Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Ein unzulässiger Wechsel in der Besetzung des Gerichts liegt nicht vor, wenn die Beteiligten auf eine erneute mündliche Verhandlung verzichtet haben.
Solche Verzichtserklärungen können nur unter besonderen Umständen als unwirksam behandelt, nicht aber, etwa in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Irrtumsanfechtung, angefochten werden.
Nach den besonderen Umständen des Einzelfalls kann es eine Verletzung der Aufklärungs- und Belehrungspflicht bedeuten, wenn das FG von der in seinem Beweisbeschluß unmißverständlich zum Ausdruck gekommenen Rechtsansicht abweicht, ohne die Rechtsfragen nochmals zur Erörterung gestellt zu haben.
Zum Umfang der Beweiserhebung durch Befragen von Auskunftspersonen von Amts wegen.
Die Frage, ob nur ein Kaufvertrag über ein Grundstück mit zu errichtendem Gebäude oder ein Kaufvertrag über ein Grundstück im Zustand der Bebauung und ein besonderer Werkvertrag über die Fertigstellung des Gebäudes vorliegen, kann nur nach dem Gesamtbild unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Wesentliches Merkmal ist, welche (unterschiedliche) bürgerlich-rechtliche Wirkung die Parteien wirklich gewollt haben und haben eintreten lassen.
AO a. F. §§ 243 Abs. 1, 276 Abs. 2, 279 Abs. 2, (FGO §§ 76 Abs. 1 und Abs. 2, 103); Schleswig-Holsteinisches Landesgesetz über die Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaues und bei Maßnahmen im Rahmen des Schleswig- Holsteinischen Aufbaugesetzes und des Baulandbeschaffungsgesetzes vom 12. August 1954 - GrESWG - (GVBl S.
Normenkette
GrESWGSH 1/1/1; GrESWGSH 1/2; AO § 243 Abs. 1, § 276 Abs. 2, § 279 Abs. 2; FGO § 76 Abs. 1-2, § 103
Tatbestand
Die Klägerin schloß Ende Mai 1961 mit dem Veräußerer, einem Bauunternehmer, einen notariell beurkundeten Vertrag, nach dessen Teil "A Kaufvertrag" sie zwei Grundstücke erwarb, auf denen der Verkäufer mit der Errichtung von Gebäuden im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus begonnen hatte. Bei Vertragsabschluß war der Rohbau nahezu vollendet. Im Teil "B Werkvertrag", im Teil A § 2 als Bestandteil dieses Vertrags bezeichnet, übernahm der Verkäufer als "Auftragnehmer" die "vollständige Herstellung der Häuser und Garagen auf dem Kaufgrundstück (A § 1) einschließlich der Lieferung der hierzu erforderlichen Materialien", und zwar mit Bezugsfertigkeit bis Ende September bzw. Ende Oktober 1961. Der Kaufpreis für den Grund und Boden und die bereits errichteten Gebäudeteile betrug 350.000 DM (Teil A § 3). Als Werklohn für die Fertigstellung der Gebäude wurden 570.000 DM - zahlbar nach verschiedenen Bauabschnitten - vereinbart. Kein Vertragspartner konnte eine Erhöhung oder Ermäßigung des Werklohnes fordern, wenn sich die Leistungen nach Baubeschreibung geringfügig oder wenn sich Preise und Löhne änderten (Teil B § 15). Das Grundstück war an dem Tag zu übergeben, an dem die Klägerin "die nach den Bestimmungen des Werkvertrages fertiggestellten Häuser und die Garagen abgenommen" hatte. Lasten und Nutzungen gingen mit dem 1. Oktober 1961 über (Teil A § 5). Die Rechtsunwirksamkeit des Kaufvertrags (A) oder die des Werkvertrags (B) hatte die Rechtsunwirksamkeit jeweils des anderen Vertrages zur Folge, wenn sie nicht behebbar war (Teil C, Sonstige Bestimmungen § 18). Der Eigentumswechsel wurde Anfang November 1961 im Grundbuch eingetragen.
