Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erstattung angemeldeter Getreide-Mitverantwortungsabgaben DDR
Leitsatz (amtlich)
1. Aus der Getreide-Mitverantwortungsabgabenverordnung ergab sich die Pflicht zur Anmeldung nach dem Recht der ehemaligen DDR vermeintlich entstandener Getreide-Mitverantwortungsabgaben; eine solche Pflicht ist rein verfahrensrechtlicher Natur und vom materiell-rechtlichen Entstehen der zu berechnenden Abgabe unabhängig (Bestätigung des Urteils vom 29. Oktober 2002 VII R 2/02, BFHE 200, 88, BStBl II 2003, 43).
2. Die Festsetzungsverjährung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe DDR richtet sich nach § 32 GetrMVAV.
Normenkette
AO 1977 § 37 Abs. 2, § 150 Abs. 1 S. 3, § 153 Abs. 1, § 164 Abs. 2, 4, §§ 168, 169 Abs. 2, § 170 Abs. 2; MOG § 12; GetrMVAV § 32
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) begehrt die Erstattung von Getreide-Mitverantwortungsabgaben, die überwiegend von ihrer Rechtsvorgängerin im Hinblick auf vor dem 2. Oktober 1990 in der ehemaligen DDR durchgeführte Getreidelieferungen angemeldet und abgeführt worden sind. Ein Teilbetrag, um den jetzt allein noch Streit besteht, ist von der Klägerin selbst in "Ergänzung" einer von den B-Werken fristgemäß 1991 getätigten Abgabeanmeldung zum 15. Januar 1993 angemeldet worden; die Zahlung erfolgte dadurch, dass die Abgabeschuld mit dem an die Klägerin abgetretenen Erstattungsanspruch der B-Werke verrechnet wurde.
1997 hat die Klägerin die Erstattung der Mitverantwortungsabgaben beim Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt ―HZA―) beantragt. Das HZA hat die Erstattung abgelehnt. Die hiergegen erhobene Klage hatte wegen des vorgenannten Teilbetrages Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte insofern, die Klägerin habe einen Erstattungsanspruch, weil die 1993 abgegebene Anmeldung über die ―nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) mangels gesetzlicher Grundlage nicht entstandene― Getreide-Mitverantwortungsabgabe keinen Rechtsgrund darstelle, dessentwegen das HZA die bezahlte Abgabe behalten dürfe. Die Anmeldung sei ohne wirksame gesetzliche Verpflichtung i.S. des § 150 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung (AO 1977) erfolgt. Als gesetzliche Verpflichtung zur Abgabeanmeldung komme lediglich die Verordnung über das Verfahren bei den Mitverantworungsabgaben im Sektor Getreide (GetrMVAV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 24. Januar 1990 in Betracht. Eine Verpflichtung zur Abgabe einer entsprechenden Anmeldung könne jedoch denklogisch nur dann bestehen, wenn die anzumeldende Abgabe überhaupt entstanden sei.
Da die Zahlungsverjährung erst mit Abführung der Abgabe im Januar 1993 begonnen habe, sei der Erstattungsanspruch auch noch nicht verjährt. Dass die Zahlung durch Verrechnung mit einem auf einer 1991 geleisteten Zahlung beruhenden Erstattungsanspruch vorgenommen worden sei, sei in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom FG wegen Abweichung von dem Urteil des erkennenden Senats vom 29. Oktober 2002 VII R 2/02 (BFHE 200, 88, BStBl II 2003, 43) zugelassene Revision des HZA.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des HZA ist begründet und führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage in vollem Umfang (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO), soweit das FG der Klage stattgegeben hat.
