Leitsatz (amtlich)
Errichtet der Ehemann mit Mitteln seines gewerblichen Betriebs ein Gebäude auf einem Grundstück, das bürgerlich-rechtlich ihm und seiner Ehefrau je zur ideellen Hälfte gehört, kann die Kürzung nach § 9 Nr. 1 GewStG nur von dem auf seinen Anteil entfallenden Einheitswert vorgenommen werden, auch wenn der Ehemann das Grundstück und das Gebäude in vollem Umfang in seiner Bilanz aufgeführt hat.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Revisionskläger (Steuerpflichtiger) die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG (um 3 v. H. des Einheitswerts des zu seinem Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes) auch insoweit kürzen kann, als dieser Grundbesitz im Grundbuch als Eigentum seiner Ehefrau ausgewiesen ist.
Die streitigen Grundstücke in A. Nr. 178 und Nr. 211 gehören bürgerlich-rechtlich dem Steuerpflichtigen und seiner Ehefrau je zur Hälfte. Auf dem Grundstück Nr. 178 steht eine Tankstelle mit Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt, auf dem Grundstück Nr. 211 eine dem Gewerbebetrieb des Steuerpflichtigen dienende Kraftfahrzeughalle. Die Grundstücke und die mit Betriebsmitteln errichteten Aufbauten sind in der Bilanz des Steuerpflichtigen ausgewiesen.
In seiner Gewerbesteuererklärung 1965 kürzte der Steuerpflichtige die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 777 DM (rechnerisch richtig 717 DM = 3 v. H. aus 23 900 DM Einheitswert der Grundstücke), während der Revisionsbeklagte (das FA) nur 359 DM als kürzungsfähig anerkannte, weil der Steuerpflichtige nur zur Hälfte Eigentümer der Grundstücke und diese damit nur zur Hälfte Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen seien.
Einspruch und Klage des Steuerpflichtigen blieben ohne Erfolg. Das FG führte aus:
Was zum Betriebsvermögen gehöre, sei nach den Vorschriften des Einkommensteuerrechts zu beurteilen, wenngleich diese den Begriff "Betriebsvermögen" nicht näher bestimmten. Als notwendiges Betriebsvermögen seien in den Vermögensvergleich ohne Rücksicht auf die buchmäßige Behandlung diejenigen Wirtschaftsgüter einzubeziehen, die dem Unternehmer gehörten und die seinem Betrieb zu dienen bestimmt seien (Urteil des BFH I 147/57 U vom 18. März 1958, BFH 66, 683, BStBl III 1958, 262). Dabei genüge wirtschaftliches Eigentum, das jedoch nicht schon dadurch begründet werde, daß die Ehefrau ein ihr gehöriges Wirtschaftsgut dem Ehemann unentgeltlich zur Nutzung in seinem Betrieb überlasse. - Der Steuerpflichtige sei einmal nicht bürgerlich-rechtlicher Eigentümer der von ihm auf dem gemeinsamen Grundstück in A. Nr. 178 errichteten Aufbauten, da die Voraussetzungen der Vorschrift des § 95 BGB nicht vorlägen. Der Steuerpflichtige habe die Aufbauten weder in Ausübung eines (dinglichen oder vom dinglich Berechtigten abgeleiteten) Rechts an dem Grundstück noch in der Absicht errichtet, sie nach einer bestimmten Zeit wieder abzubrechen, wie seine Einlassung zur Frage des wirtschaftlichen Eigentums beweise (derzufolge er seine Ehefrau auf die Dauer von jeglicher Einwirkung auf die Aufbauten ausgeschlossen habe). Dadurch, daß seine Ehefrau ihm gestattet habe, auf dem gemeinsamen Grundstück Aufbauten zu errichten und diese für seinen Betrieb zu nutzen, habe sie ihre Herrschaft über ihren Grundstücksanteil nicht aufgegeben. Sie sei somit Miteigentümerin dieser Aufbauten geworden. - Der Steuerpflichtige sei aber zum anderen auch nicht wirtschaftlicher Eigentümer der Aufbauten, da es ihm an der Stellung eines Eigenbesitzers (§ 11 Nr. 4 StAnpG) fehle, die ihrerseits durch das bürgerliche Recht bestimmt werde. Das Steuerrecht könne nicht ohne zwingenden Grund von einer nach bürgerlichem Recht gegebenen Rechtslage abweichen (BFH-Urteil I 82/60 U vom 21. August 1962, BFH 76, 482, BStBl III 1963, 178). Da aber die Ehefrau mit ihren Rechten aus dem Miteigentum nicht durch den Steuerpflichtigen auf die Dauer von jeder rechtlichen oder wirtschaftlichen Einwirkung auf die Aufbauten ausgeschlossen sei, sei der Steuerpflichtige nicht Eigenbesitzer und damit nicht wirtschaftlicher Eigentümer (BFH-Urteil VI 202/64 vom 9. Juli 1965, HFR 1965, 508, mit weiterer Rechtsprechung).