Das FA war der Meinung, Gegenstand der Erwerbsvorgänge seien auf Grund einheitlichen Vertrags die Grundstücke mit den fertigen Gebäuden. Es lehnte die gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 des Schleswig-Holsteinischen Landesgesetzes über die Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaues und bei Maßnahmen im Rahmen des Schleswig-Holsteinischen Aufbaugesetzes und des Baulandbeschaffungsgesetzes vom 12. August 1954 - GrESWG - (GVBl S. 138) beantragte Steuervergünstigung ab und setzte eine Grunderwerbsteuer aus einer Gegenleistung von 920.000 DM fest.
Nach erfolglosem Einspruch vertrat die Klägerin mit der Berufung erneut die Auffassung, nur der Vertrag über den Erwerb der Grundstücke im Zustand der Bebauung im rechtlich maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages sei der der Grunderwerbsteuer unterliegende (steuerbare) Erwerbsvorgang, nicht aber der Werkvertrag über die Fertigstellung der Gebäude. Als steuerpflichtige Gegenleistung komme nur der auf die in diesem Zeitpunkt bereits vorhanden gewesenen Bauteile entfallende Betrag in Betracht; der auf den Grund und Boden entfallende Betrag scheide für die Besteuerung aus (§ 1 Abs. 2 GrESWG). Sie, nicht der Veräußerer, habe als Bauherrin die Gebäude fertiggestellt.
Das FG Schleswig-Holstein wies durch das in EFG 1963, 209 auszugsweise wiedergegebene Urteil die Berufung als unbegründet zurück. Bei Abwägung aller Umstände spreche das Gesamtbild dafür, daß die Beteiligten einen einheitlichen Kaufvertrag schließen wollten, dessen Gegenstand die Grundstücke mit den fertiggestellten Gebäuden sein sollten. Da ein Wechsel des Bauherrn nach außen nicht erkennbar geworden sei, sei der Veräußerer Bauherr geblieben.
Mit der Rb. rügt die Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts. In der mündlichen Verhandlung sei das FG mit anderen ehrenamtlichen Richtern besetzt gewesen als in dem Termin über die Beschlußfassung des Urteils. Auf eine erneute mündliche Verhandlung habe sie - verleitet durch einen Zusatz auf der Ladung des FG zur erneuten mündlichen Verhandlung - nur deshalb verzichtet, weil sie nach dem auf Grund der mündlichen Verhandlung ergangenen Beweisbeschluß und der ihr günstigen Auskunft des Veräußerers hinsichtlich dessen Besteuerung des Werklohnes zur Umsatzsteuer ihren Prozeß als gewonnen betrachten müssen, ohne daß sie ihre Rechtsauffassung erneut ausführlich hätte vortragen müssen. Ihre Verzichtserklärung sei deshalb unwirksam. Außerdem habe das FG den Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt, da es die an der Vertragsformulierung beteiligt gewesenen Personen von Amts wegen als Zeugen habe hören müssen. In der Sache habe das FG die Rechtsprechung des RFH und des BFH mißverstanden, nach der es nicht darauf ankomme, wann der Besitz des Grundstücks übergeben werde, sondern wann das Eigentum übertragen werden solle. Sie selbst sei Bauherrin gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. - jetzt Revision - führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, da die Verfahrensrügen der Klägerin begründet sind.
Sollte die Klägerin allerdings der Auffassung sein, das FG sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil bei Beschlußfassung am ... Dezember 1962 drei andere ehrenamtliche Richter mitgewirkt haben, als in der mündlichen Verhandlung am ... November 1962, so könnte der Senat diese Meinung nicht teilen. Zwar konnten nach dem im Streitfall geltenden § 279 Abs. 2 AO a. F. Urteile, die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergingen, nur von den Mitgliedern des Gerichts erlassen werden, die daran teilgenommen hatten. Diese Vorschrift (vgl. jetzt § 103 FGO) war aber dann nicht anwendbar, wenn zunächst mündliche Verhandlung stattgefunden hatte, die Beteiligten jedoch auf eine erneute mündliche Verhandlung verzichtet haben, da dann das Urteil nicht "auf Grund einer mündlichen Verhandlung" erging. Nur wenn die Entscheidung auf ein aus den Akten nicht ersichtliches Vorbringen der Beteiligten oder Beweisergebnis gestützt werden soll, kann das Urteil nur von den Richtern gefällt werden, die auch an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben (BFH-Urteil I 40 und 48/65 vom 8. Februar 1966, BFH 85, 229, BStBl III 1966, 293; Ziemer-Birkholz zu § 103 FGO Tz. 4, 6; vgl. zu § 309 ZPO, BGHZ 17, 118, 120; zu § 112 VwGO, Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Verwaltungsrechtsprechung Band 14 Nr. 101). Eine Beweisaufnahme hat in der mündlichen Verhandlung nicht stattgefunden. Im übrigen ergibt sich weder aus dem Urteil noch aus der Revisionsrüge etwas dafür, daß das FG ein aus den Akten nicht ersichtliches Vorbringen bei seiner Entscheidung verwendet hätte.
Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, ihr Verzicht auf nochmalige mündliche Verhandlung sei unwirksam, weil er auf einem durch das FG hervorgerufenen Irrtum über die Erfolgsaussichten ihres Rechtsmittels beruhe. Solche Verzichtserklärungen sind als öffentlich-rechtliche Prozeßhandlungen im Interesse einer eindeutigen klaren prozeßrechtlichen Lage grundsätzlich bedingungsfeindlich und unwiderruflich und können nur unter dem Einfluß ganz besonderer, hier nicht vorliegender Umstände (wie etwa Täuschung und Drohung) als unwirksam behandelt, jedoch nicht - auch nicht etwa in sinngemäßer Anwendung der Vorschrift des bürgerlichen Rechts über Irrtumsanfechtung - angefochten werden (vgl. für den Rechtsmittelverzicht BFH-Urteil V 93/57 vom 18. Dezember 1958, StRK, Reichsabgabenordnung, § 253 Rechtsspruch 9; Bescheid und Urteil IV 73/59 U vom 1. Dezember 1960 / 9. November 1961, BFH 74, 240, BStBl III 1962, 91; V 128/62 vom 21. Januar 1965, HFR 1965, 376).
Dagegen beruft sich die Klägerin mit Recht darauf, daß das FG unter den Umständen des Streitfalls seiner in den Prozeßordnungen als einem Ausfluß der Gewährung des rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 103 GG) verankerten Aufklärungs- und Belehrungspflicht (vgl. § 276 Abs. 2 AO a. F.; jetzt § 76 Abs. 2 FGO; § 139 ZPO; § 86 VwGO) nicht in dem erforderlichen Maß nachgekommen ist. Das Gericht ist zwar nicht in der Richtung gebunden, daß es seiner Entscheidung nur solche Rechtsauffassungen zugrunde legen dürfte, zu denen sich die Beteiligten geäußert haben. Eine allgemeine Hinweispflicht in dem Sinn, daß das Gericht seine mögliche spätere rechtliche Beurteilung in jedem Fall irgendwie andeuten müsse, wird man aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 276 Abs. 2 AO a. F. (jetzt § 76 Abs. 2 FGO) nicht ableiten dürfen (vgl. auch Beschlüsse des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 26. Februar 1960 Vf. 15 - VI - 59 und 15. Mai 1962 Vf. 139 - VI - 61, NJW 1960 S. 1051 und 1962 S. 1387; BFH-Urteil I 171/62 vom 7. September 1965, HFR 1966, 80, mit weiteren Hinweisen). Andererseits muß aber sichergestellt sein, daß die Beteiligten ausreichend Gelegenheit hatten, sich zum gesamten Sachverhalt und ebenso zu allen Rechtsfragen zu äußern, daß sie also auch vor "überraschungsentscheidungen" bewahrt bleiben (vgl. zur ZPO Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozesses, 9. Aufl. § 63 II 3 a S. 296). In besonderen Fällen kann also dem Gericht aus seinem eigenen Verhalten eine weitergehende Verpflichtung erwachsen (vgl. auch Bayerischer Verfassungsgerichtshof, a. a. O.; BFH I 