1. Der von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsanspruch steht dieser nach § 37 Abs. 2 AO 1977 (zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift siehe Urteil des Senats vom 25. Juli 1995 VII R 71/94, BFH/NV 1996, 92) nur zu, wenn sie Zahlungen auf eine Getreide-Mitverantwortungsabgabeschuld, deren Bestehen sie zunächst angenommen hat, ohne rechtlichen Grund geleistet hätte. Da eine Getreide-Mitverantwortungsabgabe für in der Zeit vor dem 2. Oktober 1990 in der ehemaligen DDR gelieferter Getreidemengen nicht entstanden ist, wie der Senat in seinem Urteil vom 4. Juli 1996 VII R 32/95 (BFH/NV 1997, 317) erkannt hat, kann sich ein Rechtsgrund für die von der Klägerin gleichwohl geleisteten Zahlungen nur darin finden, dass die ―materiell-rechtlich nicht entstandene― Getreide-Mitverantwortungsabgabe gegen die Klägerin wirksam festgesetzt worden ist. Das ist indes entgegen der Ansicht des FG der Fall, weil die Klägerin eine Abgabeanmeldung abgegeben hat, die gemäß § 168 AO 1977 einer Abgabefestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht und auch ―trotz Fehlens einer materiell-rechtlichen Grundlage für die Erhebung der angemeldeten Abgabe― nicht nichtig ist, weil das Fehlen jener Grundlage nicht offensichtlich war (dazu Urteil des Senats vom 7. Februar 2002 VII R 33/01, BFHE 197, 569, BStBl II 2002, 447).
Wie der erkennende Senat bereits in seinem vom FG angeführten, jedoch mit Rücksicht auf die Denkgesetze kritisierten Urteil in BFHE 200, 88, BStBl II 2003, 43 ausgeführt hat, ergab sich eine Pflicht zur Anmeldung (aus der damaligen Sicht des Verordnungsgebers) nach dem Recht der ehemaligen DDR entstandener Getreidemitverantwortungsabgaben aus § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 GetrMVAV (neu gefasst BGBl I 1990, 160, geändert BGBl I 1990, 1329). Diese Verordnung galt zwar ihrem Wortlaut nach nur für die Durchführung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften (EG) im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Getreide; sie ist jedoch nach vorgenannter Entscheidung ebenso wie das ihr zugrunde liegende Gesetz zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation (MOG) selbst (dazu Urteil des Senats in BFHE 197, 569, BStBl II 2002, 447) entsprechend auf die Durchführung von Rechtsakten der ehemaligen DDR anzuwenden, die ―in Vorbereitung der Einbeziehung des Gebietes der ehemaligen DDR in die EG― den Rechtsakten der EG im Rahmen der gemeinsamen Organisationen nachgebildet worden sind und ihnen im Wesentlichen entsprechen.
Die danach bestehende Pflicht zur Anwendung nach dem Recht der ehemaligen DDR vermeintlich entstandener Getreide-Mitverantwortungsabgaben ging allerdings nur dahin, die Getreide-Mitverantwortungsabgaben anzumelden, die nach diesem Recht tatsächlich (materiell-rechtlich) entstanden sind. Über Abgaben, welche nicht entstanden waren, musste die Klägerin also keine Anmeldung abgeben. Das betrifft aber den Inhalt der von der Klägerin aufgrund der von ihrer Rechtsvorgängerin getätigten Getreidelieferungen durch die GetrMVAV verlangten Abgabeanmeldung. Die dort normierte Pflicht zur Abgabe einer Abgabeanmeldung steht hingegen weder ausdrücklich noch etwa stillschweigend unter dem Vorbehalt, dass die von der GetrMVAV als gegeben angenommene Rechtsgrundlage für die Erhebung der Getreide-Mitverantwortungsabgaben tatsächlich besteht und rechtswirksam ist. Dass die von der Klägerin abzugebende Abgabeanmeldung auf 0 DM hätte lauten können und materiell-rechtlich zutreffend hätte lauten müssen, ändert an dieser durch das Verfahrensrecht auferlegten Anmeldepflicht nichts. Die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung mit Selbstberechnung der Steuer, mithin einer Steueranmeldung (vgl. § 150 Abs. 1 Satz 3 AO 1977), ist mit anderen Worten ―und zwar stets― rein verfahrensrechtlicher Natur und nicht nur von der Höhe der für den betreffenden Abgabepflichtigen zu berechnenden, materiell-rechtlich zu seinen Lasten entstandenen Abgabeschuld, sondern von deren Entstehen überhaupt völlig unabhängig. Denn es ist gerade Sinn der Abgabeanmeldung, (vorläufig oder mit Ablauf der Festsetzungsfrist oder Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts gemäß § 164 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 endgültig) die Abgabeschuld von ihrem materiell-rechtlichen Grund abzulösen und jeglichen Streit darüber abzuschneiden, ob und in welcher Höhe die Abgabe tatsächlich entstanden ist.
