Leitsatz (amtlich)
Ein Dritter wird im finanzgerichtlichen Verfahren erst mit dem gerichtlichen Beiladungsbeschluß Beteiligter im Sinn des § 57 FGO; dem Verfahren betreten kann nur eine Behörde. Legt kein Beteiligter, sondern nur ein nicht beteiligter Dritter gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision ein, so ist das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen.
Normenkette
FGO §§ 57, 60-61, 115, 122 Abs. 1, §§ 124, 126 Abs. 1
Tatbestand
Die Revisionskläger verkauften dem Kläger des Finanzrechtsstreits vor dem FG sowie dessen Ehefrau ein näher bezeichnetes Miteigentum an einem Grundstück verbunden mit einem Sondereigentum an einer Wohnung. Das FG bestätigte den Grunderwerbsteuerbescheid des FA, wonach Gegenstand des Kaufvertrages eine bezugsfertige Eigentumswohnung war und nicht, wie der Kläger vorgetragen hatte, ein Vertrag über den Grund und Boden verbunden mit einem Werkvertrag über die Errichtung der Wohnung abgeschlossen war. Dementsprechend wies das FG die Klage ab. Nach Verkündung und Zustellung, aber vor Rechtskraft des Urteils, erklärten die Revisionskläger beim FG den "Beitritt zum rechtshängigen Rechtsstreit", legten gegen das Urteil das "Rechtsmittel der Revision" ein und stellten Revisionsanträge.
Der Kläger des Finanzrechtsstreits vor dem FG legte keine Revision gegen das Urteil ein.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
1. Das Rechtsmittel ist nicht statthaft, da die Revisionskläger kein Recht zur Einlegung der Revision haben.
Gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 FGO steht die Revision gegen das Urteil eines FG den Beteiligten an dem finanzgerichtlichen Verfahren zu, d. h. - wie § 57 FGO aufzählt - dem Kläger, dem Beklagten, dem Beigeladenen und der Behörde, die dem Verfahren beigetreten ist. Die Revisionskläger sind keiner dieser Gruppen zuzuordnen; sie waren in dem Verfahren vor dem FG weder Kläger noch Beklagte gewesen noch waren sie vom FG gemäß § 60 FGO beigeladen worden. Dabei kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob die Revisionskläger gemäß § 60 Abs. 1 oder Abs. 3 FGO beizuladen gewesen wären, denn die Rechtsstellung eines Beigeladenen hätten sie erst mit dem Beiladungsbeschluß erlangt. Ein entsprechender Gerichtsbeschluß ist jedoch nicht ergangen. Die Unterlassung der Beiladung hätten demzufolge im vorliegenden Fall nicht die Revisionskläger, sondern nur der Kläger bzw. der Beklagte des erstinstanzlichen Verfahrens rügen können. Ein eigenes Recht zur Einlegung der Revision ergibt sich für die Revisionskläger daraus nicht.
Die Revisionskläger sind auch nicht durch die Erklärung ihres "Beitritts" Beteiligte geworden. Das Institut der Nebenintervention (vgl. § 66 ZPO) ist im Verfahrensrecht der FGO nicht vorgesehen: § 57 FGO zählt den Nebenintervenienten nicht auf, § 59 FGO verweist nur auf die Vorschriften über die Streitgenossenschaft nach §§ 59-63 ZPO, nicht auf die über die Streithilfe gemäß §§ 66 ZPO; beitreten kann nur eine Behörde (§ 61 FGO). Damit ist aber der Kreis derjenigen, die Beteiligte im Steuerprozeß sein können, abschließend geregelt, so daß auch eine sinngemäße Anwendung des § 66 ZPO über § 155 FGO nicht in Frage kommt. Der Eintritt eines Streitgehilfen wäre auch nicht mit dem den Steuerprozeß beherrschenden Amtsgrundsatz vereinbar. Im Gegensatz zum Zivilprozeß ist den Beteiligten im Steuerprozeß die Herrschaft über den Prozeß weitgehend entzogen; deshalb erfolgt die Beiladung hier durch das Gericht (§ 60 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Möglichkeit des Streitbeitritts wäre auch schwerlich vereinbar mit dem Interesse der Beteiligten an der Geheimhaltung bedeutsamer Tatsachen, das durch § 22 der AO und § 52 Abs. 2 FGO geschützt wird; insofern ist die Interessenlage anders als bei der Behörde, die gemäß § 61 FGO beitreten kann.
2. Der Senat hat durch Beschluß entschieden. Anders als in dem vom I. Senat durch Zwischenurteil vom 6. Februar 1974 I R 160/73 (BFHE 112, 113) beendeten Streit über die Beteiligung eines Dritten am Revisionsverfahren liegt hier kein Zwischenstreit (vgl. § 303 ZPO) vor. In jenem Verfahren war eine Revision anhängig, in deren Rahmen die Beteiligung eines Dritten an dem Revisionsverfahren streitig war. Im vorliegenden Verfahren handelt es sich demgegenüber nicht um die Entscheidung über eine (einzelne) prozessuale Frage im Rahmen eines auf eine andere Entscheidung abzielenden Verfahrens, sondern um die Zulässigkeit dieses Verfahrens selbst. Die Revisionskläger haben selbständig und ohne Zusammenhang mit einem anhängigen Rechtsmittelverfahren Revision eingelegt. Über diese ist im Fall ihrer Unzulässigkeit gemäß § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 71146 |
BStBl II 1975, 40 |
BFHE 1975, 350 |