171/62 vom 7. September 1965, a. a. O.). So kann es nach den Umständen des Einzelfalls eine Verletzung der Aufklärungs- und Belehrungspflicht bedeuten, wenn das Gericht vor der in seinem Beweisbeschluß unmißverständlich zum Ausdruck gekommenen Rechtsansicht später abweichen will, ohne die Rechtsfragen nochmals zur Erörterung zu stellen. In dem nach der mündlichen Verhandlung ergangenen Beweisbeschluß hatte das FG den Veräußerer um Mitteilung gebeten, ob er den für die Gebäudefertigstellung erhaltenen Betrag von 570.000 DM mit Umsatzsteuer versteuert habe; ferner, ob auf den Tag des Vertragsabschlusses eine Zwischenabrechnung stattgefunden und welche Kalkulationen der Aufgliederung des Betrages von 350.000 DM auf den Grund und Boden und auf die unfertigen Gebäude zugrunde lägen. Die Klägerin weist mit Recht darauf hin, daß sie hieraus, aus der ihr mitgeteilten günstigen Auskunft des Veräußerers in Verbindung mit der gleichzeitigen äußerung des FG über einen möglichen Verzicht auf eine nochmalige mündliche Verhandlung den Eindruck habe gewinnen müssen, der Prozeß stehe so günstig, daß es einer nochmaligen Darlegung ihres Rechtsstandpunktes nicht bedürfe. Wollte das FG gleichwohl von der aus dem (sonst überflüssigen) Beweisbeschluß zu folgernden Rechtsauffassung abweichen, so hätte es der Klägerin nach den gesamten Umständen vorher diese Möglichkeit zumindest andeuten müssen.
Es kommt hinzu, daß - wie die Klägerin rügt - das FG, wenn es sich mit seiner Auslegung eines notariell beurkundeten Vertragswerks zu dessen Wortlaut in Widerspruch setzte, die an der Abfassung dieses streitigen Vertragswerks Beteiligten als Auskunftspersonen persönlich und von Amts wegen hätte befragen müssen, um den - wie es selbst ausführt - wirklichen Willen der Vertragspartner zu erforschen. Denn in dem vom Amtsprinzip beherrschten Steuerprozeß ist der Sachverhalt unter Ausschöpfung aller verfügbaren Beweismittel auch zugunsten des Steuerpflichtigen von Amts wegen so vollständig wie möglich aufzuklären (im Streitfall noch § 243 Abs. 1 AO a. F.; vgl. § 76 FGO; BFH-Urteile III 148/61 vom 6. September 1963, StRK, Reichsabgabenordnung, § 204 Rechtsspruch 50; II 106/60 vom 10. Juni 1964, HFR 1965, 170; II 122/61 vom 15. Mai 1964, HFR 1964, 332, 333 1. Spalte). Solange sich der wirkliche Wille der Vertragsparteien durch Beweiserhebung feststellen läßt, kann eine eigene Auslegung durch das Gericht dessen Entscheidung auch dann nicht tragen, wenn - wie im Streitfall - für deren Richtigkeit durchaus gewichtige Gründe sprechen (vgl. insoweit BFH II 149/63 vom 21. Dezember 1966, BFH 87, 458, BStBl III 1967, 189).