Wenn der erkennende Senat also in einer Anmeldung von Getreide-Mitverantwortungsabgaben, die vor dem Beitritt entstanden sind, eine grundsätzlich wirksame, mit Feststellungswirkung nach § 168 AO 1977 versehene Abgabeanmeldung gesehen hat, obwohl Getreide-Mitverantwortungsabgaben nach dem Recht der ehemaligen DDR nicht entstanden sind, so liegt darin kein Verstoß gegen Denkgesetze, sondern es wäre umgekehrt mit der Funktion einer solchen Anmeldung völlig unvereinbar, ihre Wirksamkeit und die von ihr ausgehende Festsetzungswirkung davon abhängig machen zu wollen, ob die angemeldete Abgabe tatsächlich entstanden ist. Der abweichenden Rechtsansicht des FG vermag der erkennende Senat daher nicht zu folgen.
Die Erkenntnis, dass die Klägerin materiell-rechtlich keine Abgaben schuldete, ist deshalb ―entgegen der Überlegung, die offenbar für das FG ausschlaggebend war― ohne Belang dafür, ob eine gleichwohl über einen bestimmten Abgabebetrag abgegebene Abgabeanmeldung gemäß § 168 Satz 1 AO 1977 Festsetzungswirkung hat. Richtig ist allerdings, dass nicht jede Erklärung, die gegenüber einer Finanzbehörde von jemandem in der Meinung, er sei zu einer entsprechenden Erklärung verpflichtet, abgegeben wird und in der sich dieser zu einer bestimmten Abgabeschuld bekennt, eine Abgabeanmeldung i.S. des § 150 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 ist und dementsprechend gemäß § 168 Satz 1 AO 1977 die Wirkung eines Abgabebescheides hat. Diese Wirkung hat nur eine "Steueranmeldung". Steueranmeldung ist nach § 150 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 jedoch nur eine Steuererklärung, in der der Steuerpflichtige aufgrund gesetzlicher Vorschrift die Steuer selbst zu berechnen hat. Die Klägerin hatte indes anders als das FG meint aufgrund der vorgenannten Vorschriften in der GetrMVAV die Getreidemitverantwortungsabgabe, die zu Lasten ihrer Rechtsvorgängerin zu Zeiten der ehemaligen DDR entstanden war, selbst zu berechnen und in einer Steuererklärung zu erfassen. Denn nicht die ―mangels Verkündung― unwirksame Verfügung des Ministeriums für Ernährung, Land- und Forstwirtschaft der ehemaligen DDR über die Höhe und das Verfahren bei der Erhebung der Getreidemitverantwortungsabgabe (Mitverantwortungsabgabe-Verfügung) vom 27. September 1990, sondern die vorgenannte GetrMVAV, gegen deren Rechtswirksamkeit nichts zu erinnern ist und gegen die offenbar auch das FG keine seine Entscheidung rechtfertigenden Bedenken hat, enthält die verfahrensrechtliche Verpflichtung zur Abgabe einer Abgabeanmeldung.
Da mithin die von der Klägerin geleisteten Zahlungen auf die Mitverantwortungsabgabe ungeachtet des Fehlens einer materiell-rechtlichen Grundlage für die Erhebung einer Getreide-Mitverantwortungsabgabe nicht ohne rechtlichen Grund gezahlt worden sind, stünde der Klägerin ein Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO 1977 erst dann zu, wenn die Abgabeanmeldung aufgehoben wird.
