe zu Lasten des Betriebsergebnisses oder der nicht zweckgebundenen Rücklage gebucht würden. Nach dieser technischen Abwicklung richte sich dann der an den Organträger abzuführende Betrag. Wäre im Streitjahr die Buchung zu Lasten des Gewinns erfolgt, so hätte die Bfin. den abzuführenden Gewinn entsprechend kürzen und in Höhe des nichtabzugsfähigen Teils der Vermögensabgabe eigenes Einkommen ausweisen und versteuern müssen. Durch die Entrichtung der Vermögensabgabe über eine nicht gebundene freie Rücklage habe die Bfin. einen entsprechend höheren Gewinn abführen können. Hierauf habe aber der Organträger aus dem Ergebnisausschlußvertrag keinen Anspruch, so daß der Vorgang zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führe. Ob beim Organträger das Schachtelprivileg eingreife, sei für die Besteuerung des Organs ohne Bedeutung. Bei diesem habe die Ausschüttung das Betriebsergebnis nicht geschmälert. Jedoch habe die Bfin. mit Hilfe einer Teilauflösung der vororganschaftlichen Rücklage eine grundsätzlich von ihr zu Lasten des Gewinns zu leistende und in Höhe von 12 000 DM nicht abzugsfähige Ausgabe gedeckt, um die entsprechende Gewinnschmälerung, die steuerlich als nicht abzugsfähig zu behandeln sei, nicht aufzeigen zu müssen. Die Bfin. sei daher so zu besteuern, wie wenn sie die Vermögensabgabeverpflichtung nicht durch Abbuchung von der Rücklage, sondern aus dem laufenden Gewinn geleistet hätte.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt.
Für die bilanz- und zahlenmäßige Behandlung der Vermögensabgabe bestehen vier Möglichkeiten:
Leistung der Vierteljahresbeträge zu Lasten des laufenden Gewinns. Der nichtabzugsfähige Teil der Vierteljahresbeträge ist eigenes Einkommen des Organs.
Ausweis der vollen Vermögensabgabeschuld als Verbindlichkeit (ß 218 Abs. 1 Satz 1 LAG). Die Zahlung der Tilgungsraten ist eine Vermögensumschichtung. Die in den Vierteljahrsraten enthaltenen Zinsbeträge mindern den Gewinn. Eigenes Einkommen des Organs und verdeckte Gewinnausschüttung an den Organträger scheiden hier aus.
Bildung einer Rücklage für die Lastenausgleichs-Vermögensabgabe (ß 218 Abs. 2 LAG). Soweit die Rücklage reicht, ist grundsätzlich wie im Fall 2. zu verfahren.
Entrichtung der Vierteljahresbeträge der Vermögensabgabe zu Lasten einer freien Rücklage bzw. in dem zugelassenen Umfang der gesetzlichen Rücklage gemäß § 223 Abs. 3 LAG.
über die Frage, wie im Fall zu 4. bei einem Organverhältnis verfahren werden soll, wenn die Vermögensabgabe des Organs aus einer vororganschaftlichen Rücklage des Organs bezahlt wird, besteht keine einheitliche Auffassung. Die Meinungsverschiedenheiten hängen im grundsätzlichen mit der allgemeinen Frage zusammen, ob die gesetzliche Lastenausgleichsregelung in ihrem Wesen die sofortige Fälligkeit oder eine Aufteilung der Vermögensabgabe auf eine 30jährige Laufzeit enthält. Im einzelnen beziehen sich die unterschiedlichen Meinungen auf die bei vororganschaftlichen Rücklagen bestehenden Besonderheiten einschließlich des Falles der Rücklagenbildung nach § 218 Abs. 2 LAG. Hübl, "Zur körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft - Deckung von Betriebsausgaben aus vorvertraglichen Leistungen", Deutsche Steuer-Zeitung Ausgabe A 1960 S. 370 ff., tritt dafür ein, bei Verbuchung der Vermögensabgabe zu Lasten einer freien Rücklage eigenes Einkommen des Organs und verdeckte Gewinnausschüttung an den Organträger anzunehmen.