Ob in Fällen der streitigen Art ein Kaufvertrag über ein Grundstück mit errichteten (fertigen) Gebäuden oder ein Kaufvertrag über ein Grundstück nur im Rohbau und ein besonderer Werkvertrag (in der Regel nicht Werklieferungsvertrag: vgl. Riedel bei Staudinger, BGB, 11. Aufl. Vorbemerkung vor § 631 Textziffer 20 und § 651 Textziffer 5 zu b) über die Errichtung (Fertigstellung) des Gebäudes vorliegt, kann nur nach dem Gesamtbild unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden (vgl. auch RFH II A 369/26 vom 17. August 1926, Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 11 Rechtsspruch 22; II A 321/31 vom 10. November 1931, RFH 30, 321, 326). Entscheidend sind der Parteiwille, die Ausgestaltung der Rechte und Pflichten und der mit dem Vertragswerk verfolgte Zweck (vgl. auch RFH II A 612/30 vom 14. Januar 1931, Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 12 Abs. 1 Rechtsspruch 26; vgl. auch Mohnen-Neumann bei Staudinger, a. a. O., Vorbemerkung vor § 611 Textziffer 142; Riedel bei Staudinger, a. a. O., Vorbemerkung vor § 631 Textziffer 9 und § 651 Textziffer 4; Palandt, 26. Aufl., § 631 Anm. 4). In dem Urteil II 186/60 vom 21. Dezember 1961 (HFR 1962, 169) hat der Senat betont, daß bei zweifelhafter Rechtslage die von den Beteiligten ernsthaft durchgeführte rechtliche Gestaltung auch für die Besteuerung anzuerkennen ist. In dem Urteil II A 468/26 vom 12. Oktober 1926 (Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 1 Rechtsspruch 34) hat der RFH bereits zutreffend ausgeführt, daß eine Vermutung dafür spricht, daß die Beteiligten das gewollt haben, was äußerlich als Vertragsinhalt hervortritt Auch in anderen Entscheidungen klingt als Leitgedanke durch, daß grundsätzlich maßgeblich bleiben muß, ob die Parteien einen einheitlichen Kaufvertrag oder zwei gesonderte Verträge (ein Kaufvertrag und ein Werkvertrag) gewollt und die daraus entspringenden, z. T. recht unterschiedlichen bürgerlich- rechtlichen Wirkungen auf sich genommen haben (vgl. die RFH- Urteile II A 483/21 vom 10. Januar 1922, Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 12 Abs. 1 Rechtsspruch 10 und II A 431/30 vom 17. September 1930, Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 12 Abs. 1 Rechtsspruch 23). Das Vorbringen der Klägerin in den Vorinstanzen läßt es nicht ausgeschlossen erscheinen, daß sie sofort ab Vertragsschluß tatsächlich die Verfügungsgewalt über die Grundstücke übernahm und die Baugestaltung entscheidend beeinflußte, nachdem sie das Bauvorhaben offenbar ausschließlich aus eigenen Mitteln und Baukostenzuschüssen finanzierte. Es ist also durchaus denkbar, daß ein besonderer Werkvertrag aus Gründen der Baubeeinflussung und der besseren Eigenfinanzierung bewußt gewählt worden war. Demgegenüber konnte es - zumal bei einem Grundstück mit noch im Bau befindlichen Gebäuden - auf den "Besitzwechsel" um so weniger ankommen, als die Auflassung mit Eintragungsbewilligung bereits im Kaufvertrag erklärt war, die Grundbuchumschreibung sich aber offenbar wegen der noch nicht vorliegenden Unbedenklichkeitsbescheinigung verzögert hatte. Daß im übrigen auch der Zeitpunkt der Auflassung für sich allein nicht immer ausschlaggebend sein muß, hat der RFH bereits ebenfalls entschieden (vgl. Urteil II A 600/26 vom 26. Februar 1927, Mrozek- Kartei, Grunderwerbsteuergesetz, § 1, Rechtsspruch 39, I). Auch der Umstand, daß ein Veräußerer als Bauunternehmer ein Grundstück nur verkauft, wenn er den Bauauftrag erhält (behält), zwingt noch nicht zur Annahme eines Einheitsvertrags (vgl. RFH II A 468/26 vom 12. Oktober 1926, a. a. O.; II A 612/30 vom 14. Januar 1931, a. a. O.).
Das FG, an das die nichtspruchreife Sache zurückzuverweisen war, wird den wirklichen Willen der Vertragsparteien in vorstehend dargelegtem Sinn durch geeignete Beweiserhebungen erforschen müssen. Möglicherweise ergeben sich hieraus auch neue Gesichtspunkte zur Frage der Bauherreneigenschaft, so daß sich der Senat bei diesem Stand des Verfahrens unter Hinweis noch auf sein Urteil II 19/62 vom 16. Oktober 1963 (HFR 1964, 261) auf die Bemerkung beschränkt, daß die Frage, wer ("wirklicher") Bauherr ist, nur unter Würdigung aller Umstände in jedem Einzelfall zu prüfen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 424231 |
BStBl III 1967, 794 |
BFHE 1968, 82 |
BFHE 90, 82 |