Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Ein der stillen Gesellschaft wirtschaftlich ähnliches Verhältnis im Sinne des § 8 Ziff. 3 GewStG kann auch bei einem gewinnbeteiligten Verpächter vorliegen. Es gelten hierfür die von der Rechtsprechung (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs I 139/54 S vom 22. November 1955, Slg. Bd. 62 S. 9, BStBl 1956 III S. 4) für gewinnbeteiligte Angestellte aufgestellten Grundsätze entsprechend.
Normenkette
GewStG § 8 Ziff. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob es sich bei den vom Beschwerdeführer (Bf.) in den Jahren II/1948 bis 1952 an seinen Vater gezahlten Entgelten um Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters im Sinne des § 8 Ziff. 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) handelt.
Der Vater des Bf. ist Eigentümer eines auf seinem eigenen Grundstück befindlichen Lichtspieltheaters, das er bis zum 31. August 1945 allein betrieben hat. Mit Wirkung vom 1. September 1945 hat er den Bf. gegen eine Gewinnbeteiligung von 50 v. H. als Mitunternehmer (Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) in den Betrieb aufgenommen. Am 1. April 1946 ist das Gesellschaftsverhältnis aufgelöst und der Betrieb an den Bf. verpachtet worden. Ein schriftlicher Vertrag liegt nicht vor. Bei dem vom Bf. in Abschrift zu den Akten gegebenen Pachtvertrag handelt es sich lediglich um einen Vertragsentwurf. Hiernach sollten für das Vertragsverhältnis zwischen dem Bf. und seinem Vater im wesentlichen die folgenden Bestimmungen maßgebend sein:
"Herr ... verpachtet an seinen Sohn ... das Kinogeschäft ... auf die Dauer von einem Jahr, angefangen am 1. April 1946. Der Vertrag läuft stillschweigend weiter, wenn nicht vierteljährlich vor Ablauf eines Jahres schriftlich gekündigt wird. ... Als Miete werden 50 v. H. der Nettoeinnahme monatlich abgerechnet. Unter Netto versteht sich, daß sämtliche Unkosten und Lasten der Gebäude in Abzug gebracht werden. Bei Neuanschaffungen wird eine mündliche Vereinbarung stattfinden."
Nach dem Vorbringen des Bf. ist die mündliche Vereinbarung dahingehend getroffen worden, daß sämtliche Neuanschaffungen Eigentum des Bf. geworden sind.
Die tatsächliche Abwicklung war die folgende: In der Eröffnungsbilanz vom 1. April 1946 und in den folgenden Bilanzen ist nur das dem Bf. gehörende Vermögen ausgewiesen worden. Die vom Bf. zugekauften Inventargegenstände sind als sein Eigentum behandelt und aktiviert worden. Andererseits sind die laufenden Ausgaben für das Grundstück (Grundsteuer, Instandsetzungskosten usw.) und die Reparaturkosten für das Inventar ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse als Betriebsausgaben gebucht worden. Die Pacht ist jeweils beim Abschluß in Höhe von 50 v. H. des Reingewinnes ermittelt und in die Verlust- und Gewinnrechnungen eingestellt worden.
Der Vater des Bf. hat die festgestellte Pacht nach Abzug der Absetzungen für Abnutzung (AfA) für das Gebäude und das in seinem Eigentum stehende Inventar als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung versteuert.
Das Finanzamt hat bei den Berichtigungsveranlagungen des Bf. zur Gewerbesteuer II/1948 bis 1951 und bei der erstmaligen Veranlagung 1952 die Pachtzinsen gemäß § 8 Ziff. 3 GewStG dem Gewinn hinzugerechnet. Es ist dabei davon ausgegangen worden, daß auf Grund einer erheblichen Gewinnbeteiligung und eines für längere Zeit verbindlichen Verhältnisses zum mindesten ein gesellschaftsähnliches Verhältnis vorliege, das nach der Rechtsprechung für den Begriff der stillen Beteiligung im Sinne des § 8 Ziff. 3 GewStG genüge.