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom FG zugelassene, vom Steuerpflichtigen form- und fristgerecht eingelegte Revision mit dem Antrag, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 1967 die in der Gewerbesteuererklärung vorgenommene Kürzung zuzulassen. Zur Begründung läßt er vortragen:
Seine Ehefrau habe ihm zwar nicht ihr (dingliches) Miteigentumsrecht übertragen, wohl aber ihm auf Grund schuldrechtlicher Vereinbarungen die Ausübung ihrer Rechte als Miteigentümerin überlassen. Er habe deshalb die Aufbauten, soweit sie den Grundstücksanteil seiner Ehefrau berührten, in Ausübung eines dinglichen Rechts am Grundstück errichtet. Er sei aber auch wirtschaftlicher Eigentümer dieser Aufbauten, da er nicht nur die Kosten für diese Aufbauten getragen habe, sondern auch auf Grund der schuldrechtlichen Vereinbarungen mit seiner Ehefrau berechtigt sei, diese von jeglicher Einwirkung auf die Aufbauten auszuschließen. Soweit das FG es unterlassen habe, die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Eheleuten eingehend zu erforschen, obwohl dies im Schriftsatz vom 8. Dezember 1967 durch den Antrag auf Vernehmung der Ehefrau angeregt worden sei, habe das FG seine Pflicht zur Sachaufklärung verletzt.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung ist nicht begründet. Das FG ist mit dem Steuerpflichtigen davon ausgegangen, daß die Ehefrau dem Steuerpflichtigen die Errichtung von Aufbauten auf dem gemeinsamen Grundstück und deren Benutzung für seinen Betrieb gestattet hat, soweit davon ihr Miteigentumsanteil betroffen wurde. Es hat lediglich andere rechtliche Schlußfolgerungen daraus gezogen, als der Steuerpflichtige sie gezogen wissen will. Einer Vernehmung der Ehefrau bedurfte es daher zur weiteren Sachaufklärung nicht, auch wenn nach dem Vortrag des Steuerpflichtigen schriftliche Vereinbarungen nicht vorliegen und die Ehefrau ihm insbesondere ihren Miteigentumsanteil nicht übertragen hat.
2. Nach § 7 GewStG ist der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Die Frage, ob und inwieweit im Sinne von § 9 Nr. 1 GewStG Grundbesitz zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehört, ist nach § 20 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung nach den Vorschriften des EStG zu entscheiden.
a) Nach dem Beschluß des BVerfG 1 BvL 4/54 vom 17. Januar 1957 (BStBl I 1957, 193) gehören Wirtschaftsgüter, die im Eigentum des Ehegatten des Steuerpflichtigen stehen, nicht mehr zum notwendigen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen, selbst wenn sie unentgeltlich von ihm im Betrieb genutzt werden (siehe für viele: Hartmann-Böttcher-Grass, Großkommentar zur Einkommensteuer, Anm. 17c zu §§ 4, 5 EStG; Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 6c zu § 4 EStG).
Der Miteigentumsanteil der Ehefrau des Steuerpflichtigen an den Grundstücken nebst aufstehenden Aufbauten gehört nicht in die Bilanz des Steuerpflichtigen, weil ihm das wirtschaftliche Eigentum an ihm nicht zusteht. Der Steuerpflichtige kann darum auch nur 3 v. H. von der Hälfte des Einheitswerts von der Summe des Gewinns aus Gewerbebetrieb und der Hinzurechnungen kürzen.
b) Eigentumsrechte an einem Grundstück können - abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen - nach bürgerlichem Recht nicht anders als durch die Einigung des berechtigten und des anderen Teiles über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch übertragen werden (§ 873 BGB). Dem FG ist deshalb darin zuzustimmen, daß der Steuerpflichtige nicht bereits auf Grund des Einverständnisses seiner Ehefrau mit seinem Bauvorhaben "in Ansehung eines Rechts an einem fremden Grundstück" bürgerlich-rechtliches Eigentum an den von ihm errichteten Aufbauten erlangte, soweit diese den Grundstücksanteil seiner Ehefrau berührten. Die Einräumung dinglicher Rechte im Sinne von § 95 BGB - wie Dienstbarkeit und Nießbrauch - bedürfen ebenfalls der Einigung und der Eintragung (§§ 873, 1018, 1030 BGB); die Bestellung eines Erbbaurechts bedarf der notariellen Beurkundung (§ 313 BGB, § 11 Abs. 2 der Erbbaurechtsverordnung). Allein ein entschuldigter, vom Nachbarn zu duldender Überbau (§ 912 BGB) führt zu Eigentum des Bauherrn am ganzen Gebäude, auch soweit dieses auf fremdem Grund und Boden steht.
c) Nach seinem eigenen Vortrag ist der Steuerpflichtige auch nicht Eigenbesitzer im Sinne von § 11 Nr. 4 StAnpG. Eigenbesitzer ist, wer eine Sache als ihm gehörend besitzt (§ 872 BGB). Wie weit jemand den Willen, eine Sache wie ein Eigentümer zu beherrschen, besitzt, ist Tatfrage und aus den tatsächlichen Umständen heraus von demjenigen darzutun, der sich auf Eigenbesitz beruft. Die Stellung des rechtlichen Eigentümers darf dann nur noch als eine formale erscheinen, während ihr tatsächlicher Gehalt dem Eigenbesitzer zusteht. Danach ist der Nutzungsberechtigte nur dann Eigenbesitzer, wenn er im Innenverhältnis über die Substanz wie ein Eigentümer für eigene Rechnung verfügen darf. Daß dies im Streitfall auf Grund des Einverständnisses der Ehefrau des Steuerpflichtigen mit seinem Bauvorhaben angenommen werden könne, hat das FG zu Recht verneint.
Fundstellen
Haufe-Index 69522 |
BStBl II 1971, 643 |
BFHE 1971, 396 |