Leitsatz (amtlich)
Gibt ein Stpfl. einen entgeltich erworbenen Gewerbebetrieb wegen Unwirksamkeit des Erwerbsvorgangs später an den Veräußerer zurück, so führt das in der Regel nicht zu einer Berichtigung der Einkommensteuerveranla gungen des Stpfl.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1, § 15; StAnpG § 4 Abs. 3 Nr. 2, § 5 Abs. 3, 5
Tatbestand
Streitig ist, ob der am 5. Mai 1960 verstorbene Steuerpflichtige K. für die Jahre 1949 bis 1959 als Gewerbetreibender zur Einkommensteuer und Gewerbesteuer mit bestimmten Einkünften herangezogen werden konnte.
K. übernahm im Jahre 1949 als damals alleiniger Vorstand einer AG von dieser gegen eine Vergütung von 20 000 DM die Produktion der AG mit allen Beständen und Rechten. Er führte diesen Geschäftszweig der AG unter eigenem Namen und auf eigene Rechnung unter der Bezeichnung EMK fort. Mit den Gewinnen aus dieser Tätigkeit wurde er in den Streitjahren zur Einkommensteuer und zur Gewerbesteuer veranlagt.
Schon 1950 kam es zwischen K. und den Vertretern der AG zu Streitigkeiten über die Wirrksamkeit des Vertrages, die zum Prozeß führten. Durch Urteil des BGH vom 21. April 1960 wurde die Unwirksamkeit des Vertrages zwischen K. und der AG festgestellt, die Sache aber an die Tatsacheninstanz zurückverwiesen, um zu prüfen, ob sich die AG auf die Unwirksamkeit dem K. gegenüber berufen könne oder ob dem die Grundsätze von Treu und Glauben entgegenstünden. Mit Vertrag vom 2. Dezember 1960 kam es zu einer Einigung zwischen der Ehefrau des inzwischen verstorbenen K. als Erbin und dessen Testamentsvollstrecker - Revisionskläger - einerseits und den Vertretern der AG andererseits. Darin wurde anerkannt, daß die Gewinne ab 1949 der AG gehörten. Dieser wurde die Befugnis zugesprochen, die auf diese Gewinne von K. bezahlten Steuern zurückzuverlangen und die Gewinne als Eigengewinne in ihren Steuerveranlagungen auszuweisen. K. brauchte die Teile der Gewinne, die ihm nach Abzug der Steuerzahlungen bis 31. Dezember 1959 verblieben und die er für sich persönlich entnommen hatte, nicht an die AG zurückzuzahlen. Es wurde weiter vereinbart, die gesamten Rechte aus dem Geschäft und der Fabrikation einschließlich der Firmen- und Schutzrechte beider Firmen, nämlich der AG und der EMK, gemeinsam zu verwerten. Der Ehemann der Hauptaktionärin der AG, J. und Frau K. bildeten mit je 50 %iger Beteiligung eine stille Gesellschaft, deren Geschäftsführung Frau K. innehatte. Daraufhin veräußerten der Revisionskläger und Frau K. sowie J. als Liquidator der AG den Betrieb und die Gegenstände der EMK an die Firma Z. für rd. 142 000 DM, wovon Frau K. 40 000 DM bekam.
Mit Schreiben vom 14. Dezember 1961 beantragte der Revisionskläger, die Einkommensteuer- und Gewerbesteuerveranlagungen der Streitjahre entsprechend der Vergleichsregelung zu ändern und die zuviel bezahlten Steuern an die AG zu überweisen. Das FA lehnte das ab.
Die Sprungberufung, mit der der Revisionskläger nunmehr wegen Rückübertragung des Erstattungsanspruchs durch die AG auf ihn Erstattung an sich begehrte, blieb erfolglos. Das FG führte im wesentlichen aus: Der Anspruch könne nicht auf § 4 Abs. 3 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 2 StAnpG gestützt werden. Unter dem dort gebrauchten Begriff des weggefallenen Merkmals sei nach der Rechtsprechung des BFH das konkrete Sachverhaltsmerkmal zu verstehen, d. h. das konkrete Merkmal eines tatsächlichen Lebensvorganges oder der durch den Steuerpflichtigen vollzogene außersteuerrechtliche (z. B. bürgerlich-rechtliche) gesetzliche Tatbestand (vgl. BFH-Urteil II 162/62 U vom 4. März 1964, BFH 79, 210, BStBl III 1964, 308; I 143/64 S vom 28. Oktober 1964, BFH 81, 542 BStBl III 1965, 196). Im vorliegenden Fall sei nicht nachträglich ein solches Merkmal weggefallen. Ein solches Merkmal könne nicht der Gewinn aus Gewerbebetrieb sein. Die Tatbestandsmerkmale für einen Gewerbebetrieb habe K. in dem Jahre 1949 bis zu seinem Tode in Beziehung auf die EMK sämtlich erfüllt. Auch der Gewinn des K. selbst sei nicht nachträglich weggefallen. Im übrigen könnten Geschäftsvorgänge nicht mit rückwirkender Kraft beseitigt werden (vgl. z. B. Urteil des BFH VI 240/58 U vom 30. September 1960, BFH 71, 577, BStBl III 1960, 465). Die Besteuerung auf Grund eines Gewinns aus Gewerbebetrieb knüpfe an die tatsächliche gewerbliche Betätigung an. Ob der Stpfl. damit bürgerlich-rechtlich gegen die Rechte eines Dritten verstoße, sei gleichgültig.