2. Die Abgabeanmeldung ist jedoch nicht aufgehoben worden und kann auch nicht mehr aufgehoben werden. Das Urteil des FG kann deshalb auch nicht als im Ergebnis richtig (§ 126 Abs. 4 FGO) bestehen bleiben.
Nach § 164 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO 1977 kann die Aufhebung einer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Abgabenfestsetzung jederzeit beantragt werden. In dem Erstattungsantrag der Klägerin von 1997 kann ein Antrag auf Aufhebung der durch die Abgabeanmeldung ausgelösten Vorbehaltsfestsetzung gesehen werden (vgl. Urteil des Senats in BFHE 197, 569, BStBl II 2002, 447), welche aufzuheben das HZA mit der Ablehnung des Erstattungsantrages sinngemäß mit abgelehnt hat, wogegen sich folglich die von der Klägerin ―insofern stillschweigend und hilfsweise für den Fall, dass ihrem Erstattungsbegehren sonst der Erfolg versagt bliebe― erhobene Klage richtet. Das HZA ist indes nicht für verpflichtet zu erklären, dem Aufhebungsantrag der Klägerin zu entsprechen, weil eine solche Aufhebung wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr zulässig ist.
Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist (§ 164 Abs. 4 Satz 1 AO 1977). Ein Antrag auf Aufhebung (§ 164 Abs. 2 Satz 2 AO 1977) der dann endgültigen Festsetzung kann deshalb von da an nicht mehr mit Erfolg gestellt werden. Die Festsetzungsfrist war im Streitfall abgelaufen, als die Klägerin beim HZA ihren Erstattungsantrag gestellt hat. Das ergibt sich aus Folgendem:
Nach § 32 GetrMVAV beginnt die Verjährung von Ansprüchen aufgrund dieser Verordnung mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe anzumelden war. Das war im Streitfall das Jahr 1991 (vgl. Urteil des Senats in BFHE 197, 569, BStBl II 2002, 447). Die Verjährungsfrist beträgt nach § 32 GetrMVAV fünf Jahre, endete im Streitfall demnach mit Ablauf des Jahres 1996. Der Aufhebungsantrag ist jedoch erst 1997 gestellt worden.
Die Verjährung richtet sich nach vorgenannter Vorschrift und nicht nach der ―für die Klägerin im Ergebnis günstigeren― Regelung des § 12 MOG i.V.m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 oder nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung der Deutschen Demokratischen Republik (AO DDR) vom 22. Juni 1990 (Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik ―GBl DDR― Sonderdruck Nr. 1428), welche übereinstimmend die Frist auf vier Jahre bemessen, sie aber grundsätzlich erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem aufgrund gesetzlicher Vorschrift die Abgabeerklärung (tatsächlich) eingereicht wird, beginnen lassen (vgl. § 170 Abs. 2 beider Abgabenordnungen). Der erkennende Senat hat in seinem Urteil in BFHE 197, 569, BStBl II 2002, 447 offen lassen können, ob für die Verjährung der Getreide-Mitverantwortungsabgaben der DDR die GetrMVAV oder die AO 1977 oder die AO DDR anwendbar ist. Diese Frage ist hier entscheidungserheblich, weil die Klägerin die Abgabeanmeldung, die den rechtlichen Grund für ihre Zahlung an das HZA darstellt, erst 1993 abgegeben hat, die vierjährige abgaberechtliche Verjährungsfrist also erst Ende 1997 abgelaufen ist. Die Abgabeanmeldung der B-Werke hat in diesem Zusammenhang entgegen der Ansicht des HZA keine Bedeutung. Eine Berichtigung dieser Anmeldung durch die Klägerin gemäß § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 liegt nicht vor, weil nach dieser Vorschrift von dem Erklärungspflichtigen nur die eigene Erklärung berichtigt werden kann, die Klägerin jedoch vor der Anmeldung von 1993 noch gar keine Abgabeanmeldung abgegeben hatte. Dass die Anmeldung der B-Werke von 1991 und die der Klägerin von 1993 in einem inneren Zusammenhang stehen, weil sie sich auf dieselben Getreidelieferungen beziehen, ist verjährungsrechtlich belanglos.
