Leitsatz (amtlich)
Paniermehl -- eine aus Getreidemehl unter Zusatz von Wasser und Hefe hergestellte Backware, die nach dem Abkühlen in fingerdicke Stücke gerissen, geröstet und gemahlen wird -- fällt unter § 56 Abs. 2 UStDB und unterliegt dem Steuersatze des § 7 Abs. 2 Ziff. 2b UStG.
Normenkette
UStG § 7 Abs. 2 Ziff. 2b, Abs. 4; UStDB § 56 Abs. 2; AStO § 5 Abs. 3 Ziff. 4 Fassung: 1951-11-16; AStO § 5 Abs. 3 Ziff. 5 Fassung: 1951-11-16; Deutscher Zolltarif 1951 Tarifnr. 1907; Deutscher Zolltarif 1951 Tarifnr. 1908
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat aus Getreidemehl ein Gebäck hergestellt, aus dem sie durch Zermahlen Paniermehl bereitet hat. Sie begehrt, daß auf die Entgelte für die Lieferung des Paniermehls der Steuersatz von 1,5 v. H. nach § 7 Abs. 2 Ziff. 2b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1951 angewandt werde. Die Vorinstanzen haben das abgelehnt.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird geltend gemacht, der seit etwa 100 Jahren bestehende Begriff "Backwaren" sei durch § 56 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) unzulässigerweise eingeschränkt und sogar dem Sinne des § 7 Abs. 2 Ziff. 2b UStG zuwider entstellt worden. Aber sowohl § 56 Abs. 2 UStDB als auch § 18 Abs. 1 Ziff. 1 UStG, der die Grundlage für § 56 Abs. 2 UStDB bilde, verstießen gegen Art. 80 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG). Eine weitere Beschränkung auf zum unmittelbaren Verzehr geeignetes Brot sei unhaltbar. Es sei gleichgültig, ob Brot im ganzen, in Scheiben oder in geriebenem Zustande in den Handel komme. Auch Paniermehl sei in den Zeiten der Zwangsbewirtschaftung nur auf Lebensmittelmarken abgegeben, dem Brot also gleichgestellt worden. Die Bezeichnung "Reibebrot", die man bisweilen statt der Bezeichnung "Paniermehl" antreffe, erweise zudem, daß es sich hier nicht nur um eine Backware, sondern sogar um Brot handele, auf das § 56 Abs. 2 UStDB anzuwenden sei. Überdies dürfe man ein und dasselbe Produkt nicht für die Zwecke der Umsatzsteuer anders als für die Zwecke der Umsatzausgleichsteuer auslegen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Dem ermäßigten Steuersatze von 1,5 v. H. unterliegen nach § 7 Abs. 2 Ziff. 2b UStG 1951 die Lieferungen und der Eigenverbrauch von Getreide, Mehl, Schrot oder Kleie aus Getreide und von daraus hergestellten Backwaren. Daß Brot zu den Backwaren im Sinne des § 7 Abs. 2 Ziff. 2b UStG gehört, ist nicht zweifelhaft. Der Senat ist nach eingehender Würdigung des Vorbringens der Bfin. in der mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis gelangt, daß Paniermehl "Brot" im Sinne des § 56 Abs. 2 UStDB ist. Hierzu haben die folgenden Erwägungen geführt:
Nach § 7 Abs. 4 UStG ermäßigt sich die normalerweise 4 v. H. betragende Umsatzausgleichsteuer für die Einfuhr der im § 7 Abs. 2 Ziff. 2b genannten Gegenstände auf 1,5 v. H. § 5 der Ausgleichsteuerordnung vom 23. März 1939 in der Fassung der Sechsten Verordnung über Änderung der Ausgleichsteuerordnung vom 16. November 1951 (Bundesgesetzblatt 1951 I S. 891) bestimmt in Abs. 3 Ziff. 4 und 5, daß sich die Umsatzausgleichsteuer bei Brot, Schiffszwieback und anderen gewöhnlichen Backwaren ... der Tarifnr. 1907 und bei Zwieback aus Tarifnr. 1908 auf 1,5 v. H. ermäßigt. Der Deutsche Zolltarif 1951, der etwa gleichzeitig mit dem UStG 1951 und den UStDB 1951 ergangen ist, führt in Tarifnr. 1907 "gewöhnliche Backwaren", wie zum Beispiel Brot und Schiffszwieback, in Tarifnr. 1908 "feine Backwaren", wie zum Beispiel Pfefferkuchen, Zwieback, Kuchengebäck auf. In den Erläuterungen zum Deutschen Zolltarif sind zu Tarifnr. 1907 Brot aller Art, Schiffszwieback (ein in starker Hitze geröstetes Brot) und Paniermehl (eine aus Getreidemehl und Wasser hergestellte Backware, die nach dem Abkühlen in fingerdicke Stücke gerissen, geröstet und gemahlen wird) genannt. Daraus, daß alle diese Bestimmungen innerhalb der letzten Monate des Jahres 1951 ergangen sind und somit einen zeitlichen Zusammenhang haben, und weiterhin daraus, daß § 5 der Ausgleichsteuerordnung dem Brot der Tarifnr. 1907 des Zolltarifs allein den Zwieback aus Tarifnr. 1908 an die Seite stellt, ist ersichtlich, daß diese für das Gebiet der Umsatzausgleichsteuer ergangenen Vorschriften mit § 56 Abs. 2 UStDB abgestimmt worden sind. Ist das aber der Fall, so ist Paniermehl, da es zolltariflich dem Brot und den Brötchen ("gewöhnliche Backwaren") gleichgeachtet wird, auch umsatzsteuerrechtlich und damit im Sinne des § 56 Abs. 2 UStDB dazuzurechnen; denn es wäre unverständlich, wenn Paniermehl bei der Einfuhr aus dem Auslande den vergünstigten Umsatzausgleichsteuersatz von 1,5 v. H. genösse, jedoch der Umsatz von Paniermehl im Inlande dem allgemeinen Steuersatze von 4 v. H. unterläge.
Das Paniermehl der Bfin. wird aus Weizenmehl, Wasser und Hefe hergestellt, ebenso wie manche Brotsorten. Daß es nicht unmittelbar aus Mehl, sondern aus einem Gebäck durch dessen Zermahlen entsteht, hat der Senat für unbedenklich gehalten. Die Substanzen (Mehl, Wasser, Hefe) sind unverändert geblieben, der Vorgang des Zermahlens ist in diesem Falle steuerlich ohne Belang.
Ist das Paniermehl somit dem im § 56 Abs. 2 UStDB genannten Begriffe "Brot" gleichzustellen, so genießt es den vergünstigten Steuersatz des § 7 Abs. 2 Ziff. 2b UStG.
Der Fall ist spruchreif, ohne daß es noch eines Eingehens auf das sonstige Vorbringen der Bfin. bedarf. Die Umsatzsteuer 1952 der Bfin. wird auf 138 535,30 DM festgestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 309 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
BStBl III 1958, 342 |
BFHE 1959, 185 |