Der Einspruch des Bf. blieb in diesem Punkt ohne Erfolg. Auch die Berufung ist als unbegründet zurückgewiesen worden. Das Finanzgericht hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (Urteile VI 154/38 vom 16. März 1938 - Reichssteuerblatt (RStBl) 1938 S. 556 -, VI 391/38 vom 27. Juli 1938 - RStBl 1938 S. 908 -, VI 177/40 vom 17. Juli 1940 - RStBl 1940 S. 915 -) und des Bundesfinanzhofs (Urteil I 139/54 S vom 22. November 1955, Slg. Bd. 62 S. 9, Bundessteuerblatt - BStBl - 1956 III S. 4) ebenfalls ein gesellschaftsähnliches Verhältnis für vorliegend erachtet. Unabhängig davon, daß mit der Gewinnbeteiligung des Vaters in Höhe von 50 v. H. die wesentlichste Voraussetzung für die Annahme eines gesellschaftsähnlichen Verhältnisses gegeben sei, könne nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse an der Richtigkeit der vom Finanzamt vertretenen Auffassung kein Zweifel bestehen. Angesichts der Tatsache, daß Abschreibungen bei Neuinvestierungen und letzten Endes auch Veräusserungsgewinne bzw. Veräußerungsverluste und die sich daraus ergebenden Mehr oder Mindergewinne zu gleichen Teilen den Vater und den Bf. träfen, daß weiterhin der Vater in Verlustjahren, abgesehen von den in jedem Fall vom Bf. zu zahlenden laufenden Grundstückskosten, keine Pacht erhalte, nehme der Vater an dem Risiko der Neuinvestierungen bzw. am Geschäftsrisiko überhaupt an solch einem Masse teil, daß allein schon aus diesem Grunde die Annahme eines gesellschaftsähnlichen Verhältnisses gerechtfertigt sei. Ob es in einem Fall wie dem vorliegenden auch noch auf das Erfordernis einer für längere Zeit dauernden Bindung ankomme, könne dahingestellt bleiben, da trotz des mündlich vereinbarten Kündigungsrechtes auch diese Voraussetzung als gegeben angesehen werden müsse. Es komme weniger darauf an, was vereinbart sei, als vielmehr darauf, was Sinn der Vereinbarung sei. Der Sinn des vereinbarten Kündigungsrechtes ergebe sich unmißverständlich aus dem Schriftsatz des Vertreters des Bf. vom 10. Oktober 1955, in dem wörtlich ausgeführt sei: "Bei Abschluß des Pachtverhältnisses ist selbstverständlich daran gedacht worden, daß dieses Pachtverhältnis nunmehr so lange bestehen bleiben soll, bis die Eltern des Bf. gestorben sind. Die Kündigung ist deswegen vereinbart, um den Sohn anzuhalten, seine Pflicht zu tun. Sollte der Vater auf dem Standpunkt stehen, daß dieses nicht der Fall ist, würde er selbstverständlich von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen." Hiernach könne dem Kündigungsrecht eine mehr als formale Bedeutung nicht zuerkannt werden.
Mit der Rechtsbeschwerde macht der Bf. geltend, sein Vater als Verpächter sei weder mit einer Vermögenseinlage noch, wie in den Fällen der vom Finanzgericht angeführten Urteile, mit seiner Arbeitskraft am Betrieb beteiligt. Sein Anteil am Gewinn stelle keine Beteiligung, sondern Pacht dar. Bei Kinos sei es üblich, daß die Pacht nach dem Rohgewinn, d. h. den Einnahmen abzüglich Vergnügungssteuer und Filmmiete, die zusammen etwa 60 v. H. aller Unkosten ausmachten, berechnet werde. Im vorliegenden Fall sei aus Vereinfachungsgründen die Pacht nach dem Reingewinn bemessen worden; damit sei zugleich erreicht worden, daß sie für den Pächter stets tragbar sei. Die Pacht stehe auch in keinem Mißverhältnis zu den überlassenen Gegenständen. Es seien zudem wirtschaftlich durchaus vertretbare überlegungen gewesen, die zu dem Pachtvertrag geführt hätten. Der Vater habe seine ursprüngliche gesellschaftliche Beteiligung aufgegeben, weil er bei seinem Alter die notwendige vollständige Erneuerung der Maschinen und der Bestuhlung nicht habe mitmachen wollen. Er sei somit ganz aus dem Geschäft ausgestiegen und habe keinerlei Risiko mehr. Da der Vater am Vermögen des Betriebes, insbesondere an den stillen Reserven, und an dem Ergebnis der Auflösung des Betriebes nicht beteiligt sei, könne er nicht als Mitunternehmer angesehen werden.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
Zur Entscheidung steht die Frage, ob die Gewinnanteile des Vaters des Bf. nach § 8 Ziff. 3 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrages dem Gewinn hinzuzurechnen sind. Dies hängt davon ab, ob der Vater als stiller Gesellschafter im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen ist. Der Bf. irrt, wenn er meint, die Zurechnung nach dieser Bestimmung setze voraus, daß der Vater Mitunternehmer sei. Unter § 8 Ziff. 3 GewStG fällt vielmehr nur der typische stille Gesellschafter, der im Gegensatz zu dem sogenannten nichttypischen stillen Gesellschafter nicht Mitunternehmer ist (vgl. Blümich-Boyens-Steinbring, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, 6. Aufl., Anm. 18 zu § 8, und Lenski-Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, Anm. 2 zu § 8 Ziff. 3). Im Falle der Mitunternehmerschaft unterliegt die dadurch gebildete Gesellschaft als solche gemäß § 2 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG der Gewerbesteuer, wobei Grundlage des Gewerbeertrags der Gewinn der Gesellschaft ist.
