Grunderwerbsteuer bei Verkauf eines Waldgrundstücks mit Baumbestand

Gesetzliche Regelung
Bei einem Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Danach gehören zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung, d.h. zur Bemessungsgrundlage, alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben (BFH, Urteil v. 25.4.2018, II R 50/15, BStBl 2018 II S. 602 Rn. 13).
Soweit sich ein Kaufvertrag auch auf Gegenstände bezieht, die kein Grundstück sind, gehören die hierauf entfallenden Teile des Kaufpreises nicht zur grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage. Eine Gegenleistung für Scheinbestandteile gehört nicht zur Bemessungsgrundlage.
Begriff "Grundstück" i.S.d. GrEStG
Unter Grundstück i.S.d. GrEStG ist das Grundstück bürgerlichen Rechts zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG). Dazu gehören auch die sog. wesentlichen Bestandteile des Grundstücks. Das sind die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, darunter auch die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 Satz 2 BGB). Aufstehende Gehölze sind deshalb im Ausgangspunkt wesentliche Bestandteile des Grundstücks, gleich, ob sie durch Selbst- oder Fremdaussaat unmittelbar am Standort gewachsen oder anderweit vorgezogen und eingepflanzt worden sind (BFH Urteil vom 25.01.2022 - II R 36/19, BStBl 2023 S. 719 Rn. 13 unter Hinweis auf BGH-Rechtsprechung).
Scheinbestandteile sind keine wesentlichen Bestandteile
Das BGB sieht jedoch eine Ausnahme für solche Bestandteile eines Grundstücks vor, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB), die sog. Scheinbestandteile. Die Vorschrift schränkt den Anwendungsbereich des § 94 BGB ein. Gehölze und andere Pflanzen sind solche Scheinbestandteile, wenn bereits zum Zeitpunkt von Aussaat oder Pflanzung vorgesehen war, sie wieder von dem Grundstück zu entfernen. Dazu können auch Forstbäume zählen.
BFH-Rechtsprechung: Keine Grunderwerbsteuer für den Baumbestand bei Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag
Maßgeblich für die Frage, ob die Bestandteile nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind, ist der innere Wille des Einfügenden im Zeitpunkt der Verbindung der Sache. Einem vorübergehenden Zweck steht es weder entgegen, wenn die spätere Wiedertrennung erst nach langer Dauer zu erwarten ist, noch, wenn sie wegen der Art der eingefügten Sachen zwangsläufig zu deren Zerstörung führt (BFH, Urteil v. 25.1.2022, II R 36/19, BStBl 2023 S. 719 Rn. 14, 15).
Der BFH hat entschieden, dass der Baumbestand eines Waldgrundstücks dann ein aus der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer herauszurechnender Scheinbestandteil ist, wenn sich aus dem notariellen Kaufvertrag der Kaufpreisanteil für die aufstehenden Bäume ergibt (BFH, Urteil v. 25.1.2022, II R 36/19, BStBl 2023 S. 719; BFH Urteil vom 23.02.2022 - II R 45/19, BStBl 2023 II S. 721 für den Kaufpreisanteil von Weihnachtsbaumkulturen)
FG Mecklenburg-Vorpommern: Ohne Kaufpreisaufteilung Grunderwerbsteuerpflicht des Baumbestands
Das FG Mecklenburg-Vorpommern hat jüngst in Abgrenzung zur BFH-Rechtsprechung entschieden, das gegen das Vorliegen von aufstehenden Bäumen als sonderrechtsfähigen Scheinbestandteilen spricht, wenn die Vertragsschließenden im Kaufvertrag keine Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf Grund und Boden und Baumbestand vorgenommen haben (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 25.6.2024, 1 K 180/23, EFG 2024 S. 1786).
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Das FG hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen, weil sich der von ihm entschiedene Fall von dem vom BFH entschiedenen Fall dadurch unterscheidet, dass der zivilrechtliche Verpflichtungsvertrag keine Regelung zu einer Kaufpreisaufteilung vorsieht und aufgrund des Alters der Bäume auch keine Erkenntnisse zu der Absicht des Anpflanzenden mehr zu gewinnen sind (Az beim BFH II R 23/24). Einschlägige Fälle sollten daher offengehalten werden, bis der BFH entschieden.
Tipp: Kaufpreis im notariellen Kaufvertrag aufteilen
Da der Ausgang des Revisionsverfahrens offen erscheint, kann Käufern von Waldgrundstücken nur angeraten werden, den Kaufpreis auf Grund und Boden sowie den Baumbestand im notariellen Kaufvertrag aufzuteilen (vgl. auch Zugmaier/Siegel, DStRK 2024),
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