Auch auf § 5 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 3 StAnpG könne der Berichtigungsanspruch nicht gestützt werden. Hierbei könne dahingestellt bleiben, ob diese Vorschrift für laufend veranlagte Steuern überhaupt zum Zuge komme (vgl. Urteil des BFH I 154/58 U vom 17. Februar 1959, BFH 68, 658, BStBl III 1959, 250). Rückerstattungsund Schadensersatzverpflichtungen seien an dem Bilanzstichtag zu berücksichtigen, an dem der Kaufmann mit einer Inanspruchnahme ernsthaft rechnen müsse. Die Steuerfestsetzungen, die der Kläger berichtigt haben wolle, beruhten nicht auf dem Übernahmevertrag vom Juli 1949, sondern im wesentlichen auf den gewerblichen Handlungen des K. Auch soweit die Besteuerung nicht an Handlungen, sondern an den Besitz von Gegenständen anknüpfe, habe das wirtschaftliche Ergebnis nicht nachträglich beseitigt werden können. K. sei bis zu seinem Tode im Mai 1960 alleiniger wirtschaftlicher Eigentümer der von der AG übernommenen Gegenstände gewesen (§ 11 Nr. 4 StAnpG), wie sich aus seinem Verhalten nach außen und im Verhältnis zur AG ergebe. Er habe sich als Inhaber des Gewerbebetriebs EMK aufgeführt.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Ausführungen des FG über die Nichtanwendbarkeit des § 4 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG sind nicht zu beanstanden. Die Auffassung des Revisionsklägers, hier sei auf Grund der Vereinbarung vom 2. Dezember 1960 bei K. der Gewinn aus Gewerbebetrieb als Besteuerungsmerkmal weggefallen, ist nicht zutreffend. Unbestritten übte K. während der Streitjahre im eigenen Namen und auf eigene Rechnung eine gewerbliche Tätigkeit auf Grund der von der AG im Jahre 1949 übernommenen Rechte und mit den gleichzeitig von dieser übernommenen Gegenständen aus. Der Gewinn hieraus konnte nur wegfallen, wenn die Tätigkeit des K. selbst nicht als gewerblich angesehen werden kann. Davon kann keine Rede sein.
2. Es kann dann nur die Frage sein, ob dem K. die von ihm erzielten Gewinne zugerechnet werden können. Hieran könnten allenfalls Zweifel mit Rücksicht darauf bestehen, daß schon im Jahre 1950 Streitigkeiten zwischen K. und der AG über die Wirksamkeit des Übernahmevertrages entstanden, die zum Prozeß führten. Eine Nichtzurechnung der später erzielten Gewinne bei K. käme unter diesem Gesichtspunkt nur in Betracht, wenn Umstände erkennbar wären, daß K. von da an die Gewinne nicht mehr für sich, sondern für denjenigen, dem sie nach Klärung der Rechts- und Sachlage endgültig zustehen sollten, erzielt hätte (vgl. Urteil des erkennenden Senats IV 61/64 vom 14. Oktober 1966. BFH 87, 387, BStBl III 1967, 175). Solche Umstände liegen hier nicht vor. Unwidersprochen stellte das FG fest, daß K. sich bis zu seinem Tode als alleiniger wirtschaftlicher Eigentümer der von der AG übernommenen Gegenstände im Sinne des § 11 Nr. 4 StAnpG gefühlt habe, was sich aus seinem Verhalten nach außen und im Verhältnis zur AG ergebe. Er habe sich auch als Inhaber des Gewerbebetriebs EMK aufgeführt. Dann aber sind ihm auch die Gewinne aus dieser gewerblichen Betätigung zuzurechnen (vgl. Urteil des Senats IV 394/62 vom 30. März 1967, BFH 89, 18, BStBl III 1967, 519). Die Tätigkeit des K. konnte deshalb auch nicht nachträglich als Angestelltentätigkeit für die AG gewertet werden. Ausgeschlossen ist aus diesem Grunde auch, die dem K. zugerechneten Gewinne etwa in der Weise zu korrigieren, daß die Gewinne aus Verkäufen von Gegenständen, die K. seinerzeit von der AG übernahm, sowie Absetzungen für Abnutzung an übernommenem Anlagevermögen nicht berücksichtigt werden.
3. Mit Recht lehnte das FG auch die Anwendung des § 5 Abs. 5 StAnpG ab. Nach der Rechtsprechung des RFH und des BFH, von der abzuweichen der Senat keine Veranlassung sieht, findet diese Vorschrift nicht auf die Einkommensteuer Anwendung (vgl. Urteil des BFH I 154/58 U; besonders das dort zitierte Urteil des RFH III A 226/35 vom 9. Januar 1936, RStBl 1936, 116, weist auf die großen Schwierigkeiten hin, die sich einer Wie deraufrollung der Einkommenbesteuerung für unter Umständen viele Jahre entgegenstellen).
Fundstellen
Haufe-Index 412738 |
BStBl II 1968, 93 |
BFHE 1968, 341 |