Nicht durchschlagend ist auch der Hinweis der Rechtsbeschwerde darauf, daß der Vater weder mit einer Vermögenseinlage noch mit seiner Arbeitskraft am Betrieb beteiligt sei. Nach § 335 HGB ist allerdings für die Annahme einer stillen Gesellschaft erforderlich, daß sich der stille Gesellschafter mit einer Vermögenseinlage beteiligt, die in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht. Gegenstand der Vermögenseinlage können aber nach handelsrechtlicher Auffassung außer Geld Sachen und Rechte sein, ferner alle Gegenstände, die in der Hand des Geschäftsinhabers einen Vermögenswert darstellen und übertragbar sind. So können hierzu u. a. auch Dienstleistungen gehören (vgl. hierzu Schlegelberger, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Anm. 12 und 14 zu § 335). Die Vermögenseinlage kann, da sie nicht in das Eigentum des Geschäftsinhabers überzugehen braucht, auch in der überlassung des Gebrauchs bestimmter Gegenstände bestehen (vgl. Schlegelberger, a. a. O., Anm. 15 und das dort angeführte weitere Schrifttum). Es steht somit der Annahme eines stillen Gesellschaftsverhältnisses nicht entgegen, daß der Vater dem Bf. Gegenstände nur zur Nutzung überlassen hat.
So wie jedoch nicht jede Beteiligung eines im Betrieb Beschäftigten am Gewinn als stille Gesellschaft aufzufassen ist, ist dies auch nicht bei jeder Gebrauchsüberlassung gegen Gewinnbeteiligung der Fall. Nach der Auffassung des Senats müssen auch hierauf die Grundsätze der angeführten Rechtsprechung hinsichtlich der gewinnbeteiligten Angestellten angewendet werden. Hiernach ist für die Annahme einer stillen Gesellschaft ein gesellschaftsähnliches Verhältnis erforderlich, das im allgemeinen nur vorliegen wird, wenn es sich um eine erhebliche Gewinnbeteiligung handelt und das Verhältnis auf beiden Seiten für längere Zeit verbindlich ist (vgl. hierzu insbesondere das angeführte Urteil des Reichsfinanzhofs VI 154/38 vom 16. März 1938). Im vorliegenden Fall muß die Gewinnbeteiligung des Vaters mit 50 v. H. als erheblich angesehen werden. Nach den vom Bf. nicht bestrittenen Ausführungen des Finanzgerichts ist auch eine für längere Zeit dauernde Bindung anzunehmen. Auch der Umstand, daß der Vater des Bf. nach der für die Gewinnbeteiligung getroffenen Regelung an dem Risiko der Neuinvestierungen und dem Geschäftsrisiko überhaupt in hohem Masse teilnimmt, spricht, wie das Finanzgericht mit Recht hervorgehoben hat, für das Vorliegen eines gesellschaftsähnlichen Verhältnisses und gegen die Annahme einer bloßen Pacht mit Gewinnbeteiligung. Die Vorinstanzen haben hiernach zutreffend die Gewinnanteile des Vaters des Bf. als solche eines stillen Gesellschafters behandelt und gemäß § 8 Ziff. 3 GewStG dem Gewinn des Bf. hinzugerechnet.
Fundstellen
Haufe-Index 409082 |
BStBl III 1958, 278 |
BFHE 1959, 14 |
BFHE 67, 14 |