Nach Abschn. IV Ziff. 6 des Ländererlasses zur Organschaftsbesteuerung vom Oktober 1959 (BStBl 1959 II S. 161) soll folgendes gelten:
"Die übertragung vorvertraglicher versteuerter offener und stiller Rücklagen des Organs auf den Organträger im Wege der Auflösung zugunsten des Geschäftsergebnisses des Organs stellt einen Vorgang dar, der sich steuerrechtlich außerhalb der Gewinnabführung vollzieht und der deshalb nach den Vorschriften des Körperschaftsteuerrechts als verdeckte Gewinnausschüttung zur beurteilen ist. ... Die verdeckte Gewinnausschüttung ist beim Organträger zu versteuern, sofern sie nicht bei ihm auf Grund des Schachtelprivilegs außer Ansatz bleibt. Beim Organ ist die verdeckte Gewinnausschüttung nicht zu berücksichtigen, da sie den Gewinn des Organs nicht gemindert hat".
Die Vorentscheidung hat sich zu sehr von den besonderen ertragsteuerlichen Folgen der Vermögensabgabezahlung aus dem laufenden Ertrag leiten lassen und damit die ganz allgemeine Wirkung einer Ausgabentilgung aus einer bereits versteuerten, dem Eigenkapital zuzurechnenden Rücklage zu wenig beachtet. Die Rechtsauffassung des Finanzgerichts würde dazu führen, daß bereits versteuertes Einkommen, das allerdings nicht ausgeschüttet, sondern einer offenen Rücklage in der Bilanz zugeführt worden war, noch einmal besteuert werden müßte, wenn es sich um Vermögensabgabetilgungsbeträge handelt. Es kann dabei keinen Unterschied machen, ob die Vermögensabgabeleistungen über die gesetzlich besonders zugelassene Rücklage nach § 218 Abs. 2 LAG oder über eine freie Rücklage ausgebucht werden. Daß sich durch diese Art der buchmäßigen Behandlung gegenüber der Leistung der Vermögensabgabe zu Lasten des laufenden Gewinns unterschiedliche steuerliche Auswirkungen ergeben, ist in den vom Gesetzgeber eingeräumten verschiedenen technischen Abwicklungsmöglichkeiten der Vermögensabgabe begründet.
Die Inanspruchnahme der freien Rücklage für die Entrichtung des Tilgungsanteils der Vermögensabgabe führt beim Organ wegen der außerbilanzmäßigen Hinzurechnung dieses nichtabzugsfähigen Vorgangs nicht zu einer Gewinnminderung.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegt in dem Vorgang auch keine dem Organ wegen der Besonderheiten der steuerlichen Organschaftsbesteuerung zuzurechnende verdeckte Gewinnausschüttung. Es kann dahingestellt bleiben, wie beim Organträger der Vorgang zu behandeln ist.
Die Bfin. hat als Organ das sie betreffende körperschaftsteuerliche Einkommen richtig erklärt. Aus der möglichen Behandlung der 12 000 DM beim Organträger kann nicht entsprechend der sonst bei verdeckten Gewinnausschüttungen bestehenden Abhängigkeit eine Zurechnung beim Organ nach § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG vorgenommen werden. Wird die den Gewinn nicht beeinflussende Auflösung einer versteuerten vororganschaftlichen Rücklage anerkannt, so kann nicht - wie es die Vorinstanz im Ergebnis getan hat - beim Organ die Entrichtung der Vermögensabgabe aus dem laufenden Gewinn angenommen werden, die aber - weil sie tatsächlich nicht erfolgt ist - in eine über die freie Rücklage vorgenommene verdeckte Gewinnausschüttung umgedeutet wird.
Fundstellen
Haufe-Index 411577 |
BStBl III 1965, 455 |
BFHE 1965, 578 |
BFHE 82, 578 |
BB 1968, 856 |