§ 32 GetrMVAV enthält eine gegenüber der AO 1977 und der AO DDR inhaltlich abweichende Regelung, deren Sinn nur darin bestehen kann, als eine bereichsspezifische Regelung die allgemeinen Verjährungsregeln zu verdrängen. Nicht darauf abzustellen, wann der Abgabenpflichtige seine verfahrensrechtlichen Pflichten erfüllt hat, sondern auf das Entstehen des Abgabeanspruchs als solchen, schien dem Verordnungsgeber offenbar deshalb ―bei Verlängerung der Verjährungsfrist um ein Jahr― hinnehmbar, weil er damit rechnen konnte, dass bei den betroffenen Abgabeschuldnern ohnehin in regelmäßigen Abständen (Marktordnungs-) Prüfungen durchgeführt werden und die Verwaltung dadurch ggf. rechtzeitig die Mitverantwortungsabgaben festsetzen kann, wenn sie nicht angemeldet worden sind.
Die GetrMVAV gilt auch, wie bereits eingangs ausgeführt, für die in dem (unwirksamen) Recht der ehemaligen DDR geregelte Getreide-Mitverantwortungsabgabe, obwohl sie wortwörtlich nur den Vollzug diesbezüglicher Rechtsakte der EG erfasst; denn es liegt auf der Hand, dass der gesamtdeutsche Gesetz- und Verordnungsgeber entweder die Fortgeltung des Rechts der DDR für solche Abgaben angeordnet, Überleitungsvorschriften geschaffen oder die Anwendung der für Gemeinschaftsabgaben bestehenden Vorschriften ausdrücklich angeordnet hätte, wenn er es nicht als selbstverständlich angesehen hätte, dass diese Vorschriften nach dem Beitritt der ehemaligen DDR für die Abwicklung der den Gemeinschaftsabgaben entsprechenden Abgaben anzuwenden sind.
Die GetrMVAV ist nicht nur, wie der Senat bereits in den schon angeführten Urteilen entschieden hat, im Hinblick auf die in ihr normierte Anmeldepflicht auch auf im Recht der DDR vorgesehene Ansprüche auf Getreide-Mitverantwortungsabgaben anzuwenden, sondern auch im Hinblick auf die Verjährung solcher Ansprüche. Dem steht nicht entgegen, dass in einem Abgabeschuldverhältnis grundsätzlich zwar nachträglich in Kraft getretene Verfahrensvorschriften, jedoch keine materiell-rechtlichen Bestimmungen angewandt werden können, die im Zeitpunkt der Begründung der Abgabepflicht noch nicht galten (Urteil des Senats vom 7. November 2002 VII R 37/01, BFHE 200, 444, BStBl II 2003, 145). Denn die vorgenannte Verjährungsvorschrift des bundesdeutschen Rechts, die in der ehemaligen DDR noch nicht galt, gehört dem Verfahrensrecht und nicht dem materiellen Recht i.S. des eben angeführten Urteils des Senats an. Sie ist in erster Linie dafür von Bedeutung, in welcher Frist die Getreide-Mitverantwortungsabgabe von der Zollverwaltung festzusetzen ist, betrifft also den zulässigen zeitlichen Rahmen des diesbezüglichen Verwaltungsverfahrens. Dass sich die dafür geltenden Rechtsvorschriften noch nach Entstehen der Abgabeschuld zum Nachteil des Abgabepflichtigen ändern können, schließt der Grundsatz rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes, um den es hier geht, nicht aus. Davon ist auch die Mitverantwortungsabgabe-Verfügung ausgegangen, die für das Verfahren auf die bundesdeutsche GetrMVAV Bezug nahm und deren sinngemäße Anwendung in der DDR anordnete.
Fundstellen
Haufe-Index 1328742 |
BFH/NV 2005, 733 |
BFHE 2005, 321 |
BFHE 208, 321 |
BB 2005, 704 |
DStRE 2005, 541 |
HFR 2005, 509 |
StBW 2005, 7 |
StB 2005, 168 |