Leitsatz (amtlich)
Verpflegungsmehraufwendungen wegen der Beschäftlgung an wechselnden Einsatzstellen sind nicht als Werbungskosten anzuerkennen, wenn ein Waldarbeiter in einem 11 qkm großen Revier eingesetzt ist und an verschledenen Hieborten arbeitet.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 12 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute. Der Ehemann war im Streitjahr 1976 als Forstwirt tätig. Seine Arbeitseinsätze verteilten sich auf das etwa 11 qkm große Revier eines Forstamtes. Während der von 7.00 bis 16.00 Uhr dauernden Arbeitszeit (mit Mittagspause von 12.00 bis 12.45 Uhr) beköstigte sich der Kläger -- wie seine Arbeitskollegen -- von mitgebrachter Verpflegung, ohne das Revier zu verlassen. Den Arbeitern stand ein Schutzwagen mit Wärmeofen zur Verfügung. Die Arbeitszeit begann und endete mit der Arbeit am Hiebort, der vom Parkplatz aus in der Regel mit einem Fußmarsch von 10 bis 15 Minuten zu erreichen gewesen war. Die Abwesenheit des Klägers von der Wohnung betrug an 155 Tagen mehr als 10 Stunden.
Im Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Streitjahr 1976 machten die Kläger wegen des Vorliegens ständig wechselnder Einsatzstellen an 155 Tagen einen Verpflegungsmehraufwand von jeweils 5 DM und für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem eigenen Personenkraftwagen 0,36 DM je gefahrenen Kilometer als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Ehemannes geltend.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) anerkannte bei den Fahrtaufwendungen nur 0,36 DM für den Entfernungskilometer und lehnte den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen ab.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hatte die Klage hinsichtlich des Verpflegungsmehraufwandes Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus: Waldarbeiter seien innerhalb des Waldreviers nur vorübergehend an einem bestimmten Platz beschäftigt. Die Einsatzstellen würden untereinander unterschiedliche Entfernungen aufweisen, die mehrere Kilometer betragen könnten. Da die Waldarbeiter keinen ortsgebundenen Arbeitsplatz hätten, fehle ihnen auch jede Möglichkeit, günstige Gelegenheiten, wie etwa preiswerte Gaststätten oder Kantinen, zur Essenseinnahme zu nutzen. Wegen der Kürze der Mittagspause sei es den Waldarbeitern in der Regel auch nicht möglich, zur Einnahme des Mittagessens nach Hause zu fahren. Damit seien die Voraussetzungen für die Anerkennung von Verpflegungsmehraufwendungen nach Abschn. 22 Abs. 2 Nr. 2 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1975 erfüllt.
Was die Fahrtkosten angehe, sei die Klage jedoch unbegründet. Die Entfernungen zwischen Wohnung und Einsatzstelle seien nicht besonders groß und würden auch nicht stark schwanken. Es könne daher nicht von einem dienstreiseähnlichen Charakter der Fahrt gesprochen werden.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 9 und 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1975. Es führt hierzu im wesentlichen aus: Die Waldarbeiter hielten sich nicht an wechselnden Einsatzstellen, sondern ständig im Forstrevier und damit im Betriebsgelände des Arbeitgebers auf. Sie unterschieden sich nicht von "Springern" in Großbetrieben oder von Beschäftigten landwirtschaftlicher Betriebe. Die Einsatzstelle sei ortsgebunden; die örtliche Bindung erstrecke sich auf das Revier.
Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
1. Die geltend gemachten Werbungskosten wegen Verpflegungsmehraufwendungen für die Beköstigung am Arbeitsort stehen dem Kläger nicht zu.
Werbungskosten (§ 9 EStG) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind alle Aufwendungen, die durch die Berufsausübung veranlaßt sind (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 28. November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368), soweit sie nicht zu den durch die allgemeine Lebensführung bedingten Kosten gehören. Ausgaben für die Verpflegung sind grundsätzlich den nach § 12 Nr. 1 EStG nichtabzugsfähigen Kosten der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen. Zwar sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats Verpflegungsmehraufwendungen insoweit als Werbungskosten anzuerkennen, als sie ausschließlich oder ganz überwiegend beruflich veranlaßt sind. Dies hat der Senat auch für den Fall bejaht, daß der steuerpflichtige Arbeitnehmer einen Beruf ausübt, bei dem ein ständiger Wechsel der Einsatzstelle üblich ist (Urteile vom 5. November 1971 VI R 184/69, BFHE 102, 493, BStBl II 1972, 130, und vom 11. Juli 1980 VI R 198/77, BFHE 131, 64, BStBl II 1980, 654). Im Streitfall liegen ständig wechselnde Einsatzstellen i. S. dieser Rechtsprechung nicht vor. Der Kläger ist vielmehr im ganzen Streitjahr nur in einem abgegrenzten Gebiet von 11 qkm tätig gewesen. Es würde jeder wirtschaftlichen Betrachtung widersprechen, als Einsatzstellen des Klägers die einzelnen Hieborte und damit letztlich den einzelnen Baum, an welchem der Kläger jeweils gearbeitet hat, anzusehen. Arbeitsstätte des Klägers war vielmehr das Revier, in dem er ausschließlich tätig geworden ist. Da er dieses nicht gewechselt hat, besteht keine Veranlassung, einen beruflich bedingten Verpflegungsmehraufwand anzuerkennen. Dieses Ergebnis wird auch dadurch bestätigt, daß dem Kläger erhöhte Verpflegungskosten -- wenn überhaupt -- nicht wegen des Wechsels der Hieborte, sondern allenfalls aufgrund der von ihm übernommenen Tätigkeit als Forstwirt in einem bestimmten Waldrevier entstanden sind.
Auch der Umstand, daß der Kläger -- wie das FG annimmt -- in besonderem Maße auf hochwertige Nahrungsmittel angewiesen ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Insoweit hat das FA bereits zu Recht darauf hingewiesen, daß einer Abziehbarkeit der entsprechenden Aufwendungen jedenfalls § 12 Nr. 1 EStG entgegensteht. Anders als bei Mehraufwendungen infolge beruflich bedingten Ortswechsels oder langer Abwesenheit von der Wohnung läßt sich hinsichtlich der Qualität des Essens hier nicht eindeutig feststellen, inwieweit die Mehrkosten beruflich veranlaßt waren.
Da der Kläger im Streitjahr nicht mehr als 12 Stunden täglich von seiner Wohnung abwesend gewesen war, kann auch der Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwendungen von 3 DM täglich nach Abschn. 22 Abs. 2 Nr. 1 LStR nicht berücksichtigt werden.
2. Wie das FG im Ergebnis zutreffend entschieden hat, stehen dem Kläger höhere als die vom FA angesetzten Kilometer-Pauschbeträge ebenfalls nicht zu. Denn da der Kläger nicht an ständig wechselnden Einsatzstellen beschäftigt war, entfällt die für solche Fahrten vorgesehene Anwendung der Dienstreisegrundsätze (Abschn. 24 Abs. 2 Satz 11 LStR).
Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage ist abzuweisen, da das FA zu Recht keine Verpflegungsmehraufwendungen anerkannt und keine höheren Fahrtkosten als 0,36 DM je Entfernungskilometer als Werbungskosten zum Abzug zugelassen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 74640 |
BStBl II 1983, 466 |
BFHE 1983, 175 |